Frankreich-Wahl: Drohen jetzt neue Risiken? Viele werden einfach erleichtert sein, dass der umstrittene, zum Teil zänkische Wahlkampf vorüber ist, aber die Marktbeobachter werden nun die bevorstehenden Parlamentswahlen ins Auge fassen, die am 11. Juni und 18. Juni stattfinden. Macron muss nun eine Koalition bilden, um eine Mehrheit zu erreichen. Das Risiko, sich mit einem Premierminister einer anderen politischen Partei zusammentun zu müssen, kann ihn bei der Umsetzung seiner Reform-Agenda schwächen: Dazu gehören Lockerungen beim Arbeitsrecht, die Reduzierung öffentlicher Ausgaben, die Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit und Integration. Europa auf dem Vormarsch Grundsätzlich sieht die langfristige Perspektive für Europa weitaus positiver aus als vor einem Jahr. Die Daten sind generell positiv, mit Anzeichen einer höheren Inflation, niedrigerer Arbeitslosigkeit und einer verbesserten Wirtschaftstätigkeit. Sicher, die Wahlen in Großbritannien und Deutschland stehen noch bevor, aber mit den niederländischen und französischen Wahlen wurde einiges an Druck aus der europäischen Politik genommen. Und wo die Menschen sehen, dass sich die europäische Wirtschaft erholt, werden sie wohl die Schuld für ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten weniger bei Europas Politikern suchen. So kann sich die Politik auf Schlüsselthemen, wie den Brexit, Einwanderung und Geopolitik, konzentrieren. Natürlich gibt es noch Unsicherheiten. Zum Beispiel könnte Renzis jüngster Sieg bei der Wahl zum Vorsitzenden der Demokratischen Partei, obwohl von den Märkten positiv gesehen, zu einer vorgezogenen Wahl in Italien und damit zu neuer Unsicherheit führen. Darüber hinaus muss man den jüngsten, starken Rückgang der Energiepreise im Auge behalten. In einem Szenario mit niedrigeren Rohstoff-und Energiepreisen steht die Dynamik der globalen Reflation in Frage. Dies kann auch auf den Radaren der Anleger wiederauftauchen und hat das Potenzial, sich auch auf bevorstehende geldpolitische Beschlüsse auszuwirken. Konzentration auf relative Werte In unseren europäischen Portfolios konzentrieren wir uns weiterhin auf relative Werte. Bei Währungen setzen wir auf Skandinavien, insbesondere auf Schweden. Dagegen haben wir die Schweiz untergewichtet, weil wir sie als überbewertet betrachten. Bei Fixed-Income haben wir einen leichten Long-Credit-Schwerpunkt und bleiben optimistisch bei High Yield in Europa, trotz des Drucks auf die Renditen. Auf makroökonomischer Ebene verfolgen wir die Europäische Zentralbank weiterhin aufmerksam und achten auf alle Anzeichen, dass sie ihr Ankaufsprogramm auslaufen lässt, obwohl die Inflation noch nicht wesentlich zulegt. Allerdings wird die EZB ihre Politik voraussichtlich schrittweise anpassen. Ugo Lancioni ist Senior Portfolio Manager und Head of Global Currency beim Asset-Manager Neuberger Berman.