Dieses Manuskript stimmt nicht unbedingt mit dem Wortlaut der Sendung überein. Es darf nur zur Presse- und Hörerinformation verwendet und nicht vervielfältigt werden, auch nicht in Auszügen. Eine Verwendung des Manuskripts für Lehrzwecke sowie seine Vervielfältigung und Weitergabe als Lehrmaterial sind nur mit Zustimmung der Autorin/des Autors zulässig. Wenn die Phantasie auf Reisen geht Über die beflügelnde und heilsame Wirkung innerer Bilder HR 2 / Camino am 4. November 2012 Redaktion: Klaus Hofmeister Musik 1..... Zitator „Ich weiß nicht, was ihr aus euren Büchern gelernt habt, aber das Wichtigste, was mein Großvater mir beigebracht hat, war, dass es in unserem Geist einen Bereich gibt, über den wir nicht viel wissen, und dass es eben dieser Bereich ist, der über die Gesundheit oder Krankheit jedes einzelnen entscheidet.“ Autorin Worte eines alten Medizinmannes der Navajo Indianer. Seine Ahnen haben ihm das Wissen vermittelt, dass die menschliche Vorstellungskraft größte Bedeutung hat. Im Geist des Menschen, in seiner inneren Bilderwelt, liegen große Schätze verborgen. Schamanen, Heiler, spirituelle Lehrer und ganzheitliche Therapeuten sprechen inneren Bildern eine geheimnisvolle und heilsame Kraft zu: Take 1 (Ulla Pfluger-Heist) 0`45 Man glaubt, dass es damit zu tun hat, dass die Bilder in der Psyche Mittler sind zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten und deshalb diese geheimnisvolle Wirkung in sich tragen, dass sie bestimmte Kräfte, die in diesem Bild für uns beinhaltet sind, zum Beispiel ein Kind, das in schwieriger Lebenssituation gelebt hat, hatte aber einen Menschen, eine Großmutter, bei der es sich aufgehoben und geborgen gefühlt hat, dann ist diese Großmutter und das innere Bild der Großmutter, wenn es aufgerufen wird, mit diesen guten, schützenden, bergenden Kräften eng verbunden und ruft diese Kräfte in der Seele jetzt auf. Autorin Wenn man sich vor dem inneren Auge etwas veranschaulicht, was im gegenwärtigen Moment nicht anwesend ist, spricht man von inneren Bildern. Das können Menschen, Dinge, Orte, Situationen oder ganze Begebenheiten sein, die man erlebt hat. Die Psychotherapeutin Ulla Pfluger-Heist macht immer wieder die Erfahrung, dass sich durch Bilder eine innere Welt aufzufalten vermag, die größer, aufregender und spannender sein könne als jedes äußere Abenteuer. Ähnliches erleben Menschen oft in ihren nächtlichen Träumen: Take 2 (Uwe Böschemeyer) 0`34 Wenn wir träumen und die Bilder erscheinen, dann wirken sie auf uns. Wir werden ja manchmal in Träumen verfolgt und dann steht uns anschließend, wir merken es manchmal gar nicht, der Angstschweiß auf der Stirn. Es gibt Träume, die uns sehr zu schaffen machen, da wird uns gezeigt, dass wir gar nichts wert sind, vieles versäumt haben. Und auf der anderen Seite kann es sein, dass wir einen runden tiefblauen See sehen, wir schauen auf diesen See, es geht uns gut und wir werden überflutet von warmen Gedanken. Wir wünschen, diese Situation hörte niemals auf. Autorin Es gibt Bilder, die den Menschen ein Leben lang begleiten, ihn unterstützen oder behindern, je nachdem wie das innere Bild beschaffen ist. Mit Hilfe der eigenen Vorstellungskraft lassen Bilder sich aber auch bewusst verändern. Diese menschliche Fähigkeit, bei wachem Bewusstsein mit zumeist geschlossenen Augen