Summer School BKL 2011 Bad Nauheim ist nicht nur ein Ort, den man von fast allen Richtungen der Republik aus gut erreichen kann sondern vor allem ein altehrwürdiges Bad mit einer nicht versiegenden Heilquelle, an der schon seit Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden (wohl schon die Römer)berühmte und nicht berühmte Personen genesen wollten. Für die Teilnehmer der Sommerschule war es aber vor allem der Kurpark, der mit seinen alten Bäumen zu einer kleinen Erholung in den Pausen beitrug. Denn sich vier Tage lang mit einem Thema wie speech language pathology in dialogue with clinical neuropsychology auseinanderzusetzen ist einfach anstrengend und man bedarf danach ein wenig der Erholung wenn nicht sogar einer Kur. Aber zu der durchweg konzentrierten und angeregten Stimmung der 32 TeilnehmerInnen trug für den äußeren Rahmen die angenehme Unterbringung in dem Bildungshaus und die hervorragende Verpflegung bei. Den Ablauf hatten die Organisatoren, Frank Ostermann und Bernd Frittrang, so strukturiert, dass man sich auf das kompakte Thema und die zwei Tage mit George Prigatano in Englisch mit einem Einführungsvortrag von Frank Regenbrecht und Thomas Guthke einstimmen konnte und die Sommerschule am Sonntag mit einer gemeinsamen Austauschrunde über ausgesuchte Fallbeispiele ausklang. Frank Regenbrecht und Thomas Guthke stellten zu Beginn das Thema nichtaphasische Kommunikationsstörungen vor und führten dabei zunächst die Symptomatik und die diagnostischen Möglichkeiten, die es aus der Neuropsychologie und Sprachtherapie gibt, aus. Durch die daran angeschlossene Darstellung zweier Patientenbeispiele wurden die Schnittstellen beider Abteilungen sowohl in Bezug auf die Komplexität der Diagnostik als auch für die therapeutischen Möglichkeiten deutlich. Dabei zeigte sich vor allem, dass die Symptome gestörter Kommunikation weder nur der Sprachtherapie noch nur der Neuropsychologie zuzuordnen sind und daher der fachliche Austausch dringend nötig ist. Weiterhin ergab sich aus der anschließenden Diskussion auch, in welcher langen Tradition die Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex steht und wie problematisch nach wie vor die Begriffsfindung ist. Mit dem Workshop von G. Prigatano wurde diese Diskussion direkt fortgesetzt: this two-day workshop will present an opportunity for the two disciplines to discuss how a milieu-based „holistic“ neuropsychological rehabilitation model may be applied to some of the difficulties the speech and language pathologists face daily. Als erste Annäherung an die Erklärungsmodelle der Neuropsychologie führte er am Freitag zunächst seine 13 Prinzipien der neuropsychologischen Rehabilitation aus, die er jeweils historisch einbettete und mit vielen Fallbeispielen veranschaulichen konnte. Am Samstag behandelte G. Prigatano dann die für ihn entscheidenden Themen der emotionalen Probleme und solche der Motivation bei hirngeschädigten Patienten sowie das große Thema Anosognosie. Neben den kompakten Vorträgen entstand eine zunehmend engagiertere Diskussion mit dem Referenten. An den Abenden konnten dann in lockerer Runde der Austausch und die Diskussionen unter anderem zu den Möglichkeiten der praktischen Umsetzung der Ideen und Prinzipien Prigatanos fortgesetzt werden. Insgesamt konnte George Prigatano wohl bei allen TeilnehmerInnen das Verständnis wecken, dass es neben den symptomorientierten oder kommunikationsorientierten Ansätzen auch notwendig ist, die emotionalen und psychischen Aspekte wahrzunehmen und in die Therapie einzubeziehen. Somit waren die Tage der Summer School mehr als nur eine Anregung zu einem neuen praktischen Vorgehen in der Therapie, sondern führten vielmehr dazu, die Anschauung auf den Patienten und dessen Funktionsdefizite zu erweitern. In diesem Sinne lässt sich wirklich sagen, dass von den Gedanken Prigatanos ein Funke auf uns übersprang. Mitgespielt hatte auch das Wetter, das so kühl und regnerisch war, das es keinen zu ausgedehnten Spaziergängen verführte. Hamburg, 30.07.11 Anna Hilbert