the low achiever and his communication

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© Sabine Tolksdorf, Institut für visuelle Wahrnehmung, D-44629 Herne - 08.06.2004
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Mangelnde Motivation und Integration beim
Visualtraining mit dem lernverzögerten Kind
THE LOW ACHIEVER AND HIS LAG OF MOTIVATION AND INTEGRATION BY DOING
VISION TRAINING
Ein Aufsatz zum Thema von Sabine Tolksdorf anlässlich des Treffens des
Studienkreises Funktionaloptometrie Schweiz unter Leitung von Stefan Collier im März
2004.
1.Teil: Kommunikation
Communication
Im Gedankenaustausch mit Fachkollegen, die aktiv als Funktionaloptometristen arbeiten, stellt
sich immer wieder heraus, dass die größten Schwierigkeiten beim Visualtraining mit dem
lernverzögerten Kind in der Motivation des Kindes und der Integration des Trainingserfolgs
liegen. Das Kind hat keine Lust, kommt nur weil die Mutter es möchte, zeigt sich
teilnahmslos, ablehnend oder sogar aggressiv. Der Trainingserfolg stellt sich nur langsam ein
oder stagniert nach der 5./6. Einheit bei anfänglich gutem Erfolg. Das Training dauert somit
zu lange. Diese Schwierigkeiten sind besonders auffällig im Alter von 6-7 Jahren und im Alter
von 13-14 Jahren.
Die Lösung lautet:
Kommunikation
Was bedeutet das? Wie geschieht Kommunikation?
Der bekannteste Ausdruck von Kommunikation ist die Sprache. Gut, aber es gibt auch die
Körpersprache; Mimik, Haltung u.s.w.. Wir sprechen auch „durch die Blume“ wie der
Volksmund sagt, also kommunizieren wir außerdem mit Hilfsmitteln, nicht direkt. Unsere
„Empfänger“ sind nicht nur die Ohren sondern alle anderen Sinne, die wir besitzen.
Redewendungen wie „Das stinkt mir“, „Das ist eine bittere Pille“ oder „Er sieht zu schwarz“
deuten seit jeher darauf hin. Wir können nicht nur mit anderen Menschen, sondern auch mit
einfachen Gegenständen wie einen schönen Bild, dem Teppich oder dem Fenster
kommunizieren. Besonders kompliziert ist oft die Kommunikation mit uns selbst, dem
Gewissen, der inneren Stimme. Chemische, physische und psychische Faktoren nehmen
ständig parallel Einfluss auf unsere Kommunikation.
Mit diesem Bewusstsein ist es verständlich, dass ein Visualtraining nur erfolgreich sein kann,
wenn die Übungen mit der passenden Kommunikation dargeboten werden, denn Training
bedeutet die Übungen möglichst gut zu kopieren. Selbst bei der ersten Messung, die zur
Analyse des visuellen Problems dient, kommunizieren wir über alle Sinne, das Messgerät ist
dabei das Kommunikationsmittel. Es bildet die Mittellinie zwischen uns und dem Kind.
Communication is an exchange of meaningfull information between an organism and its
environment. It is not limited of the exchange, which takes place between human beings.
Actually it servs as the basis as the basis of the life, which presents around us. Befor a
child can achieve, he must learn to communicate with the world around him.
Kommunikation ist ein Austausch von bedeutungsvollen Informationen zwischen einem
Organismus und seiner Umwelt. Sie ist nicht auf den Austausch, der zwischen
menschlichen Wesen stattfindet, begrenzt. In jedem Augenblick dient sie als Basis der
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Basis des Lebens, das um uns herum geschieht. Bevor ein Kind etwas erreichen kann,
muss es lernen, mit seinem Lebensraum zu kommunizieren.
Deshalb müssen wir die Entwicklungsstufen eines Kindes kennen.
Kommunikation ist ein bio-psycho-soziales Verhaltensmuster. Oftmals beschränkt sich die
Augenoptik/Optometrie nur auf den Bereich des Sehens, nicht aber auf Vision (die
Sehfähigkeit). Vision ist ein bio-psycho-soziales Verhaltensmuster bei Sehaufgaben. Es gibt
für jeden Organismus eine eigene Präsenz. Abweichungen von der Normpräsenz im visuellen
Sinne sind Eso-, Exo- und Höhenphorien.
