Wärmetransformation Zusammenfassung

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Wärmetransformation
D. Hebecker
Zusammenfassung
Die Aufwertung von Abwärme durch Wärmetransformation kann sowohl mit Hilfe
von Arbeit oder Antriebswärme als auch durch Nutzung eines Teils der Abwärme
selbst erfolgen. Zu diesem Zwecke steht eine Vielzahl von industriell erprobten
Kreisprozessen zur Verfügung. Mechanisch angetriebene Wärmetransformationsprozesse sind auf Grund des Wirkungsgrades der Elektroenergieerzeugung der Wärmeversorgung durch Wärme-Kraft-Kopplung und durch wärmeangetriebene Transformationsprozesse, meist bereits thermodynamisch unterlegen. Das gilt besonders für
den Fall, daß durch den Wärmepumpeneinsatz zusätzlich thermodynamische Verluste bei der Wärmeversorgung vermieden werden können. Trotz dieser prinzipiellen
Aspekte ist die Auswahl eines geeigneten Transformationsprozesses maßgeblich von
den Betriebsbedingungen der abwärmeerzeugenden Anlage und von der Wärmeverund -entsorgungssituation im Umfeld der Anlage abhängig. Besonders günstige Einsatzbedingungen liegen dann vor, wenn neben der Abwärmenutzung weitere technologische oder umwelttechnische Zielstellungen erfüllt werden können. Wie untersuchte industrielle Beispiele zeigen, ergeben sich auch bei den gegenwärtigen Energiepreisen unter günstigen technologischen Randbedingungen selbst aus ausschließlich energetischen Gründen ökonomisch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für Wärmetransformationsprozesse, d.h. Rückflußdauern von 1-5 Jahren.
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D.Hebecker
Einführung
Die Erde steht in einem Energiestrom, der von der Sonne ausgeht und in das Universum gerichtet ist. Dieser Energiestrom ist mit einer starken Absenkung des Temperaturniveaus der Energie verbunden, von etwa 6000 K, der Oberflächentemperatur der
Sonne, auf etwa 2,7 K, der Temperatur des Universums. Dieser Energiestrom bildet
die wesentliche Lebensgrundlage auf der Erde. Der Energiestrom von der Sonne zu
der Erdatmosphäre beträgt etwa das 20000-fache des gegenwärtigen Energieverbrauchs der menschlichen Gesellschaft[l].
Bild 1: Hauptstromrichtung der Energie
Dementsprechend ist die Entropieproduktion durch den Menschen, gemessen an der
Entropieproduktion durch Abwertung der Energie von der Oberflächentemperatur
der Sonne auf die Umgebungstemperatur der Erde, fast vernachlässigbar, Bild 1. Die
Entropieproduktion, die bei der Energieabgabe von der Erde an das Universum auftritt, ist um ein Vielfaches größer. Prozesse, die die ausschließliche Abwertung der
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Energie von einer hohen Temperatur auf eine niedrigere Temperatur zum Gegenstand haben, können als einfache Energieumwandlungen bezeichnet werden. Andererseits gibt es eine Vielzahl von Prozessen, die dieser Hauptströmungsrichtung der
Energie, natürlich nur partiell, entgegen gerichtet sind. Solche Prozesse, bei denen
ein Teilstrom der Energie auf ein höheres Temperaturniveau gehoben wird, werden
Energietransformationsprozesse genannt [2] und meist mit Hilfe von Kreisprozessen
[3] realisiert.
Grundlagen der Energietransformation
Energietransformation liegt also vor, wenn das Temperaturniveau einer Wärme erhöht wird oder allgemein, wenn durch den Abbau eines Potentials ein anderes Potential aufgebaut wird, z.B. Druck, Konzentration oder Temperatur [4]. Entsprechend dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ist das natürlich nur dann möglich, wenn eine äquivalente Wärme auf ein niedrigeres Temperaturniveau abgesenkt
wird. Es sind also für die Wärmetransformation mindestens drei Temperaturniveaus
erforderlich, währenddem die einfache Energiewandlung mit zwei Temperaturniveaus auskommt.
