Aus FITZFINGER – ab geht er! wird EMILY – auf blüht sie! Eine

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Aus FITZFINGER – ab geht er! wird
EMILY – auf blüht sie!
Eine Begegnungsgeschichte
Manche Frau findet den Abgang nicht, bleibt, bis sie
mit allen anderen identisch ist.
Männliches Geltungsstreben und weibliches Anerkennungsstreben werden gesellschaftlich sehr unterschiedlich umgesetzt und erlebt.
Aus (J.J.Wursters) „FITZFINGER – ab geht er!“ mit
seinen männlichen Rollen wird deshalb bei weiblichen
Rollen „EMILY – auf blüht sie!“. So zeigt es die Inszenierung der THEATERtankstelle Bielefeld als Uraufführung.
Frauenkultur trägt heute immer noch ein situationstypisches, aufständisches Potential in sich, wenn ihr
Männerkultur im Wege steht.
Dieses Potential und seine Dynamik sind Thema dieser
Begegnungsgeschichte.
EMILY, Petra Gorholt, Petra Plake
Ein Kommentar zum Stück
Manche Frau findet den Abgang nicht...
„Gerade bei den üblichen hegemonial domestizierten
Frauenseelen das revolutionäre Potential zu wecken,
ist demokratisches Interesse der Männer.
Sie tun es allerdings auch jetzt, weil sie an sich denken: Heutige Männer sind nämlich gelangweilt, mit
Frauen zusammenzuleben, die als Entgegnung auf
Männerkultur allein beschwichtigende oder raffinierte
Ausflüchte zu bieten haben, statt mit eigenständiger,
anregender Frauenkultur Staunen zu wecken und Anerkennung einzufahren.“ (ein Zuschauer)
Herbert Niemeier als Betriebsschutz
EMILY in „FITZfinger – ab geht er“ geht da ihre ganz
eigenen Wege weiblicher Emanzipation. Der Betriebsschutz wird sich wundern.
Ästhetische Wahrnehmung
Anmerkungen zum szenischen Spiel
...den Abgang nicht finden
So manche Frau findet den Abgang nicht und bleibt,
bis sie mit allen, mit denen sie umgeht, identisch ist.
Doch das ist ihre Kraft, nicht ihre Schwäche.
Das ist der plot des Stücks.
...nicht psychologisieren
Selbstverständlich darf die Bühnenwirklichkeit dieses
menschliche Verhalten und soziale Geschehen nicht
einsichtig-anschaulich „psychologisieren“, - dafür ist
psychologisch-fachliche Beurteilung zuständig, die im
Sinne von Ursache und Folge Beobachtbares beschreibt und begrifflich systematisiert.
Auf das Bühnengeschehen in J.J.Wursters „FITZFinger – ab geht er!“ bezogen, könnte jemand, der es
unbedingt will, Borderline-Schizophrenie diagnostizieren. Wer darauf hängen bliebe, müßte das Stück folgerichtig mit Therapieschritten „abwickeln“. Er wäre
um die Theaterwirkung gebracht.
...vielmehr ästhetisieren
Das Bühnengeschehen wird den ausbleibenden Abgang
einer Frau „ästhetisieren“, das heißt: für den Zuschauer auf Wirkung hin einrichten. Erregt und nicht
gelangweilt soll er sein. Sein Empfinden, sein Urteilen
und Werten sollen angeregt sein, ohne daß wissenschaftliche Wahrheit oder Normativität der Moral dabei
eine Zensur ausübten.
Es geht um ein Affiziertsein, das den Verstehensprozeß des Betrachters irritiert, ohne daß es (primär)
Konsequenzen in der außerkünstlerischen Wirklichkeit
hätte. Ästhetische Wirkung ist somit Affiziertheit bei
existentieller Ruhelage des Betrachters. Anders könnten „Erhabenes, Schönes und Fremdes“, als extreme
Gegenstände ästhetischer Wahrnehmung, nicht gefahrlos (!) genossen werden. >Genießen< heißt etymologisch verstanden: >gemeinsamen Besitz gebrauchen und verbrauchen<.
Der Ästhet erlebt die Fülle möglichen Lebens zwischen Irrealität und Notwendigkeit. Er erlebt sie life
und doch vom Als-ob geschützt.
...verstehen, ohne zu verstehen
Der >ausbleibende Abgang der Frau< in „Fitzfinger“
verlangt, vom Betrachter - nicht ohne Mühe, vielmehr
bei größter Anstrengung und schließlich vergeblich – in
die eigene Erfahrungswelt eingegliedert zu werden.
Das Bühnengeschehen hat eine hohe Komplexität,
deren Besonderheit darin besteht, daß sie sich selbst
nicht auflöst, nicht interpretiert und nie erklärt, sich
vielmehr endgültiger Festlegung ständig und stets erfolgreich entzieht – zugleich den Betrachter unaufhörlich zu angestrengter Deutung zu verführen sucht.