Dieses bio-psycho-soziale Verhaltensmuster der einzelnen Persönlichkeit, die Sehaufgaben
erfüllen muss, zeigt sich auf vier unterschiedlichen Leistungsebenen. den SkeffingtonKreisen.
1.Kreis: Haltung, Gleichgewichtsgefühl, Körperbewusstsein, Propriozeption
(Sinneswahrnehmung der Körperposition in Ruhe und Bewegung, auch als
Tiefensensibilität bezeichnet)
Das Individuum muss ein Grundbewusstsein seines Körpers und
Körperbewusstsein haben. Es muss seinen Körper kennen und seine
Körperteile einzeln und kontrolliert einsetzen können, um Balance und
Stabilität zu erreichen. Von diesem stabilen Ausgangspunkt aus wird die
Interaktion mit der Umwelt aufgebaut.
(Wer bin ich, wo bin ich?)
Dieses Bewusstsein ist die Grundlage von Stimulus/Background.
2.Kreis: Vermögen des Centerings der Kopf- und Körperhaltung und des Körpers
Dieses Vermögen ist die Grundlage der Kommunikation des Einzelnen mit
seiner Umwelt. Sie sollte self-direct sein und hängt von der Ausgewogenheit
der Entwicklung im 1. Kreis ab. (Mittellinie, Balance von R und L) Esophorien
sind Suppressionen der Peripherie, Exophorien sind Suppressionen des
zentralen Sehens.
Das Vermögen des Centerings ermöglicht ihm, einen Punkt im Raum zu orten,
ihm Aufmerksamkeit zu schenken und mit ihm zu kommunizieren.
(Wo ist es?)
3.Kreis: Identifikation - Ein Individuum baut in seiner Entwicklung seine innere Welt
auf. Es entstehen Objektkonzepte. (Vorstellungen, Bilder)
Identifikation ist das Vergleichen mit diesen inneren Bildern, die räumliche und
mit allen Sinnen verarbeitete Aspekte der Umwelt wiederspiegeln.
(Environment + Experience in Time + Space)
(Was ist es?)
Jeder Mensch hat seine eigenen, individuellen Objektkonzepte.
In der Vorstellungswelt befindet sich ein unendlicher Vorrat von
Objektkonzepten, die real sind. Objektkonzepte können aber auch abstrakt sein,
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wie z.B. ein Wortbild, einzelne Buchstaben oder Zahlen. Diese abstakten
Weltvorstellungen sind wichtig und unentbehrlich für visuelle Aktivitäten wie
z.B. das Lesen. Lesen auf diesem Niveau ist Lernen. Der momentane
Sinneseindruck wird mit allen Objektkonzepten verglichen und als Kopie
abgelegt. Falsche Objektkonzepte wie bei der Rechtschreibschwäche werden
neben den besseren neuen Konzepten immer wieder mit kopiert, deshalb dauert
der Lernprozess sehr lange.
Akkommodationbewegung ist ein Teil der Identifikation. Sie zeigt sich in der
Veränderung
der
Pupillengrösse.
Kognitiver
Stress
führt
zur
Akkommodationszunahme. Das ermitteln wir mit der Buchskiaskopie (# 5 ist
niedrig). Erkennen in diesem Kreis ist kognitiv, d.h., wir erhalten eine
bedeutungsvolle Information, die wir begreifen müssen. Wir können
kämpfen, d.h. konvergieren und akkommodieren (kleine Pupille) oder fliehen,
die Vergenz und Akkommodation loslassen (große Pupille). Wollen wir die
Information verdrängen, weil ein kognitiver Kollaps droht, zeigt sich eine
funktionelle Suppression. Erhalten wir einen Minuszylinder in 90° oder eine
vorübergehende leichte Myopie, deutet das auf Stress in der Horizontalen, d.h.