innere Bilder zu erinnern oder zu entwickeln, wird Imagination genannt. Der Theologe, Psychotherapeut und Autor Uwe Böschemeyer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der heilsamen Wirkung von Imaginationen: Take 3 (Uwe Böschemeyer) 0`55 Gestern Abend, ich hatte ein paar Menschen bei mir, sie erwarteten von mir rasch Lebenshilfe. Ich habe das Wort Zuversicht herbeigeholt und hab gesagt: bitte schließen Sie die Augen und seien sie mal nur ausgerichtet auf das Wort Zuversicht und es entstanden Bilder, die sehr schön waren. Es waren darunter ein paar traurige Menschen und sie veränderten sich innerhalb von fünf bis sechs Minuten. Worauf sehe ich? Das ist eine der zentralen Fragen nicht nur der Psychotherapie, sondern des Umgangs mit sich und Menschen überhaupt. Richte ich meinen Blick auf das was schwierig und problematisch und dunkel ist oder richte ich meinen Blick, und das geht selbst dann wenn es mir nicht gut geht, auf das was auch in uns ist, nämlich das Helle. Musik 2.... Autorin Eine herzkranke Erzieherin lebt mit der Vorstellung, dass ihr Leben in Gottes Hand liegt und Gott ihr alles schenkt was sie braucht. Als sie erfährt, dass nur noch ein neues Herz ihr Leben retten kann, wartet sie monatelang mit großer Gelassenheit auf das Spenderherz, das schließlich wirklich kommt und ihr ein neues Leben schenkt. Es kursieren viele Geschichten von Menschen, die durch stärkende innere Bilder Kraft und Heilung erfahren haben. Ingeborg Becker war 79 Jahre alt, als sie einen schweren Autounfall hatte und mit einem neuen Knie wieder laufen lernen musste: Take 4 (Ingeborg Becker) 0`55 Dann hatte ich zum Glück diese Heilpraktikerin und als ich an Krücken gehen konnte sagte sie: Wie sehen sie sich, wenn Sie in die Zukunft gucken, was wünschen sie sich? Da sehe ich mich wieder wunderbar laufen können, nicht so wie sonst, aber ohne Krücken. Das ist wie aus der Bibel die Geschichte vom Gelähmten. ... Dann hat Jesus gefragt: Willst du gesund werden? „ Ja“. Dann steh auf. Dieses Wort steh auf, und er tat es und konnte gehen: Dieser Begriff, du musst dir ein positives Bild machen von dem was du möchtest und das ansteuern, obwohl du gar nicht laufen kannst, gehst du schon mal in Gedanken mutig los und es hat sich schön gebessert und ich konnte wirklich nachher auch ganz ohne Krücken gehen, ich bin wieder Auto gefahren. Autorin Manchen Menschen fällt es leicht, heilsame und beflügelnde Bilder in sich entstehen zu lassen. Erfahrungen zeigen, wenn Menschen den Reichtum ihrer inneren Bilderwelt entdecken und entwickeln, können sie dort konkrete Hilfe für die Bewältigung ihres Lebens finden. Das richtige Bild kann sogar lebensrettend sein, wie die Schriftstellerin Luisa Francia vor einigen Jahren, nach einem schweren Unfall, am eigenen Leib erfahren hat: Take 5 (Luisa Francia) 0`48 Mir war klar, da war die Schlagader gerissen, die pumpte hier Blut raus. Und irgendwie war mir klar, wenn da nicht bald was kommt, dann wird es sehr sehr knapp. Und dann hab ich das in der Imagination vorweggenommen. Ich hab einfach dem Körper gesagt: du kriegst das gleich, es wird gleich alles wieder aufgefüllt. Es ist jetzt nur so eine kurze Blutknappheit irgendwie. Da hat mich dann nachher der Notarzt besucht am Krankenbett und gesagt, ihm sei schleierhaft, wie man bei einem solchen