Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik V4 Optische Übertragungstechnik Lernziele Im Versuch „Optische Übertragungstechnik“ sollen folgende Lerninhalte vermittelt werden: • Umgang mit optischen Komponenten • Aufbau einer geführten optischen Übertragungsstrecke • Theorie des planaren Wellenleiters und geführter Modenspektrum, Modendispersion ) • Experimentelle Überprüfung der Theorie Moden (Cutoff-Bedingung, numerische Apertur, Literatur • Skript zur Vorlesung ‘Höhere Mathematik I’ (http://hilbert.math.unimannheim. de/~seiler/hm1/ ) • Eugene Hecht: „Optik“, Addison-Wesley, ISBN 3-925118-86-1 • Göran Einarsson: ‘Lightwave Communications’, Wiley, ISBN 0 471 95298 2 • Jürgen Jahns: „Photonik: Grundlagen, Komponenten und Systeme“, Oldenburg, ISBN 3-486-25425-1 Vorbereitung Bereiten Sie zur Durchführung des Versuchs die im Folgenden kurz beschriebenen Themen vor. Es soll ein Kenntnisstand erreicht werden, der ausreicht, um die gestellten Aufgaben beantworten zu können. Inhalt 1. MESSUNG DER NUMERISCHEN APERTUR 2. MESSUNG DER DÄMPFUNG 3. MULTIPLEXTECHNIKEN Vorbemerkungen zum Versuchsaufbau Da in diesem Versuch mit zwei Lasern und mit empfindlichen optischen und mechanischen Bauteilen umgegangen wird, erhalten Sie eine Einweisung, bevor Sie mit den Experimenten beginnen. Hantieren Sie nicht ohne Einweisung am Aufbau. Der Aufbau darf erst nach erfolgter Einweisung in Betrieb genommen werden! Halten Sie sich beim Umgang mit den Lasern unbedingt an die Schutzvorschriften. Bitte achten Sie außerdem bei der Durchführung der Versuche darauf, die Lichtleitfasern vorsichtig zu behandeln, um ein Knicken oder Abreißen zu vermeiden! In den optischen Aufbauten gibt es feinmechanische Komponenten wie Stellelemente oder Faserstecker, die entsprechend vorsichtig zu behandeln sind. Beachten Sie bitte, dass die Faserstecker eine Führungsnut besitzen; wenden Sie niemals erhöhte Kraft für einen Steckvorgang auf. Wiederholen Sie im Zweifelsfall den Steckvorgang von Anfang an. Bitte vermeiden Sie auch, die Glasflächen der optischen Komponenten zu berühren. Die Versuchsaufbauten sind auf einer Grundplatte fertig justiert aufgebaut. Zur Durchführung der Versuche sollen lediglich die jeweiligen Parameter variiert und die entsprechenden Ergebnisse gemessen werden. Abbildung 1 zeigt schematisch die Anordnung der einzelnen Versuchsaufbauten auf der Grundplatte. 1 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik Laser λ = 632.8 nm NA-Messung Detektor Faser Drehtisch Faserhalter Richtungs-Multiplex Schirm λ-Multiplex Laser λ = 543 nm Stecker Beugungs- Schirm gitter Faserkoppler Faserstücke verschiedener Längen Faserhalter Absorption Detektor Blendenrevolver Strahlaufweitung Faserhalter Stecker Einkoppellinse Faserstücke verschiedener Längen Detektor NA-Anpassung Abbildung 1: Anordnung der Versuchaufbauten 2 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik 1. Messung der numerischen Apertur optischer Fasern 1.1. Einführung Numerische Apertur eines Wellenleiters Für einen Stufenindexwellenleiter lässt sich in der Strahlenoptik aus dem Snellius’schen Brechungsgesetz der maximale Winkel u berechnen, unter dem eine Einkopplung in einen Wellenleiter möglich ist. Die numerische Apertur des Wellenleiters ist NA = n ⋅ sin α Gleichung 1: Definition der numerischen Apertur NA mit Aperturwinkel Brechungsindex n α, umgebendes Medium mit Der maximale Winkel α u ist durch den Winkel β der Totalreflexion innerhalb des Wellenleiters bestimmt. Strahlen, die diesen Winkel überschreiten, werden nicht mehr geführt, sondern nach außen abgestrahlt. Lichtausbreitung Bei der exakten Berechnung der Lichtverteilung in Wellenleitern durch Wellenoptik zeigt sich, dass nur eine diskrete Serie von Winkeln ausbreitungsfähig ist. Dies liegt darin begründet, dass das Wellenfeld an der Grenzfläche zwischen Wellenleiter und