in der Akkommodation hin. Beide Erscheinungen sind die kognitive Antwort
auf Umwelt (Environment) und Erfahrung (Experience) verursacht durch
Stress. Das Verhältnis von #20 / #21 zeigt die Qualität und Breite unserer
Kognition .(#20 hoch + #21 niedrig/fight; #21 hoch + #20 niedrig /flight ). Der
Blurpoint ist die Grenze der Identifikation. Blur-Brake-Recovery sind die
Grenzen der visuellen Leistungsfähigkeit. Sie zeigen die kognitive
Beweglichkeit in Zeit (Time) und Raum (Space). Visualisation ist das Bild der
eigenen Kognition.
4.Kreis: Speech-Auditory ist das Kommunikationsniveau von Sehen und Sprechen,
Lesen und Buchstabieren. Ohne integrierte Muster auditiver und visueller
Aktivitäten ist das Sehen unvollständig. Wir sprechen von der verbal-auditiven
Erkennung. Es reicht der Reiz eines Sinnes, um einen Begriff, ein Gesamtbild
geprägt von allen Sinnen auszulösen. Es entsteht die Sprache. Die Sprache
ist eine menschliche Eigenschaft. Sie ist ebenso innerlich wie auch zwischen
den Menschen aktiv.
(Wie heißt es? Wie ist es beschaffen?)
Innerlich bedeutet im Bewusstsein, in den Gedanken. Wir sprechen von der
Innerspeech. Die Innerspeech ist abhängig vom Körperbewusstsein. Ohne
perfekte Leistung im 1. Kreis, erreichen wir nicht die Self-direct-Stufe, können
uns somit nicht selbst in Frage stellen, können keine andere Position
einnehmen, keine Zwiesprache mit uns halten. Wenn unsere Innerspeech nicht
gut ist, wird auch die Outerspeech nicht gut gelingen.
Stottern sind Saccaden der Innerspeech zur Outerspeech.
Singen ist ein anderes Instrument der Sprache.
Die Wahl von visueller Aufmerksamkeit ist eine kontinuierliche Selektion von Stimulus
im Vergleich zum Background. Visuelle Aufmerksamkeit ist die Kommunikation
zwischen Stimulus und Background.
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Das Wiederaufrufen von so entstandenen Objektkonzepten, das Vergleichen und
Integrieren, der Lernprozess also, ist Kommunikation mit Erfahrung und Umwelt in
Zeit und Raum. Kognition bestimmt die Effizienz der Basisstufen des Lernens.
Kognition ist wiederum abhängig von der passenden Kommunikation, der Motivation
zur Genauigkeit und Selbstkorrektur. Dabei ist der Mensch eine „bio-pysio-psychosozio-somatische Einheit“, dessen Kommunikationsebenen ständig wechseln.
Ein Ausdruck der Kommunikation zwischen unserer durch alle Sinne geprägten
Erfahrung und uns selbst, sowie unseren Mitmenschen, ist die Sprache.
Zum Austausch und Begreifen von bedeutungsvollen Informationen benötigen wir also
gutes Körperbewusstsein, Visual-Centering, zahlreiche Objektkonzepte, ausgewogene
Inner- und Outerspeech.
Ist ein Kind nicht in der Lage zwischen Stimulus und Background zu unterscheiden, erhalten
wir zwei mögliche Erscheinungsformen des Low Achievers.
1. Für das Kind ist alles wichtig, also Stimulus, es ist überflutet mit Reizen, die es nicht
verarbeiten kann. Es reagiert unkonzentriert und unruhig, weil es nicht genug Zeit hat,
die Eindrücke zu verarbeiten. (wie ADS mit Hyperaktivität)
2. Dem Kind ist alles unwichtig, es hat aufgegeben, es träumt, alles ist Peripherie. Es fällt
ihm schwer, die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, ist unmotiviert und damit
ebenfalls unkonzentriert ohne unruhige Körperaktivitäten. (wie ADS ohne
Hyperaktivität)
Ist das Vergenzensystem eines Kindes unstabil, hat es nicht genügend Zeit, die
Aufmerksamkeit auf den Stimulus zu richten um ihn dann zu erkennen. Es versucht die
Defizite mit Körperbewegung, mit taktiler Unterstützung (alles anfassen, alles demontieren)
oder mit Adaptationen wie Kopfverdrehen, Haare ins Gesicht oder zu naher und wechselnder
Schreib- und Lesehaltung auszugleichen. Ohne gutes Körperbewusstsein, dem Bewusstsein
der Mittellinie ist aber wiederum kein gutes Centering möglich. Rechts und Links werden
dann oft verwechselt.
