Kapitel 10: Zwischenmolekulare Wechselwirkungen Übersicht: 10.1 Die Bedeutung zwischenmolekularer Wechselwirkungen 10.2 Multipolentwicklung der molekularen Ladungsverteilung 10.3 Systematik langreichweitiger Wechselwirkungen 10.4 Elektrostatische Wechselwirkungen zwischen permanenten Multipolmomenten 10.5 Induzierte Wechselwirkungen 10.6 Das Lennard-Jones-Potential 10.7 Einfang-Reaktionen: klassische Langevin-Theorie Literatur: A. Stone, Theory of Intermolecular Forces, Oxford University Press 2013 J.O. Hirschfelder, W.J. Mead, The Nature of Intermolecular Forces, Adv. Chem. Phys. 12 (1967), 3 10.1 Die Bedeutung zwischenmolekularer Wechselwirkungen Als zwischenmolekulare Wechselwirkungen bezeichnet man langreichweitige elektrische Kräfte zwischen Molekülen, die von der uneinheitlichen Verteilung der Ladung in den Molekülen herrühren. Zwischenmolekulare Wechselwirkungen spielen eine wichtige Rolle in einer Reihe von chemischen Zusammenhängen: • Die Existenz kondensierter Phasen (Flüssigkeiten, Feststoffe) und das Auftreten von Phasenübergängen • Stoffeigenschaften wie Schmelz- und Siedepunkt; Verdampfungswärmen, Viskosität und Oberflächenspannung von Flüssigkeiten; reales Verhalten von Gasen, etc. • Langreichweitige Wechselwirkungen innerhalb grosser (Bio-) Moleküle prägen deren Tertiär- und Quartärstruktur • Sie prägen auch die Dynamik chemischer Reaktionen im Eingangs- und Ausgangskanal (d.h. am Beginn und am Ende des reaktiven Stosses). Die Dynamik und Kinetik von Reaktionen ohne Aktivierungsbarriere wird i.A. durch langreichweitige Wechselwirkungen vollständig dominiert (sog. Einfangprozesse). 10.2 Multipolentwicklung der molekularen Ladungsverteilung Auf fundamentalster Ebene bestehen Moleküle aus positiv geladenen Atomkernen und negativ geladenen Elektronen. Da die Verteilung der Ladungsträger im Molekül nicht einheitlich ist, ergibt sich eine inhomogene Ladungsverteilung im Molekül. Um die Wechselwirkungen zwischen Molekülen aufzuschlüsseln, wird die molekulare Ladungsverteilung in eine Summe elektrischer Ladungsverteilung in Cytosin: rot: positive Partialladung, Multipole zerlegt (Multipolentwicklung): blau: negative Partialladung + = + + - + + + + Ladungsverteilung = Monopol + Dipol + + Quadrupol + + -+ - + Oktupol + .... + .... Die Multipole charakterisieren die räumliche Verteilung der Ladungen im Molekül Nur das erste von Null verschiedene Multipolmoment ist unabhängig von der Wahl des Koordinatensystems. Als Koordinatenursprung für die koordinatenabhängigen Multipole wird konventionsgemäss der Molekülschwerpunkt gewählt. 