Mantel eine stetige Tangentialkomponente aufweisen muss. Verteilungen, die diese Bedingung nicht erfüllen, sind nicht ausbreitungsfähig. n α β υi Kern ni Mantel na Abbildung 2: Einkopplung in einen Wellenleiter (stufenindex) Moden Das Winkelspektrum ist diskret und besitzt obere und untere Schranken, die material- und wellenlängenabhängig sind. Man ordnet die unterschiedlichen Pfade, die Licht durch einen Lichtleiter nehmen kann, nach den möglichen Winkeln und nennt diese Pfade Moden. Die Faser kann ankommendes Licht entsprechend ihres Modenspektrums bis zu einem maximalen Einstrahlwinkel aufnehmen. Licht, das unter einem größerem Winkel eingekoppelt wird, wird durch die Faser nicht geführt, sondern verlässt den Kern und tritt nach außen, oder wird vom Mantel der Faser absorbiert. Ein-/Auskopplung Da eine Faser sowohl eine begrenzte Ausdehnung wie auch eine begrenztes Winkelspektrum (Modenspektrum) aufweist, muss beim Ein- bzw. Auskoppeln sowohl der Ort der Lichtquelle (Detektors) als auch dessen Winkelspektrum auf die Faser abgestimmt sein. 1.2. Aufgaben zur Vorbereitung a) Machen Sie sich anhand der angegebenen Literatur mit den folgenden optischen Grundlagen vertraut: Brechungsgesetz (Snellius), Reflektionsgesetz (Fresnel), numerische Apertur b) Erarbeiten Sie die Grundlagen über Wellenleiter und optische Fasern (Stufenindex und Gradientenindex) c) Leiten Sie einen Ausdruck für die NA eines Stufenindexwellenleiters in Abhängigkeit der Brechungsindices n, ni und na her. d) Erarbeiten Sie die Grundlagen der Faserkopplung (Fehlertoleranz hinsichtlich Ort und Winkel). 3 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik 1.3. Versuchsaufgaben Bestimmen der NA durch Variation des Einkoppelwinkels Ein unaufgeweiteter Laserstrahl wird unter einem Winkel ϑ auf ein Faserende gerichtet. Der Einstrahlwinkel ϑ kann über eine auf einem Drehtisch montierte Faser variiert werden. Drehtisch Faser Faserhalter Abbildung 3: Vermessung der Faser-NA durch Variation des Einstrahlwinkels (Ansicht von der Seite) Das Faserende liegt dabei direkt über der Drehachse des Tischs. Die Wellenfront (Fläche gleicher Phasenlage der elektromagnetischen Wellen) des auftreffenden Laserlichts kann in guter Näherung als eben angesehen werden. Dies bedeutet, das sich das Licht über den gesamten Strahlquerschnitt hinweg in die gleiche Richtung ausbreitet. Drehtisch Laserstrahl υ Fa ser Abbildung 4: Vermessung der Faser-NA durch Variation des Einstrahlwinkels (Ansicht von oben) Messen Sie die, durch die Faser transmittierte Intensität als Funktion des Einkoppelwinkels ϑ. Legen Sie dabei die Stellung ϑ=0° als den Winkel fest, unter dem die Transmission maximal ist. Nehmen Sie die Intensitäten auch für negative Winkel auf. b) Prüfen Sie Ihre gefundene ϑ=0° Einstellung durch Prüfung der Symmetrie bzgl. ϑ=0° der unter a) aufgenommen Intensitätskurve. c) Bestimmen Sie den maximal erlaubten Winkel (NA) durch die Bestimmung der Halbwertsbreite der Kurve I(ϑ). d) Nennen Sie eine Ursache für den Abfall der Intensität bereits für Winkel, die kleiner sind als der maximal erlaubte. a) 4 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik Bestimmen der NA durch Variation der Aperturblende Ein aufgeweiteter Laserstrahl wird durch eine (Einkoppel-)Linse auf ein Faserende fokussiert. Am Faserende wird die ausgekoppelte Intensität gemessen. Die Apertur der Einkoppellinse kann durch verschiedene Blenden variiert werden. Die Blenden sind auf einem Blendenrevolver montiert. Blendenrevolver Strahlaufweitung Faserhalter Stecker Einkoppellinse Faserstücke verschiedener Längen Detektor Abbildung 5: Messung der Faser-NA über die Aperturblende Die Faser kann einkommendes Licht entsprechend ihres Modenspektrums nur bis zu einer maximalen NA aufnehmen. Licht, das mit einer größeren NA eingekoppelt wird, wird durch die Faser nicht geführt, sondern