Wird Wärme vom unteren auf das mittlere Temperaturniveau angehoben, so ist der
Prozeß durch die Absenkung von Wärme vom oberen auf das mittlere Temperaturniveau anzutreiben, Bild 2. Eine solche nahereversible Vereinigung von Hochtemperatur- und Niedertemperaturwärme bezeichnen wir als Synproportionierung. Wird
umgekehrt Mitteltemperaturwärme auf ein höheres Temperaturniveau gehoben, ist
eine äquivalente Wärme vom mittleren auf das untere Temperaturniveau zu transformieren. Die Aufspaltung einer Wärmequalität in zwei verschiedene Qualitäten
wird Wärmedisproportionierung genannt. Interpretiert man Arbeit als Wärme unendlich hoher Temperatur, so läßt sie sich leicht in diese Betrachtungsweise einbeziehen. Auf der linken und rechten Seite von Bild 2 sind Beispiele für Synproportionierungsprozesse, die Kompressionswärmepumpe und die Absorptionswärmepumpe,
und für die Disproportionierung, der Clausius-Rankine-Prozeß und der Absorptionswärmetransformator, dargestellt.
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Die Gesamtheit der bekannten Kreisprozesse läßt sich also in Synproportionierungsund Disproportionierungsprozesse unterteilen und im Energie-Anergie-Diagramm,
d.h. im Q(AH),TuAS-Diagramm darstellen, Bild 3. Jeder Kreisprozeß ist durch die
mindestens drei Wärme- oder Arbeitswechselwirkungen mit der Umgebung gekennzeichnet. Arbeit ist entropiefrei und liegt deshalb auf der Ordinate. Die Umgebungsgerade hat einen Anstieg von eins. Höhere Temperaturen liegen oberhalb, niedere
Temperaturen unterhalb der Umgebungsisothermen. Durch Projektion der energetischen Wechselwirkungen des Kreisprozesses auf die Ordinate ergibt sich die Energiebilanz, durch Projektion der entsprechenden Entropieänderungen auf die Abszisse
die Entropiebilanz. Dabei kann die Entropieproduktion, wie an einigen Beispielen
demonstriert, als Exergieverlust dargestellt werden. Dieser Exergieverlust fuhrt zu
der Notwendigkeit einer höheren Temperatur der Antriebswärme eines Dampfkraftprozesses, der Absenkung der Nutztemperatur einer Wärmepumpe oder der Anhebung des Temperaturniveaus des Wärmeentzuges einer Kälteanlage, im Vergleich zu
reversiblen Kreisprozessen.
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Bild 3: Enthalpie-Entropie-Diagramm für Kreisprozesse
1 - Dampfkraftprozeß bzw. Kompressionswärmepumpe, 2 - Wärme-Kraft-Kopplung bzw.
Brüdenverdichtung, 3 - Sorptionswärmetransformator bzw. Sorptionswärmepumpe, 4 Sorptionswärme-Kälte-Kopplung, 5 - Sorptionskälteanlage, 6 - Konipressionskälteanlage
Bei Überschreitung der Grenzen dieses Quadranten ergeben sich weitere interessante
Aspekte, auf die jedoch an dieser Stelle nicht eingegangen werden soll.
Energietransformation bei der Energieversorgung
Welche Rolle spielt nun die Energietransformation bei der Energieversorgung und
schließlich auch bei der Entsorgung der Abwärme? Die Energieversorgung ist auf die
Bereitstellung der drei wesentlichsten Nutzenergieformen Arbeit, Wärme und Kälte
ausgerichtet. Sowohl die Arbeit als auch die Kälte sind praktisch fast ausschließlich
durch Energietransformation zu gewinnen. Die Arbeit - weil sie ein höheres Temperaturniveau besitzt als die Sonnenenergie, die Kälte - weil sie einen Wärmeentzug
unterhalb der Umgebungstemperatur darstellt. So ist Arbeit im allgemeinen nur
durch Disproportionierung zu erzeugen und Kälte im allgemeinen nur durch Synproportionierung. Im Unterschied dazu kann die Wärmebereitstellung, je nach dem wel-
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ches Temperaturniveau benötigt wird und auf welchem Temperaturniveau Antriebswärme zur Verfügung steht, durch Synproportionierung oder durch Disproportionierung erfolgen. Bezüglich des Einsatzes von Wärmetransformationsprozessen sind
drei Anwendungssituationen zu unterscheiden:
•
Vorschaltprozesse zur effektiven Energieversorgung von technologischen Prozessen mit Niedertemperaturwärme auf der Basis fossiler Brennstoffe,
•
Prozeßintegrierte Wärmetransformation zur rationellen Kopplung von Temperaturniveaus innerhalb technologischer Prozesse,
•
Nachschaltprozesse zur effektiven Nutzung von Abwärme.
