STÄFNER PREDIGTEN

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STÄFNER PREDIGTEN
Pfarrerin Diana Trinkner
Gottesdienst zum Erntedank am 11. September 2016
„Lernt von den Lilien auf dem Feld, wie sie wachsen“
Matthäus 6,28
GRUSS
1,11 Und Gott sprach:
Die Erde lasse junges Grün sprossen: Kraut, das Samen trägt, und
Fruchtbäume, die Früchte tragen auf der Erde nach ihrer Art, in denen ihr
Same ist. Und so geschah es.
12 (…) Und Gott sah, dass es gut war.
13 Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein dritter Tag.
Genesis 1,11-13
LESUNG
104,10 Quellen schickt Gott in die Täler,
zwischen den Bergen fliessen sie dahin.
11 Sie tränken alle Tiere des Feldes,
Wildesel stillen ihren Durst.
12 An ihren Ufern wohnen die Vögel des Himmels,
aus dem Gezweig erschallt ihre Stimme.
13 Von seinen Gemächern aus tränkt er die Berge,
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von der Frucht deiner Werke wird die Erde satt.
14 Gras lässt er sprossen für das Vieh
und Kraut dem Menschen zunutze,
damit er Brot hervorbringe aus der Erde
15 und Wein, der des Menschen Herz erfreut,
damit er das Angesicht erglänzen lasse von Öl
und Brot das Herz des Menschen stärke. (…)
23 Der Mensch geht hinaus an sein Werk,
an seine Arbeit bis zum Abend.
24 Wie zahlreich sind deine Werke, HERR.
Du hast sie alle in Weisheit gemacht,
die Erde ist voll von deinen Geschöpfen. (…)
27 Sie alle warten auf dich,
dass du ihnen Speise gibst zur rechten Zeit.
28 Gibst du ihnen, so sammeln sie ein,
tust du deine Hand auf, so werden sie satt von Gutem.
29 Verbirgst du dein Angesicht, erschrecken sie,
nimmst du ihren Atem weg, kommen sie um
und werden wieder zu Staub.
30 Sendest du deinen Atem aus, werden sie erschaffen,
und du erneuerst das Angesicht der Erde.
31 Ewig währe die Herrlichkeit des HERRN,
der HERR freue sich seiner Werke.
32 Er blickt die Erde an, und sie erbebt,
er rührt die Berge an, und sie rauchen.
33 Ich will dem HERRN singen mein Leben lang,
will meinem Gott spielen, solange ich bin.
34 Möge mein Dichten ihm gefallen,
ich freue mich des HERRN.
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35 Mögen die Sünder verschwinden von der Erde
und die Frevler nicht mehr sein.
Lobe den HERRN, meine Seele.
Hallelujah.
Psalm 104
PREDIGT
„Lernt von den Lilien auf dem Feld, wie sie wachsen“
Matthäus 6,28
Liebe Gemeinde,
Jesus, unser Herr und Meister spricht das: „Lernt von den Lilien im Feld,
wie sie wachsen.“ Also muss es doch stimmen. Und wenn sie alles
vergessen sollten, was ich hier heute zu ihnen rede, vergessen sie dieses
eine nicht, was Jesus sagte: „Lernt von den Lilien im Feld.“ Und geht (und
damit
mein
ich
mich
selber
eingeschlossen)
nächstes
Mal
nicht
schnurstracks heim oder hastig zum Tagewerk oder in sorgenvollen
Gedanken blind an ihr vorüber – der Lilie im Feld, – sonst lernen wir ja
nichts von ihr. Von der wir ja lernen sollen.
„Wenn ich die Ameisen verstehe, die unter meinem Stuhl durchkriechen,
dann habe ich die ganze Welt verstanden.“ Das hat einst der Philosoph
Jean-François Lyotard gesagt. Und fügte an, dass es einer Reduktion
bedürfe, um zu versuchen, das Unfassbare «denkbar» zu machen: Die
Schöpfung im Bild einer Ameise. Oder einer Katze. Die Hoffnung der
Menschheit im Bild eines Kusses. Nicht mehr und nicht weniger.
„Wenn ich die Ameisen verstehe, die unter meinem Stuhl durchkriechen“ –
wissen sie, ich habe eine recht bildliche Vorstellungkraft. Ich stell mir den
Lyotard dann so vor, wie er da auf der Veranda zur Strasse hin sitzt auf
einem alten Drahtstuhl mit einem Panamahut auf dem Kopf in der Sonne,
den Duft einer unlängst gerauchten Zigarre in den Kleidern, das Gesicht
braun vor lauter nichtstätigem (, wenn auch nicht nichtsdenkenden)
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Rumgesitze auf einem Stuhl, unter dem Ameisen durchkriechen. Ameisen.
Wenigstens arbeiten die!
Ich frage mich, ob der Französische Philosoph, der ja sicher mit seinem
sprachgewandten Charme eine schöne gute Frau rumgekriegt hatte ihn zu
heiraten, und ihm Kinder aufgezogen hat, ja, ich frage mich, wovon diese
potentiellen Kinder denn satt geworden sind, und ob die arme Frau das
täglich Brot fast alleine verdienen musste und den Haushalt obendrein
besorgen, wenn er da nur so rumgesessen ist und von Ameisen lernen
wollte, die unter seinem faulen Stuhl hindurchgekrochen sind!
„Von der Frucht deiner Werke wird die Erde satt.“ Heisst es im Psalm
104. Ja, diese wunderbare Fülle, dies unerdenkliche Wunder Schöpfung
nährt uns, wir werden satt. Doch wissen wir alle, und es steht ein paar
Zeilen weiter: „Der Mensch geht hinaus an sein Werk, an seine Arbeit bis
zum Abend.“ Um zu ernten, muss zuerst urbar gemacht werden, gepflügt,
gesät, geeggt, gedüngt, gespritzt, gejätet.
