07 EMV V01 - Microelectronics Design Center

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EMV-gerechtes Design
«EMV-gerecht» .................................................................................................. 2
Störübertragungsart und Störquellenart ................................................................ 2
Reziprozitätsprinzip ............................................................................................ 2
Metallgehäuse als Faraday-Käfig .......................................................................... 2
Keine Abschirmung tieffrequenter Magnetfelder ..................................................... 3
Geräteinterne Massnahmen gegen Magnetfelder .................................................... 4
Signal-Ground Loops .......................................................................................... 4
Ground Loops .................................................................................................... 5
Ground Plane ..................................................................................................... 5
Multi Point Grounding zum Gehäuse ..................................................................... 6
Öffnungen in der Abschirmung (1) ....................................................................... 6
Öffnungen in der Abschirmung (2) ....................................................................... 7
Lösungen für Öffnungen ...................................................................................... 7
Dämpfung eines Lochblechs ................................................................................. 7
Spezialfall elektrostatische Entladung ................................................................... 8
«Human Body Model» und IEC 61000-4-2 Prüfnorm ............................................... 9
Eingebauter ESD-Schutz von integrierten Schaltungen ............................................ 9
Standardlösung zum ESD-Schutz ........................................................................10
Leitungen: «Common-Mode» und «Differential-Mode» ...........................................11
«Single-ended» Übertragung und «differentielle» Übertragung ...............................12
Übertragungsart und elektrisches Feld, Strahlung..................................................12
Kabelschirmung gegen elektrisches Feld, Strahlung ...............................................14
Kabelschirmung und Verbinder ......................................................... 15
Übertragungsart und Magnetfeld .........................................................................15
«Twisted-Pair» Kabel .........................................................................................16
Hinweise zum Verdrillen .....................................................................................16
Verdrahtungsschema Flachbandkabel ..................................................................16
Ground Loops durch Kabelverbindungen ..............................................................17
Literaturverzeichnis ......................................................................... 17
EMV-gerechtes Design
2
Redaktioneller Hinweis: dieses Kapitel ist als Abhandlung gehalten, ohne Fallbeispiele.
«EMV-gerecht»
«EMV» bedeutet «Elektromagnetische Verträglichkeit», damit ist gemeint:
• nicht unzulässig stark stören
• nicht unzulässig stark gestört werden
• unzulässig: Betrieb eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich
Störübertragungsart und Störquellenart
Störungen treten grundsätzlich drahtgebunden (galvanisch) oder drahtlos auf (Art der
Störungsübertragung). Drahtlose Störungen entstehen im Zusammenhang mit Magnetfeldern,
elektrischen Feldern und elektromagnetischer Strahlung (Quellenart der Störung). Meist sind
an einer konkreten Störung mehr als eine Störübertragungsart und mehr als eine
Störquellenart beteiligt. Meist sind an einer konkreten Störung auch mehr als eine
Störquellenart beteiligt. In der Regel können die Anteile einer Störübertragungsart und einer
Störquellenart an einer Störung weder voneinander getrennt gemessen, noch sind sie
theoretisch berechenbar. Weiterhin ist der Störpegel stark abhängig von der Umgebung und
von Geräten, die in der Umgebung betrieben werden (z.B. Motoren). Daher wird das Thema
EMV oft als schwieriges, unangenehmes Thema angesehen. Oft ist jedoch eine
Störübertragungsart so dominant, so dass es reicht, diese zu unterdrücken, damit der Betrieb
wieder uneingeschränkt möglich ist.
Reziprozitätsprinzip
Das Reziprozitätsprinzip besagt folgendes:
Jede Massnahme zur Reduktion der Störaufnahme ist auch eine
Massnahme zur Reduktion der Störaussendung.
Eine Besprechung der Massnahmen zur Reduktion der Störaufnahme ist damit auch eine
Besprechung der Massnahmen zur Reduktion der Störaussendung. Es reicht daher, wie
folgend den Aspekt der Störaufnahme zu besprechen.
Zu beachten ist jedoch, dass eine Verbesserung des Signal-Rauschabstandes durch Erhöhen
der Signalspannung nicht obigem Reziprozitätsprinzip entspricht und die Störaussendung der
Schaltung erhöht. Das Reziprozitätsprinzip gilt nur für die Reduktion der Störaufnahme.
