1. Gegeben seien zwei Zahlen p, q ∈ Z, q > 0. Dann exis

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6.6. INTEGRATIONSREGELN
157
Satz 6.6.13 (Euklidischer Algorithmus)
1. Gegeben seien zwei Zahlen p, q ∈ Z, q > 0. Dann existieren endliche
Zahlenfolgen pi , qi , ri mit p0 = p, q0 = q und r0 der Rest der Division von
p durch q, die induktiv definiert werden
pi+1 = qi , qi+1 = ri , pi+1 = αqi+1 + ri+1 , 0 ≤ ri+1 < qi+1 .
Ist m ∈ N0 minimal mit rm = 0, so ist qm = ggT(p, q). Induktiv findet
man durch
ri+1 = pi+1 − αqi+1
eine Darstellung von ggT(p, q) in der Form
ggT(p, q) = mp + nq, m, n ∈ Z.
2. Gegeben seien zwei Polynome P, Q, grad(Q) > 0. Dann existieren endliche
Folgen von Polynomen Pi , Qi , Ri mit P0 = P , Q0 = Q und R0 der Rest
der Division von P durch Q, die induktiv definiert wird
Pi+1 = Qi , Qi+1 = Ri , Pi+1 = AQi+1 + Ri+1 , grad(Ri+1 ) < grad(Qi+1 ).
Ist m ∈ N minimal mit Rm = 0, so ist Qm = ggT(P, Q). Induktiv findet
man durch
Ri+1 = Pi+1 − AQi+1
eine Darstellung von ggT(P, Q) in der Form
ggT(P, Q) = SP + T Q mit Polynomen S, T.
Beweis. Im ersten Fall ist ri aufgrund der Konstruktion eine streng monoton fallende Folgen nichtnegativer ganzer Zahlen. Daher gibt es ein minimales m mit
rm = 0. Induktiv sieht man dass jeder gemeinsame Teiler von ri+1 und qi+1 auch
ein Teiler von pi+1 ist und damit von p und q. Da rm−1 ein Teiler von qm−1 ist,
teilt es p, q. Andererseits teilt jeder gemeinsame Teiler von p, q auch ro und damit
rm . Damit ist die Behauptung gezeigt.
Die Darstellungsformel ist eine unmittelbare Konsequenz des Algorithmus.
Der Polynomfall ist eine Kopie des angegebenen Beweises und wird daher dem
Leser/der Leserin überlassen.
Beispiele sind hier sehr instruktiv, wirkliches Verständnis erwächst nur aus
dem Rechnen von Beispielen.
158
KAPITEL 6. DAS RIEMANN-INTEGRAL
Beispiel 6.6.14 (Euklidischer Algorithmus)
1. Wir betrachten den Fall p = 141, q = 93. Wir erhalten
141
93
48
45
=
=
=
=
1 · 93 + 48
1 · 48 + 45
1 · 45 + 3
15 · 3,
also ist ggT(141, 93) = 3 und die Darstellung erfolgt durch folgendes
Schema
48 = 141 − 93
45 = 93 − (141 − 93) = 2 · 93 − 141
3 = 48 − 45 = (141 − 93) − (2 · 93 − 141) = 2 · 141 − 3 · 93.
2. Polynombeispiel: Es sei P (X) = X 4 −2X 2 +1 und Q(X) = X 3 +X 2 +X+1.
Dann ist
P (X) = Q(X)(X − 1) + (−2X 2 − 2)
1
1
Q(X) = (−2X 2 − 2)(− X − ) + (X + 1)
2
2
1
1
1
(− X − ) = − (X + 1).
2
2
2
Also ist X + 1 der größte gemeinsame Teiler.
Satz 6.6.15 (Partialbruchzerlegung)
Sei
P (x)
f (x) =
Q(x)
eine rationale Funktion mit ggT(P, Q) = 1. Die Funktion f hat eine Darstellung
X
f (x) =
Hi (x) + p(x),
i
wobei p der polynomiale Anteil und Hi sogenannte Hauptteile sind, die die Form
Hi (x) =
X qj,m (x)
Qj (x)m
j,m
mit einem irreduziblen Polynom Qj und einem Polynom qj,m mit grad qj,m <
grad Qj haben.
6.6. INTEGRATIONSREGELN
159
Beweis. Wir schreiben
P (x) = p(x)Q(x) + R(x), grad(R) < grad(Q).
Damit hat f die Darstellung
f (x) = p(x) +
R(x)
.
Q(x)
OBdA ist ggT(R, Q) ∈ R. p ist der polynomiale Anteil.
Wir betrachten den anderen Term
R(x)
.