Und dann kommt einer daher und spricht:
 Schaut auf die Vögel des Himmels: Sie säen nicht, sie ernten nicht,
sie sammeln nicht in Scheunen.
 Lernt von den Lilien auf dem Feld, wie sie wachsen: Sie arbeiten
nicht und spinnen nicht.
Einer kommt daher, nicht irgendeiner: S’ist Jesus Christus, Sohn Gottes.
Ich mag mich erinnern an Zeiten des Lernens. Ja, und des Staunens! Es
waren Schulzeiten. Da hat manchmal der Heimweg Stunden gedauert,
weil die Blumen am Wegrand, oder die Holzäpfel an der Wassbergstrasse
der genausten Musterung und Untersuchung bedurften. Oder der
Geschmack auf der Zunge, leicht bitter und sauer, wenn man die roten
runden kleinen Blättlein der Hecke von dem Mann mit der Narbe am Hals
und der gurgelnden Stimme kaute. Oder das Staunen über die Raben über
den Baumwipfeln des vielverästelten Silberahorns.
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Lernen, Staunen, Freude empfinden und grosse Dankbarkeit am
schlichten Dasein in einer ganz und gar nicht schlichten Schöpfung.
Aber jetzt? Der Schulweg und das Lernen sind für die Kinder. Der
hektischen Schrittes begangene Weg des Erwachsenen sieht das Wunder
am Wegrand nicht. Er sieht das Überleben, und was es dazu braucht. Er
sieht die Arbeit im Feld, nicht die Lilie. Und Sorgen umnebeln den Blick
für das Wesentliche.
Ich lese den Predigttext:
6,25 Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen
werdet, noch um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben
mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? 26 Schaut auf
die Vögel des Himmels: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht
in Scheunen - euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht mehr wert
als sie? 27 Wer von euch vermag durch Sorgen seiner Lebenszeit auch nur
eine Elle hinzuzufügen?
28 Und was sorgt ihr euch um die Kleidung? Lernt von den Lilien auf dem
Feld, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht, 29 ich sage
euch aber: Selbst Salomo in all seiner Pracht war nicht gekleidet wie eine
von ihnen. 30 Wenn Gott aber das Gras des Feldes, das heute steht und
morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wie viel mehr dann euch, ihr
Kleingläubigen!
31 Sorgt euch also nicht und sagt nicht: Was werden wir essen? Oder: Was
werden wir trinken? Oder: Was werden wir anziehen? 32 Denn um all das
kümmern sich die Heiden. Euer himmlischer Vater weiss nämlich, dass ihr
das alles braucht. 33 Trachtet vielmehr zuerst nach seinem Reich und
seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles dazugegeben werden.
34 Sorgt euch also nicht um den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird
für sich selber sorgen. Jeder Tag hat genug an seiner eigenen Last.
Matthäus 6,25-34
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Liebe Gemeinde
Das tägliche Brot, die Kleidung: Unser Himmlischer Vater weiss, dass wir
das alles brauchen. Aber es gedeiht nicht von den Sorgen und der Hetzerei!
Das belastet bloss und kann nichts dazugeben an Lebenszeit. Im
Gegenteil, macht es krank und trüb.
Sorgt euch also nicht und sagt nicht: Was werden wir essen? Oder: Was
werden wir trinken? Oder: Was werden wir anziehen? Euer himmlischer
Vater weiss nämlich, dass ihr das alles braucht. Trachtet vielmehr zuerst
nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles
dazugegeben werden.
Wissen sie, ich habe sehr grosse Hochachtung vor den Bauern. Denn
wissen sie, wenn ich auch von Dienstag bis Sonntag arbeite, so hab ich
doch noch den Pfarrsonntag. Das ist der Montag, wo ich total schlapp sein
darf und ausschlafen von all der Müh und mal nicht soviel tun darf. Oder
ich kann ein paar wenige Wochen im Jahr Ferien machen. Aber ein Bauer,
der ist ja immer dran: Die Kühe melken sich nicht von allein, da kann man
nicht ein einziges Mal ausschlafen, sonst wären die arm dran, die Viecher
und der Bauer. Auf den melkunfreien Sonntag folgt der ebenfalls
melkunfreie Montag. Den Feldern und den Reben muss man ständig
schauen, und mit Ferien ist da ja wohl auch nicht viel her. – Wer nicht sät,
der erntet ja nicht.
Aber ich habe von euch gelernt:
Ein Bauer von hier hat gesagt: „du musst, bei all den täglichen Pflichten,
etwas haben, woran du so richtig Freude hast: sei‘s das Vieh, sei‘s der
Wald, das Feld oder seien es die Obstbäume. Du musst dich freuen können
an der Schöpfung. Du musst dich freuen können, am Morgen aufzustehen
und in Gottes reichen Garten zu treten. Dann ist es kein Muss.
Und ein anderer, der ist, wenn’s nur irgendwie geht, wacker auch im Alter
jeden Tag in den Reben. Und ich bin mir sicher, er sieht die Lilie im Feld
dabei an, staunt, und übersieht sie ja nicht. In Gottes wunderbarem
Garten, da fühlt er sich verbunden mit IHM und der Schöpfung. Da staunt
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er jeden Tag über die Pracht der Natur, und wie alles so wohl geordnet ist.
Und überlegt, wie wir mit diesem Geschenk zuweilen schändlich umgehen.
„Lernt von den Lilien auf dem Feld, wie sie wachsen.“ Oder von mir aus
von den Ameisen, die unterm Stuhl durchkriechen. Und dann: Staunen,
Freude, Dankbarkeit. „Von der Frucht deiner Werke wird die Erde satt.“
Amen
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