verlässt den Kern und tritt nach außen, oder wird vom Mantel der Faser absorbiert. Realisieren Sie die größte Apertur dadurch, dass Sie den Blendenrevolver aus dem Aufbau entfernen. Die Aperturblenden haben folgende Durchmesser und ergeben zusammen mit dem Linsensystem folgende NAWerte: Blende-Nr. Ø [mm NA 5 2 0,066 4 4 0,133 3 6 0,200 2 8 0,266 1 10 0,332 ohne 11,5 0,380 e) Bestimmen Sie die NA der montierten Faser über die Einkoppelapertur: Tragen Sie die transmittierte Intensität als Funktion der Aperturfläche auf. Diskutieren Sie den Kurvenverlauf und schätzen Sie die NA der Faser ab. 2. Messung der Dämpfung optischer Fasern 2.1. Einführung Dämpfung Durch Absorption und Streuung wird die Intensität des Lichts beim Durchlaufen einer Faser abgeschwächt. Die beiden Effekte hängen von der Wellenlänge des verwendeten Lichts ab: Absorption steigt in Richtung längerer, Streuung in Richtung kürzerer Wellenlängen. Absorption Die Intensität nach einer Faserstrecke z wird entsprechend dem Beer’schen Gesetz der Absorption ausgedrückt durch: I ( z ) = I ( 0 ) e −Γz /10 Gleichung 2: Dämpfung durch Absorption 5 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik Dabei ist z die Ausbreitungsdistanz und Γ die Dämpfungskonstante angegeben in der Einheit [ Γ ] = dB/km für Glasfasern und [ Γ ] = dB/cm für Polymerwellenleiter (POF). Materialdispersion Der Brechungsindex eines Mediums ist ein Maß für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes in diesem Medium. In der Regel hängt der Brechungsindex von der Wellenlänge λ des verwendeten Lichtes ab. Dies führt bei der Übertragung von polychromatischem (aus mehreren Wellenlängen bestehendem) Licht zu Laufzeitunterschieden, die die maximal übertragbare Frequenz begrenzen. Modendispersion Unterschiedliche Moden nehmen unterschiedliche Pfade durch eine Faser. Die Pfade unterscheiden sich dabei in ihrer geometrischen Weglänge s . Für dadurch bedingte Laufzeitveränderungen ist die Zeit, die das Licht zum Zurücklegen der Strecke s benötigt, relevant. Deshalb ist statt der geometrischen Strecke die optische Weglänge n ⋅ s von Interesse. 2.2. Aufgaben zur Vorbereitung a) Erarbeiten Sie sich anhand der angegebenen Literatur die Grundlagen zu Dämpfung, Absorptionsgesetz (Beer), Materialdispersion (Abhängigkeit des Brechungsindex von der Wellenlänge) und Modendispersion (unterschiedliche Ausbreitungszeit einzelner Moden) b) Erarbeiten Sie den Zusammenhang zwischen der Laufzeitverzögerung und der Wellenlängenabhängigkeit des Brechungsindex für einzelne Moden. Klären Sie auch, ob das Maß des Laufzeitunterschieds von der Mode abhängt. c) Bestimmen Sie die Laufzeitverzögerung eines Signals durch eine Faser nach dem Strahlenmodell als Funktion des Ausbreitungswinkels ϑ relativ zu ϑ = 0°. Begründen Sie qualitativ, warum die Modendispersion bei GRINFasern schwächer ausfällt. 2.3. Versuchsaufgaben Ein Laserstrahl wird in eine Faser eingekoppelt und die Intensität am Faserende mit einem Detektor gemessen. Variiert man die Länge der Faser, erhält man unterschiedliche Werte für die Dämpfung. Um zu vermeiden, dass der Einkoppelaufbau bei jedem Faserwechsel neu justiert werden muss, werden die Fasern unterschiedlicher Länge durch einen Faserstecker mit dem Einkoppelaufbau verbunden. Die Längen der einzelnen Fasern sind durch Fähnchen an den Fasern markiert. Vernachlässigen Sie bei der Auswertung die Länge der Faser im Einkoppelaufbau. Die Verwendung unterschiedlicher Fasern hat zur Folge, dass der Detektor zum jeweiligen Faserausgang gestellt werden muss. Achten Sie bitte darauf, dass im Sinne der Reproduzierbarkeit das gesamte ausgekoppelte Licht auf die Detektorfläche fällt. In der Regel genügt es, den Detektor in der Höhe zu verstellen. Stecker Faserkoppler Faserstücke verschiedener Längen Faserhalter Abbildung 6: Vermessung der Materialabsorption durch