Titel, Bezeichnung des Vortrags - EEG, TU-Wien

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10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien
IEWT 2017
Werkzeug zur Ermittlung der Exergieeffizienz von
Fernwärmesystemen
Lukas KRIECHBAUM1(1), Daniel HEINRICH(1), Andreas HAMMER(1), Thomas
KIENBERGER(1)
(1)Lehrstuhl für Energieverbundtechnik, Montanuniversität Leoben
Kurzfassung:
Vor dem Hintergrund der globalen Klimaschutzziele spielen neben dem Einsatz erneuerbarer
Energieformen auch die Anwendung und geeignete systemische Kombination von
Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz eine wesentliche Rolle. Neben der rein
quantitativen Bewertung gerät als Bewertungskriterium zusätzlich die Qualität der
Energieformen und –ströme, die Exergie, in den Mittelpunkt. Für gewöhnlich übersteigt derzeit
die Energiequalität der Versorgung die des Bedarfs deutlich. Vor allem im Bereich der
Versorgung mit Raumwärme und Warmwasser, beides sehr niedrigexergetische
Anwendungen, besteht hier noch großes Verbesserungspotential.
Derzeitige herkömmliche Wärmenetzberechnungsprogramme liefern zwar hinreichende
Ergebnisse über die Hydraulik, die Lastflüsse, Eigenverbräuche und -verluste, lassen aber
keine
exergetische
Bewertung
zu.
Aufbauend
auf
der
kommerziellen
Netzberechnungssoftware PSS Sincal, damit wurden die hydraulischen und energetischen
Berechnungen durchgeführt, wurde ein Matlab-Werkzeug zur exergetischen Analyse erstellt.
Es erlaubt die Modellierung und Bewertung unterschiedlicher Einspeiservarianten, wie zum
Beispiel Erdgas-, Öl- und Biomassekessel, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK),
Wärmepumpen, Abwärmenutzung und solare Einspeisung. Es können neben einzelnen
Lastpunkten auch Zeitreihen ausgewertet werden.
Das Werkzeug wurde auf ein Modell eines existierenden Wärmenetzes angewendet. Eine
Versorgung mit Gaskessel, Wärmepumpe, Abwärme und eine kombinierte Versorgung mit
KWK, Wärmepumpe und Spitzenlastkessel wurden untersucht. Die exergetisch günstigsten
Ergebnisse konnten mit Abwärme und KWK erzielt werden.
Keywords: Exergie, Exergieeffizienz, Fernwärme
1 Einleitung
Eine Beschränkung der Temperaturerhöhung von 2°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit ist
das zentrale Ziel der Pariser Klimakonferenz von 2015, nach Möglichkeiten soll der Anstieg
auf unter 1.5°C beschränkt werden [1]. Die Verbrennung fossiler Energieträger verursacht
derzeit den größten Anteil der emittierten Treibhausgase. 2008 wurde 86% des weltweiten
Energiebedarfs durch fossile Quellen gedeckt [2]. Zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele
muss die Welt in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts treibhausgasneutral werden. Dazu
1
Jungautor, Franz-Josef-Straße 18, 8700 Leoben,
[email protected], evt.unileoben.ac.at
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+43
3842
402-5408,
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existieren prinzipiell zwei Möglichkeiten. Zum einen die generelle Verringerung der Nutzung
fossiler Energieträger durch die Einbindung erneuerbarer Energiequellen wie Wind- und
Solarenergie in das Energiesystem. Zu dieser Primärmaßnahme kommt ein weiterer wichtiger
Schritt, die konsequente Steigerung der Energieeffizienz.
Abbildung 1 Konventionelle Energieversorgung durch hochwertige Energieträger [3]
Im Zuge zukünftig komplexerer Energiesysteme mit dem Einsatz unterschiedlicher
Energieformen und den damit verbundenen Herausforderungen, ist eine gemeinsame Basis
in der Beurteilung ihrer Effizienz notwendig. Hier bietet sich das Konzept der Exergie an. Die
exergetische Betrachtung berücksichtigt im Vergleich zur ausschließlich energetischen
Betrachtung auch die Qualität der Energie und ermöglicht so zusätzliche Aussagen über die
Verwertung von Energieträgern. Sie erlaubt auch die bessere Anpassung der Energiequalität
des Angebots an die Energiequalität der Nachfrage. Vor allem bei Privathaushalten übersteigt
in der Regel heute das Exergieangebot den erforderlichen Bedarf deutlich (Abbildung 1).
Besonders der Bereich der Raumwärme- und Warmwasserversorgung, der einen
wesentlichen Anteil am Energieverbrauch in den Privathaushalten einnimmt, bedarf nur einer
sehr niedrigen energetischen Qualität. Erfolgt die Bereitstellung durch hochexergetische
Energieformen wie dem Einsatz fossiler Brennstoffe oder Strom, entstehen sehr hohe
Exergieverluste, größtenteils infolge der Umwandlung der Primärenergie in Wärme. Erfolgt die
Versorgung eines Bedarfs mithilfe eines exergetisch geeigneten Energieträgers, kann dies
maßgeblich zur Verringerung des fossilen als auch erneuerbaren Primärenergieeinsatzes
beitragen (Abbildung 2).
