Heilung durch Schirmchen

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MEDIZIN
SERIE PÄDIATRIE
Die Reisediarrhoe vermeiden
und behandeln
Heilung durch Schirmchen
VORHOFSEPTUMDEFEKT (ASD II): Verschluss von Lücken in der
Herzscheidewand ohne Operation.
Ernährung:
Die Theorie: „Cook it, boil it, peel it or
forget it.“
● Die Praxis: Nur 10% aller Reisenden
halten sich tatsächlich an diesen Rat.
● Nahrungsmittel, die frisch gekocht (und
vollständig erhitzt) wurden, sowie selbst
geschältes Obst stellen keine Infektionsgefahr dar. Zu den riskantesten Spezialitäten zählen rohe oder ungenügend
gekochte Meeresfrüchte, Saucen wie die
Hollandaise oder Majonäsen und Köstlichkeiten vom Buffet, die lange vor dem
Verzehr hergestellt wurden.
● Impfung: Eine Impfung gegen diese
multifaktorielle Erkrankung ist weiterhin
nicht in Sicht. Der orale Cholera-Impfstoff Dukoral® vermittelt durch strukturelle Ähnlichkeit des ETEC-Toxins mit
Choleratoxinen einen gewissen Schutz
gegen Diarrhoen durch E. coli. Vor allem
Risikogruppen wie älteren oder chronisch kranken Reisenden und Kleinkindern sowie besonders empfindlichen
Personen kann diese Impfung angeboten
werden.
● Probiotika prophylaktisch eingesetzt,
haben eine derzeit wissenschaftlich nur
schwach abgesicherte Wirksamkeit. Ihr
Einsatz muss daher weiterhin kritisch
hinterfragt werden.
● Antibiotika können, prophylaktisch eingenommen, die Inzidenz einer Reisediarrhoe deutlich senken. Dies ist insbesondere für Quinolone und Azithromycin
gut dokumentiert. Der breite Laienein●
●
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THERAPIE
Flüssigkeitsersatz steht an erster Stelle
der Therapie. Viele Menschen unterschätzen die Flüssigkeitsmengen, die
durch Diarrhoe und Transpiration in tropischen Ländern verloren gehen. Vor
allem an beiden Enden des Altersspektrums ist diese Maßnahme essenziell.
● Antiemetika und Spasmolytika gehören
in jede Reiseapotheke, da oft die Begleitsymptome der Diarrhoe (Übelkeit,
Bauchkrämpfe) im Vordergrund stehen.
● Motilitätshemmer wie Loperamid (z.B.
Imodium®) sind bei Beachtung der
Kontraindikationen wichtige „Notfallmedikamente“ zur Unterbrechung der
Diarrhoe, wenn lange Busfahrten, Flugreisen oder Businesstermine bevorstehen. Die Kontraindikationen – Fieber
und/oder blutige Stühle sowie Hinweise
auf eine invasive Infektion – müssen den
Reisenden aber deutlich gemacht und im
Idealfall auch auf der Packung vermerkt
werden.
●
Injera, das äthiopische Nationalgericht
wird lauwarm serviert
Probiotika haben, wie Metaanalysen der
meist kleinen Studien zeigen, bei infektiösen Durchfällen einen gewissen Effekt.
Ob dies auch für die Reisediarrhoe gültig
ist, kann derzeit noch nicht beantwortet
werden.
● Antibiotika verkürzen auch beim klassischen Reisedurchfall die Dauer der
Erkrankung. Sie sollten aber trotzdem
der Therapie invasiver Diarrhoen (fieberhaft, blutig) vorbehalten bleiben. Am
häufigsten werden Quinolone (z.B.
Ciproxin®) eingesetzt, bei denen jedoch
in Teilen Süd- und Südostasiens bereits
signifikante Resistenzprobleme bestehen
(Campylobacter, Salmonellen) und sie
dort meist durch Azithromycin ersetzt
werden.
●
Dr. GEORG STÜHLINGER,
FA für Innere Medizin, Reisemedizinisches Zentrum Traveldoc, Wien,
www.traveldoc.at
SCHIRMCHENVERSCHLUSS IN NUR
30 MINUTEN
Sämtliche dieser Nachteile werden durch
ein weit schonenderes Verfahren umgangen: den Schirmchenverschluss im Herz-
© AGA Medical
PROPHYLAXE
satz dieser Substanzen ist jedoch problematisch. Die Beschleunigung von Resistenzentwicklungen (bei Quinolonen
bereits klinisch relevant) sowie potenzielle Nebenwirkungen bis zur Antibiotika-assoziierten Kolitis bei massenhaftem
Einsatz sind nicht zu unterschätzen. Es
besteht daher ein breiter Konsens, diese
Art der Prophylaxe nur bei PatientInnen
mit Grunderkrankungen einzusetzen, die
durch eine infektiöse Diarrhoe verschlechtert werden könnten (z.B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen).