Es ist deshalb wichtig das Kind im Visualtraining so schnell wie möglich auf die 3.
Stufe der Lernpyramide, dem Visuell Centering zu bringen. So entsteht Organisation und
Struktur. Das Kind wird ruhiger, konzentrierter und motivierter.
Hat das Kind in seiner Vergangenheit keine Gelegenheit gehabt genügend Objektkonzepte
aufzubauen, fällt das Erkennen schwer. Kommunikation mit der Umwelt und den Erziehern
spielt dabei die entscheidende Rolle. Haben die Eltern keine Zeit (keine Spiele, keine
Bilderbücher) oder war das Kind eingeschränkt in seinen Aktivitäten (Krankheit) oder nur
grundversorgt (Heimkind, Hospitalismus) können die gelernten Bilder nicht genau sein. Bei
der Arbeit mit Kindern ist es deshalb außerdem sehr wichtig, entwicklungsstandgerechte Teste
und Sehzeichen zu benutzen.
Ein Kind das keine Ansprache hat, weil die Eltern nie zu Hause sind, weil es nicht verstanden
wird, weil es nicht mit anderen Kindern spielen kann, kann seine Innerspeech nicht richtig
kommunizieren. Es redet oftmals ständig oder verstummt. Manchmal zeigt sich auch ein
aggressives Verhalten, die Integration in eine Gruppe ist schwierig.
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2. Teil: Die Entwicklungsstufen des Kindes und ihre Bedeutung
für die Kommunikation im Visualtraining
The Stages of Child Development and its Imprortance to Communication by Doing
Vision Training
Betrachten wir den Zeitraum von der Geburt (genauer noch davor) bis zum Eintritt in das
Erwachsenenalter (ca. 20 Jahre)
1. Abschnitt 0-7 Jahre:
0-3 Jahre:
Das Kind entdeckt seinen Körper. Es ist mit sich beschäftigt. Es entwickelt
seine Innerspeech. Es befindet sich in der Motorstufe.
3-4 Jahre:
Das Spiegeln von Verhalten und Tun beginnt. In dieser Phase will es alles
selber tun. Es bringt sein Verlangen auch hartnäckig zum Ausdruck. Am Ende
der Phase erfährt das Kind einen großen Emmetropisierungsschub. Es befindet
sich in der motor-visuell Stufe und geht zur visuell-motor Stufe.
7 Jahre:
Das Kind bekommt neue Zähne. Es ist stolz, „groß“ zu sein. Eine neue
Lebensphase, die des Schulkindes beginnt. Es befindet sich in der visuellen
Stufe.
Während des gesamten ersten Abschnitts erfolgt der Emmetropisierungsprozess. Die
anfängliche Hyperopie geht gegen Null. (Rest ca. 0,5 – 0,75 dpt). In dieser Phase wird die
Basis für die 4 Kreise nach Skeffington gelegt.:
1.+2. Kreis: Visuelle Aufmerksamkeit
3. Kreis:
Wiedererkennen von Objekten
4. Kreis:
Aufbau der inneren Welt
 wie bereits im 1. Kapitel beschrieben
Das Kind sucht in diesem Abschnitt in erster Linie nach Sicherheit und Geborgenheit. Die
Stimmlagen der Eltern sind in dieser Zeit sehr wichtig; sie geben die gesuchte Sicherheit und
Geborgenheit, da sie seit vor der Geburt vertraut sind. Es ist wichtig, dass es sich um 2
unterschiedliche Stimmlagen (hoch und tief) handelt, damit das Kind unterscheiden und
wählen lernt. Die Stimme/Sprache ist L-hemisphärisch; zum Ausgleich entwickelt das Kind
R-hemisphärische Kommunikationsbilder (Mama/Papa) zur entsprechenden Wellenlänge.