Als wichtige Infrastruktur der kommunalen Energieversorgung kommt den Fernwärmenetzen
eine besondere Bedeutung zu. Sie sind in der Lage, thermische Energie auf
niedrigexergetischer Ebene (Abbildung 2), zum Beispiel aus industrieller Abwärme bzw. einer
Kraft-Wärme-Kopplung, bereitzustellen. Zur Auslegung und energetischen Bewertung von
Fernwärmenetzen existieren bereits eine Vielzahl an Berechnungsprogrammen. Diese liefern
zwar hinreichende Ergebnisse über Lastflüsse, Energieverbräuche und -verluste, lassen aber
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keine exergetische Bewertung zu. Aufbauend auf der kommerziellen Netz-Analysesoftware
Siemens PSS®Sincal wurde ein Matlab-Werkzeug entwickelt, welches eine weitgehend
automatisierte exergetische Bewertung unterschiedlicher Versorgungsszenarien von
bestehenden Netzmodellen ermöglicht.
Abbildung 2 Angepasste Energieversorgung mit Energieträgern unterschiedlicher Qualitätsstufen für ein
Gebäude mit Nutzungen in unterschiedlichen Qualitätsstufen[3]
In der Literatur sind bereits einige exergetische Analysen von Fernwärmenetzen dargestellt.
Sie alle haben jedoch gemeinsam, dass sie keine graphische Modellierung der Netze zu
zulassen. Die Netztopographie muss über eine Inzidenzmatrix beschrieben werden, wie zum
Beispiel bei Ljubenko et. Al. [4]. In einer ähnlichen Arbeit haben Comakli et. Al. [5] die
energetischen und exergetischen Verluste des Wärmenetzes der Atatürk Universität
beschrieben. Der Einfluss von abgesenkten Temperaturen in Wärmenetzen wurde von
mehreren Arbeiten [6–8] sowohl energetisch als auch exergetisch untersucht.
Die Vorteile der in dieser Arbeit vorgestellten Vorgehensweise sind die Möglichkeit der
graphischen Modellierung der Netze sowie die Anwendbarkeit auf jegliches beliebige in PSS
Sincal modellierte Wärmenetz. Durch den modularen Aufbau des Werkzeuges lässt es auch
zur Nutzung mit anderen Wärmenetzberechnungsprogrammen anpassen, sofern dieselben
Ergebnisse wie aus PSS Sincal extrahiert werden können.
2 Methodik
Zuerst wird das Konzept der Exergie beschrieben. Anschließend die spezifische Anwendung
auf die Wärmeerzeuger und Wärmenetze.
2.1
Exergie und Exergie der Wärme
Energie kann, genauso wie Masse, weder erzeugt noch vernichtet werden und sie beschreibt
die Quantität einer Energieform. Bei einer Umwandlung in eine andere Energieform kann die
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Energie jedoch in ihrer Qualität verringert werden. Die qualitative Bewertung erfolgt über das
Konzept der Exergie und den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik [9,10]. Die Exergie eines
thermodynamischen Systems ist die maximale, theoretisch nutzbare Arbeit (mechanische oder
elektrische Arbeit), die erzielbar ist, wenn das System in vollständiges thermodynamisches
Gleichgewicht mit seiner thermodynamischen Umgebung gebracht wird und dabei
ausschließlich mit dieser Umgebung interagiert [11]. Energie En besteht demnach aus einem
hochwertigen arbeitsfähigen Teil, der Exergie E und einem nicht arbeitsfähigen Teil, der
Anergie A (Gleichung 2-1)
𝐸𝑛 = 𝐸 + 𝐴
2-1
Exergie ist im Gegensatz zur Energie keine Erhaltungsgröße, in technischen Prozessen wird
sie verringert, während die Anergie zunimmt. Dies geschieht entsprechend dem 2. Hauptsatz
der Thermodynamik, weil die Entropie eines Systems nur zunehmen oder gleichbleiben, aber
ohne die Zufuhr von Arbeit auf keinen Fall abnehmen kann. Dadurch ist auch die Richtung der
Energieumwandlung von höherem zu niedrigerem exergetischen Potential beschränkt.
Während elektrische, kinetische und potentielle Energie reine Exergie sind, ist bei Wärme die
Temperaturdifferenz zwischen System und Umgebung ausschlaggebend. Damit Arbeit aus
dem Prozess gewonnen werden kann, muss Energie vom warmen in das kalte Reservoir
fließen. Das heißt, es kann nur jener Teil der Energie genutzt werden der über der
Umgebungstemperatur Tu liegt. Dieser entspricht der maximalen Arbeit, die von einem
Wärmestrom in einer reversiblen Wärmekraftmaschine geleistet werden kann und ist
äquivalent dem Carnotwirkungsgrad πœ‚πΆ . Die Exergie 𝑑𝐸̇𝑇 einer Wärme 𝑑𝑄̇ mit
Temperaturniveau T ist somit:
𝑑𝐸̇𝑇 = 𝑑𝑄̇
𝑇 − 𝑇𝑒
𝑇𝑒
= 𝑑𝑄̇ βˆ™ (1 − ) = 𝑑𝑄̇ βˆ™ πœ‚πΆ
𝑇
𝑇
2-2
Der Faktor (1 − 𝑇𝑒 ⁄𝑇) aus Gleichung 2-2 kann auch als Exergiefaktor 𝐹𝑒π‘₯ bezeichnet werden.