Metallgehäuse als Faraday-Käfig
Elektrische Felder und elektromagnetische Strahlung lassen sich bereits durch eine dünne
Aluminiumfolie relativ gut abschirmen. Abbildung 1 zeigt ein (repräsentatives) Beispiel einer
Dämpfung bei einer Schachtel, welche mit 0,05 mm dicker Aluminium-Folie abgedeckt
wurde (ohne jegliche Öffnung, ein Faraday-Käfig). Dämpfung entsteht durch Reflexion an der
Aussenseite und Absorption. Im tieffrequenten Bereich sind das elektrische und das
magnetische Feld untereinander nicht gekoppelt und die Dämpfung der Felder ist
unterschiedlich (man befindet sich hier im sogenannten «Nahfeld» der Quelle).
© 26.08.11, M. Nussberger
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Abbildung 1. Dämpfungskurven einer mit Alufolie ausgekleideten Schachtel(1).
Keine Abschirmung tieffrequenter Magnetfelder
Ein Faradayscher Käfig aus normalem, unmagnetischen Metall ist nicht feldfrei,
feldfrei sondern
lässt statische und tieffrequente Magnetfelder passieren (siehe Darstellung unten). Dies wird
häufig missverstanden, da käufliche Faradayische Käfige auch tieffrequente und statische
Magnetfelder dämpfen, dies geschieht jedoch durch den Einsatz einer hochpermeablen
Schicht aus sogenanntem «Mu-Metall».
«Mu
Mu-Metall ist jedoch teuer und vor allem druckempfindlich, weshalb es nur mit grosser
Vorsicht verarbeitet werden kann. Dies hat als Konsequenz, dass es in der Praxis nicht
möglich ist, Geräte, welche in Serie gefertigt werden, mit Mu-Metall
Mu Metall zu versehen.
Abbildung 2. Magnetische Dämpfung einer Aluminiumfolienbox, aus «Shielding a room using aluminum foil»,
D.A.Weston, www.emcconsultinginc.com
consultinginc.com, 2006.
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EMV-gerechtes Design
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Geräteinterne Massnahmen gegen Magnetfelder
Da tieffrequente Magnetfelder, insbesondere 50 Hz Magnetfelder, auch von einem
Metallchassis nicht abgeschirmt werden, müssen andere Massnahmen ergriffen werden, damit
Störungen durch Magnetfelder nicht problematisch werden.
Eine Massnahme besteht darin, sogenannte «Stützkondensatoren» zu verwenden (Abbildung
3). Aufgrund der viel grösseren Lastimpedanz als der Quellenimpedanz fällt eine induzierte
Spannung hauptsächlich über der Lastimpedanz ab. Mit dem Kondensator kann nun
wechselstrommässig eine tiefere Lastimpedanz erreicht werden, anders gesagt, gleicht der
Kondensator Spannungsschwankungen über der Last aus. Ein typischer Wert für einen
Stützkondensator ist 100 nF (etwa 32 kΩ bei 50 Hz, deshalb für höhere Frequenzen) bei
jedem Speisungsanschluss einer integrierten Schaltung (Operationsverstärker,
Instrumentenverstärker, etc.), sowie verteilt über die Schaltung einige 10 µF Kondensatoren
(ca. 320 Ω bei 50 Hz, daher gut für diese Störfrequenz geeignet).
Abbildung 3. Stützkondensator zum Ausgleichen von induzierten Störspannungen.
Signal-Ground Loops
Bei Signaleingängen ist das Anbringen einer zusätzlichen Kapazität in aller Regel nicht
möglich, da mit der Quellenimpedanz der vorgängigen Ausgangsstufe ein Tiefpass gebildet
wird. Weiterhin können typische digitale Ausgangsstufen in der gebräuchlichen CMOSTechnik nur bis ca. 50 pF kapazitive Last treiben (ansonsten zu grosser Ausgangsstrom).
Daher besteht die einzige Möglichkeit zum Schutz gegen magnetisch induzierte Störungen in
der Reduktion der Schleifenfläche.
Abbildung 4. Signal-Ground Loop.
