Teilchenbeschleuniger

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Teilchenbeschleuniger
Von der Quelle zum Speicherring
Robert Westenberger
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Zusammenfassung. Ein problemstellungsorientierter Vortrag zum Thema Teilchenbeschleuniger. Beginnend mit dem einfachsten und intuitivsten Modell eines linearen Teilchenbeschleunigers werden wir uns, an den dabei auftretenden Herausforderungen entlang, bis zu einem heutigen Speicherring vorarbeiten. Dabei wird das gewonnene theoretische Wissen zu
transversaler Strahldynamik in einer praktischen Simulation angewendet. Ein kurzer Ausblick auf aktuelle Beschleunigerprojekte schließt den Vortrag ab.
Keywords: Teilchenbeschleuniger, Strahldynamik
PACS: 29.20.-c, 29.25.-t, 29.27.Bd, 29.27.Eg
LINEARBESCHLEUNIGER
Das grundlegende Prinzip eines jeden Teilchenbeschleunigers ist, geladene Teilchen aus einer Quelle in einer Beschleunigungsstruktur auf hohe Geschwindigkeiten bzw. Energien zu bringen.
Wir nutzen dazu die Coulomb-Kraft: ~F = q~E.
Motivation
Wenn es um neue Teilchenbeschleuniger geht ist unter den wichtigsten Eckdaten meist die Rede von der Teilchenenergie bzw. dem Teilchenimpuls. Eine Frage die einem dabei sofort in den Sinn kommt ist: „Wieso benötigen wir immer
höhere Teilchenenergien?“
Im wesentlichen kann man dafür drei Motivationen ausmachen:
Hochenergiebeschleuniger als „Entdeckermaschinen“:
Nur mit ausreichend Energie ist es möglich neue, exotische Teilchen wie zuletzt das Higgs Boson erzeugen zu
können.
• Auflösungsvermögen von Streuexperimenten:
Die erzielbare Auflösung unterliegt der de-Broglie-Beziehung: λ = h/p. Je größer der Teilchenimpuls desto
besser ist die Auflösung.
• Teilchenbeschleuniger als Synchrotronstrahlungsquelle:
Abgelenkte oder gebremste Elektronen erzeugen γ-Strahlung. Diese zeichnet sich durch Kohärenz, guten Fokus
und hohe Intensität aus und kann in allen Wellenlängenbereichen vom infraroten bis ins ultraviolette erzeugt
werden.
•
Einfachster Ansatz und Grundlagen
Teilchen-Quellen
Im wesentlichen kann man mögliche Teilchenquellen in zwei Kategorien einteilen: Ionen- und Elektronenquellen.
Erstere erzeugen durch Ionisation von z.B. Wasserstoff Ionen, also Protonen. Auch schwerere Elemente können
ionisiert und beschleunigt werden, als Beispiel dafür sei Kohlenstoff genannt welches in der Medizin für Bestrahlungen
eingesetzt werden kann. Zweitere werden meist von einer Glühkathode emittiert.
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DC Beschleuniger
Als einfachsten Aufbau für einen Teilchenbeschleuniger können wir eine plattenkondensatorähnliches Schema wählen. Zwei Elektroden im Abstand d zwischen denen wir ein elektrisches Potential U anlegen. Dann ergibt sich die
Feldstärke E des entstehenden elektrischen Feldes zu: E = U/d. Damit ist der Energiegewinn in diesem Beschleuniger direkt proportional zur angelegten Potentialdifferenz U, wir wählen sie demnach möglichst hoch. Die Maximalenergie des Teilchenstrahls ist hierbei allerdings durch die erzeugbare Spannungsdifferenz begrenzt. Daher wurden
in der Vergangenheit Spannungsquellen entwickelt, die immer höhere Maximalspannungen ermöglichten. Hierbei zu
erwähnen seien der so genannt van-de-Graaff- und der Cockroft-Walton-Generator (siehe Abbildung 1). Beide nach
ihren Entwicklern benannt, erzeugen Spannungen von bis zu mehreren Megavolt. Ein van-de-Graaff-Generator ist ein
elektrostatischer Generator, der die Spannungsdifferenz durch Transportieren von Ladungen auf einem umlaufenden
Band generiert. Der Cockcroft-Walton-Generator basiert auf der Spannungsvervielfältigung durch Diodenkaskaden.