Der Wechsel von Stimmlagen ist in jeder Entwicklungsphase wichtig, jedoch in dieser Phase
besonders, da das Gehör sich zuerst entwickelt.
Beim Visualtraining in diesem Abschnitt sollten alle Übungen spielerisch sein. Die
Dauer des Trainings muss immer der Aufmerksamkeitsspanne angepasst sein. Lieber 30
Sekunden gut geübt als nach 3 Minuten Chaos und Kollaps.
2. Abschnitt: 7 Jahre bis zur Pubertät (12-13 Jahre)
Ab 7 Jahre beginnt im Visualtraining der Pyramidenaufbau. Das Kind ist 100%-ig visuell. Es
kann immer noch nicht selbst entscheiden, da die Myelinisierung des Frontalhirns (komplexes
Denken) noch nicht abgeschlossen ist. Es spiegelt weiterhin Verhalten und Tun. In seiner
Entwicklung zur eigenen Identität ist es Autoritäten und äußeren Zwängen wie das Aussehen
(Mode) ausgeliefert. Unmittelbare Autoritäten sind die Lehrer wie auch die Eltern und
Großeltern. Autoritäten im weiteren Umfeld sind alle anderen Erzieher (Klassenverband,
soziales Umfeld u.s.w.) Diese Autoritäten leben vor, was die Kinder spiegeln. Die Kinder
spiegeln L-hemisphärische Reize in R-hemisphärische Bilder, um vergleichen zu können.
Auch wenn ein Kind noch nicht selbst entscheiden kann, so muss es doch immer zwischen
zwei Möglichkeiten wählen können, damit neue Konzepte aufgebaut werden können. In der
Entwicklung entsteht so der Charakter, die eigene Identität des Kindes, geprägt durch
Erinnerung, Gewissen und Neigung. Wenn ein Kind zu früh in die Selbstentscheidung
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gedrängt wird (z.B. früher Tod der Eltern, allgemeine Überforderung) überspringt es
Entwicklungsstufen der Kommunikation. Eltern von Low Achievern sind nicht in der Lage,
ihren Kindern Entscheidungshilfen zu geben. Da keine richtige Kommunikation stattfindet,
können sie nur ein fehlerhaftes Verhalten spiegeln; so wie die Umwelt mit ihnen
kommuniziert. Die Kinder zeigen ein Verhalten, dass nicht unserer Norm entspricht.
Im Visualtraining müssen wir nun die mangelhaften Konzepte aufarbeiten. Es ist sehr
wichtig, die Übung richtig zu zeigen und vorzumachen, damit exakt gespiegelt werden kann.
Das Übungsmaterial ist Kommunikationsmittel und muss deshalb ansprechend (Was liebt das
Kind besonders? Neigung, Interesse) gewählt werden. Es darf nicht überfordert werden. Wenn
ein 6 jähriges Kind visuell flieht, schafft es der Körper nicht. Kopf- oder Bauchschmerzen
sind Ausdruck von Fluchtverhalten. Schlaf ist in dieser Phase sehr wichtig, da im Traum die
negativen Gedanken aufgearbeitet werden und das Gelernte dauerhaft gespeichert wird. Wenn
die Kommunikation mit der Umwelt durch ständige negative Innerspeech schlecht ist, verliert
sich als erstes das Körperbewusstsein. Dabei ist nicht die Dauer sondern die Intensität des
Schlafes entscheidend. Geschlafen werden sollte ohne Licht (evt. nur zum Einschlafen
anlassen), da auch durch die geschlossenen Lider Licht dringt und chemische Prozesse im
Körper auslöst. Das Visualtraining muss also im ausgeschlafenen Zustand stattfinden. Ist es
die Mutter, die den Stress, die Überforderung verursacht, sollte das Kind möglichst alleine
üben. Wird zur Unterstützung des Rhythmus bei Leseübungen ein Metronom eingesetzt, so
sollte die Frequenz hoch sein, da diese das Centering anregt. Mit dem Skiaskop kann man
dann einen hellen Reflex beobachten, während niedrige Frequenzen einen blassen Reflex
erzeugen.