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Ground Loops
Ground Loops bestehen, wenn die Masserückleitung ein verteiltes Netzwerk darstellt,
Abbildung 5. Stützkondensatoren nützen bei Ground Loops nichts: es müsste ein Stromfluss
entgegen der definierten Speisestromflussrichtung fliessen. Die einzige Lösung besteht wieder
darin, die Schlaufenflächen von Ground Loops zu minimieren.
Ground Loops stören insbesondere im Bereich von Analogschaltungen: es entsteht
Rauschen auf der Masse, welches z.B. direkt im Ausgangssignal von Verstärkern erscheint,
man spricht dann von sogenannten «Brummschleifen».
Abbildung 5. Ground Loop mit Störmagnetfeld.
Ground Plane
Mit einer sogenannten «Ground Plane» – eine Lage bei einer mehrlagigen Leiterplatte ist
eine möglichst durchgängige Kupferfolie – können alle Ground Loops eliminiert werden,
siehe z.B. Abbildung 6. Wichtig ist, dass keine grösseren Unterbrechungen vorhanden sind,
ansonsten sind rund um die Unterbrechungen wieder Ground Loops möglich. Insbesondere
bei Durchkontaktierungen ist zu beachten, dass nicht mehrere Durchkontaktierungen
zusammen einen grossen Unterbruch erzeugen.
Abbildung 6. Ground Plane mit Unterbrechnungen (Leiterplatte ZEMEP2, ZHAW).
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Multi Point Grounding zum Gehäuse
Speicher
DMA
Controller
Speicher
Analog
I/O Logik
Analog Power
CPU, cache,
clock
A/D
Gate
Arrays,
Logik
Memory Buffers
Power
I/O
Analog I/O
Eine Leiterplatte muss in einem Gehäuse montiert werden. Verwendet man ein
Metallgehäuse, so ist es sinnvoll, die Ground Plane mit dem Chassis leitfähig zu verbinden.
Ansonsten können Differenzspannungen zwischen dem Gehäuse und der Ground Plane
entstehen, die Bauteile beschädigen können, namentlich bei einer elektrostatischen Entladung
auf einen Steckverbinder. Zur guten elektrischen Verbindung sind mehrere Schrauben zu
verwenden. Dies führt jedoch auf Ground Loops zwischen Leiterplatte und Gehäuse.
Die Lösung
sung besteht darin, Ground Loops zu zu lassen, aber man minimiert deren Fläche
durch zusätzliche Masseverbindungen (zusätzliche Schrauben). Als Faustregel gilt:
horizontaler Abstand von Masseverbindungen vom PCB mit dem Chassis kleiner als λ/20, mit
λ = Vakuumlichtgeschwindigkeit
kuumlichtgeschwindigkeit / für das System relevante Signalbandbreite.
Signalbandbreite
Abbildung 7.. Multi Point Grounding im Umfeld einer in einem Chassis montierten Leiterplatte. Quelle Bild links: M.
Montrose, Printed Circuitt Board Design Techniques for EMC Compliance, IEEE Press.
Öffnungen in der Abschirmung (1)
Zurück bei der Schirmung elektrischer Felder und insbesondere elektromagnetischer
Strahlung ist zu bemerken, dass die Schirmwirkung
Schirmwirkung durch ein Metallgehäuse noch von den
immer vorhandenen Öffnungen abhängt. Bei steigender Frequenz nimmt die Wellenlänge
eines Signals ab, dies bedeutet, dass auch kleine Öffnungen für relativ hochfrequente Signale
zu grossen «Tore» werden. Für Wellenlängen
Wellenlängen kleiner oder gleich der doppelten, grössten
Öffnungslänge (Abbildung 8,, λ ≤ 2 · d) besteht praktisch keine Dämpfung mehr.
mehr Für
Wellenlängen ab der doppelten, grössten
grösste Öffnungslänge nimmt die Dämpfung linear mit einer
Rate von 20 dB per Dekade zu (Abbildung
(
9). Der Vergleich zwischen Schirmungseffizienz
des Faraday-Käfigs
Käfigs und der Schirmungseffizienz von Öffnungen zeigt, dass die totale
Schirmung im Wesentlichen durch die Schirmung der Öffnungen bestimmt
bestimmt ist.