Blutverlust überhaupt noch leben kann, weil da ist dann ja gar kein Kreislauf mehr da. Dann hab ich ihm gesagt: ja, ich hab das in der Phantasie überbrückt und das hat ihn total fertig gemacht, das konnte er nicht akzeptieren, aber das geht. Autorin Die Fähigkeit, heilsame Bilder in sich zu entwickeln, wird in manchen Psychotherapien und auch in der Reha gezielt genutzt. Hirnforscher sagen, dass innere Bilder auf der neurologischen und biochemischen Ebene ein Als-Ob-Handeln sind. D.h. für das Gehirn macht es keinen Unterschied, ob eine körperliche Bewegung oder der Anblick eines Baumes wirklich erlebt oder in der Phantasie ausgemalt wird. Der Göttinger Hirnforscher Gerald Hüther: Take 6 (Gerald Hüther) 0`36 Man kann sich ja nicht nur Bewegungsmuster vorstellen und dann die Bewegung sozusagen innerlich im Gehirn nacharbeiten oder vorarbeiten. Man kann sich auch schöne Situationen in seinem Leben vorstellen und das Gefühl damit im Hirn wachrufen, was immer mit dieser nennen wir es mal sicheren Insel, die man aufrufen kann, verbunden war, so dass man also auch seine Gefühle verändern kann. Man kann sich Vorstellungen über den Körper machen. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, dass das rechte Bein ganz heftig durchblutet wird, weil die Gefäße aufgehen und das dauert nicht lange, wenn man das ein bisschen übt, dann kann man das. Musik 3...... Take 7 (Ulla Pfluger-Heist) 0`36 Die Bilder haben Ganzheitscharakter. Sagen wir mal, Sie haben das Bild eines Baumes, da sind die tiefen Wurzelkräfte unserer vitalen menschlichen Natur genauso enthalten wie der Stamm des Gewordenseins, der Persönlichkeit oder die Äste und Zweige, die Krone die in den Himmel hinauf sich streckt, die von unserem Wachstumswillen und unserer Sehnsucht sprechen, über uns hinauszuwachsen und größer zu werden und Verbindung zum Himmel aufzunehmen, sag ich mal, ist ja auch wieder ein Bild. Autorin In der Phantasie kann der Mensch sich als Tier erleben, als Baum oder als Stein. Er kann mit dem Adler durch die Lüfte fliegen, Engeln begegnen oder anderen hilfreichen Wesen. Die Imagination öffnet einen inneren Raum, in dem alles möglich ist, ähnlich wie im Märchen oder in Träumen: Take 8 (Ulla Pfluger-Heist) 0`41 Ich arbeite mit Traumbildern auch so wie ich sonst mit inneren Bildern arbeite, dass die Menschen in die Traumbilder wie hineinsteigen, sie von innen heraus noch einmal erleben und in der inneren Auseinandersetzung kann man ex. sprechen mit einzelnen Traumgestalten, mit Traumbildern. Man kann mit ganzen Landschaften sprechen oder mit Gegenständen aus dem Traum und kann so allmählich die tiefere Bedeutung aus dem Traum herausarbeiten, so dass der Mensch sie selbst aus sich heraus erfährt, seine Traumbedeutung nicht von außen gedeutet, sondern innen erlebt. Autorin Wo kommen die inneren Bilder her? Aus den Tiefen der Seele, heißt es. Die Seele denkt in Bildern, hat Aristoteles gesagt. Bilder sind Gesichter unserer seelischen Gefühlskräfte, sie sind Schöpfungen des Unbewussten, sagt Uwe Böschemeyer. Sein Wiener Lehrer Viktor Frankl, der die Logotherapie begründete, prägte dafür den Begriff des unbewussten Geistes: Take 9 (Uwe Böschemeyer) 0`44 Er bedeutet, dass im Unbewussten die spezifisch menschlichen Werte verwurzelt sind. Also die Liebe und der Mut und die Freiheit und