Oftmals haben wir in der 5./6. Stunde des Trainings einen Leistungseinbruch.
Folgebewegungen und Vergenzen gehen nicht mehr. Wir stellen einen hohen Puls und eine
Alpha-Omega-Pupille fest. Das Kind schafft es nicht mehr, es ist überkommuniziert. Blurund Brakepoint liegen oft zusammen, d.h. es gibt keine Ruhephase mehr, um die Sache zu
begreifen. #20 ist gering. Jetzt ist Pause im Training angesagt. Wir gehen zu niedrig
neurologischen Übungen mit Entspannung (z.B. wandern auf der Brockschnur) zurück.
Das gesamte Training sollte von vornherein wie beim Sportler in Intervalle aufgebaut
sein. Nach einer Leistungsphase in den ersten Einheiten wieder eine lockere Phase und dann
wieder anziehen.
3. Abschnitt: Pubertät bis zur Adoleszenz (ca. 16 Jahre)
In der Pubertät verliert sich plötzlich die körperliche Flexibilität (OEP-Werte alle gering). Der
Jugendliche schämt sich seines Körpers. Er ist bereits entwickelt, aber der Geist kann noch
nicht alles begreifen. Das kann ebenfalls zur visuellen Flucht führen. Jetzt sollte aber wieder
Hilfestellung beim Training gegeben werden. Verständnis und Stärkung des
Selbstbewusstseins sind mehr gefragt als die eigentliche Übung.
4. Abschnitt: Adoleszenz bis zum Erwachsenenalter
Die eigene Identität wird immer deutlicher. Der Sinn des Visualtrainings, das Ziel der
einzelnen Übungen kann von selbst erkannt werden.
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3.Teil: Die chemischen, physischen, psychischen, sozialen
Faktoren des Verhaltens und ihre Kommunikationswege
The Chemical, Physical, Psychical and Social Influence to the Human Being and its
Relationship to Communication
Chemische Faktoren:
Ein Grossteil unserer Wahrnehmung wird durch das Limbische System beeinflusst. Ein
„Cocktail“ aus Hormonen und Botenstoffen wie Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin,
Dopamin u.s.w. ebenso wie Licht (Syntonic) verändern die affektive Bewertung der
Wahrnehmung.
 Freunde und Erregung führen zu Motivation und Lust auch beim Visualtraining.
 Angst und Unsicherheit führen zu negativen Stress und Versagen.
Die Ernährung als Energielieferant löst ebenso chemische Prozesse aus. Für die optimale
Funktion des Gehirns ist ausreichend Wasser nötig, denn es trocknet als erstes aus. Viele
Kinder bringen zum Visualtraining ihre Wasserflasche mit. Coca Cola hingegen enthält viel
zweiwertigen Zucker und ist ein Suchtmittel, das Spasmen erzeugt. Mehrwertige
Zucker/Kohlenhydrate wie z.B. Nudeln verteilen die Energie gleichmäßiger als
Traubenzucker oder Süßigkeiten, die nur kurzfristige Energiespender sind. Oftmals haben
Kinder mit Lese-/Lernproblemen auch Allergien. Viele reagieren auf die Stoffwechselprodukte von Milch und Weizen. Ihre Kommunikation zwischen Stimulus und Background ist
gestört, die Konzentration ist gering. Sie gelten als nervös oder hyperaktiv.
Physische Faktoren:
Es gibt zahlreiche Lebensumstände, die das Verhalten und die Wahrnehmung beeinflussen.
Einige Beispiele sind:
Probleme der Nackenwirbel, besonders des Atlas
Hüftschiefstand
Unfälle, Gipsverbände
Bettlägerigkeit und Spreizhöschen im Kleinkindalter
Brillengläser, besonders mit schiefen Zylinderachsen
u.s.w.