10.2.1 Multipolmomente Das Monopolmoment ist die gesamte Ladung q des Moleküls: q= X i qi = K X j=1 Zj e Ne Ladung von N Elektronen Elementarladung e=1.602.10-19 C (10.2.1) Summe über alle Summe über K Kerne und Elektronen Kerne Ladung von Ladungszahl Teilchen i von Kern j Das Dipolmoment (oder auch ) für zwei entgegengesetzte Ladungen ±q mit Abstandsvektor ~r ist definiert als: - ~r + (10.2.2) Verallgemeinert auf N Ladungsträger mit Ladungen qi : (10.2.3) Das Dipolmoment ist ein Vektor und zeigt immer vom negativen zum positiven Ladungszentrum. Einheit: [μ]=[Cm]=[D] (D ... Debye, 1 D = 3.336.10-30 Cm). Eine Anordnung von zwei Paaren mit entgegengesetzten Punktladungen erzeugt ein Quadrupolmoment Θ. Θ ist eine 3x3-Matrix (ein Tensor). [Θ]=[C m2]. 2 2 3 2 3xi ri 3xi yi 3xi zi X 1 + 3yi2 ri2 3yi zi 5 ⇥= qi 4 3yi xi 2 i 3zi xi 3zi yi 3zi2 ri2 -+ + - + mit ri2 = xi2 + yi2 + zi2 (10.2.4) (ri ... Koordinate von Ladungsträger i) Man sieht sofort, dass die Spur (die Summe der Diagonalelemente Θxx, Θyy und Θzz) des Quadrupoltensors verschwindet: def Spur(⇥) = ⇥xx + ⇥y y + ⇥zz 1X = qi 3xi2 ri2 + 3yi2 ri2 + 3zi2 ri2 2 i 3X = qi xi2 + yi2 + zi2 ri2 = 0 2 i (10.2.5) 10.2.2 Erlaubte permanente Multipolmomente in Abhängigkeit der Symmetrie des Moleküls Tiefe Symmetrie (max. 2-zählige Rotationsachse und/oder Spiegelebene): alle Multipolmomente Bsp: H2O, CH2Cl2, C2H5OH, praktisch alle biologischen Moleküle lineare Moleküle: a) ohne Inversionszentrum: alle Multipolmomente Bsp.: HCl, HCN, NO, CO, ... b) mit Inversionszentrum: nur 2m-Pol-Momente mit m gerade (m=2: Quadrupol, m=4: Hexadekapol,...). Bsp.: N2, O2, Cl2, HCCH, CO2, ... Tetraedrische Moleküle: niedrigstes erlaubtes Moment: Oktupol (m=3) Bsp.: CH4, CCl4, ... Oktaedrische Moleküle: niedrigstes erlaubtes Moment: Hexadekapol (m=4) Bsp.: SF6 Ikosaedrische Moleküle: niedrigstes erlaubtes Moment: 64-Pol (m=6) Bsp.: C60 Einführung in die Physikalische Chemie K1-2 Zwischenmolekulare Wechselwirkungen Die zwischenmolekularen Kräfte werden in elektrostatische Die zwischenmolekularen Kräfte werden inKräfte unterteilt: induzierte - dispersive Einführung in die Physikalische Chemie elektrostatische - induzierte - dispersive K1-2 Zwischenmolekulare Wechselwirkungen 10.3 Systematik langreichweitiger Wechselwirkungen Kräfte unterteilt: Die zwischenmolekularen Kräfte werden in elektrostatische - induzierte - dispersive Langreichweitige, nicht-kovalente Wechselwirkungen zwischen Molekülen Kräfte unterteilt: oder zwischen Teilen des selben Moleküls, zwischen denen keine kovalente Bindung besteht, können in