die Hoffnung, die Zuversicht, die Spiritualität, d.h. all das was spezifisch menschlich ist, hat seine Wurzeln letzten Endes nicht im bewussten sondern im unbewussten Geist. Das ist eine wesentliche Erkenntnis, die uns Frankl vermacht hat, denn das bedeutet, wenn wir Zugang zu diesen Bildern bekommen, die im unbewussten Geist lagern, auch Zugang bekommen zu den Kräften, die sie symbolisieren. Autorin Menschen denken und träumen in Bildern, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst sind. Sie haben einen riesigen Speicher von Gedanken, Gefühlen und Bildern in sich. Selbstbilder, Erinnerungsbilder, Körperbilder, Weltbilder und solche, die sie über das kollektive Unbewusste mit allen Menschen gemeinsam haben. Und es ist keineswegs belanglos, wie die inneren Bilder beschaffen sind, die sie sich von uns selbst, von ihren Fähigkeiten, von den Beziehungen zu anderen und zur Welt machen. Wenn jemand keine inneren Bilder sieht, kann das bedeuten, so sagen Psychologen, dass er sich nicht dafür interessiert oder etwas in sich nicht wahrhaben möchte: Take 10 (Ulla Pfluger-Heist) 0`53 Die Frage ist nicht, ob man welche hat, sondern wie bewusst man sich dieser Bilder ist. Ob die einfach in einem ablaufen, sozusagen ganz unbeachtet, als die inneren Strukturbilder, die uns leiten. Es ist ein Unterschied, wenn man den Schritt tut, dass man sich dieser Bilder bewusst wird und aktiv damit umgeht und anfängt, diese Bilder auch zu verändern und zu formen, dann geht man in einen schöpferischen Prozess. Die inneren Bilder treten uns gegenüber mit einer eigenen Kraft und Dynamik und wenn ich dieser Kraft und Dynamik nicht standhalten kann, dann muss ich diese Bilder wegschieben. Musik 4….. Take 11 (Joy Spenner) 0`34 Das ist sogar bei meinem jüngeren Sohn, wenn der sagt, er hat Albträume oder er will nicht einschlafen, weil er einen Film gesehen hat und diese Bilder noch in seinen Träumen hat, dass ich dann sage, er kann diese Bilder auch einfach in die Sonne schicken oder fragen, welche Farbe er jetzt für seinen Körper braucht, dass er zur Ruhe kommen und die Bilder loslassen kann. Und dann einfach die erste Farbe, die einem kommt, direkt hineinziehen aus dem unendlichen Universum, bis sich diese Farbe dort installiert hat. Damit verändern sich oft die inneren Bilder. Musik 5..... Autorin Das Heilen mittels Imagination gilt als die älteste Form des Heilens. Schamanen auf der ganzen Welt heilen seit vielen Jahrtausenden mit visualisierten Bildern und Symbolen. Mit Hilfe ihrer Vorstellungskraft versetzen sie sich in veränderte Bewusstseinszustände, überschreiten die Grenzen von Zeit und Raum, werden zum Tier, reisen in die Unterwelt oder durch das Universum. Immer mit dem Ziel, Macht, Wissen und Heilkräfte zu erlangen, um Krankheiten zu heilen und dem Wohle der Gemeinschaft zu dienen. Zitatorin „Die Traum - oder Phantasiewelten sind nicht weniger wirklich als die Welt, die wir mit unserem gewöhnlichen Wachbewusstsein wahrnehmen, sie sind nur anders“. Autorin Schreibt die amerikanische Ärztin und Professorin Jeanne Achterberg in ihrem Buch `Gedanken Heilen`. Ein Grundlagenwerk, das vergriffen ist, in dem sie aber schon vor über 20 Jahren die naturwissenschaftlichen Beweise für die heilende Kraft der Imagination präsentierte, so wie Schamanen sie seit jeher praktizieren. Zitatorin Mentale Übungen, Wallfahrten zu religiösen Zentren und medizinischen Heilstätten sowie die Reaktion auf Placebos haben alle eines gemeinsam: sie sind Mittel zu dem Zweck, die Vorstellung, das innere Bild oder die Erwartungshaltung zu ändern... Die gewandelten Vorstellungen verursachen tiefgreifende physiologische Veränderungen.