unterschiedliche Faserlängen 6 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik a) Variieren Sie die Faserlänge durch Einstecken unterschiedlicher vorgefertigter Fasern der Längen 5m, 100m, 250m und 500m und messen Sie die Intensitäten jeweils am Faserausgang. b) Erstellen Sie einen Graphen, der die Intensität logarithmisch gegen die Faserlänge darstellt. Ermitteln Sie hieraus anhand einer eingepassten Geraden die Dämpfungskonstante Γ der verwendeten Faser. Geben Sie Γ in der Einheit dB/km an. c) Begründen Sie unter Berücksichtigung von Absorption und Streuung als den Ursachen für die Dämpfung, warum es bevorzugte Wellenlängen für die Datenübertragung über optische Fasern gibt. 3. Multiplextechniken 3.1. Einführung Die Anwendung von Multiplextechniken dient dazu die Kapazität von faseroptischen Verbindungen optimal auszunutzen. Man unterscheidet dabei: Zeitmultiplex (TDM), Wellenlängenmultiplex bzw. Frequenzmultiplex (WDM) und Winkelmultiplex (ADM) Im Fall des Wellenlängenmultiplex werden Lichtquellen mit verschiedenen Wellenlängen mit elektrischen Signalen moduliert. Über einen Wellenlängenmultiplexer werden die verschiedenen Signale in eine einzige Faser eingekoppelt und am anderen Ende durch einen Demultiplexer wieder getrennt um zu verschiedenen Detektoren geleitet zu werden. Analog werden beim Zeitmultiplex verschiedene Signale zeitlich versetzt in eine einzige Faser eingekoppelt und wieder ausgelesen, beim Winkelmultiplex werden Signale unter verschiedenen Winkeln eingekoppelt und detektiert. 3.2. Aufgaben zur Vorbereitung a) Machen Sie sich mit den Begriffen Wellenlängenmultiplex und Winkelmultiplex vertraut. b) Erarbeiten Sie die Grundlagen zur Gitterbeugung, insbesondere den Zusammenhang zwischen Gitterperiode und Ablenkwinkel der Beugungsordnungen. c) Für welchen Zweck werden im Zusammenhang mit Multiplextechniken Beugungsgitter verwendet? 3.3. Versuchsaufgaben Winkelmultiplex Verwenden Sie den selben Aufbau wie er für die Vermessung der Faser-NA benutzt wurde. Beobachten Sie die Verteilung am Faserende nun jedoch mit einem Schirm. a) Beschreiben Sie die Geometrie der Intensitätsverteilung bei senkrechtem Einkoppeln des Strahls und deren Veränderung unter Variation des Einkoppelwinkels. Drehtisch Faser Faserhalter Abbildung 7: Aufbau zur Beobachtung der Intensitätsverteilung am Faser- Ausgang unter Variation des Einkoppelwinkels b) Vergleichen Sie Einkoppel- und Austrittswinkel. 7 Grundlagenpraktikum für Studenten der TI im 4. Semester Versuch 4: Optische Übertragungstechnik c) Vermessen Sie die Breite eines Kreisrings für fünf verschiedene Einstrahlwinkel. Bestimmen Sie daraus die maximale Anzahl von Kanälen unter der Voraussetzung, dass die Kanäle in der Ausgangsebene durch die Dicke eines Kreisrings voneinander separiert sein müssen. Wellenlängenmultiplex Im Versuchsaufbau zum Wellenlängen-Multiplexing wird Licht eines roten (λr=632.8 nm) und eines grünen (λg=543 nm) HeNe-Lasers durch die selbe Faserstrecke gesendet. Stecker Faserkoppler Faserstücke verschiedener Längen Faserhalter Abbildung 8: Versuchsaufbau zum Wellenlängen-Multiplexing a) Am Ausgang der Faser trifft das Licht auf ein Amplitudengitter mit einer Gitterperiode von p = 3µm. Das Beugungsgitter steht vor einer Linse, die das Faserende auf einen Schirm abbildet. b) Berechnen Sie für die n-te Beugungsordnung des Gitters die Ablenkwinkel und die entsprechenden Positionen auf dem Schirm jeweils für λr und für λg. c) Verifizieren Sie durch Messung jeweils für die erste und die zweite Beugungsordnung die räumlichen Abstände der Beugungsordnungen auf dem Schirm für λr und λg. d) Messen Sie die transmittierten Intensitäten jeweils nur für λr und λg und für beide Wellenlängen gemeinsam. Vergleichen Sie die Summe der Intensitäten aus den Ein-Wellenlängen-Messungen mit der Intensität der ZweiWellenlängen- Messung. 8