Ausschlaggebend für die Berechnung ist die grösste Dimension der Öffnung
d
Abbildung 8. Dämpfungsbestimmende Öffnung d.
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d
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Öffnungen in der Abschirmung (2)
Für Frequenzen bis beispielsweise 1 GHz und bei minimaler Schirmung von 20 dB darf die
grösste Öffnung nicht grösser als 1.6 cm sein
Abbildung 9. Öffnungen im Gehäuse und daraus folgende Dämpfungsreduktion.
Lösungen für Öffnungen
Folgendes sind Lösungen für Öffnungen:
• Displays als sehr grosse Öffnungen können mit einem transparenten, leitfähigem Film
überzogen werden
• Sensitive Schaltungsteile oder Schaltungsteile mit hohem Störpotential sollten von den
Öffnungen entfernt platziert werden
• Spälte verhindern durch Überlappungen, ein elektrischer Kontakt ist dabei hilfreich
(Abklären wegen der Oberflächenbehandlung, Oxidation)
Dämpfung eines Lochblechs
Lüftungsöffnungen können ohne grössere Probleme mit einem gelochten Metallblech
abgedeckt werden
• Wenn der Abstand der Löcher kleiner als λ/2 ist, dann ist die totale Schirmung um den
Faktor der Wurzel aus der Lochzahl schlechter als die Schirmung eines einzelnen Loches
• z.B. hundert 4 mm-Löcher schirmen um den Faktor √100 = 10 = 20 dB schlechter als
das einzelne 4 mm-Loch
• Zwei gleiche Öffnungen mit einem grösseren Abstand als λ/2 bewirken keinen
gemeinsamen, höheren Schirmungsverlust
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Spezialfall elektrostatische Entladung
Menschen können sich beim Gehen auf elektrisch schlecht leitfähigen Böden auf mehrere
Kilovolt aufladen. Beim Kontakt mit einem geerdeten Gerät kommt es zu einer Entladung
vom Menschen über das Gerät, es kann dabei ein beträchtlicher Strom bis zu 30 Ampère
fliessen. Wegen der kurzen Entladezeit im Nanosekundenbereich handelt es sich allerdings
um eine kleine Energiemenge. Findet der Entladestrom seinen Weg durch Elektronik, so
kommt es wegen der kleinen Energiemenge meist nicht zu einer Vollschädigung, jedoch in
aller Regel zu einer Teilschädigung. Nach mehreren Entladungen folgt dann ein Totalausfall,
u.U. wegen einer minimalen Entladung, die die entladenen Person gar nicht spürt.
Durch schaltungstechnische Schutzmassnahmen ist es jedoch möglich, elektrostatische
Entladungen abzufangen, bevor eine solche die Elektronik schädigt.
Ein ESD-Fall (von engl. «electrostatic discharge») beinhaltet meist differentielle und
Common-Mode Signalanteile: zunächst findet zwar eine Entladung z.B. auf einen Anschluss
statt, aber Geräteintern kommt es oft zu Übersprechen (Koppeln) des Störsignals auf
benachbarte Leitungen. In der Folge ist im System auch eine Common-Mode Störung
vorhanden.
Koaxialkabel
gestreckt
Oszilloskop-Eingang 1
1 MΩ
Koaxialkabel
gestreckt
20 pF
Oszilloskop-Eingang 2
1 MΩ
20 pF
Abbildung 10. Elektrostatische Entladung auf einen Anschluss, internes Übersprechen führt zu Common-Mode
Störungsanteilen im Geräteinnern.
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«Human Body Model» und IEC 61000-4-2 Prüfnorm
Für ein Gerät, welches in den Verkauf kommt, muss nachgewiesen werden, dass es durch
einen ESD-Fall nicht beschädigt wird. Grundsätzlich existieren zwei Verfahren zur Prüfung
der ESD-Festigkeit, das «Human Body Model» und die IEC 61000-4-2 Prüfnorm. Tabelle 1
stellt die Unterschiede des Testens nach den beiden Modellen dar.