Allgemein kann die Exergie 𝑑𝐸̇𝑄 einer Wärme 𝑑𝑄̇ beschrieben werden:
𝑑𝐸̇𝑄 = 𝑑𝑄̇ βˆ™ 𝐹𝑒π‘₯
2-3
Für Wärmequellen mit konstanter Temperatur entspricht der Exergiefaktor dem
Carnotwirkungsgrad. Für Stoffströme und nicht konstante Temperaturquellen nimmt er
unterschiedliche Formen an.
2.2
Exergie eines Stoffstroms
In den bisherigen Betrachtungen zur Exergie der Wärme wurde von einer konstanten
Temperatur der Wärmequelle ausgegangen, etwa eine elektrisch beheizte Oberfläche, die bei
konstanter Temperatur einen Wärmestrom abgibt. Will man die exergetische Bewertung auf
eine Masse oder einen Massenstrom mit einer spezifischen Wärmekapazität anwenden, muss
man folgendes beachten: bei Wärmeabgabe oder Wärmeaufnahme ändert sich die
Temperatur des Mediums und damit auch die Energiequalität gegenüber dem
Umgebungszustand. Die Exergie einer Masse entspricht der Energie die gewonnen werden
kann, wenn die Masse mit der Umgebung in das Gleichgewicht gebracht wird [12]. Allgemein
gilt für die Exergie eines Stoffstroms, bei Vernachlässigung von potentieller, kinetischer und
chemischer Exergie [10]:
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𝐸 = π‘š βˆ™ (β„Ž − β„Žπ‘’ ) − 𝑇𝑒 βˆ™ (𝑠 − 𝑠𝑒 )
IEWT 2017
2-4
Darin ist h die spezifische Enthalpie der Masse, hu die der Umgebung. Tu ist die entsprechende
Umgebungstemperatur in Kelvin, s und su die spezifischen Entropien der Massen und der
Umgebung. Gleichung 2-4 lässt sich mithilfe von grundlegenden thermodynamischen
Zustandsgleichungen zu Gleichung 2-5 umformen:
𝑇
𝐸 = ∫ π‘š βˆ™ 𝑐𝑝 βˆ™ (1 −
π‘‡π‘ˆ
π‘‡π‘ˆ
𝑇
) 𝑑𝑇 = π‘š βˆ™ 𝑐𝑝 βˆ™ (π‘‡π‘ˆ − 𝑇 − π‘‡π‘ˆ βˆ™ ln )
𝑇
π‘‡π‘ˆ
2-5
Der Exergiefaktor hat hier nicht mehr die einfache Form des Carnot-Faktors und fällt geringer
aus (Gleichung 2-6). Der Grund liegt darin, dass bei einer Wärmeabgabe die Temperatur des
Stoffstromes sinkt und die restliche Wärme auf einem geringeren Temperaturniveau
abgegeben wird.
𝐹𝑒π‘₯ = 1 −
π‘‡π‘ˆ
𝑇
βˆ™ ln
𝑇 − π‘‡π‘ˆ
π‘‡π‘ˆ
2-6
In Abbildung 3 ist der Exergiefaktor eines Stoffstroms im Vergleich zum Exergiefaktor einer
Wärmequelle mit konstanter Temperatur aufgetragen. Der Faktor ist hier als Betrag
aufgetragen, da z.B. für Anwendungen in der Klimatechnik die Wärmemenge, die vom kalten
Reservoir entzogen wird, als positiver Wert betrachtet wird.
Abbildung 3 Exergiefaktor der Wärme mit konstantem Temperaturniveau im Vergleich zum
Exergiefaktor eines Massenstroms, nach [12]
2.3
Exergetische Bewertung von Wärmenetzen
Zur exergetischen Bewertung von Wärmenetzen ist die Kenntnis der energetischen Verluste
über die Systemgrenzen und die Kenntnis der systeminternen Energieumwandlungen die
einen Exergieverlust zur Folge haben wichtig.
2.3.1
Energiebilanz von Wärmenetzen
In Abbildung 4 ist das allgemeine Prinzip und die Funktionsweise eines Fernwärmenetzes
dargestellt. Von einem Einspeiser wird die Wärme über Leitungen mittels eines
Wärmeträgermediums, meist Wasser, durch den Vorlauf zu den Verbrauchern transportiert. In
einer Wärmeübergabestation wird die Wärme abgegeben, das Transportmedium kühlt dabei
ab. Es fließt dann im Rücklauf zum Erzeuger zurück und kann dort wieder Wärme aufnehmen.