drei Kategorien unterteilt werden: • Elektrostatische Wechselwirkungen: WW zwischen permanenten (statischen) Multipolmomenten von Molekülen • Induzierte Wechselwirkungen: ein Molekül mit permanenten Multipolmomenten induziert in einem anderen Molekül elektrische Multipole. Die resultierende WW ist immer anziehend. • Dispersionswechselwirkungen: WW durch Induktion von temporären Multipolen in Molekülen, auch in Abwesenheit statischer Felder. Temporäre Multipole entstehen in jedem Atom oder Molekül durch Fluktuationen der Ladungsverteilung, die durch die ständige Bewegung der Kerne und Elektronen verursacht werden. Die temporären Multipole induzieren wiederum Multipole in einem naheliegenden Molekül, was zu einer schwachen anziehenden WW führt. Grundsätzliche Überlegungen am Beispiel der Coulomb-Wechselwirkung zwischen Ionen: 10.4 Wechselwirkungen zwischen permanenten Multipolmomenten Die Wechselwirkungsenergie (das Wechselwirkungspotential V) zwischen den permanenten Ladungsverteilungen zweier Moleküle kann in eine Summe von Wechselwirkungen zwischen den permanenten Multipolmomenten aufgeschlüsselt werden: X Vn (10.4.1) V (R) = n Abstand zwischen R n Multipolen n=m1+m2+1 ist der Wechselwirkungindex für die Wechselwirkung zweier Multipolmomente mit Ordnungen 2m1 und 2m2, Vn ist der Wechselwirkungskoeffizient. + = + + - + + + = + + - + .... + - + + - m Ordnung 2m Ladung (L, Monopol) 0 1 Dipol (D) 1 2 Quadrupol (Q) 2 4 - + - Multipolmoment + .... Wechselwirkung WW-Index n L-L 1 L-D 2 L-Q 3 D-D 3 D-Q 4 Q-Q 5 Grundsätzlich sind die WW zwischen permanenten Multipolen stark von deren Orientierung zueinander abhängig. Die Orientierungen werden jedoch durch die thermische Bewegung (Rotation) der Moleküle ausgemittelt. Wechselwirkungen zwischen permanenten Multipolen: WW Ladung-Ladung Ladung-Dipol Dipol-Dipol Dipol-Quadrupol Quad.-Quad. Dispersion Abstandsabhängigkeit typische der pot. Energie als Energie/ Potenz von R kJ/mol -1 -2 -3 -6 -4 -8 -5 -10 -6 250 15 2 <1 <1 <<1 <<1 <<1 1 Bemerkung zwischen starren polaren Molekülen zwischen rotierenden polaren Molekülen zwischen starren Molekülen zwischen rotierenden Molekülen zwischen starren Molekülen zwischen rotierenden Molekülen zum Vergleich, s. Abschn. 10.5 Bsp.: explizite Herleitung der Ionen-Dipol-Wechselwirkung → Tafel 67"89#/3',$5:2,0)21(,";,3'/,29#(0)$*,$! 6#!$%&0'5(/0+*/7'!,%&0'7+&,(%2! ! 6#"!E03,%,&,(%!(3!&40!+(('),%7&02!3('!&T(!/,%07'!5(/0+*/02! HR@! 60'$4&! <@6$(56$)! "! 4'3! -! 4&$! )0.54.$3! 4.! .9$! 30).4'($! U1! 4'3! 0%! .90)! 30).4'($! 