Die vergebliche und zugleich lustvolle Deutungsanstrengung eines sehr nahegerückten Rätsels ist der
Zuschauerreiz, den das Theater herausfordern muß.
THEATER ist das Gegenteil von Langeweile.
„FITZFINGER – ab geht er!“
Zum Geschehen auf der Bühne
Wenn eine der Frauen ihren Abgang nicht findet, werden drei Personen (FITZ/SCHOTT/SCHUTZ) zu zwei
Personen, zu einer Person – einer Blume (EMILY).
Eine Begegnungsgeschichte
Zwei Frauen verlieren die psychische Korsettage. Was
sie zusammenzuhalten scheint, das ausreichende Maß
an Selbstanerkennung und gesellschaftlicher Geltung,
tritt in einen Zerfallsprozeß, aus dem Stärke erwächst.
Sich in einer geschlossenen Lebenssituation in einer
anderen Frau wiederzuerkennen, die eigene Lebens–
schwäche in der anderen Frau zu erleben, – das ist der
Beginn von Frauenkultur.
Wenn eine Personalchefin (Petra Gorholt als
SCHOTT) sich zugleich als Bewerberin (Petra Plake
als FITZ) sieht, diese Vorstellung nicht mehr los wird,
wenn sie sich mit sich selbst verbündet und sich zu–
gleich von sich selbst distanziert, - dann werden psy–
chische Mächte sichtbar, deren Vitalität die Willensfreiheit aufhebt.
In solchem Zustand gibt es schließlich keine Verstel–
lung und keine Selbstdisziplin mehr, die als Maske das
Normale sichert.
Bei dieser Auflösung des Personalen übernehmen oft
gebrauchsübliche Lebensversatzstücke die Handlungsführung und lassen die Weiblichkeit der beiden Frauen in Ungehemmtheiten übergehen.
Erfüllungsdefizite und Verhaltenspeinlichkeiten kulminieren in Ausweglosigkeit und in einem irrwitzigen,
neupersonalisierenden Ausbruchsversuch.
Wenn der Betriebsschutz (Herbert Niemeier als
SCHUTZ), als ein Jemand zu einem Niemand geworden
ist, wenn tägliches, ritualisiertes Geschehen zu Mobbing wird, dann ist der tagtägliche Kontext gegeben,
der einer Begegnungsgeschichte eine konventionalisierte, erstarrte Oberfläche verleiht.
Diese Oberfläche ist freischwebend; unter der Ober–
fläche wechseln ständig Zustände: ein Seelen-Ka–
leidoskop. Die Intentionen dieser Zustände erreichen
immer weniger das Bewußtsein und kulturelle Symbolwelten verlieren ihre Normalisierungsfunktion.
Die normalgesellschaftliche Lebensführung erleben die
Frauen als eine hauchdünne Decke, die in einer Seelenkrise sofort zerreißt.
Ein Brodeln der Instinkte.
Theater an der Süsterkirche
FITZFINGER – ab geht er!
Schauspiel von J.J.Wurster (Berlin)
MIT:
Petra Gorholt als Personalchef SCHOTT
Herbert Niemeier als Betriebsschutz SCHUTZ
Petra Plake als Bewerberin FITZfinger
EMILY die Blume
Dramaturgie: Horst Hansen; Technik: Horst Hansen, Dirk
Wehmeier, Bühne: Rudolf Böwing, Ilona Weißflog, Dr.
Heinrich Jürgenbehring; Ausstattung: Dr. Friedrich Bratvogel, Gudrun Scheffer; Plakat: Petra Gorholt; Programm u.
Texte: Fritz U. Krause. Regie u. Inszenierungstext: Fritz U.
Krause, Horst Hansen.
Rechte: S. Fischer Theaterverlag; Foto: Alpha-Foto Holger
Thiem Bielefeld-Jöllenbeck; Druck: Zentner-Druck Bielefeld;
Spielstätte: Gemeindehaus der Ev.-reform. Gemeinde; unterstützt durch das Presbyterium der Ev.-reform. Gemeinde
Bielefeld; verantwortlich: Dr. Fritz U. Krause.
Bielefeld Süsterplatz 2 – Zimmertheater
Premiere: Freitag, 5. September, h 19.30
Aufführungen:
Freitag, 12. September, h 19.30
Sonnabend, 13. September, h 19.30
Sonntag, 14. September, h 17.00
Mittwoch, 17. September, h 19.30
Freitag, 19. September, 19.30
Dauer: 1.1/4, keine Pause
Eintritt: € 10/7
Tel.05202 159938 – www.fritzudokrause.de
Bielefeld 2008
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