Q(x)
Sei Qj ein irreduzibler Teiler von Q und s die maximale Potenz, so dass Qsj das
Polynom Q teilt. Dann ist Q = Qsj Q1 mit einem Polynom Q1 . Es gilt
ggT(Qsj , Q1 ) = 1.
Der euklidische Algorithmus liefert Polynome S, T mit
1 = SQsj + T Q1 .
Damit löst man die Gleichung
1
T
S
= s + 1.
Q
Qj Q
Damit haben wir die rationale Funktion
RT
RS
+ 1
s
Qj
Q
zu betrachten. Eine einfache Induktion liefert die Darstellung von
RT =
`
X
αi Qij + pj mit grad pj < grad Qj .
i=1
Division durch Qsj ergibt
nj
X
RT
αm
p
=
+ s , grad P < grad Qj .
s
m
Qj
Qj
Qj
m=1
Eventuell auftretende polynomiale Terme werden zum polynomialen Anteil hinzugenommen.
Da grad Q1 < grad Q kann die gleiche Methode für einen weiteren irreduziblen
160
KAPITEL 6. DAS RIEMANN-INTEGRAL
Faktor angewendet werden. Induktion führt nach endlich vielen Schritten zur
vollständigen Aufspaltung von Q in irreduzible Faktoren.
Um einen vollständigen Überblick über die Integration rationaler Funktionen
zu erhalten, müssen wir die Stammfunktionen der verbleibenden Terme angeben.
Da wir Polynome bereits integrieren können und auch Terme der Form
α
x−β
kein Problem darstellen, verbleiben zwei Typen von Integralen:
(1)
1
, Qj irreduzibel, vom Grad 1 oder 2,
Qm
j
bzw.
(2)
ax + b
, Qj irreduzibel, vom Grad 2.
Qm
j
Der zweite Fall lässt sich weiter vereinfachen: Da Q0j ein Polynom vom Grad 1
ist, können wir bis auf Vielfache schreiben (und Vielfache sind bei der Integration
kein Hindernis)
ax + b = Q0j + c.
Damit wird
Q0j
c
ax + b
=
+ m.
m
m
Qj
Qj
Qj
Der zweite Ausdruck ist wieder vom Typ (1) (Grad 2), während der zweite durch
die Substitution t = Qj (x) auf eine einfache Form zurückgeführt wird.
Damit bleibt nur noch die Integrale für diese Funktionen anzugeben. Für den
Grad 1 ist dies eine einfache Substitution. Sei nun Qj = αx2 + βx + γ ein irreduzibles Polynom vom Grad 2 und m > 1. Mit ∆ = 4αγ − β 2 > 0 (Bedingung für
Irreduzibilität) erhält man zunächst folgende Relation
Zb
a
b
Zb
1
2αx + β
2m − 3 2α
dx
dx =
.
m−1 +
m
Qj (x)
m−1 ∆
∆(m − 1)Qj
Qm−1
j
a
a
6.6. INTEGRATIONSREGELN
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Diese Formel erhält man aus folgenden Überlegungen
Qj (x) = αx2 + βx + γ
β
γ
2
= α x + x+
α
α
!
2
β
β2
γ
= α
x+
+ − 2
2α
α 4α
!
2
4α3
∆
β
=
x+
+1
∆
4α2
2α
4α3 2
(y + 1)
=
∆
für ein geeignet substituiertes y. Damit reicht es die Rekursionsformel für ein
Polynom der Form 1 + y 2 zu beweisen und dies wollen wir nun tun:
Zb
1
dy =
(1 + y 2 )m
Zb
1·
1
dy
(1 + y 2 )m
a
a
=
b
Zb
2y 2
y
+m
dy
(1 + y 2 )m a
(1 + y 2 )m+1
=
b
Zb
Zb
2
y
y
+
1
1
+ 2m
dy − 2m
dy
2
m
2
m+1
(1 + y ) a
(1 + y )
(1 + y 2 )m+1
=
b
Zb
Zb
y
1
1
+ 2m
dy − 2m
dy.
2
m
2
m
(1 + y ) a
(1 + y )
(1 + y 2 )m+1
a
a
a
a
a
Durch Umstellen ergibt sich
Zb
2m
1
y
dy =
|ba + (2m − 1)
2
m+1
2
m
(1 + y )
(1 + y )
a
Zb
1
dy.
(1 + y 2 )m
a
Auflösen und ersetzen von m durch m − 1 ergibt
Zb
a
1
1
y
2m − 3
dy =
|ba +
2
m
2
m−1
(1 + y )
2(m − 1) (1 + y )
2m − 2
Zb
1
(1 +
y 2 )m−1
dy
.
a
Einsetzen ergibt die obige Rekursion. Damit bleibt das Integral für m = 1. Die
Berechnung dieses Integrals ist eine schöne Anwendung der Substitutionsregel.
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