0)! $'@5L9! Paar-Wechselwirkungspotentiale zwischen permanenten Multipolen zweier linearer Moleküle. Annahme: beide Moleküle besitzen Ladung q, Dipolmoment μ(≣D) und Quadrupolmoment Θ (s. Abb.). Falls eines der Moleküle gewisse Multipolmomente nicht besitzt, fallen die : ; betreffenden Terme in den Formeln weg. )<4661!.9$:!(4'!0'.$&4(.,!K$!3$%0'$!.9$0&!(@@&30'4.$)!):).$<1!4)!%@66@R)*!! ! ! :D! q 1!)2D! qD21!' ,μ2D,Θ ! ! :"! ! ! ! R#!! <! ϕ q 1!)1"! q"11!' ,μ1",Θ ! *!4'L6$!O$.R$$'!.9$!30&$(.0@'!@%!.9$!<@6$(56$!4?0)!4'3!.9$!30&$(.0@'!O$.R$$'!.9$!<@6$(56$),! *!4'L6$!O$.R$$'!.9$!<@6$(56$)!F64'$)!^#1!'"_!4'3!^#1!!'D_,! ! WW-Typ starre Orientierung thermisch gemittelt 6#-!./0+&'(2&7&,+!,%&0'7+&,(%2!! !" 9(%(1(/0?5(%(1(/0!,%&0'7+&,(%2! H9$!0'.$&4(.0@'!$'$&L:!@%!4!<@'@F@6$!^(94&L$!q"_!)0.54.$3!0'!.9$!$6$(.&0(!%0$63!@%!4!)$(@'3! q1 q2 1 V = 4⇡✏0 R Ladung-Ladung <@'@F@6$!^(94&L$!qD_1!4)!%5'(.0@'!@%!.9$!30).4'($!O$.R$$'!.9$<1!U1!0)*! ! V 5R 6 & Q>QB r!1'(1('&,(%7/!&(!U?"! A#$ ? R hV i = q1 q2 1 4⇡✏0 R H90)!$'$&L:!3@!'@.!3$F$'3!@'!.9$!.$<F$&4.5&$,! q2 µ1 cos ✓1 q1 µ2 cos ✓2 1 V = 4⇡✏0 R2 Ladung-Dipol 1 q12 µ22 + q22 µ21 1 hV i = H9$!0'.$&4(.0@'!$'$&L:!@%!4!<@'@F@6$!^(94&L$!q _!)0.54.$3!0'!.9$!$6$(.&0(!%0$63!@%!4!)$(@'3! 2 4 3 (4⇡✏ 0 ) kB T R U1!0)*! <@6$(56$!R0.9!4!30F@6$!<@<$'.!' 1!4)!%5'(.0@'!@%!.9$!30).4'($!O$.R$$'!.9$<1! !" 9(%(1(/0?),1(/0!,%&0'7+&,(%2! " D m!^#1!:_!!f!N!q"'D,(@):D![!^S#$@,U-_! Ladung-Quadrupol 1 q1 ⇥2 (3 cos2 ✓2 V = 2 1) q2 ⇥1 (3 cos2 ✓1 4⇡✏0 1 q12 ⇥22 + q22 ⇥21 1 1)! 1 H9$!<@'@F@6$N30F@6$!0'.$&4(.0@'!$'$&L:!O$.R$$'!.R@!<@6$(56$)[email protected]!94B0'L!4!(94&L$!4'3!4! hV i = 2 6 R3 U*!5 (4⇡✏0 ) kB T R 30F@6$!<@<$'.1!4'3!)0.54.$3!4.!30).4'($! ! Dipol-Dipol Dipol-Quadrupol V = 3 V = 2 · 4⇡✏0 µ1 µ2 2 cos ✓1 cos ✓2 sin ✓1 sin ✓2 cos 4⇡✏0 n ⇥ µi ⇥2 cos ✓1 (3 cos2 ✓2 ⇥ 2 µ2 ⇥1 cos ✓2 (3 cos ✓1 1) m!^#1!:_!!f!oqD'",(@):"!N!q"'D,(@):Dp[!^S#$@,U-_! 1 R3 hV i = 2 µ21 µ22 1 3 (4⇡✏0 )2 kB T R6 ! 1) "a ⇤ 2 sin ✓1 sin ✓2 cos ✓2 cos ⇤o 1 2 sin ✓1 sin ✓2 cos ✓1 cos R4 hV i = µ21 ⇥22 + µ22 ⇥21 1 (4⇡✏0 )2 kB T R8 Die thermisch gemittelten Ausdrücke sind temperaturabhängig, aber orientierungsunabhängig ! Θ1,2 ist das grösste Element des betr. Quadrupoltensors. 10.5 Induzierte Wechselwirkungen Induzierte Dipolmomente: ein äusseres elektrisches Feld, beispielsweise verursacht von einem anderen Molekül in der Nähe, verändert (polarisiert) die Ladungsdichteverteilung und induziert so ein Dipolmoment D*: (10.5.1) Polarisierbarkeitsvolumen äusseres elektr. Feld α steht für die Polarisierbarkeit des Moleküls und gibt an, wie leicht sich die Ladungsverteilung in einem Molekül verschieben