Verwendbarkeit
Generatorkapazität
Entladewiderstand
Stromspitze bei 8 kV
Testspannung
Energie (grob geschätzt)
Kurvenform
Pulsanstiegszeit
Anzahl Pulse
Test gemäss Human Body Model
Mensch-zu-IC Entladungen in
Umgebungen, welche
elektrostatische Aufladungen nur
teilweise zulassen*
100 pF
1500 Ω
5,33 A
Test gemäss IEC 61000-4-2
Worst-Case Annahme einer
komplett ESD-begünstigenden
Umgebung
1,5 mJ
6 mJ
150 pF
330 Ω
24,2 A
25 ns
< 1 ns
1 x positiv, 1 x negativ
3 x positiv, 3 x negativ
*) z.B. Tisch ableitfähig, aber Schuhe nicht.
Tabelle 1. Vergleich «Human Body Model» vs. IEC 61000-4-2, Quellen: (1), (2).
Das Testen nach der Norm IEC 61000-4-2 ist mit einer ungefähr vierfach so hohen
Pulsenergiemenge verbunden (bei gleicher Spitzenspannung, beim Vergleich HBM 1,5 kV
und IEC 8 kV ist der Unterschied gar über 100fach!), die Maximalspannung wird bereits nach
1 ns erreicht und grob die Hälfte der Energie ist bis 25 ns bereits umgesetzt. Beim Testen
nach HBM ist die Anstiegszeit mit 25 ns sehr viel länger, verbunden mit einer
vergleichsweise «gemächlichen» Energieleistung.
Zu diesen Differenzen kommt dazu, dass der nach «Human Body Model» spezifizierte ESDSchutz von gewöhnlichen ICs oft nur wenige kV stark ist. Texas Instruments z.B. (Hersteller
des oben aufgeführten MSP430 Mikrocontrollers) spezifiziert standardmässig (auch beim
MSP430) nur einen ESD-Schutz von 1,5 kV HBM.
Eingebauter ESD-Schutz von integrierten Schaltungen
Es existieren tatsächlich ICs, welche für die höchste ESD-Teststufe (Stufe 4) mit je drei
positiven und drei negativen 8 kV Kontaktpulsen (15 kV Funkenstreckenentladung) gemäss
Norm IEC 61000-4-2 spezifiziert sind, z.B. der LVDS Line Receiver ADN4666 oder der RS485 Halbduplex Transceiver MAX14840 (letzerer sogar für 12 kV, im SO8-Gehäuse).
Ein durchgehender Einbau eines solchen Totalschutzes ist jedoch für die Halbleiterhersteller
unökonomisch, er würde viele Komponenten, welche keinerlei direkten Kontakt zur Welt
ausserhalb der Leiterplatte haben, unnötig verteuern. Alleine auf die ESD-Schutzmassnahmen
in Entwicklung und Produktion wollen sich die Halbleiterhersteller jedoch auch nicht
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EMV-gerechtes Design
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verlassen. Sie wissen nur zu genau, dass diese Schutzmassnahmen – alles ableitfähig, vom
Stuhl über die Schuhe bis zur Tischfläche und dem Lötkolben – nur all zu oft vernachlässigt
werden. Zwar ist dies eine Unterlassungssünde des Anwenders, aber massenweise defekt
gehende Bausteine werfen einfach automatisch ein schlechtes Licht auf den Hersteller. Der
logische Kompromiss besteht darin, einen reduzierten ESD-Schutz, passend für die
Entwicklungs- und Herstellungsumgebung, einzubauen. Den Herstellern kommt entgegen,
dass sie einen zwar begrenzten, aber vorhandenen Teilschutz mit den Standard-PN-Dioden
des IC-Designprozesses erreichen können, indem bei jedem Eingang eine Diode in
Sperrrichtung nach Masse und eine Diode in Flussrichtung zur Versorgungsspannung
geschalten wird, siehe Abbildung 11. Die Diode zur Versorgungsspannung ist erforderlich für
positive Überspannungen, da eine Zenerdiode schon wieder zu teuer wäre. D.h. positive
Spannungsspitzen werden in die Spannungsversorgung umgeleitet (!), anstatt nach Masse.