“ Autorin Eine verbreitete Heilmethode im alten Griechenland war der Tempelschlaf. Nachts kamen die Kranken in die Tempel des Heilgottes Äskulap, um die Götter zu erwarten. Priesterärzte, die sich wie Äskulap kleideten, führten diese sogenannte Traumtherapie durch. Jeanne Achterberg schreibt: Zitatorin „Diagnose und Heilung fanden in jenem besonderen Bewusstseinszustand unmittelbar vor dem Einschlafen statt, wenn Vorstellungsbilder ganz von selbst auftauchen, wie Gedanken, die auf eine Leinwand projiziert werden... Diesen sensiblen Augenblick wählte Äskulap, um als .. Heiler aufzutreten... In der Hand hielt er einen einfachen Stab, um den sich eine Schlange wand – jene Schlange, die noch heute das Symbol des Arztberufs ist. Während der traumähnlichen Erfahrungen krochen die Schlangen, so wird berichtet, über den Patienten hinweg und leckten seine Wunden und Augenlider.“ Autorin Bevor das wissenschaftliche Zeitalter im 16. Jahrhundert begann, war die Imagination die Heilmethode überhaupt. Danach wurde dieses alte Wissen immer mehr zurückgedrängt. Man schenkte inneren Bildern immer weniger Bedeutung, bis diese alte Heilkunst fast ganz in Vergessenheit geriet. Die Kirche trug auf ihre Weise zu dieser Entwicklung bei. Sie versuchte, die Vorstellungskraft der Menschen zu lenken, indem sie beispielsweise Prozessionen und Wallfahrten zu heiligen Orten und zu Reliquien von Heiligen und Märtyrern förderte. Der Theologe Uwe Böschemeyer: Take 12 (Uwe Böschemeyer) 1`07 Ich weiß nur, man fürchtete, dass die inneren Bilder so etwas wie eine Überwältigung der menschlichen Seele zur Folge haben könnte. Später war es aber nicht nur die Kirche, es war auch die Aufklärung die sagte, es ist der Verstand, der sagt was Wirklichkeit und Wahrheit ist. Ich kann ihnen versichern, dass es auch heute noch aus dem Bereich von Kirche immer wieder Menschen gibt, die sagen: oh oh, macht das bloß nicht, denn wer weiß was dabei herauskommt. Und die Befürchtung besteht in der Tat, ich mag das Wort nicht gern aussprechen, dass etwas Satanisches im Spiel sein könnte. Was befürchtet man? Vielleicht ist es das, dass die Freiheit eines Menschen zu weit geht, dass der Mensch sich auf diese Weise mehr zum Mittelpunkt des Geschehens macht, dass er einen Gott nicht mehr braucht, wahrscheinlich ist das die geheime Sorge, die von manchen aber nicht von allen Kreisen der Kirche ausgeht. Musik 6....... Autorin Im 20. Jahrhundert sind Spuren des alten Heilwissens in die Medizin zurückgekehrt. Der Tiefenpsychologe Carl Gustav Jung war einer der ersten, die wieder mit imaginativen Methoden gearbeitet haben. Heute umgibt so manche Therapieform ein Hauch von Schamanismus. In der Jungschen Imagination, in der Hypnotherapie oder der Focusing-Therapie, im Katathymen Bilderleben, im Biofeedback, in der Arbeit mit Krebskranken oder in der modernen Traumatherapie spielen innere Bilder eine entscheidende Rolle. Ulla-Pfluger-Heist arbeitet auch mit traumatisierten Menschen: Take 13 (Ulla Pfluger-Heist) Menschen, die traumatisiert sind, mit denen arbeitet man ja richtig daran, dass sie lernen, Bilder wegschieben zu können oder sozusagen in der Vorstellung in den Schrank sperren zu können oder solche Dinge. Das kann der sichere Ort sein, das können Bilder sein vom Erleben von Kompetenz, von Situationen in denen man die Kontrolle hatte, von unterstützenden Menschen, Lebewesen, was auch immer. Und dass man dieses Bild sicher aufrufen kann, wenn man es braucht, so dass man innerlich die Gegenbilder hat zu den schwierigen Bildern. Und das wirkt. Es stärkt die innere Seelenkraft des Menschen, dass die Erfahrung gemacht wird, ich habe Kontrolle, ich bin den Bildern nicht einfach nur ohnmächtig ausgeliefert. Autorin Die Kraft der Imagination lässt sich auf ganz unterschiedliche Weise wecken und nutzen. Uwe Böschemeyer, Autor des Buches `Unsere Tiefe ist hell` hat vor vielen Jahren einen eigenen Weg in die innere Bilderwelt gefunden. Er entwickelte die sog. Wertimagination. Eine Methode, die Menschen helfen soll, mit ihren tiefsten Sinngefühlen und Potentialen in Verbindung zu kommen. Wertimaginationen bezeichnet er als Wanderungen in die innere Welt: Take 14 (Uwe Böschemeyer) 1`26 Das heißt. konkret, wenn wir die Augen schließen und die Bilder zu laufen beginnen, haben wir uns vorher verabredet zu einem Ziel, wir haben uns verabredet zum Ziel Freiheit. Und nun kommen Bilder der Freiheit. Wir bleiben, während die Bilder der Freiheit in uns ablaufen, ganz bewusst und trotzdem sind wir auf der Ebene des Unbewussten, weil sich die Bilder aus dieser Tiefe zeigen. Nun muss ich etwas ganz Wichtiges sagen. Es ist ein Gesetz der Seele, dass es nicht nur Symbole für Liebe, Freiheit, Hoffnung, Mut, Verantwortlichkeit gibt, sondern dass sich diese Symbole auch als Gestalten zeigen. Also wir sehen die Freien, die Liebenden, die Mutigen, die Geistvollen usw. und die sehen wir plastisch und unmittelbar. Und, das ist das worüber ich täglich staune, wenn wir diesen Gestalten begegne, bleiben wir mal bei der Freiheit, dann überträgt sich die Freiheit auf den Imaginanten, dann wird er selber zunehmend frei, dann fühlt er die Freiheit viel mehr als wenn er über Freiheit ein philosophisches oder sonstiges Buch liest. Musik 7...... Autorin Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in seinen Kursen kommen aus den unterschiedlichsten Berufen. Auch Theologen, Priester und Nonnen sind dabei. Sie machen die Erfahrung, dass mit den Wertimaginationen oft starke Gefühle einhergehen. Eine Teilnehmerin berichtet: Take 15 (Kursteilnehmerin) 0`44 Eine Wertgestalt, die für mich besonders wichtig ist, ist das innere Kind, das strahlt irre viel Wärme aus und wenn ich das in den Arm nehme, dann gibt es die Situation, dass ich wie in einem Lichtdom stehe mit meinem Kind auf dem Arm und das Licht wie ein dicker fetter Strahl von oben, und gibt ganz viel Wärme und innere Festigung. Und da habe ich eine Imagination erlebt, die sich bezog auf eine Situation in meiner Kindheit, die für mich schwierig und nicht so ganz erledigt war. In dieser einen Imagination bin ich an diesen Punkt gekommen und so wie die Wanderung verlief, ist eine Klärung eingetreten, die mir heute erlaubt zu sagen: dieses Problem ist für mich erledigt. Autorin In einer Lebenskrise oder nach einem