Pumpen sorgen beim Transport für den notwendigen Druck. Um eine Energiebilanz für das
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gesamte System aufzustellen, müssen neben der eingespeisten Wärme 𝑄̇𝑖𝑛 , der
abgegebenen Wärme π‘„Μ‡π‘™π‘œπ‘ π‘  und der Pumpenleistung π‘ƒπ‘π‘’π‘šπ‘ auch die Wärmeverluste über die
Rohrleitungen π‘„Μ‡π‘™π‘œπ‘ π‘  berücksichtigt werden.
𝑄̇𝑖𝑛 + π‘ƒπ‘π‘’π‘šπ‘ = π‘„Μ‡π‘π‘œ + π‘„Μ‡π‘™π‘œπ‘ π‘ 
2-7
Abbildung 4 Prinzipieller Aufbau und Energieflüsse eines Fernwärmenetzes
Für eine spätere exergetische Bewertung müssen auch die Vorgänge innerhalb des
Bilanzgebietes des Fernwärmenetzes betrachtet werden (Abbildung 5). Im Erzeuger wird
chemische oder elektrische Energie in Wärme umgewandelt. Ein Teil der durch die Pumpe
aufgebrachte Druck wird über die Rohrreibung abgebaut und dabei in Wärme umgewandelt.
Zusätzlich entsteht noch ein Druckabfall in den Wärmeübergabestationen der Verbraucher, in
denen das Fluid von Vorlaufniveau auf Rücklaufniveau entspannt wird.
Abbildung 5 Modell der Energiebilanz und Energieumwandlungen eines Fernwärmenetzes
Es werden sowohl die Rohrleitungen von Vor- als auch Rücklauf betrachtet. Zur Beschreibung
der Verluste wird ein Rohrleitungssegment betrachtet. Der Durchfluss ist konstant, es handelt
sich um ein geschlossenes System ohne Stoffaustausch mit der Umgebung. Der Druckverlust
ist abhängig von der Reibung zwischen Fluid und Rohrwand, wobei Pumpenleistung in Wärme
umgewandelt wird. Über die Rohrwand wird aufgrund des Temperaturgradienten zwischen
Fluid und Umgebung Wärme abgegeben. Der Temperaturgradient und der Wärmedurchgang
bestimmen den Wärmeverlust.
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Abbildung 6 Kontrollvolumen für eine Innenrohrströmung [4]
Die Energiebilanz für ein differentiell kleines Kontrollvolumen dx eines Rohres wird in
Gleichung 2-8 beschrieben. Auf der linken Seite stehen die Energieflüsse, die in das
Kontrollvolumen zugeführt werden. Dies sind der Massenfluss π‘šΜ‡ mit der Wärmekapazität cp
und Temperatur T, sowie die Pumpenleistung π‘‘π‘ŠΜ‡ = 𝑑𝑃, die in Wärme umgewandelt wird. Auf
der rechten Seite stehen die aus dem Kontrollvolumen austretenden Energieflüsse, der
Massenfluss π‘šΜ‡ mit der Wärmekapazität cp und Temperatur T+dT und die Verlustwärme 𝑑𝑄̇𝐿 .
π‘šΜ‡ βˆ™ 𝑐𝑃 βˆ™ 𝑇 + 𝑑𝑃 = π‘šΜ‡ βˆ™ 𝑐𝑃 βˆ™ (𝑇 + 𝑑𝑇) + 𝑄̇ 𝑑𝐿
2-8
Die Energiebilanz für die Wärmeübergabestation wird analog hergeleitet. Hierbei muss
zusätzlich die an den Verbraucher abgegebene Wärme berücksichtigt werden. Die
Wärmeverluste werden vernachlässigt.
2.3.2
Exergieverluste und Exergiebilanz
Der Exergieanteil von Raumwärme liegt bei etwa 7% 2 und ist durch den Behaglichkeitsbereich
der Raumtemperatur von 20-25°C vorgegeben [13]. Werden hochexergetische Energieträger
wie zum Beispiel Strom oder Gas zur Wärmebereitstellung verwendet, treten vor allem bei der
Umwandlung des Primärenergieträgers in Wärme hohe exergetische Verluste auf (Abbildung
7 links). Diese Verluste können nur durch die Verwendung von niedrigexergetischen
Energiequellen, wie zum Beispiel Abwärme oder Solarthermie, vermieden werden (Abbildung
7 rechts).
Abbildung 7 Energie- und Exergieflüsse bei Wärmeversorgung mittels Gaskessel und Abwärmenutzung
2
Bei einer Außentemperatur von 0°C
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Die in Fernwärmesystemen auftretenden Exergieverluste sind in Abbildung 8 beschrieben.
Dies sind einerseits Exergieverluste über die Systemgrenze („exergy-loss“) und andererseits
Exergieverluste durch irreversible Umwandlung oder Wärmeübertragung im System („exergydestruction“).