● Rifaximin, ein seit Kurzem in Europa
zugelassenes, nicht-resorbierbares Antibiotikum, könnte allerdings bei Bestätigung erster positiver Erfahrungen eine
Alternative in der Prophylaxe bzw. in der
Selbstbehandlung bieten
ETWA EINES VON 100 KINDERN
kommt mit einem angeborenen Herzfehler
zur Welt, einen großen Anteil daran haben
Lücken in der Scheidewand zwischen den
Herzkammern bzw. den Herzvorkammern.
Viele dieser Defekte werden im Laufe der
ersten Lebensjahre kleiner oder verschließen sich sogar spontan. Verbleibende
Lücken, die aufgrund ihrer Größe zu einer
Überbelastung des Herzens führen, bedürfen jedoch einer Behandlung.
Bis vor wenigen Jahren war therapeutisch
nur der operative Verschluss durch Einnähen eines Flickens in die Scheidewand
möglich. Dieses über viele Jahrzehnte sehr
erfolgreiche Verfahren hatte eine niedrige
Komplikationsrate und brachte exzellente
Ergebnisse. Der Eingriff musste allerdings
am offenen Herzen unter Einsatz einer
Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden. Dies bedeutete einen längeren Krankenhausaufenthalt, eine längere Rekonvaleszenz und eine Narbe im Verlauf des
Brustbeins.
© Traveldoc
REISEDIARRHOE kann als multifaktorielle Erkrankung durch Viren, Bakterien
und Protozoen ausgelöst werden. Häufigste Erreger – in manchen Gegenden in
über 50% aller Fälle – sind enterotoxische
E. coli (ETEC).
© AGA Medical
REISEMEDIZIN: Obwohl in nahezu allen Fällen eine harmlose,
selbstlimitierende Erkrankung, ist das Interesse an Vorbeugung
und Behandlungsmöglichkeiten der Reisediarrhoe groß.
Entfaltetes Amplatzer-„Schirmchen"
bestehend aus elastischem Nitinolgeflecht
am Einführdraht
katheterlabor. Bei dieser
seit etwa zehn Jahren
weltweit gut etablierten
Methode wird über
einen kleinen Stich in
der Leiste ein dünner
Katheter über die
Blutbahn in das Herz
eingebracht und über
diesen ein „Schirmchen“ eingeführt, im
Defekt entfaltet und verankert. Nach Ablösen des
Schirmchens wird der
Katheter wieder entfernt. Der
Eingriff dauert etwa dreißig
Minuten und kann in einer leichten
Narkose bzw. bei Jugendlichen oder
Erwachsenen auch unter Lokalanästhesie
durchgeführt werden. Im Kinderherzzentrum Linz werden viele dieser Eingriffe
praktisch unter ausschließlicher Ultraschallkontrolle durchgeführt, sodass auf
die Röntgendurchleuchtung oft gänzlich
verzichtet werden kann.
SPITALSENTLASSUNG NUR ZWEI TAGE
NACH DEM EINGRIFF
Die Patienten können das Spital bereits
zwei Tage nach dem Eingriff verlassen, sind
mobil und nach vier Wochen wieder uneingeschränkt belastbar. Nach etwa drei Monaten ist der Einheilungsvorgang des Schirmchens abgeschlossen, bis dahin ist eine
leichte Antikoagulation nötig. Der Schirmchenverschluss ist in Bezug auf Erfolgsund Komplikationsrate dem operativen Verfahren ebenbürtig und im Hinblick auf
Invasivität des Eingriffes und Aufenthaltsdauer im Spital diesem wesentlich überlegen. Außer einem Stich in der Leiste werden keine Narben verursacht.
Einschränkend muss gesagt werden, dass
sich zurzeit noch nicht jede Lücke in der
Herzscheidewand für einen Verschluss
mittels Herzkatheter eignet, da jedes
Das Schirmchen
ist im Vorhofseptumdefekt positioniert und abgelöst
Schirmchen Halt in der umgebenden
Scheidewand finden muss, sodass sehr
große Defekte oder solche, die eine außergewöhnliche Lage aufweisen, manchmal
noch nicht im Herzkatheterlabor behandelt
werden können. Die Eignung des Vorhofseptumdefektes für einen Schirmchenverschluss muss durch eine exakte Voruntersuchung mittels Herzultraschall ermittelt
werden.
Im Kinderherzzentrum Linz werden
Schirmchenverschlüsse bei Kindern und
Jugendlichen seit 2001 erfolgreich durchgeführt, der stationäre Aufenthalt beträgt
drei Tage, im ersten Jahr nach dem Eingriff werden entsprechende ambulante
Nachkontrollen durchgeführt.
OA Dr. ROLAND GITTER,
Leiter des Herzkatheterlabors,
Kinderherzzentrum Linz, Mitglied der
Österreichischen Gesellschaft für
Kinder- und Jugendheilkunde,
[email protected]
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