Abbildung 1.
Van-de-Graaff- und Cockcroft-Walton-Generator der LMU München bzw. des Fermilabs
RF Beschleuniger
Um die Beschränkung durch die erzeugbare Maximalspannung des Hochspannungsgenerators zu umgehen kann man
eine Wechselspannung zur Beschleunigung einsetzen. Dabei muss die Wechselspannung während des Beschleunigungsvorgang immer dann umgepolt werden, wenn sich die Teilchen in einem feldfreien Raum innerhalb der Elektrodenröhren (oder auch Driftröhren) befinden. Dieser Bereich des Beschleunigers ist feldfrei, da die einzelnen Elektroden als Faradaysche Käfige wirken und somit das Umpolen ohne Beeinflussung der Teilchen möglich ist.
Dieses Prinzip bringt den großen Vorteil mit sich, die selbe Spannungsdifferenz mehrfach zur Beschleunigung
nutzen zu können und somit nicht mehr durch die maximal erzeugbare Spannungsdifferenz eingeschränkt zu sein. Ein
Problem welches hierbei bei langsamen (β 1) Teilchen auftritt ist, dass die Frequenz bzw. die Driftröhrenlänge
der Geschwindigkeitszunahme der Teilchen angepasst werden muss. In der Praxis ist letzteres deutlich einfacher
umzusetzen und wird somit fast ausschließlich so eingesetzt.
Zwei Nachteile bringt dieses Prinzip allerdings mit sich: Zum Einen kann kein kontinuierlicher Strahl mehr
beschleunigt werden, er muss in einzelne Pakete (sog. bunches) aufgeteilt werden. Zum Anderen, bedingt durch
die „offene Bauweise“ sind die Abstrahlungsverluste vergleichbar groß (EVerlust ∝ ν 4 ). Letzteres lässt sich durch
geschickte Bauweise vermeiden.
Heutiger Technikstand
Wie angesprochen werden Abstrahlungsverluste bei heutigen RF-Linearbeschleunigern durch eine besondere Bauweise vermieden. Dies wird erreicht durch den Einsatz von sogenannten Hohlraumresonatoren (oder englisch: caviTeilchenbeschleuniger
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ties). Die beschleunigenden Felder befinden sich in einem abgeschlossenen Volumen und Abstrahlungsverluste können
somit vermieden werden.
Grenzen
Theoretisch sind mit den bisher besprochenen Techniken unendliche Teilchenenergien möglich. Die tatsächliche
Begrenzung ergibt sich in der Praxis durch die immer weiter zunehmende Gesamtlänge des Beschleunigers und damit
durch dessen Kosten. Deshalb geht man für noch höhere Teilchenenergien zu dem Prinzip eines Synchrotrons über.
SYNCHROTRON UND SPEICHERRING
Um höhere Energien zu erreichen als sie mit einem Linearbeschleuniger möglich sind setzt man Synchrotronbeschleuniger ein. Hierbei „biegt“ man den Strahl, sodass man eine geschlossene Kreisbahn erhält. Dabei macht man sich die
p
.
Lorentzkraft zunutze. Ein konstantes Dipolmagnetfeld B hält den Strahl auf einer Kreisbahn mit dem Radius ρ = eB
p[TeV]
In der Praxis ist das gut abzuschätzen durch: ρ[km] ≈ 0.3·B[T]
.
Daraus ergibt sich, dass die Magnetfeldstärke B mit zunehmendem Teilchenimpuls p (während der Beschleunigung)
angepasst werden muss. Dieses Prinzip nennt sich „ramping“. In der Praxis kann die Tatsache, dass die Magnetfelder
am Anfang der Beschleunigung auf ein Minimum zurückgefahren ist, dazu genutzt mehrmals Teilchen in den Beschleuniger zu „injecten“, also einzubringen. Dies führt zu einer höheren Strahlintensität. Aufgrund dieser Technik
nennt man solche Beschleuniger Speicherringe.
