17) Vakuum und Vakuumtechnologie Ionenquellen können nur in Verbindung mit entsprechenden Vakuumsystemen funktionieren, da die erzeugten Ionen bei Atmosphärendruck rekombinieren würden und kein Strahl propagieren könnte (siehe Graphik). Zur Erzeugung von Plasmen sind ebenfalls Vakuumsysteme erforderlich. O. Kester 216 Vakuumpumpen: Saugvermögen S: (l*s-1; m3*h-1, cm3*s-1) Das Saugvermögen einer Pumpe ist der VolumenDurchfluß durch die Ansaugöffnung der Pumpe. s= ∆V ∆t Enddruck pend: Der niedrigste erreichbare Druck, wird u.a. bestimmt durch den Dampfdruck pd der in der Pumpe verwendeten Schmier-, Dichtungs- und Treibmittel Der Enddruck pend wird in einer Feinvakuumapparatur weitgehend durch die Vorpumpe bestimmt. In HV und UHV-Apparaturen ist eher auf die Beschaffenheit der Oberfläche sowie Art der Dichtung des Rezipienten zu achten. O. Kester 217 Kompressionsverhältnis ist das Verhältnis des Auslassdruckes zum Einlassdruck einer Pumpe für ein bestimmtes Gas (105 bei Drehschieberpumpen). Typische Vorpumpen: O. Kester Drehschieberpumpe 218 Die Turbomolekularpumpe Das bereits seit 1913 bekannte Prinzip der Molekularpumpe beruht darauf, daß die einzelnen abzupumpenden Gasteilchen durch Zusammenstöße mit schnell bewegten Flächen eines Rotors einen Impuls in die Förderrichtung erhalten. Ende der fünfziger Jahre gelang es, mit einer turbinenartigen Konstruktion diese Idee von Gaede in abgewandelter Form als sogenannte „TurboMolekularpumpe“ technisch nutzbar zu machen. O. Kester 219 Die Kompression ist stark Gasartabhängig, bis zu einem Druck von 10-1 mbar konstant. O. Kester 220 18) Strahlkühlung und Penningfallen Die Bewegung der Teilchen in einem Strahloptiksystem wird vollständig durch die drei Ortskomponenten (x,y,z) und die drei Impulskomponenten (px,py,pz) beschrieben. Ein Strahl wird durch ein ganzes Ensemble von Punkten im Phasenraum beschrieben. Ein Charakteristikum des Strahls ist die Dichteverteilung der Punkte im Phasenraum. Wenn man die Dichteverteilung als Funktion der Zeit beobachtet, so stellt man fest, daß das Phasenraumvolumen, welches die Teilchenverteilung einnimmt, unter bestimmten Umständen konstant bleib. Dies ist der Fall für konservative Kräfte, welche aus einer Hamiltonfunktion abgeleitet werden können. Y' Y Die Form des Volumens ändert sich jedoch mit der Zeit. Die Konstanz des Phasenraumvolumens unter Einfluss konservativer Kräfte wird als "Satz von Liouville" bezeichnet. O. Kester 221 Zerfällt die 3-dim. Bewegungsgleichung eines Teilchens in 3 unabhängige Bewegungsgleichungen in den Koordinaten x,y,s (oder z), so sind die Phasen-Unterräume voneinander entkoppelt und das Liouvillesche Theorem gilt auch in den Unterräumen x,y und z. Demnach bleibt die Strahlemittanz ε xx ' = Axx ′ π = 1 dx ⋅ dx′ ∫∫ π konstant, wenn der longitudinale Impuls konstant bleibt. Im Falle einer Beschleunigung ändert sich der Wert der absoluten Emittanz, jedoch bleibt die normierte Emittanz ε n , xx ' = βγ ⋅ ε xx ′ konstant. Dissipative Kräfte führen zu einem wirklichen Emittanzwachstum. Dispersion vom Magneten führt zu einer Kopplung der Unterräume und damit zum Emittanzwachstum der 2 dimensionalen Emittanz. Will man nun den Satz von Liouville umgehen und die Strahlemittanz verkleinern, muß man die transversalen Impulse der Teilchen reduzieren. Dies nennt man Phasenraumkühlung. --> analog zur kinetischen Gastheorie entspricht diese Reduktion der Impulse einer Reduktion der Strahltemperatur: longitudinal ∆p kT|| = mc β ⋅ p 2 O. Kester 2 