!
Natürlich ist es vorteilhaft, Hochtemperaturenergieträger wie fossile Brennstoffe auf
einem möglichst hohen Temperaturniveau zu nutzen und das Temperaturniveau für
weitere technologische Anwendungen nach und nach abzusenken bis schließlich Abwärme in der Nähe der Umgebungstem
zung wird als Energiekaskade bezeichnet. Häufig wird die Energiekaskade jedoch
praktisch nicht realisiert, weil im Einzugsgebiet des Prozesses keine weiteren Energieverbraucher auf den entsprechenden Temperaturniveaus vorhanden sind. Extremes aber typisches Beispiel dafür ist der Heizkessel für die kommunale Wärmeversorgung. Die irreversible Abwertung des Temperaturniveaus einer Wärme erscheint
vielen besonders deutlich und schmerzlich, wenn sie am Ende einer Nutzungskette
auftritt Dann erscheint diese Energie als Abwärme oder als Abfallenergie. Die Abwärmenutzung ist also ein partielles Problem der rationellen Energieverwendung und
ist eigentlich in dem großen Rahmen der effektiven Energienutzung insgesamt zu sehen. Für die Abwärmenutzung gilt allgemein der Grundsatz, daß Regeneration günstiger ist als Transformation. Das heißt, daß es meist effektiver ist, Abwärme für eine
regenerative Vorwärmung zu verwenden, also eine Energiekaskade zu realisieren, als
durch einen zusätzlichen Transformationsprozeß, also durch zusätzliche apparative
Aufwendungen und Exergieverluste einen Energieträger auf höherem Temperaturniveau zu erzeugen. Da aber die regenerativen Maßnahmen meist bereits ausgeschöpft
sind, ist die Transformation häufig die einzige Alternative zur Hinnahme der Energieoder präziser der Exergieverluste.
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Abwärmenutzung durch Wärmetransformation
Grundsätzlich bietet sich für die Abwärmenutzung die gesamte Palette von Kreisprozessen an [5]:
•
mechanische Kreisprozesse, die ausschließlich im Gasphasengebiet arbeiten,
•
mechanisch-thermische Kreisprozesse, bei denen die Verdichtung im wesentlichen durch Kondensation oder Absorption erfolgt,
•
thermische Kreisprozesse, für die Wärmewechselwirkungen auf allen drei Temperaturniveaus charakteristisch sind,
•
chemisch-thermische Kreisprozesse, bei denen eine chemische Hin- und Rückreaktion mit deutlichem energetischen Effekt auf unterschiedlichen Druckniveaus
ausgeführt wird,
•
thermochemische Kreisprozesse, die grundsätzlich auch isobar ablaufen können,
also ausschließlich durch chemische Reaktionen eine Energietransformation
bewirken.
Welcher dieser Kreisprozesse nun für eine spezielle Nutzung in Frage kommt, hängt
sehr stark von den energetischen Randbedingungen ab. Unter anderem geht es dabei
um die Frage, welche weiteren Energieträger zur Verfügung stehen, welche Wärmebedürfnisse oder Kältebedürfnisse in der Technologie vorliegen, welche technologischen Randbedingungen es gibt, welche betrieblichen und ökonomischen Besonderheiten zu beachten sind, die z.B. auf die Benutzungsdauer maßgeblichen Einfluß haben.
Für die Abwärmenutzung nach energieintensiven technologischen Prozessen sind
grundsätzlich sowohl die Disproportionierung als auch die Synproportionierung von
Wärme geeignet. Die Wärmedisproportionierung bietet dabei den Vorteil, daß außer
der Abwärme fast keine weitere Energiequelle insbesondere keine Antriebsenergie
benötigt wird und, speziell wenn der Produktstrom ohnehin gekühlt werden muß,
sich der Kühlaufwand deutlich verringert.