Es wäre unsinnig, diesen ESD-Teilschutz, der für die Entwicklungs- und
Produktionsumgebung gedacht ist, nach der Norm IEC 61000-4-2 zu testen. Die Norm IEC
61000-4-2 bezieht sich auf die Anwender-Umgebung, welche ausgesprochen ESD-freundlich
sein kann. Für die Entwicklungs- und Produktionsumgebung hat sich gezeigt, dass das
sogenannte «Human Body Model» («HBM») das richtige Testniveau darstellt. Das «Human
Body Model» modelliert, wie der Name besagt, die Mensch-zu-IC Entladung, welches den
kritischsten und weitaus häufigsten ESD-Fall in der Entwicklung und Produktion darstellt.
Das «Human Body Model» bestand vor der IEC 61000-4-2 Norm, d.h. früher wurde nur
nach dem HBM-Modell getestet. Es zeigte sich jedoch in der Praxis, dass das Testen von
Geräten gemäss dem «Human Body Model» in Bezug auf den schlussendlichen Einsatz beim
Benützer zu optimistisch ist, darauf hin wurde die strengere Norm IEC 61000-4-2 entwickelt.
Abbildung 11. Standard-Schutzdioden im Innern eines ICs.
Standardlösung zum ESD-Schutz
Üblicherweise wird ein IC-Ein- bzw. Ausgang gegen ESD mit einer Avalanche-Diode nach
Masse und einem Strombegrenzungswiderstand geschützt, siehe Abbildung 12.
Abbildung 12. Standard-ESD-Schutz bei digitalen Ein- und Ausgängen bestehend aus einer Avalanche-Diode und
einem Widerstand (Details siehe Text).
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Avalanche-Dioden sind Dioden deren Lawinendurchbruchs-Spannung durch Dotierung
bewusst auf einen bestimmten Wert verschoben wurde, in der Regel auf die
Zenerdurchbruchs-Spannung.
Ein Lawinendurchbruch findet theoretisch innerhalb von Picosekunden statt, was sehr
schwierig zu messen ist. Hersteller geben deshalb als Reaktionszeit entweder keine Werte an
– sie sprechen lediglich von «very fast response time» – oder spezifizieren eine Reaktionszeit
im Nanosekundenbereich (z.B. «Typical fast response times are less than 1.0 ns for
unidirectional devices and less than 5.0 ns for bidirectional devices.»(3), welche mit absoluter
Sicherheit länger ist als die tatsächliche ist.
Avalanche-Dioden sind explizite Schutzelemente, welche für andere Zwecke üblicherweise
nicht eingesetzt werden. Sie sind unter verschiedenen Begriffen, einige davon Markennamen,
bekannt: «Transient Voltage Suppressor Diode» («TVS»), «Transzorb™» (General
Semiconductor, jetzt Vishay Intertechnology, Inc.), «Transil™» (ST Microelectronics).
Der Wert des Schutzwiderstandes bestimmt sich nach dem maximal zulässigen
Fehlereingangsstrom des zu schützenden ICs und der Restspannung, welche bei einem 8 kV
Spannungspuls über den Schutzdioden noch verbleibt.
Leitungen: «Common-Mode» und «Differential-Mode»
Im Folgenden werden Leitungen zwischen zwei Geräten betrachtet. Zwei wichtige Begriffe
in dieser Thematik sind die Ausdrücke «Common-Mode» und «Differential-Mode». Mit
Common-Mode ist der Störanteil gemeint, welcher auf mehreren Leitern gleichartig
ausgeprägt erscheint (Abbildung 13). Mit Differential-Mode sind die Unterschiede in den
Störanteilen auf mehreren Leitern gemeint.
Abbildung 13. Common-Mode Störungsanteil und Differential-Mode Störungsanteil.
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«Single-ended» Übertragung und «differentielle»
Übertragung
Für die folgende Besprechung sind die zwei grundsätzlich unterschiedlichen
Übertragungsarten mittels zweier Leiter zu identifizieren:
• bei «single-ended» Übertragung wird das Potential auf einer Leitung variiert, die andere
Leitung verbleibt auf dem Massepotential, welches in aller Regel auch das
Erdpotential ist (ausser bei doppelt isolierten Geräten), siehe Abbildung 14.