Schicksalsschlag, wenn Menschen nach ihren Kraftquellen suchen, entdecken sie oft auch die Macht innerer Bilder. Menschen, die zu Uwe Böschemeyer kommen, begegnen auf ihren inneren Reisen ganz häufig auch religiösen und spirituellen Bildern und Symbolen. Viele seien überrascht, weil sie nicht gewusst hätten, dass sie solche Bilder in sich haben. Böschemeyer war anfangs selber erstaunt über dieses Phänomen: Take 16 (Uwe Böschemeyer) 0`35 Bis ich dann vor vielen Jahren zum erstenmal, als ich jemanden begleitete, einen Atheisten, ein solches Symbol zu sehen begann. Es war ein Steintisch, auf dem das Wort stand: ich bin der ich bin. Also die Selbstbezeichnung Gottes, die wir aus dem Alten Testament kennen. Und es tauchten dann immer mehr sowohl allgemeine als auch christliche Symbole auf. Wie etwa eine große Hand die trägt, auch in schwierigen Situationen oder Lichtgestalten oder die Gestalt des Christus. Autorin Auch Geschichten aus der Bibel können durch Wanderungen in die innere Welt fühlbar werden. Diese Erfahrung machte Uwe Böschemeyer mit einer kleinen Gruppe, als er ihnen die Geschichte vom verlorenen Sohn aus dem Neuen Testament erzählte: Take 17 (Uwe Böschemeyer) Da ist dieser Sohn, der sich verabschiedet vom Vater, sich sein Erbe auszahlen lässt und innerhalb kurzer Zeit alles verprasst was er von seinem Vater an Geld mitbekommen hat. Dann geht es ihm ganz dreckig, geht nach Hause zurück, will Knecht seines Vaters werden, weil er denkt, er habe die Ehre des Sohnes verloren. Und was macht der Vater? Und das ist etwas Unglaubliches, der Vater läuft dem Sohn entgegen, der Vater steht wie Sie wissen für Gott, und nimmt ihn in die Arme und macht ihm ein Fest. Diese Geschichte habe ich dieser Gruppe erzählt und nun geschah folgendes und das war tief beeindruckend: die Imaginanten identifizierten sich, jedenfalls einige, mit diesem sog. verlorenen Sohn, denen kamen eigene Erinnerungen und sie hatten ein tiefes Verständnis für was es bedeutet, seine Identität zu verlieren. Aber die Imagination ging ja weiter. Dann gingen sie selber auf diesen Vater zu, diesen gütigen Vater und wurden überströmt, ich könnte fast sagen überleuchtet von seiner Liebe. Autorin Innere Bilder können eine enorme Kraft entfalten. Bestimmte Erfahrungen muss man aber wohl selber gemacht haben, um sie innerlich nachvollziehen zu können. Auch in der Psychosynthese, die Tradition in der Ulla Pfluger-Heist zu Hause ist, geht es darum, die spirituelle Entwicklung anzuregen und die höheren Seelenkräfte zu wecken: Take 18 (Ulla Pfluger-Heist) Wir haben z.B. eine Übung, in der man auf einen Berg geht und dort den Tempel des Schweigens findet, ein Ort, an dem noch nie ein Wort gesprochen wurde. Das ist auch ein Bild, das man aufrufen kann, um Menschen ganz in die innere Stille zu führen und in dieser inneren Stille tiefer zu sich selbst und tiefer zu seinen höheren Kräften zu gelangen. Musik 8..... Autorin Die Wege zur Vertiefung der eigenen Vorstellungskraft sind vielfältig. Die einen machen geführte Phantasiereisen, andere vertrauen einfach den inneren Bildern, die in ihnen auftauchen oder malen sich in ihrer Phantasie bewusst ein Bild aus. Wiederum andere trommeln, gehen in Trance oder lauschen einer Musik, um positive Bilder in sich wachzurufen. Joy Spenner hat in einem Seminar ihr