Die Abwärmenutzung durch Synproportionierung ist besonders dann vorteilhaft,
Bild 4, wenn der Wärmebedarf größer ist als der nutzbare Abwärmeanfall und wenn
eine hochwertige Energie wie Elektroenergie für den Antrieb einer Kompressionswärmepumpe, oder Dampf bzw. Hochtemperaturabwärme für den Antrieb einer Ab-
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Sorptionswärmepumpe oder einer Dampfstrahlwärmepumpe zur Verfügung steht.
Besonders günstige Einsatzbedingungen ergeben sich bei der gleichzeitigen Nutzung
von Abwärme unterschiedlicher Qualitäten, bei der Vermeidung von Exergieverlusten durch Nutzung des Überschußpotentials des Heizdampfes, bei der Kopplung der
Abwärmenutzung mit der Kälteerzeugung und der Wärme-Kälte-Kopplung auf der
Basis von Abwärme. Unter Umständen ist dafür ein zweistufiger Sorptionskreisprozeß notwendig.
Bei der Abwärmenutzung durch Wärmedisproportionierung, Bild 5, wird ein Teil der
Abwärme unmittelbar zur Erhöhung des Temperaturniveaus verwendet, beispielsweise in einem Absorptionswärmetransformator. Im günstigsten Fall wird Abwärme
in zwei Nutzwärmen unterschiedlichen Temperaturniveaus disproportioniert. Besteht
kein Bedarf an Heizwärme oder wird das benötigte Temperaturniveau auf Grund der
Restriktionen des Transformationsprozesses nicht erreicht, so besteht die Möglichkeit, aus der Abwärme Arbeit zu erzeugen. Speziell zu diesem Zweck wurden vor
Jahren Organic-Rankine-Cycles entwickelt. Infolge der ozonschädigenden Wirkung
der als Arbeitsmittel verwendeten FCKW, scheint nun die Anwendung einer Sorptionskraftanlage vorteilhafter zu sein, die mit dem Arbeitsstoffsystem AmmoniakWasser ebenfalls in einem günstigen Druckbereich arbeiten kann. Als Strahlprozeß
für die Disproportionierung kann die Wirbelkammer genannt werden. Diese hat jedoch eine so geringe energetische Effektivität, daß sie für die Abwärmenutzung gegenwärtig nicht in Frage kommt. Obwohl die Auswahl bzw. der Einsatz von Wärmetransformationsprozessen zur Abwärmenutzung von einer Vielzahl von Faktoren
abhängt, die sich aus der konkreten Anwendungssituation ergibt, soll im weiteren auf
einige spezielle Probleme und Anwendungsbedingungen für die drei wichtigsten
Gruppen von Transformationsprozessen eingegangen werden.
Mechanische Kreisprozesse
Zu den mechanischen Kreisprozessen zählt die wohl bekannteste und technisch am
weitesten entwickelte Kompressionswärmepumpe [6]. Die erste Wärmepumpe dieser
Art wurde bereits im Jahre 1927 in einem Bürogebäude der Edison Company in Kalifornien installiert [7]. Wegen des relativ geringen Wirkungsgrades der Elektroener-
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gieerzeugung und der inneren und äußeren Verluste des Kreisprozesses, sind die
Einsatzbedingungen für Kompressionswärmepumpen, speziell im Sinne der Verringerung der Kohlendioxidemission, nicht besonders günstig. Bekanntlich muß die
Kompressionswärmepumpe eine Leistungsziffer von 2,5 bis 3 erreichen, Bild 6, um
den gleichen Leistungsgrad wie ein Heizkessel zu besitzen, anderenfalls wird durch
den Wärmepumpeneinsatz der Kohlendioxidausstoß nicht nur nicht gesenkt sondern
erhöht.
Unter industriellen Bedingungen aber auch beim Vergleich mit Blockheizkraftwerken
oder bei der Fernwärmeversorgung, d.h. bei der Wärmeversorgung auf Basis der
Wärme-Kraft-Kopplung, sind die Bedingungen für den Einsatz von Kompressionswärmepumpen wesentlich härter, Bild 7.