Abbildung 8 Modell der Exergiebilanz eines Fernwärmenetzes
Die größten Exergieverluste entstehen in der Regel bei der Umwandlung der Primärenergie in
Wärme. Sie hängen vom Exergiegehalt der Primärenergieform und den Temperaturniveaus
von Vorlauf Tsf bzw. Rücklauf Trf ab. Bei rein exergetischen Energieträgern wie zum Beispiel
Erdgas oder Strom wird der Exergieverlust 𝐸̇𝑙𝑄 wie folgt berechnet, wobei 𝑄̇ die eingespeiste
Wärmeleistung ist.
𝐸̇𝑙𝑄 = 𝑄̇ βˆ™
𝑇𝑠𝑓
𝑇𝑒
βˆ™ ln ( )
𝑇𝑠𝑓 − π‘‡π‘Ÿπ‘“
π‘‡π‘Ÿπ‘“
2-9
Stammt die eingespeiste Wärme aus einer Kraft-Wärme-Kopplung, ist neben der gewonnenen
Wärme auch die Produktion von Strom zu berücksichtigen. Wird ein ausschließlich
exergetischer Brennstoff, wie zum Beispiel chemisch gebundene Energie in der Form von
Erdgas, eingesetzt, kann der Exergieverlust mit Gleichung 2-10 berechnet werden. 𝑄̇𝐡 ist die
Brennstoffleistung, 𝑃𝑒𝑙_πΎπ‘Š der produzierte Strom und π‘„Μ‡π‘Š die produzierte Wärme.
𝐸̇𝑙𝑄 = 𝑄̇𝐡 − 𝑃𝑒𝑙_πΎπ‘Š − π‘„Μ‡π‘Š βˆ™ (
𝑇𝑠𝑓
𝑇𝑒
βˆ™ ln ( ))
𝑇𝑠𝑓 − π‘‡π‘Ÿπ‘“
π‘‡π‘Ÿπ‘“
2-10
Wird zur Wärmeproduktion eine Kompressionswärmepumpe verwendet, wird elektrische
Leistung 𝑃𝑒𝑙_π‘Šπ‘ƒ zum Antrieb des Kompressors benötigt. Die Effizienz einer Wärmepumpe wird
durch die Leistungszahl COP beschrieben. Sie ist das Verhältnis von produzierter Wärme π‘„Μ‡π‘Š
zu eingesetztem Strom 𝑃𝑒𝑙_π‘Šπ‘ƒ und immer größer als 1. Der Exergieverlust beim Einsatz einer
Wärmepumpe ist demzufolge:
𝐸̇𝑙𝑄 = 𝑃𝑒𝑙_π‘Šπ‘ƒ − π‘„Μ‡π‘Š βˆ™ (
𝑇𝑠𝑓
𝑇𝑒
βˆ™ ln ( ))
𝑇𝑠𝑓 − π‘‡π‘Ÿπ‘“
π‘‡π‘Ÿπ‘“
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2-11
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Bei der Nutzung von Abwärme werden die Verluste 𝐸̇𝑣 nach Gleichung 2-12 berechnet. Dabei
sind die Temperaturen der Primärseite, also des wärmeabgebenden Stroms im
Wärmetauscher, von entscheidender Bedeutung. π‘‡π‘šπΏ bzw. π‘‡π‘šπ» sind die logarithmischen
Mitteltemperaturen der kalten bzw. heißen Seite.
2
(π‘‡π‘šπ» − π‘‡π‘šπΏ )
𝐸̇𝑣 = π‘„Μ‡π‘Š βˆ™ 𝑇𝑒 βˆ™
π‘‡π‘šπ» − π‘‡π‘šπΏ
2-12
Direkte Exergieverlustleistungen entstehen durch die Wärmeverluste über die Rohrleitungen,
wobei für den Wärmeverlust die Temperaturdifferenz zur Umgebungstemperatur entscheidend
ist. Dieser kann entsprechend der Gleichung
𝐸̇𝑙𝑝𝑖 = 𝑄̇𝑙𝑝𝑖 βˆ™ (1 −
𝑇𝑒
𝑇1
βˆ™ ln ( ))
𝑇1 − 𝑇2
𝑇2
2-13
berechnet werden, wobei Tu die Umgebungstemperatur und T1 bzw.
Wassertemperaturen am Ein- bzw- Austritt des betrachteten Rohrsegments sind.
T2
die
Der Druckverlust in den Rohrleitungen und den Wärmeübertragerstationen verursacht
Exergieverluste aufgrund der Umwandlung von hochexergetischer Elektrizität in qualitativ
niederwertige Wärme. Die Verluste lassen sich wie folgt berechnen
𝐸̇𝑙𝑝𝑒 = 𝑃𝑝𝑒 − 𝑃𝑝𝑒 βˆ™ (1 −
𝑇𝑒
𝑇𝑒
) = 𝑃𝑝𝑒 βˆ™
𝑇𝑝𝑙
𝑇𝑝𝑙
2-14
wobei Tpl bei Rohrleitungen der arithmetische Mittelwert der Temperaturen an Ein- bzw. Austritt
ist. Bei den Wärmeübertragerstationen wird angenommen, dass der gesamte Druck bei der
Rücklauftemperatur Trf in Wärme umgewandelt wird
Durch Umformen von Gleichung 2-5 kann die ins Netz eingespeiste Exergie 𝐸𝑖𝑛̇ und die in den
Μ‡ berechnet werden. Dazu müssen die
Wärmeübergabestationen abgegebene Exergie πΈπ‘π‘œ
Temperaturniveaus von Vorlauf Tsf bzw. Rücklauf Trf eingesetzt werden.