lässt ([α]=[C2J-1m2]) . Die Grösse α’ wird als Polarisierbarkeitsvolumen bezeichnet ([α’]=[m3]): ↵ 0 ↵ = (10.5.2) 4⇡✏0 polares Molekül apolares Molekül mit induziertem Dipol Die Polarisierbarkeit und das Polarisierbarkeitsvolumen ... • ... sind umso grösser, je grösser das Molekül ist (die Ladungsverteilung lässt sich leichter verschieben). • ... sind i.A. richtungsabhängig, also tensorielle Grössen. Die mit der Induktion von Multipolen verbundene Induktionsenergie setzt sich zusammen aus dem Energiebeitrag, der aufgewendet werden muss, um die Ladungsverteilung zu verschieben (Polarisationsenergie) und der Wechselwirkungsenergie zwischen dem induzierten und dem induzierenden Multipolmoment. !"#"$"%"&"'"(")"$"*""#"$""+"#",""-"'"."/"#"0"1"2"#"/"3"'","""4"'","5"#","" 67"89#/3',$5:2,0)21(,";,3'/,29#(0)$*,$! 6#!$%&0'5(/0+*/7'!,%&0'7+&,(%2! ! 6#"!E03,%,&,(%!(3!&40!+(('),%7&02!3('!&T(!/,%07'!5(/0+*/02! Induktionsenergien für istotrop polarisierbare lineare Moleküle. Die Formeln gelten für die Induktions-WW von zwei Molekülen, die jeweils Ladung sowie zusätzlich permanente Dipol- und Quadrupolmomente besitzen. Beachte: zusätzlich existieren noch WW zw. den permanenten Multipolmomenten, s. vorhergehender Abschnitt. HR@! 60'$4&! <@6$(56$)! "! 4'3! -! 4&$! )0.54.$3! 4.! .9$! 30).4'($! U1! 4'3! 0%! .90)! 30).4'($! 0)! $'@5L9! )<4661!.9$:!(4'!0'.$&4(.,!K$!3$%0'$!.9$0&!(@@&30'4.$)!):).$<1!4)!%@66@R)*!! ! ! ! ! :"! ! ! ! R #!! <! ϕ :D! qqD21!' ,μD21!) ,Θ2D! q 1!'1",Θ 1!)1"! q1",μ ! :*!4'L6$!O$.R$$'!.9$!30&$(.0@'!@%!.9$!<@6$(56$!4?0)!4'3!.9$!30&$(.0@'!O$.R$$'!.9$!<@6$(56$),! ;*!4'L6$!O$.R$$'!.9$!<@6$(56$)!F64'$)!^#1!'"_!4'3!^#1!!'D_,! ! 6#-!./0+&'(2&7&,+!,%&0'7+&,(%2!! !" 9(%(1(/0?5(%(1(/0!,%&0'7+&,(%2! H9$!0'.$&4(.0@'!$'$&L:!@%!4!<@'@F@6$!^(94&L$!q"_!)0.54.$3!0'!.9$!$6$(.&0(!%0$63!@%!4!)$(@'3! <@'@F@6$!^(94&L$!qD_1!4)!%5'(.0@'!@%!.9$!30).4'($!O$.R$$'!.9$<1!U1!0)*! ! V 5R 6 & WW-Typ starre Orientierung Q>QB r!1'(1('&,(%7/!&(!U?"! A#$ ? R thermisch gemittelt H90)!$'$&L:!3@!'@.!3$F$'3!@'!.9$!.$<F$&4.5&$,! !" 9(%(1(/0?),1(/0!,%&0'7+&,(%2! H9$!0'.$&4(.0@'!$'$&L:!@%!4!<@'@F@6$!^(94&L$!q"_!)0.54.$3!0'!.9$!$6$(.&0(!%0$63!@%!4!)$(@'3! <@6$(56$!R0.9!4!30F@6$!<@<$'.!'D1!4)!%5'(.0@'!@%!.9$!30).4'($!O$.R$$'!.9$<1!U1!0)*! m!^#1!:_!!f!N!q"'D,(@):D![!^S#$@,U-_! Ladunginduzierter Dipol Vind = 1 q12 ↵02 + q22 ↵01 1 2 4⇡✏0 R4 ! 1 q12 ↵02 + q22 ↵01 1 2 4⇡✏0 R4 H9$!<@'@F@6$N30F@6$!0'.$&4(.0@'!$'$&L:!O$.R$$'!.R@!<@6$(56$)[email protected]!94B0'L!4!(94&L$!4'3!4! hVind i = 30F@6$!<@<$'.1!4'3!)0.54.$3!4.!30).4'($!U*! ! m!^#1!:_!!f!oqD'",(@):"!N!q"'D,(@):Dp[!