So muß eine Kompressionswärmepumpe, die mit der Wärmeversorgung durch Niederdruckdampfauskopplung aus dem Dampfkraftprozeß eines Industriekraftwerkes
konkurrieren will, eine Leistungsziffer von 6,5 (und bei GuD-Anlagen noch deutlich
mehr) erreichen. Bei der Wärmeauskopplung aus Blockheizkraftanlagen kann die
Wärmeauskopplung bei noch niedrigerer Temperatur erfolgen, dementsprechend
führt eine Kompressionswärmepumpe erst bei noch höheren Wärmeverhältnissen zu
einer Verringerung der Kohlendioxidemission. Diese hohen Wärmeverhältnisse sind
naturgesetzlich nur bei relativ geringen Temperaturdifferenzen zwischen der Abwärmequelle und dem Nutzwärmeverbraucher zu realisieren. Etwas günstiger ist die Situation bei der Anwendung von offenen Kreisprozessen, z.B. bei der Nutzung von
Brüdenverdichtern. In diesem Fall wird sowohl ein Apparat, der Verdampfer, als
auch die für die Verdampferbeheizung notwendige Temperaturdifferenz eingespart.
Damit können Brüdenverdichter auch unter industriellen Bedingungen für die Überwindung von Temperaturdifferenzen von 10 bis 30 K effektiv eingesetzt werden [8],
Als Einsatzgebiete stehen damit beispielsweise Eindampfanlagen, Vakuumtrockner
und Destillationsanlagen mit geringen Siedepunktunterschieden der Kopf- und der
Sumpffraktion zur Verfügung.
Bei Abwärmekraftwerken wird naturgemäß auf Grund der meist geringen Temperatur und damit auch geringen Arbeitsfähigkeit der Abwärme nur ein relativ niedriger
thermischer Wirkungsgrad erreicht. Je nach Temperatur der Abwärme liegt er zwischen 10 und 20%. Ein geradezu klassisches Beispiel für ein Abwärmekraftwerk ist
die Ammoniaksynthese, Bild 8. Die bei der Umsetzung von Wasserstoff und Stick-
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Ammoniak - Synthese
mit Abwärmekraftwerk
Bild 8: Schema der Ammoniaksynthese mit Abwärmekraftwerk
1 - Pumpe, 2 - Dampferzeuger, 3 - Turbine, 4 - Kondensator, 5 - Verdichter, 6 - Wärmeübertrager, 7 - Kühler, 8 - Abscheider, 9 - Reaktor, 10 - Wärmeübertrager, 11 - Kühler, 12
- Abscheider
Bild 9: Bewertungsgrößen für den Dampfstrahler im Vergleich zur Drosselung, exergetischer
Wirkungsgrad und Wärmeverhältnis
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Stoff zu Ammoniak bei über 400 °C freiwerdende Reaktionswärme wird zur Hochdruckdampf- und schließlich zur Elektroenergieerzeugung genutzt, die für den Antrieb der Verdichter benötigt wird.
Dampfstrahlprozesse
Die
Auseinandersetzung mit der thermischen
Verdichtung
mit
Hilfe
eines
Dampfstrahlverdichters geht auf die grundlegenden Arbeiten von Zeuner und
Rankine gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts zurück [9]. Auf der Basis der
Berechnungsmethoden von Bosnjakovic, Weydanz und Wiegand erfolgte in diesem
Jahrhundert die Bemessung und die breite Anwendung von Dampfstrahlern in der
Vakuumtechnik, in der Kraftwerks- und Kältetechnik und in der letzten Zeit auch in
der Abwärmenutzung [10,11,12].
Den Vorteilen wie Wartungsfreiheit, Robustheit und geringe Investitionskosten, wegen der Einfachheit der Konstruktion und der geringen Abmessungen, stehen die
wesentlichen Nachteile niedriger Wirkungsgrad und ungünstiges Teillastverhalten
gegenüber. Damit empfiehlt sich der Dampfstrahler speziell für den kurzfristigen
Einsatz, für den Saisonbetrieb und für diskontinuierliche Prozesse [13]. Definiert
man den exergetischen Wirkungsgrad als das Verhältnis der Exergiezunahme des
Saugdampfes zur Exergieabnahme des Treibdampfes, so erreicht der Wirkungsgrad
Werte von maximal 15 bis 30% je nach Treibdampf- und Saugdampfzustand bei einem Transformationseffekt von ca. 20 K, Bild 9. Unter diesen Umständen beträgt
das Wärmeverhältnis etwa 1,5 bis 1,7 und ist damit durchaus mit der Absorptionswärmepumpe vergleichbar, wenn auch bei deutlich stärkerer Abwertung der Antriebsenergie, Bild 10.