Strahlfokussierung
In Speicherringen umlaufende Teilchen verweilen dort oft mehrere Stunden. Dadurch spielt die Strahldivergenz,
also das transversale Auseinanderlaufen der Bunches eine große Rolle. Der Strahl muss fokussiert werden um so
lange gespeichert werden zu können. Dafür nutzt man Quadrupolmagnetfelder. Diese haben die Eigenschaft den
Strahl in einer Ebene zu fokussieren, ihn dafür aber in der anderen Ebene zu defokussieren. Wie dadurch allerdings
trotzdem eine effektive Fokussierung erzielt werden kann wird im folgenden beschrieben.
Um den Strahl besser beschreiben zu können definieren wir ein rotierendes kartesisches Koordinatensystem mit
zwei transversalen x und y und einer longitudinalen Koordinate s. Damit können wir definieren: x0 = ∂∂ xs und y0 = ∂∂ xs .
Eine allgemeine Bewegungsgleichung (Hillsche Differentialgleichungen) für die umlaufenden Teilchen für beliebige Magnetfelder ergibt folgende Lösungen:
p
εβ (s) · cos(Ψ(s) + φ )
(1)
x(s) =
√
ε
x0 (s) = − p
(α(s) cos(Ψ(s) + φ ) + sin(Ψ(s) + φ ))
(2)
β (s)
Umgestellt nach ε erhält man folgende Beziehung:
ε = γ(s)x2 (s) + 2α(s)x(s)x0 (s) + β (s)x02 (s)
(3)
Wichtig hierbei ist, dass die Fläche ε unter Einwirkung von klassischen Kräften konstant ist (Satz von Liouville).
Formel 3 ist die Parametrisierung einer Ellipse, der sogenannten Phasenraumellipse in der x-x0 -Ebene (s. Abbildung 2).
α(s), β (s) und γ(s) werden dabei Twissparameter genannt. Ein wichtigster
Twissparameter hierbei ist β (s), dieser
p
beschreibt die Einhüllende des Strahls über den Zusammenhang: σ = εβ .
Jedes auf ein einlaufendes Teilchen (x, x0 )i wirkende Magnetfeld kann durch eine Matrix M beschrieben werden:
(x, x0 ) f = M · (x, x0 )i
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x'
(εγ)½
A=πε
(εβ)½
x
Abbildung 2. Die Phasenraumellipse, parametrisiert durch die Twissparameter
Dabei beschreibt (x, x0 ) f den Zustand des Teilchens nach dem Magnetfeld. Im allgemeinen wird dies 4- (für y, y0 ) bzw.
sogar 6-dimensional (longitudinale Einflüsse) berechnet werden.
Der große Vorteil dieser Beschreibung ist, dass eine Reihe von sogenannten optischen Elementen („optisch“, da viele
Magnetfelder analog zur klassischen Optik beschrieben werden können) zu einer Gesamtmatrix zusammengefasst
werden können.
BESCHLEUNIGERSIMULATION
Mit diesem Matrixformalismus ist es möglich Einflüsse beliebiger Magnetfelder auf einen Teilchenstrahl zu berechnen.
In der Praxis werden diese Berechnung von speziellen Simulationsprogramen übernommen.
Einfacher FODO-Zellen „Beschleuniger“
Ein an jedem Speicherring eingesetztes optisches Element besteht aus einer Kombination von fokussierenden und
defokussierenden Quadrupolfeldern (daher der Name „FODO“). Die Simulation eines einfachen Colliders aus diesen
Elementen wird gezeigt. Anhand der sich ergebenen Twissparameter kann daraus die erwartete Performance (z.B. die
Luminosität) des Beschleunigers abgeschätzt werden.
FAZIT
Neue Entwicklungen in der Beschleunigerphysik ermöglichen immer größere Strahlenergien. Einige der dabei eingesetzten Techniken wurden hier beschrieben und anhand von Beispielen diskutiert. Dabei ergeben sich neue Problemstellungen wie z.B. komplizierte Strahloptiken. Anhand eines einfachen Beispiels wurde die praktische Simulation
einer solchen Magnetfeldoptik erläutert.
LITERATUR
1.
2.
3.
4.
5.
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K. Wille, “The Physics of Particle Accelerators”, 2000 (Oxford)
H. Wiedemann, “Particle Accelerator Physics”, 1993 (Springer)
P. Schmüser: “Basic Course on Accelerator Optics”, CAS - CERN Accelerator School 1992, pp.94-201
B. Holzer, “Transverse Beam Dynamics I, II”, CAS 2013
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