• bei «differentieller» Übertragung (auch «symmetrische» Übertragung genannt) wird das
Potential auf beiden Leitungen im Gegentakt (gegensätzliche Spannung) variiert, d.h.
gegenüber dem Masse- bzw. Erdpotential liegen die Leitungen bei einem Signal auf
einer positiven bzw. negativen Spannung
Abbildung 14. Single-Ended Übertragung (links), differentielle Übertragung (rechts)
Übertragungsart und elektrisches Feld, Strahlung
Das elektrische Störfeld und elektromagnetische Einstrahlungen bewirken bei ähnlich
gestalteten, verlegten und ähnlich angeschlossenen Drähten ähnliche, eingekoppelte bzw.
eingestrahlte Störpegel. Man spricht deshalb bei elektrischem Störfeld und
elektromagnetischer Einstrahlung von einer Störung mit dominantem Common-Mode Anteil.
Indem eine differentielle Übertragung und gleichartige Signaladern (kein Koaxialkabel, sondern z.B.
Flachbandkabel) verwendet wird, werden diese Störungen durch Differenzenbildung beim Empfänger im
Bereich seiner Verstärkung gut unterdrückt (
Abbildung 15). Bei hochfrequenten Störungen besteht jedoch ein Problem darin, dass diese
Differenzenbildung nicht mehr funktioniert und die Eingangsstufe nur noch gleichrichtend
wirkt, wodurch amplitudenmodulierte Signale demoduliert werden.
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Abbildung 15. Auswirkungen der Störungen durch Strahlung und durch elektrische Felder bei differentieller
Signalübertragung.
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Beim Single-Ended Übertragungen besteht keine Symmetrie der Leiteranordnung,
insbesondere ist z.B. beim Empfängereingang die Signalader hochohmig beschaltet, die
Masseader sehr niederohmig (Abbildung 16. Störungen durch elektrische Felder und durch
elektromagnetische Strahlung werden unterschiedlich eingeprägt. Damit erscheinen diese
Störungen direkt im Signal.
Abbildung 16. Auswirkungen der Störungen durch Strahlung und durch elektrische Felder bei Single-Ended
Signalübertragung.
Kabelschirmung gegen elektrisches Feld, Strahlung
Mit einer beidseitig am Chassis verbundenen Kabelschirmung können elektromagnetische
Einstrahlungen und Störungen durch das elektrische Feld vollständig unterdrückt werden,
insbesondere ist das Problem der Amplitudenmodulation gebannt. Bei beidseitiger
Verbindung entsteht jedoch eine niederohmige Masseverbindung, mit weiter unten erwähnten
Problemen. Bei einseitiger Verbindung wirkt der Kabelschirm wie eine Antenne,
elektromagnetische Einstrahlung kann in die Signalleiter eingekoppelt werden. Die
Schirmung dient dann noch dazu, Störungen durch das elektrische Feld zu dämpfen.
Es gibt keine eindeutige Anweisung, wie vorzugehen ist, man muss im konkreten Fall
abklären, welche Störungen einem mehr Probleme bereiten. Man sollte daher eine beidseitige
Chassisverbindung vorsehen, jedoch ebenso die Möglichkeit, diese nur einseitig
durchzuführen
Abbildung 17. Kabelschirmung: beidseitig oder einseitig anbringen?
Abbildung 18. Einseitiges Anbringen der Kabelschirmung: welche Seite?
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Kabelschirmung und Verbinder
Der Kabelschirm muss korrekt an das leitfähige (!) Steckergehäuse verbunden werden.Eine
Verbindung des Schirms an einen Pin auf dem Stecker ist praktisch wirkungslos.Die
wirkungslos
Schirmung muss rundum zum Steckergehäuse kontaktiert werden
Abbildung 19.. Anbringen der Kabelschirmung.
Übertragungsart und Magnetfeld
Einwirkungen durch Fremdmagnetfelder bewirken in Zweileiter-Systemen
Zweileiter
immer rein differentielle Störungen.
Störungen
Ob ein Single-Ended
Ended oder ein differentielles Übertragungsschema verwendet wird, spielt für das Mass der
Störungsaufnahme keine Rolle. Die in der Schleife gebildet aus den Leitern, dem Treiber und dem Empfänger
induzierte Spannung wird wegen dem hohen Eingangswiderstand
Eingangswiderstand hauptsächlich am Empfängereingang abfallen.
Diese induzierte Spannung erscheint
erschein direkt im Signal, egal ob eine Single-Ended
Ended oder eine differentielle
Übertragung gewählt wurde (
γ
E
+
–
Abbildung 15, Abbildung 16).