Sorptionskreisprozesse
Die Entwicklung kontinuierlicher Sorptionskreisprozesse beginnt mit Windhausen
und Carre 1860-70 mit den Arbeitsstoffpaaren H 2 0-H 2 SO 4 und NH 3 -H 2 0 [14].
Altenkirch, Nesselmann und Niebergall, Merkel und Bosnjakovic haben in diesem
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75
Jahrhundert wesentlich zur Weiterentwicklung beigetragen [15,16,17]. In neuerer
Zeit ist die Untersuchung von Sorptionskreisprozessen in Deutschland vor allem mit ,
den Namen Stephan, Knoche und Alefeld verbunden [18,19,20]. Ein deutlicher
Schritt in der industriellen Nutzung von Sorptionskreisprozessen wurde durch das
vom japanischen Industrieministerium in der Zeit von
1976-1981 geförderte
„Moonlight Project" erzielt. In den darauf folgenden Jahren wurden zehn Industrieanlagen im Leistungsbereich zwischen 270 und 6420 kW Nutzwärme realisiert [21].
Als Arbeitsstoffsystem kam in diesen Anlagen LiBr-H 2 0 zum Einsatz.
Das
Hauptanwendungsgebiet dieser Anlagen war die Disproportionierung der Kopfkondensatorwärme von Destillationskolonnen. Bei diesen Anwendungen wurden Rückflußdauern von 1-2 Jahren erreicht. Der Versuch der Übernahme dieser Technologie
nach Deutschland führte in den 80-er Jahren zur Installation einer Reihe von Industrieanlagen, bei deren Betrieb jedoch erhebliche Korrosionsprobleme aufgetreten
sind.
Gefördert vom Bundesministerium für Forschung und Technologie wurde eine Untersuchung zum Einsatz von Wärmetransformationsprozessen nach dem Sorptionsprinzip in Niedertemperaturprozessen der verschiedensten Industriebereichen
durchgeführt. Das betraf die Abwärmenutzung unter anderem in Brauereien, Zuckerfabriken, Molkereien, bei der
Klärschlammentsorgung und Fruchtsaftherstellung
[22]. In bereits früher durchgeführten Untersuchungen hat sich gezeigt [23], Tabelle
1, daß bei hohen Benutzungsdauern der Anlagen, also bei ganzjährigem Betrieb in
kontinuierlicher Fahrweise und hohem Belastungsgrad, ein wirtschaftlicher Einsatz
von Sorptionskreisprozessen möglich ist. Eine weitere wichtige Randbedingung ist
die Substitution von Heizdampf. Die Primärenergieeinsparung, die im Unterschied zu
Brüdenverdichtern stets eintritt, sollte also günstigerweise nicht durch Einsparung
von Brennstoffen sondern durch die sonst notwendige Erweiterung der Dampferzeugerkapazität entstehen. Aus diesen Gründen ergab sich bei den untersuchten Anwendungsbeispielen ein Schwankungsbereich der erzielbaren Rückflußdauern von ca. 1
bis 11 Jahren. Ungünstige Werte ergeben sich also bei der Ablösung von Braunkohle
in Zuckerfabriken infolge der kurzen Kampagnendauern. Neuere Untersuchungen
zur Wärmetransformation in Brauereien ergaben verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für Kreisprozesse. Natürlich erfordert die Einsatzuntersuchung für Wärmetransformationsprozesse vor allem ein detaillierte Analyse der energetischen Situa-
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tion in dem entsprechenden Betrieb gemäß dem Prinzip Regeneration geht vor
Transformation. Diese kann auf der Grundlage des Exergieflußbildes oder mit Hilfe
der Pinch-Point-Methode vorgenommen werden.