𝐸𝑖𝑛̇ = 𝑄̇ βˆ™ (1 −
𝑇𝑠𝑓
𝑇𝑒
βˆ™ ln ( ))
𝑇𝑠𝑓 − π‘‡π‘Ÿπ‘“
π‘‡π‘Ÿπ‘“
2-15
Μ‡ = 𝑄̇ βˆ™ (1 −
πΈπ‘π‘œ
π‘‡π‘Ÿπ‘“
𝑇𝑒
βˆ™ ln ( ))
π‘‡π‘Ÿπ‘“ − 𝑇𝑠𝑓
𝑇𝑠𝑓
2-16
Mit den eingespeisten Exergien der Wärme 𝐸̇𝑄 und der Pumpe 𝑃𝑝𝑒 sowie der abgegebenen
Μ‡ und den Exergieverlusten lässt sich die Exergiebilanz für ein Fernwärmenetz wie
Exergie πΈπ‘π‘œ
folgt formulieren:
Μ‡ + 𝐸̇𝑙 + 𝐸̇𝑙 + 𝐸̇𝑙
𝐸̇𝑄 + 𝑃𝑝𝑒 = πΈπ‘π‘œ
𝑄
𝑝𝑖
𝑝𝑒
2-17
Als Bewertungsmaßstab für die Qualität der Energienutzung in der Wärmeversorgung kann
der exergetische Wirkungsgrad πœ‚π‘’π‘₯ definiert werden. Er ist das Verhältnis von abgegebener
zu aufgewendeter Exergie.
πœ‚π‘’π‘₯ =
πΈΜ‡π‘π‘œ
𝐸̇𝑄 + 𝑃𝑝𝑒
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3 Fallstudie
Das entwickelte Werkzeug zur exergetischen Bewertung wird auf ein Nahwärmenetz mit einer
Trassenlänge von 3.5 km und einer Jahreswärmeabgabe von 3.5 GWh angewendet. Mit PSS
Sincal wurde ein Netzmodell für die energetischen sowie hydraulischen Berechnungen erstellt.
Die dafür notwendigen Daten wurden von den Betreibern zur Verfügung gestellt. Von
ausgewählten Wochen im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter sind gemessene
Verbrauchsdaten der Kunden vorhanden. Vom Heizwerk steht eine Jahresdauerlinie der
Wärmeproduktion zur Verfügung. Die Vorlauftemperatur beträgt 84°C, die Rücklauftemperatur
55°C. Als Umgebungstemperaturen in den betrachteten Zeiträumen stehen als Messwerte von
der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zur Verfügung. Die berechneten Daten
werden mit Matlab aus PSS Sincal ausgelesen und anschließend mit dem in Abschnitt 2
beschriebenen Formelwerk exergetisch bewertet.
3.1
Versorgungsszenarien
Für das Wärmenetz wurden vier unterschiedliche Einspeiservarianten exergetisch bewertet.
Drei davon sind reine Wärmeversorgung (Gaskessel, Wärmepumpe, industrielle Abwärme),
zusätzlich wird noch eine kombinierte Versorgung mit Strom und Wärme aus Kraft- WärmeKopplung, Wärmepumpe und Spitzenlastgaskessel untersucht.
Bei der reinen Wärmeversorgung wird angenommen, dass ein Wärmeerzeugungsaggregat
den gesamten Leistungsbereich abdeckt. Der Gaskessel und die Abwärmeübergabestation
werden als verlustfrei betrachtet. Für die Wärmepumpe wurde ein COP in Abhängigkeit der
Temperaturspreizung zwischen Umgebungstemperatur Tu und Vorlauftemperatur Tsf
bestimmt. Der thermodynamisch maximal erreichbare COPC, dieser ist das Äquivalent zum
Carnotwirkungsgrad, ist dann:
𝐢𝑂𝑃𝐢 =
𝑇𝑠𝑓 − 𝑇𝑒
𝑇𝑠𝑓
3-1
Reale Anlagen erreichen in etwa COP-Werte die etwa die Hälfte des Maximalen betragen. Die
für die Berechnung gewählte Leistungszahl ist somit COP = 0.5*COPC.
Bei der kombinierten Versorgung wird die Grundlast durch ein Blockheizkraftwerk abgedeckt.
Die mittleren Leistungsspitzen werden durch eine Wärmepumpe, die den Abgasstrom der
KWK als Wärmequelle nutzt, abgedeckt. Aufgrund der hohen Abgastemperaturniveaus kann
für Hochtemperatur-Rauchgaskondensationswärmepumpen ein COP = 4 angenommen
werden [14]. Zusätzlich steht zur Abdeckung von Höchstlasten noch ein Spitzenlastbrenner
zur Verfügung. Die KWK-Anlage ist vom Typ 530MAN-EG, die Kenndaten sind in Tabelle 1
aufgelistet.