transversal 2 ε yy ' ⎞ 1 2 2 2 ⎛⎜ ε xx ' ⎟ kT⊥ = mc β γ ⋅ + ⎜ ⎟ 2 ⎝ βTwiss , x βTwiss , y ⎠ 222 Kühlt man einen Strahl longitudinal, so verringert man seine Impulsunschärfe ∆p. Kühlt man den Strahltransversal, verringert man die Strahlemittanz. Kühlmethoden: A) Die stochastische Kühlung wurde von Simon van der Meer (1978, CERN) entwickelt Æ Experiment zur Entdeckung der Vektorbosonen der schwachen Wechselwirkung Die Ortslagen der Teilchen werden mit kapazitiven pick-ups detektiert Æ sensitiv auf die Strahlablage der Teilchen Das Signal ist umso stärker je größer der Abstand der Teilchen von der Strahlachse ist. Das Signal wird verwendet, um den Winkel des Teilchens beim Durchgang durch die Achse über einen Kicker zu korrigieren. Die Korrektur muß bei Nulldurchgang des Teilchens mit dem Kicker erfolgen. O. Kester 223 Der Abstand zwischen pick-up und Kicker muß n*λ/4 der Betatron-Oszillation betragen. Die Teilchendichte entlang des Orbits ist eine Zufallsgröße, d.h. die Teilchen sind stochastisch verteilt. Problem: Signale sind keine δ-Funktionen aufgrund der endlichen Bandbreite der pick-ups und der Überlagerungen vieler Teilchen. Durch die Phasenraumverteilung werden nicht alle Teilchen korrigiert. Da Teilchen nicht den kompletten Phasenraum einnehmen --> zusammenschieben der Teilchenpositionen Die Kühlung ist umso besser je größer der Strahlquerschnitt ist. O. Kester 224 B) Bei der Elektronenstrahlkühlung wird dem Teilchenstrahl (Ionen) ein "kalter" Elektronenstrahl überlagert Æ Energieaustausch über Coulombwechselwirkung (Wärmeaustausch) Der "kalte" Elektronenstrahl wird ständig nachgeliefert und die Stoßzeiten zwischen Elektronen und Ionen entsprechen denen von Elektron-Elektron-Stößen. Die Ionen-Temperatur gleicht sich der Elektronentemperatur an. Die Interaktion ist am stärksten, wenn die Ionengeschwindigkeit und die Elektronengeschwindigkeit identisch sind. pe p = (βγ )e − = ion = (βγ )ion mec mion c O. Kester Æ pproton = 10 GeV/c ⇒ Ee- = 5.1 MeV 225 Damit wird im Gleichgewichtszustand kleiner als die der Elektronen nämlich: RMS vion = me RMS 1 ve ≈ M 43 ⊥ Tion = Te⊥ die transversale Geschwindigkeit der Ionen viel 1 RMS ve A wobei A die atomare Masse der Ionen ist. Die Reibungskraft, welche die Ionen in dem Elektronenbad erfahren (siehe Graphik) kann man aus der Summation über viele Kleinwinkel-Coulombstößen (Ionen auf Elektronen) ermitteln (analog zur Spitzer Formel): r 4 r r 2 n e w π ⋅ 3 e F = Z2 d ve ln Λ ⋅ f (ve ) 3 ∫ m w 1 die Kühlzeit folgt dann der Beziehung τ = mit r r r w = ve − vion F 1 ∝ 3 Mvion w . Die Kühlzeit τ ist also groß, wenn die relative Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Elektronen und Ionen w groß ist. Die Kühlrate ist proportional zur Elektronendichte ne und unabhängig von der Ionendichte. Die Kühlung ist besonders effektiv, wenn der Strahl stochastisch vorgekühlt wurde. O. Kester 226 Die Elektronenkühlung ist bisweilen aus rein praktischen Gründen auf Energien bis auf ~300 keV begrenzt (bis auf Fermilab Kühler ~ 5MeV). Damit kann man bis zu Ionenenergien von 550 MeV/u kühlen. Die Methode der Elektronenkühlung wurde 1966 von G.I. Budker in Novosibirsk konzipiert und experimentell getestet. C) Eine Methode der Kühlung für einen großen Geschwindigkeitsbereich ist die Laserkühlung. Die Ionen haben ein diskretes Absorptionsspektrum. Die Frequenz des Lasers kann über die Geschwindigkeit der Ionen über die Dopplerverschiebung eingestellt werden. w′ = γ ⋅ w(1 − β cos θ ) O. Kester wobei θ den