Tabelle 1: Zusammenstellung von Anwendungsbeispielen für Sorptionskreisprozesse (WT Wärmetransformator, WP - Wärmepumpenprozeß, BKB - Braunkohlenbetrieb)
Stoffsystem
Trafo-art
Wärmeverhältnis
Nutzwärme
-leistung in MW
Rückflußdauer
in a
Brüdennutzung
Kohle-Trocknung
NH3-H2O
WT zweistufig
0,175
10,0
3,18
Kochbrüdennutzung in einer
Zuckerfabrik mit
WKK
NH3-H20
WT
0,4
1,7
Einsatzfall
1,1
8
(50 Mark/t
Dampf)
(20 Mark/t
Dampf)
(BKB)
(BKB)
2,7
NaOH-H20
offener WT
0,488
2,0
9
Kochbrüdennutzung in einer
Zuckerfabrik
ohne WKK
NaOH-H20
offener WP
1,8
5.4
10,66 (BKB)
Wärme-KälteKopplung
Brauerei
CaCl2-H20
WP
1,77
Kälte 2,8
Wärme 2,5
1,9
PVC-Trocknung
NaOH-H20
offener WT
0,5
0,44
2,53
Abwärmenutzung
Alk-Destillation
NaOH-H20
WP
1,78
3,0
2,25
Abwärmenutzung
o-X-Destillation
NaOH-H20
WT
0,49
3,3
1,2
NaOH-H20
WT
Glyzerin-H20
WT
0.49
8,275
2,08
0,32
5,5
6,61
NaOH-H20
WT
0,49
2,85
3,95
Produktwärmenutzung
Buna
Abdampfnutzung
KW Leuna
Ein wesentliches Abwärmepotential ist der beim Würzekochprozeß entstehende
Brüden, der wieder aufgewertet zur Beheizung des Würzekochprozesses verwendet
werden kann. Bild 11.
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Bild 11: Einsatz eines Absorptionswärmetransformators und einer -Wärmepumpe in einer Brauerei
Da dieser Prozeß jedoch diskontinuierlich ist, und auf Grund des Arbeitsablaufes
etwa nur ein Drittel der Arbeitszeit beträgt, sind die Einsatzbedingungen nicht besonders günstig. Für die untersuchte Brauerei ergab sich für den Absorptionswärmetransformator bei heutigen Energiepreisen eine Rückflußdauer von 5 Jahren. Auf
Grund des Wärmeverhältnisses von Sorptionswärmetransformatoren von ca. 0,5
ergibt sich also stets eine Primärenergieeinsparung von 50%. Um die gleiche Minderung der Kohlendioxidemission zu erzielen, müßte ein Brüdenverdichter oder eine
Kompressionswärmepumpe also mit dem zweifachen Wert der Mindestleistungsziffer
unter der Bedingung der Wärme-Kraft-Kopplung arbeiten. Diese Leistungsziffern
von 8 bis 10 sind in herkömmlichen Würzekochanlagen nicht zu erreichen. In vielen
Brauereien ergibt sich eine weitere Einsatzmöglichkeit für Wärmetransformationsprozesse aus der Wärmeversorgung. Im untersuchten Fall wird z.B. der erforderliche
Heizdampf einem 15-bar-Netz entnommen. Dieser Dampf wird zur Beheizung des
Würzekochprozesses und für die Flaschenwaschanlage auf einem relativ niedrigen
Temperaturniveau von 120 und 80°C verwendet. Das Potential des Heizdampfes,
das gegenwärtig durch Drosselung vernichtet wird, kann dafür verwendet werden,
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78
um die zur Abkühlung und Lagerung des Bieres notwendige Kälte bereitzustellen.
Für diese Wärme-Kälte-Kopplung ist das Arbeitsmittel Wasser wenig geeignet, deshalb wurde die Anwendung des perspektivreichen Stoffsystems Trifluorethanol-E181
betrachtet. Ökonomische Abschätzungen ergaben eine Rückflußdauer von ca 2
Jahren.
Als ein besonders günstiges Anwendungsbeispiel erwies sich der Einsatz eines Wärmetransformators für die Brüdennutzung einer Heißdampftrocknung von Klärschlamm. Durch die Wärmeeinkopplung in die Dampfüberhitzung ergab sich eine
Rückflußdauer von einem Jahr.
Auch bei den bisher betrachteten Beispielen konnten neben den energetischen Effekten weitere positive Zielstellungen erreicht werden, z.B. Geruchsverminderung oder
Staubabscheidung. Eine besonders günstige Möglichkeit, gleichzeitig energie- und
umweltschutztechnische Effekte zu erzielen, ergibt sich durch die Anwendung von
offenen Sorptionskreisprozessen.