^S#$@,U-_! perman. Dipolinduzierter Dipol Vind = µ21 ↵02 3 cos2 ✓1 + 1 + µ22 ↵01 3 cos2 ✓2 + 1 1 2 · 4⇡✏0 R6 hVind i = ! µ21 ↵02 + µ22 ↵01 1 4⇡✏0 R6 "a Die totale Induktionsenergie besitzt die Form (vgl. mit Gl. (10.4.1)): Vind (R) = X V (n) n ind R2n (10.5.3) mit dem Wechselwirkungsindex n=m1+m2+1 für die WW zwischen den induzierten Multipolmomenten mit Ordnungen 2m1 und 2m2. Bsp.: • Ladung-induzierter Dipol (“Langevin-Wechselwirkung”): m1=0, m2=1 n=2 Vind(R) = Vind(2)/R4 • Permanenter Dipol-induzierter Dipol: m1=1, m2=1 n=3 Vind(R) = Vind(3)/R6 • Induzierter Dipol-induzierter Dipol (Dispersion): m1=1, m2=1 n=3 Vind(R) = Vind(3’)/R6 Dispersionwechselwirkungen (London-WW): Die ständige Bewegung der Elektronen und Kerne in einem Molekül verursacht Fluktuationen in der molekularen Ladungsverteilung und damit das Auftreten von transienten Multipolmomenten, die Multipolmomente in anderen Molekülen induzieren können. Die entsprechende Wechselwirkung ist immer stabilisierend und tritt zwischen allen Typen von Molekülen (und Atomen) auf. Die wichtigste Form der Dispersions-WW beruht auf der gegenseitigen Induktion von Dipolmomenten (London-Formel): Vdisp = 3 IE1 IE2 0 0 1 ↵1 ↵2 6 2 IE1 + IE2 R (10.5.4) mit den Ionisationsenergien IE1 und IE2 der beteiligten Moleküle. Dispersion wird auch als van-der-Waals (vdW)-Wechselwirkung bezeichnet. Die Verwendung dieses Begriffs ist jedoch nicht einheitlich, manchmal ist damit auch die Summe aller langreichweitigen WW gemeint. 10.6 Das Lennard-Jones-Potential Die in der Praxis wichtigsten zwischenmolekularen Wechselwirkungen (thermisch gemittelte Dipol-Dipol-WW, Dipol-induzierter Dipol-WW, Dispersions-WW) skalieren alle mit R-6 ! Diese WW werden daher in der Praxis oft in einem effektiven Potential der Form A V (R) = 12 R B R6 zusammengefasst (Lennard-Jones-Potential). (10.6.1) Häufig findet man auch die alternative Formulierung: Kollisionsabstand=Nulldurchgang des Potentials "✓ ◆ 12 V (R) = 4✏ R Tiefe des Potentials ✓ ◆6 # R 1/R12 (10.6.2) Die Tiefe des Potentials ε entspricht dabei der Bindungsenergie der beiden Moleküle. Durch Vergleich von Gl. (10.6.1) und (10.6.2) erhält man: (10.6.3) A = 4✏ 12 , B = 4✏ 6 Der attraktive Term ist dadurch motiviert, dass thermisch gemittelte Dipol-WW, induzierte Dipol-WW und Disper-ε 6 sions-WW alle mit 1/R variieren. σ R Req -1/R6 Der repulsive Term ist ein Versuch, das exponentielle Abklingen der Elektronenwellenfunktionen mit dem Abstand zu modellieren. Er wird manchmal durch eine Funktion der Form exp(-c.R) ersetzt. Einige Faustregeln: • Die Potentialtiefe ε skaliert mit der Polarität der Moleküle (permanente elektrostatische WW ∝ R-6). • Für nicht-polare Moleküle skaliert ε mit ihrer Grösse (Polarisierbarkeit → Dispersions-WW). 