16
+
B
–
Abbildung 20. Auswirkungen
uswirkungen der Störungen durch ein Fremdmagnetfeld bei differentieller Signalübertragung.
B
Abbildung 21. Auswirkungen der Störungen durch ein Fremdmagnetfeld bei Single-Ended
Ended Signalübertragung.
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«Twisted-Pair»
Pair» Kabel
Um ein Fremdmagnetfeld von Kabeln fern zu halten, könnte ein Schlauch aus flexiblem
Mu-Metall (Geflecht) eingesetzt werden. Solche Abschirm-Schläuche
Abschirm Schläuche sind erhältlich aber
teuer. Viel günstiger
iger ist es, ein zweiadriges Kabel einfach zu verdrillen.. Durch die Verdrillung
wird wechselweise eine Spannung mit umgekehrtem Vorzeichen induziert, welche sich
gegenseitig kompensieren. Es gibt auch sogenannte «twist-and-flat»-Kabel, welche an den
Enden Flachbandkabel aufweisen, so dass mehrpolige Stecker einfach angeschlossen werden
können.
Abbildung 22.. «twist and flat» Kabel (Quelle: Farnell AG).
Hinweise zum Verdrillen
• Alle Kabel, auch Speisungskabel, sollten nach Möglichkeit verdrillt werden.
• bei Leistungskabel vermindert man so deren Feldwirkung
• auch bei DC-Speisungskabeln
Speisungskabeln: wesentlich ist der Stromfluss,, dieser kann kräftig
variieren
• Ein Twisted-Pair Kabel macht auch bei Single-Ended Verbindung Sinn
Verdrahtungsschema Flachbandkabel
Ist es nicht möglich, ein Twisted-Pair
Twisted Pair Kabel einzusetzen, soll die aufgespannte
Schlaufenfläche möglichst durch führen von zusätzlichen Masseleitungen minimiert werden.
• Beste Anordnung Variante A
• Zweitbeste Anordnung Variante B. Falls alle Massen
Massen GND1...n zusammengeschaltet
sind, praktisch so gut wie Variante A.
• Variante C ist tolerierbar
• im äussersten Minimum 1 Masseleitung auf 10 Signalleitungen, die Masseleitung in der
Mitte anordnen
Abbildung 23. Masse-Leitungen
Leitungen beim Flachbandkabel.
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Ground Loops durch Kabelverbindungen
Bei Kabelverbindungen treten schnell Ground Loops auf, es genügt ein Signal mit
Signalrückleitung und eine Versorgungsspannung mit deren Rückleitung. Nur eine
Masserückleitung zu führen ist oft keine Lösung: der Versorgungsstrom führt zu Rauschen
auf der Masse, welches direkt im Signal sichtbar wird. Die Masseadern könnten verdrillt
werden, dann ist aber keine Verdrillung mehr möglich mit dem Datensignal oder mit der
Speisungszuleitung. In der Regel möchte man lieber die Speisungskabel verdrillen, da die
relativ starken, oft schwankenden Versorgungsströme Störmagnetfelder bewirken.
Ground Loops können oft nur durch differentielle Signale oder galvanische Trennung
(Lichtleiter) unterbunden werden.
Abbildung 24. Ground Loops durch Kabelverbindungen.
╝
Sachverzeichnis
Anstelle eines Sachverzeichnisses ist in diesem Kapitel ein Inhaltsverzeichnis vorhanden.
Literaturverzeichnis
1. Williams, Tim. Circuit Designer's Companion. s.l. : Newnes, 2005.
2. Human Body Model (HBM) vs. IEC IEC61000-4-2. s.l. : California Micro Devices, 2008.
(California Micro Devices gehört jetzt On Semiconductor, Artikel kann vom Autor bezogen
werden).
3. James Bryant, Walt Kester, Chuck Kitchin, Eamon Nash (Analog Devices). Protecting
Instrumentation Amplifiers. SENSORS. 2000.
4. SMAJ Transient Voltage Suppressor Diode Series (Datasheet). s.l. : Bourns, 2010.
5. Datenblatt MMBZxAL Series. s.l. : NXP (Philips), 2009.
© 26.08.11, M. Nussberger
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