Winkel zwischen der Ionenbahn und dem Laserstrahl darstellt 227 Durch den Absorptionprozess wird die Geschwindigkeit jeweils um den Betrag hω hk = vr = Mc M geändert. Abstrahlung erfolgt isotrop und daher bleibt netto ein Impuls in Laserstrahlrichtung übrig. Laser verändert die v-Verteilung der Ionen. Daher sollte ein Frequenztuning des Lasers möglich sein, um die Ionengeschwindigkeitsverteilung schieben zu können. Bei niedrigen Strahlenergien und einfach geladenen Ionen sind die obigen Kühlverfahren nicht gut anwendbar (oder aufwendig, z.B. bei Elektronenkühlung). Hier bietet sich die Puffergaskühlung an. O. Kester 228 Die Penningfalle: In einer Penningfalle werden die Ionen radial durch ein starkes Magnetfeld gehalten und longitudinal werden diese durch ein elektrostatisches Quadrupolpotential eingeschlossen. Dieses ist transversal defokussierend, was jedoch durch das Magnetfeld ausgeglichen wird. Man unterscheidet die hyperbolische Falle und die zylindrische Falle z0 r0 Das Potential in der (perfekten) hyperbolischen lässt sich beschreiben durch: ( V Φ = 2 2z 2 − x2 − y 2 4d O. Kester ) mit 1 ⎛ 2 r02 ⎞ d = ⎜⎜ z0 + ⎟⎟ 2⎝ 2⎠ 229 Mittels der Lorentzkraft erhält man die Bewegungsgleichung: ( r r r r& & m ⋅ r = q E + r& × B mit r r r = ( x, y , z ) , E = ( E x , E y , E z ) ω = sowie der Zyklotronfrequenz c und q B m ) B = (0,0, Bz ) ω = und der axialen Oszillationsfrequenz z qV md 2 &x& − 12 ω z2 x − ωc y& = 0 &y& − 12 ω z2 y − ωc x& = 0 folgen die Bewegungsgleichungen: &z& + ω z2 = 0 Die Lösungen der DGLs ergibt eine Oszillationsbewegung in die z-Richtung und eine gekoppelte Bewegung in die x- und y-Richtung: ( ( ) ) ( ( ) ) x(t ) = R + sin ω+t + φ + − R − sin ω−t + φ − y (t ) = R + cos ω+t + φ + − R − cos ω−t + φ − z (t ) = Az cos(ω z t + φz ) O. Kester 230 mit R± = Dabei ist A± ω = und ± ω + − ω− ( 1 ωc ± ωc2 − 2ω z2 2 ) ω+ = reduzierte Zyklotronfrequenz, ω− = Magnetronfrequenz (ExB-Drift) axial (z) Und es gilt für perfekte Ausrichtung des Quadrupol- und des Magnetfeldes: ω+ + ω− = ωc , ω+ω− = 12 ω z2 , ω+2 + ω−2 + ω z2 = ωc2 magnetron (-) cyclotron (+) Bewegung mit Puffergas: Die mittlere Dämpfungskraft ergibt sich aus der Mobilität der Ionen im Puffergas: r r F = −δ ⋅ v p wobei δ= pN q ⋅ M ion T TN mit pN = 1013 mbar und TN=273,16 K und Mion = reduzierte Ionenmobilität Die Bewegungsgleichungen ergeben sich daher zu: O. Kester 231 &x& − 12 ω z2 x − ωc y& + &y& − 12 ω z2 y − ωc x& + &z& + ω + 2 z δ m δ m δ m x& = 0 y& = 0 z& = 0 ⎛ δ ⎞ z ( t ) = A ' ⋅ exp t ⎟ sin (ω z ' t + φ z ') ⎜− z ⇒ ⎝ 2m ⎠ mit 1 δ2 ωz ' = ω − 4 2m 2 z Die Magnetronbewegung ist instabil im Puffergas (siehe Potentialverlauf) Die schnelle reduzierte Zyklotronbewegung ist gedämpft. Wenn man beide Bewegungen miteinander koppelt (durch Einstrahlen einer Hochfrequenz mit dem Wert der Ionenzyklotronfrequenz), dann wird auch die Magnetronbewegung gekühlt. Man spricht vom Seitenbandkühlen Zunahme des Magnetronradius Mittels segmentierter Ringelektrode kann man folgende Anregungen vornehmen: O. Kester 232 Dipolanregung: Diese vergrößert die Zyklotronbewegung oder die Magnetronbewegung je nachdem ob mit angeregt wird. ω+ oder mit ω− Quadrupolanregung: Die Quadrupolanregung mit ω = ωc sorgt für die Kopplung von red. Zyklotron- und Magnetronbewegung. Daraus resultiert eine Dämpfung beider Bewegungen für das richtige A/q. HF+Puffergas Massenselektivität Emittanzverbesserung Ud cos(2π ν±t+ϕ) Massenmessungen -Ud cos(2πν±t+ϕ) Magnetronanregung: ρ− O. Kester Zyklotronanregung: ρ+ 233