Offene Sorptionskreisprozesse
Für offene Sorptionsprozesse bietet sich meist die Verwendung von Wasser als
Arbeitsmittel an, weil bei vielen Technologien Abwärme in Form von Brüden
auftritt. Sind diese Brüden frei von Inertgas, ergeben sich keine grundsätzlichen
Unterschiede zu geschlossenen Kreisprozessen. Es wird wie beim Brüdenverdichter ein Apparat, der Verdampfer, und die entsprechende Temperaturdifferenz für
den Wärmeübergang eingespart, aber dafür die Gefahr der Verschmutzung der
technologischen Ströme oder des Arbeitsstoffsystems in Kauf genommen. Für die
Wahl des Lösungsmittels kommen vor allem hygroskopische anorganische Laugen, Säuren und Salzlösungen in Frage, da diese einen hohen Transformationseffekt ermöglichen, Bild 12.
Häufig ist die Abwärme an brüdenhaltige Abgasströme gebunden, z.B. bei
Trocknungs- und Kochprozessen oder bei Verbrennungsprozessen. Der variable
Partialdruck des Wasserdampfes im Abgas bietet einen zusätzlichen Freiheitsgrad
in der Gestaltung des Transformationsprozesses, der durch entsprechende Stromund Prozeßführung zur Effektivitätserhöhung genutzt werden kann. Enthalten die
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Abgase außerdem Staub oder Geruchs- und Schadstoffe, so können neben der
Abwärmenutzung weitere Ziele verfolgt werden, die unter Umständen sogar
vordringlicher sind, aber die natürlich auch den Prozeß verkomplizieren.
Für die Nutzung der Kondensationsenthalpie des Trocknungsbrüdens oder der
Rauchgasfeuchte ist es notwendig, daß die Feuchte im Absorptionsteil von der
Lösung aufgenommen wird und daß außerhalb der Waschkolonne durch eine entsprechende Beheizung eine Desorption stattfindet, die es gestattet, den Lösungskreislauf zu schließen. Im einfachsten Falle, z.B. bei der Abwärmenutzung
von Rauchgas, kann bei ausreichend hoher Eintrittstemperatur das Rauchgas
selbst zur Desorberbeheizung verwendet werden, Bild 13 [24],
Damit wird gleichzeitig erreicht, daß der Desorberteil in der Waschkolonne verringert wird. Durch die Eintrittstemperatur und die Desorberaustrittstemperatur
des Rauchgases sind die für die Desorption verfügbare Wärme und der austreibbare Dampfstrom festgelegt. Auf Grund dieser Energiebilanz ist der mögliche
Entfeuchtungsgrad des Rauchgases bestimmt. Die im Absorber anfallende reiche
Lösung wird vor der Desorption regenerativ auf eine möglichst hohe Temperatur
erwärmt, um die Rauchgaswärme maximal für die Desorption zu nutzen. Die
Auskopplung der Absorbernutzwärme erfolgt in dem nachgeschalteten Lösungswärmeübertrager. Durch Variation des Desorberdruckes, der Lösungskonzentration und des Lösungsumlaufes werden die Temperaturniveaus und der Entfeuchtungsgrad beeinflußt.
Die offene Absorptionswärmepumpe kann im Falle der Rauchgaswäsche gleichzeitig zur Entstaubung und zur Rauchgasentschwefelung verwendet werden. Dafür ist eine entsprechende Staub- und Gipsabscheidung vorgesehen und wird eine
Regeneration der Lösung durch Zugabe von Kalkhydrat realisiert.
Literatur
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Wärmetransformation
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XI
Hebecker, D: Zur Klassifikation von Kreisprozessen der Energietransformation. Wiss.
Zeitschr. THLM 25 (1983) 4 S.485-492
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Wärmeverhältnis. DKV-Tagungsbericht 1990, 17. Jahrgang Band 2 S.378-383
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[22] Lichtenfeld, S. Untersuchung geeigneter Einsatzmöglichkeiten für Wärmetransformationsprozesse. BMFT-Abschlußbericht 0329240C 1994
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