inneres Krafttier entdeckt: Take 19 (Joy Spenner) 0`42 Dort ging es um Delphine und ein Teil des Seminars war auch, mit dem eigenen inneren Delphin in Kontakt zu kommen. Das ist interessant, weil ich seitdem wirklich ganz oft das Gefühl hab, wenn ich so reinspüre in verschiedene Möglichkeiten wo geht mein Weg jetzt lang oder der Weg der Projektes das ich gerade leite, dass dieser Delphin wie vor meinem inneren Auge auftaucht und wirklich vor mir herschwimmt und dort hinschwimmt und mir was zeigt, was vielleicht wichtig ist in dem Moment. Das hat einen leicht spielerischen Effekt, dass ich mich auch immer freuen muss, wenn ich den wahrnehme vor meinem inneren Augen. Autorin Positive innere Bilder haben nachweislich die Kraft, die Psyche zu stabilisieren und das Immunsystem zu stärken. Sie können Angst und Druck verringern und Zuversicht wecken. Erfahrungen zeigen, dass die Arbeit mit inneren Bildern keine Weltflucht ist und auch kein Rückzug in die Innerlichkeit, sondern ein Weg zu sich selbst und in die eigene Tiefe: Take 20 (Ulla Pfluger-Heist) Die Arbeit mit den inneren Bildern ruft wie den ganzen inneren Seelenraum auf, in dem ganz neue erstaunliche und vielfältige Dinge passieren können. Die Kräfte, die da angesprochen werden, die Seelenkräfte oder die psychischen Kräfte, die fangen an sozusagen miteinander zu arbeiten und da geschehen Dinge, die im Gespräch niemals erarbeitet werden können und es wirkt weiter. Autorin Man kann sich nun fragen: wie inmitten von Alltagsstress und äußerer Bilderflut die innere Stabilität bewahren und heilsame innere Bilder entwickeln? Die Hilfsmittel können offenbar sehr einfach und alltagstauglich sein: Musik 9..... Take 21 (Uwe Böschemeyer) 0`24 Ich kann im Zug sitzen, die Augen schließen und wenn ich vielleicht die Fahrt zu einem unangenehmen Ort vor mir habe, kann ich trotzdem mich so drauf einstellen, dass es mir besser geht, wenn ich denn meinen Geist ausrichte auf so etwas wie Hoffnung oder ich kann auch kurze Sätze nehmen wie: schaffe ich schon. Dann entstehen Bilder der Überwindung meiner Sorge oder Angst. (Musik kurz hochziehen...) Take 22 (Ingeborg Becker) 0`22 Wenn es Schwierigkeiten gibt in meinem Leben, dann sage ich mir deutlich: ein Stein der dir im Weg liegt, sollte kein Stolperstein sein, sondern einer auf den du drauf trittst und du stehst höher und hast eine bessere Sicht und siehst besser in die Zukunft. Ich steig dann in Gedanken auf diesen Stein drauf und bin ein bisschen höher und sehe: aha! und dieses Bild das sehe ich dann. (Musik noch einmal hochziehen....) Literatur Uwe Böschemeyer: Unsere Tiefe ist hell. Wertimagination – ein Schlüssel zur inneren Welt, Kösel Verlag 2005 Uwe Böschemeyer: Vertrau der Liebe, die dich trägt. Von der Heilkraft biblischer Bilder. Kösel Verlag 2009 Ulla Pfluger-Heist: In der Seele liegt die Kraft. Was unser Leben trägt. Herder Spektrum 2004 Gerald Hüther: Die Macht der inneren Bilder. Wie Visionen das Gehirn, den Menschen und die Welt verändern. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht 2004 Luise Reddemann: Imagination als heilsame Kraft. Zur Behandlung von Traumafolgen mit ressourcenorientierten Verfahren. Klett Cotta 2001 Jeanne Achterberg: Gedanken heilen. Die Kraft der Imagination. Grundlagen einer neuen Medizin. Rororo 1990 (nur noch antiquarisch)