Alle Faktoren verändern das Körperbild und die Position im Raum. Wie zum Beispiel
folgender Fall. Der Trainingsverlauf eines Kindes war zufriedenstellend verlaufen, der vanOrden-Stern gleichmäßiger und geschlossen. Plötzlich stellen wir schlechte Werte in der 21Punkte-Messung und Chaos im van-Orden-Stern fest. Das Kind hatte in den vergangen 14
Tagen eine feste Zahnspange bekommen, die nachts teilweise zu Brechreiz führte – und zur
völligen Desorganisation der Wahrnehmung.
Soziale Faktoren:
Soziale Bedingungen können für eine niedrige Aufnahmefähigkeit ebenfalls verantwortlich
sein. Ständige Nichtbeachtung durch den Lehrer oder das Meiden durch die Mitschüler führt
zur mangelnden Motivation durch die Umwelt, sie kommuniziert nicht. Spannungen in der
Schule und zu Hause führen zu Stress und Angst. Schlafmangel führt zur schlechten
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Verarbeitung des Gelernten und der Erlebnisse des Tages. Ein häufiges Problem ist die
Trennung der Eltern und das Zurechtfinden mit einem neuen Elternteil nebst neuen
Geschwistern oder das Wandern zwischen den getrennten Eltern. Ruhelosigkeit,
Regellosigkeit und Schuldgefühle stürzen die Kommunikation zwischen Inner- und
Outerspeech in ein Chaos.
Psychische Faktoren:
Einen ebenso großen Teil nimmt die Beeinflussung durch psychische Faktoren ein. Im
Einzelnen sind es:
„Einbetoniertes“ Abhängigkeitsverhalten (embedded Behavior)
In den ersten Lebensjahren (0-7 Jahre) sucht das Kind nach Sicherheit und Geborgenheit. Das
Selbstvertrauen, das aus der Verbindung Mutter/Familie-Kind entsteht ist sehr wichtig für die
Entwicklung des Kindes. Oft sind diese Verbindungen aber sehr fest gefahren, so dass die
Mutter immer oder nie eine Lösung für das Kind hat. Es wird gar nicht oder zu viel
kommuniziert. Das Kind kann nicht zu hören. Wenn das Kind also zu abhängig von seiner
Umwelt ist, verliert es das Selbstvertrauen und bei Stress seine Kommunikation zwischen
Stimulus und Background. Obwohl das Kind noch nicht selbst entscheiden kann, muss man
ihm immer eine Auswahl anbieten, damit es lernt zu unterscheiden und unabhängig zu
handeln. Dabei durchläuft das Kind die Stufen von direct (niedrig neurologisch) zu self-direct
(hochneurologisch). Ist das Kind self-direct, das heißt kann es Aktionen aus sich heraus tun,
ist es perfekt im 1. Kreis von Skeffigton. Nach erfolgreichem Visualtraining, das heißt nach
Integration des Gelernten, können die Aktionen mit wenig Energie geleistet werden; wir
erreichen wieder die non-self-direct-Stufe. (Automatisierung) Die Suche nach Geborgenheit
und Sicherheit bedeutet Wandern auf der Z-Achse. Um die Flexibilität des Wanderns zu
erhalten, sollten wir bis zum 7. Lebensjahr (ohne Not, eigene Anmerkung) keine Pluswerte
und Zylinderwerte geben.
Niedriges, kinesthetisches Bewegungsmuster
Jedes Mal, wenn das Kind sich in seinem Raum bewegt, beruhen seine Aktionen auf frühere
räumliche Gegebenheiten und Erfahrungen. Sie werden mit der momentanen Situation
verglichen und verbessert. Eine Veränderung in der räumlichen Organisation des Kindes
verändert sein Verhalten. Hat es diese Stufe der Entwicklung erreicht, kann es mit der Umwelt
kommunizieren. Es reicht ein minimaler Reiz, um einen Lernprozess auszulösen. Das Kind
muss sich dafür auf der self-direct-Stufe befinden. Oft sieht der Low Achiever seinen Raum
nicht, weil er grobmotorisch noch nicht genügend entwickelt ist. Ebenfalls können Fehler im
Verhältnis von Stimulus/Background zu unorganisierten Verhalten führen. Wir müssen beim
Visualtraining wissen, was die Umwelt vom Kind erwartet, b.z.w. was wir erwarten können.