10.7 Einfang-Reaktionen: klassische Langevin-Theorie Existieren keine Barrieren entlang dem Reaktionspfad auf der Potentialfläche, so ist die Zentrifugalbarriere der limitierende Faktor. Die Reaktion kann nur stattfinden, wenn die Kollisionsenergie Ec grösser als die Höhe der Barriere ist. Effective potential VeffL(R) Einfang-Prozesse sind chemische Reaktionen, die durch langreichweitige Wechselwirkungen dominiert sind. Jeder erfolgreiche Stoss führt zur Reaktion: die Reaktion findet mit 100%iger Wahrscheinlichkeit statt, sobald die Reaktionspartner sich nahe genug gekommen sind. Zentrifugalbarriere Kollisionsenergie VeffL(R (Rmax max)) ECK 0 Rmax Internuclear distance R Figure 1.2: A schematic of Vund R fordie an inter-particle potential V that Gemäss Gl. (9.2.9) hängt das effektive Potential Vplot damit Höhe der ef f against L(R) ≠s scales asymptotically with R where s > 2. The maximum in the potential is known Zentrifugalbarriere vom Kollisionsdrehimpuls ab: and occurs at Rmax with a height of Vef f (Rmax). Also as the "centrifugal barrier", indicated is the asymptotic kinetic energy E of an incoming system. A criterion for K 1 L2 access to short-range is that EK |R=R Ø 0, or equivalently, EK Ø Vef f (Rmax ). VL (R) = + V (R) (10.7.1) 2 µR2 Der Kollisionsdrehimpuls hängt viawith Gl. (9.2.7) mit dem Stossparamter zusammen: C DET b2 -~ ET ≠ V (Rmax ) ≠ 2 = 0. (1.10) |L| = L = µv b (10.7.2) max Rmax b=bmax Für eine gegebene Kollisionsenergie gibt es also einen maximalen Kollisionsdrehimpuls Lmax und damit assoziierten maximalen Stossparamter bmax, für den gilt: VL (bmax ) = Ec (10.7.3) Der totale Stossquerschnitt (=Reaktionsquerschnitt) berechnet sich dann via: 2 = ⇡bmax (10.7.4) und die entsprechende Geschwindigkeitskonstante gemäss (s. Gl. (9.1.6)) mit v (Ec ) = p k = v (Ec ) (10.7.5) 2Ec /µ der Relativgeschwindigkeit bei der Kollisiensenergie Ec. Viele Ionen-Molekül-Reaktionen sind Einfangprozesse, die diesem Schema gehorchen. Ist das langreichweitige Potential V(R) durch die Ladung-induzierter Dipol-(“Langevin”-) Wechselwirkung dominiert (s. Abschn. 10.5) 1 ↵0 e 2 1 V (R) = (10.7.6) 4 2 4⇡"0 R so erhält man aus den Bedingungen Gl. (10.7.3)-(10.7.5) den LangevinReaktionsquerschnitt und -Geschwindigkeitskonstante (s. Übung 9): (10.7.7) (10.7.8) Beachte: Die Langevin-Geschwindigkeitskonstante ist unabhängig von der Kollisionsenergie und damit von der Temperatur !