Tabelle 1 Kenndaten BHKW 530MAN-EG [15]
Typ
Pel in Kw
Pth in kW
PB in kW
ηel
ηth
530MAN-EG
1341
0,395
0,483
530
648
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Übersteigt der Wärmebedarf die Nennleistung des BHKWs, wird eine Wärmepumpe mit
maximal 152 kW Nennleistung hinzugeschaltet. Nur absolute Spitzenleistungen über 800 kW
werden durch den Gasbrenner abgedeckt (Abbildung 9).
Abbildung 9 Dauerlinie des Wärmebedarfs der Wintermonate und Auslegung der Einspeiser im
kombinierten Fall
4 Ergebnisse
Um die unterschiedlichen Einspeisertechnologien im Hinblick auf die Exergieeffizienz der
Wärmebereitstellung vergleichen zu können, wurde für die betrachteten Zeiträume die
Exergieeffizienz der Wärmeversorgung berechnet. Die Ergebnisse der energetischen
Berechnung mit PSS Sincal sind in Tabelle 2 aufgeführt. Sie sind für alle untersuchten
Einspeiservarianten gleich. In der untersuchten Sommerwoche wird signifikant weniger
Wärme benötigt als in den restlichen Wochen. Während der Heizsaison bleiben die
Wärmeverluste über die Rohrwände annährend konstant, in der Sommerwoche sind sie
ebenso wie die Wärmeeinspeisung niedriger, jedoch anteilsmäßig doppelt so groß wie in der
Winterwoche.
Tabelle 2 Wärmeeinspeisung, benötigte Pumpenarbeit und Wärmeverluste des Wärmenetzes
Winterwoche
Frühlingswoche
Sommerwoche
Herbstwoche
Wärmeeinspeisung in MWh
112.3
91.9
25.6
51.1
Wärmeverluste in MWh
15.3
15.2
10,0
13.6
Pumpenarbeit in MWh
0.9
0.7
0.2
0.4
Der Wärmeverbrauchlastgang zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen Tag und Nacht
(Abbildung 10). Ebenso sind Unterschiede zwischen Wochenende und Wochentag zu
erkennen. Die Pumpenleistung ist vernachlässigbar gering. Den größten Anteil der
Exergieverluste im Rohrleitungssystem nehmen die Wärmeverluste ein, gefolgt vom
Druckabbau bei den Verbrauchern. Die Rohrreibungsverluste sind im Vergleich dazu
untergeordnet (Abbildung 11). Die Exergieverluste im Wärmenetz sind vor allem bei der
Nutzung hochexergetischer Energieträger, klein gegenüber den Primärexergieverlusten im
Erzeuger (Abbildung 12)
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Abbildung 10 Wärmeeinspeisung und benötigte Pumpenleistung.
Abbildung 11 Exergieverluste im Wärmenetz.
Abbildung 12 Exergieverluste im Wärmeversorgungssystem bei Versorgung mit einem Gaskessel. Die
Verluste im Netz beinhalten die Wärmeverluste, die Rohrreibung und den Druckabbau in den
Wärmeübergabestationen.
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In Abbildung 13 sind die Exergieverluste und die an die Verbraucher abgegebene Exergie
bezogen auf ins Wärmenetz eingespeiste Energie (Wärme und Pumpenarbeit) dargestellt. Die
exergetisch größten Verluste entstehen in jeder der betrachteten Wochen bei der Versorgung
mit einem Gaskessel. Die exergetischen Netzverluste (Wärmeverluste, Rohrreibung,
Druckabfall in den Wärmeübergabestationen) bewegen sich im niedrigen bis mittleren
einstelligen Prozentbereich. Durch die Verwendung niedrigexergetischer Wärmequellen
können die Verluste im Wärmeerzeuger reduziert werden. Die anteiligen Exergieverluste
zeigen keine große Veränderung über den betrachteten Zeitraum.
Abbildung 13 Exergieverluste und an den Verbraucher abgegebene Exergie bezogen auf die
eingespeiste Energie (Wärme und Pumpenarbeit) für unterschiedliche Einspeiser (Gas-Gaskessel, WPWärmepume, AW-Abwärme)
Die Ergebnisse der exergetischen Untersuchung sind in Tabelle 3, Tabelle 4 und Tabelle 5
dargestellt. Der Exergieaufwand des Erzeugers beinhaltet die benötigte Exergiemenge zur
Wärmeerzeugung und die Pumpenarbeit. In der Sommerwoche ist die Exergieeffizienz
aufgrund der höheren Umgebungstemperaturen und der anteilig höheren Netzverluste um bis
zur Hälfte niedriger als in den restlichen betrachteten Zeiträumen. Die exergieeffizienteste
Wärmeversorgung ist die Abwärme, gefolgt von der Wärmepumpe und dem Gaskessel.