Deshalb machen wir die Entwicklungsteste.
Kurze Aufmerksamkeitsspanne
Aufmerksamkeitsspanne ist die maximale Zeit, die Jemand sich leisten kann, um eine
Aufgabe mit voller Konzentration zu erfüllen.
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Hierzu ist es nötig, dass die Figur/Grund- Relation organisiert ist, dass heißt die Basis der
Lernpyramide besteht.
Stress sollte positiv genutzt werden können, dass heißt der passende Rahmen für die
Arbeit am Stressniveau (nicht zuviel und nicht zu wenig) muss gefunden werden.
Motivation und Interesse sind entscheidend für die Konzentration, dem visuell
Centering (zielgerichtet) und der Kognitiv Capacity (eigene Ziele). Hierzu müssen wir die
passenden Kommunikationsmittel finden.
Die Recall-Relate-Direct-Funktion sollte geschaffen und genutzt werden können,
damit eine Lernfähigkeit (Learning Ability) entstehen kann. Dazu müssen wir dem Kind den
Weg des Vergleichens und der Verbesserung durch richtige Kommunikation deutlich machen.
Unfähigkeit zur Selbstausrichtung
Um eine Aufgabe zu lösen, muss diese Aufgabe ein Ziel haben und das Ziel muss für das
Kind erreichbar sein. Eine Trainingsübung muss also an die Fähigkeit des Kindes angepasst
sein, seine Konzepte und Regeln, Werkzeuge und Wege müssen vom Kind verstanden
werden, um das Ziel zu erreichen. Es ist wichtig, dass das Kind sich ein Bild von der
gestellten Aufgabe macht; Selbstbewusstsein und ein sicheres Bewegen im Raum ist dazu
notwendig. Low Achiever können oft keine Ziele erreichen, weil sie nicht self-direct sind. Sie
können sich kein Bild machen, da Visualisation mit Konvergenz einhergeht, die wiederum der
höchsten Stufe von self-direct entspricht. Sie haben Defizite im 1. + 2. Kreis. LRS-Kinder
brauchen oftmals auch alle Energie zum Buchstabieren (Decodieren) der Worte, so dass kein
Bild mehr vom Gelesenen entstehen kann. Esophorien (Überkonvergenz) sind die Folge.
Niedrige Frustrationsschwelle
Arbeiten am Stressniveau bedeutet eine Gradwanderung zwischen effektiver Reaktion und der
nächsten Frustration. Im Visualtraining müssen wir einen Kommunikationsweg finden, die
Frustrationsschwelle des Kindes zu erhöhen.
Stress/Frustration -> sympathische Überreizung äußert sich in:
- Wechsel der Körperhaltung. Das Kind verringert z.B. den Leseabstand.
- Die Atmung wird beschleunigt oder das Kind „vergisst“ zu atmen, atmet nicht gleichmäßig
durch.
- Schweißbildung (symphatisches Nervensystem ist aktiviert)
- Die Konzentration lässt nach, Stimulus/Background ist gestört.
- Die Effektivität und Qualität der Darstellung nimmt ab. Das Kind ist nicht mehr fähig, viele
Informationen aufzunehmen, da die Wahrnehmung sich verringert. Zunächst wird die
Peripherie abgeschlossen, das Gesichtsfeld wird kleiner. Der Informationsfluss wird
geringer, es entstehen funktionelle Suppressionen.
- völliger Zusammenbruch der Figur-Grund-Relation. Die Frustrationsschwelle ist überschritten. Das Kind tritt die visuelle Flucht an. Die Kommunikation ist abgebrochen.
Mit unserer 21-Punkte-Messung schaffen wir ein Bild von der Funktion der
Kommunikation.
Sie gibt uns die Möglichkeit, den richtigen Kommunikationsweg zu finden.
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