Tabelle 3 Ergebnisse Exergieanalyse Versorgung mit Gaskessel
Winterwoche
Exergieaufwand Erzeuger in MWh
Erzeugerverluste in MWh
Netzverluste in MWh
Exergieeffizienz
Frühlingswoche
Sommerwoche
Herbstwoche
112.3
91.9
25.6
51.1
90.2
74.8
22.4
43.1
3.9
3.5
1.5
2.5
0.17
0.16
0.08
0.11
Tabelle 4 Ergebnisse Exergieanalyse Versorgung mit Wärmepumpe
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Winterwoche
Exergieaufwand Erzeuger in MWh
Erzeugerverluste in MWh
Netzverluste in MWh
Exergieeffizienz
IEWT 2017
Frühlingswoche
Sommerwoche
Herbstwoche
52.0
29.9
40.9
23.7
8.6
5.3
20.0
12.0
3.9
3.5
1.5
2.5
0.37
0.35
0.22
0.29
Tabelle 5 Ergebnisse Exergieanalyse Versorgung mit Abwärme
Winterwoche
Exergieaufwand Erzeuger in MWh
Erzeugerverluste in MWh
Netzverluste in MWh
Exergieeffizienz
Frühlingswoche
Sommerwoche
Herbstwoche
28.6
6.5
22.5
5.4
4.8
1.6
11.2
3.1
3.9
3.5
1.5
2.5
0.66
0.63
0.40
0.52
Auch bei einer Wärmeversorgung durch KWK, Wärmepumpe und Spitzenlastkessel
(kombinierter Fall) nehmen die Exergieverluste im Einspeiser den größten Anteil (Abbildung
14), vorwiegend verursacht durch die Umwandlung von chemischer Energie in Wärme, ein.
Die zusätzliche Nutzung der Energie auf höherem Temperaturniveau zur Stromproduktion
ermöglicht eine insgesamt höhere exergetische Energieausnutzung verglichen zur
Wärmebereitung mit einem Gaskessel.
Abbildung 14 Exergieverluste und an die Verbraucher abgegebene Exergie und Strom bezogen auf den
benötigten Erdgasbedarf
Aus denselben Gründen wie bei den vorhergehenden Szenarien ist die Exergieeffizienz in der
betrachteten Sommerwoche am geringsten. Der Einfluss von Wärmepumpe und
Spitzenlastbrenner auf die Exergieeffizienz in der Winter- und den Übergangswochen ist
aufgrund der geringeren bereitgestellten Energiemenge sehr klein.
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IEWT 2017
Tabelle 6 Ergebnis Exergieanalyse Versorgung mit KWK, Wärmepumpe und Spitzenlastkessel
Winterwoche
Erdgasaufwand in MWh
Frühlingswoche
Sommerwoche
Herbstwoche
215.3
187.2
52.9
105.6
Stromeinspeisung in MWh
84.0
74.1
20.9
41.8
Erzeugerverluste in MWh
111.3
96.7
28.9
56.0
19.0
14.2
1.9
5.8
3.9
3.5
1.5
2.5
0.48
0.47
0.43
0.45
Exergieabgabe Verbraucher in MWh
Netzverluste in MWh
Exergieeffizienz
5 Zusammenfassung und Ausblick
In der vorliegenden Arbeit wurde ein Werkzeug zur exergetischen Analyse von
Fernwärmeversorgungssystemen
vorgestellt.
Damit
können
unterschiedliche
Versorgungsszenarien für beliebige, in PSS Sincal modellierte Fernwärmenetze untersucht
werden. Es werden sowohl die Exergieverluste im Netz als auch die Verluste beim Einspeiser
abgebildet. Neben einzelnen Lastpunkten können auch Zeitreihen über längere Zeiträume
betrachtet werden.
Zeitreihen sind besonders wichtig, wenn der Einfluss nicht regelbarer erneuerbarer Einspeiser
und thermischer Speicher bewertet werden soll. Deren Einbindung und Bewertung sind
nächste mögliche Entwicklungsschritte. Speziell bei einem zukünftigen Energiesystem mit
hohen Anteilen an erneuerbaren Energien im Stromnetz wird es zu Stromüberschüssen
kommen, für die keine hochexergetische Anwendungsmöglichkeit besteht. Die qualitative
Bewertung dieser Energien ist noch ungeklärt. Abschließend sind noch die ökonomischen
Auswirkungen einer exergiegerechten Fernwärmeversorgung zu überprüfen.
6 Literatur
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the Paris agreement, Paris, 2015.
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[6] M. Gong, S. Werner, Exergy analysis of network temperature levels in Swedish and
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[10] W. Fratzscher, V. Brodjanskij, K. Michalek, Exergie: Theorie und Anwendung, Springer
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[13] L. Kranzl, LowEx – Das Konzept der Exergie in energieökonomischen Analysen:
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http://www.nachhaltigwirtschaften.at/iea_pdf/endbericht_201241_lowex.pdf, accessed
19 January 2015.
[14] FRIGOPOL Kälteanlagen GmbH, Hochtemperatur Wärmepumpe: FHTHP 1000-Serie,
2014.
[15] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V.,
BHKW-Kenndaten 2014/2015: Module, Anbieter, Kosten, Berlin, 2014.
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