Bauelemente THEMA MEHR SPIELRAUM FÜR MOTORENBAUER Neue Möglichkeiten durch elektromagnetischen Ventiltrieb Derzeit wird in vielen Automobil- und Zulieferfirmen intensiv am elektromagnetischen Ventiltrieb geforscht. Trotz einiger technisch noch nicht zufriedenstellend gelöster Probleme sind die Vorteile einer elektromagnetischen Ventilsteuerung überwältigend, werden doch den Motorenbauern zusätzliche Freiheitsgrade in einem bisher noch nicht dagewesenen Maße gegeben. as Prinzip des elektromagnetischen Ventiltriebs (EMVT) besteht darin, dass die Ein- und Auslassventile des Verbrennungsmotors mit Hilfe von Elektromagneten und nicht wie bisher mittels der Nockenwelle gesteuert werden. Die Vorteile sind offensichtlich: Die für eine optimale Verbrennung benötigte Luftmenge wird über die Ventilöffnungszeit dosiert. Damit können die Drosselklappe und mit ihr die nicht unerheblichen Drosselverluste entfallen. Gleichzeitig können die Ventile früher oder später geöffnet oder geschlossen werden als es mit einer Nockenwelle möglich ist, so dass der Motor im jeweils bestmöglichen Arbeitspunkt betrieben werden kann. Das Abschalten einzelner Zylinder im Teillastbetrieb führt zu weiteren Treibstoffeinsparungen. Ein Motor mit EMVT hat im unteren Drehzahlbereich ein deutlich höheres Drehmoment gegenüber Motoren mit Nockenwelle. Die sich ergebene Benzineinsparung liegt bei 15%. Es gibt aber nicht nur Vorteile, sondern auch eine Reihe noch nicht zufriedenstel- D DER AUTOR Dr.-Ing. Mathias Rausch ist Systems Engineer bei der Motorola Transportation Systems Group München und arbeitet in der Abteilung Strategy and Advanced Systems Labs (SASL) an der Definition neuer Halbleiterprodukte im Automobilbereich. 24 lend gelöster Probleme sowie die Entwicklung anderer Systeme, die in Konkurrenz zum EMVT stehen [11. Aktuatorprinzipien Bisher standen die Entwicklungen des Aktuators im Mittelpunkt. Über 200 Patentanträge wurden in den letzten 15 Jahren eingereicht, die sowohl den Aktuator selbst als auch dessen Steuerung betreffen. Generell gibt es zwei verschiedene Konstruktionen, um einen Aktuator mit den notwendigen Umschaltzeiten von zirka 3 ms zu bauen. Dies ist zum einen das seit den zwanziger Jahren bekannte Prinzip des Feder-Masse-Schwingers und zum anderen die Realisierung mittels eines Linearmotors. Feder-Masse-Schwinger Der auf dem Feder-Masse-Schwinger basierende Aktuator ist aus zwei Federn und einer zwischen diesen Federn freischwingenden Ankerplatte aufgebaut (Bild 1). Die Ruhelage des Systems befindet sich in der Mitte, so dass das Ventil halb geöffnet bezie- Auto & Elektronik 1/2000 Bauelemente Bild 1: Aktuator nach FEV [2] hungsweise halb geschlossen ist. Die Ankerplatte und damit das Ventil kann über zwei Spulen aus der Ruhelage bewegt werden. Spule 1 dient zum Schliessen des Ventils und Spule 2 zum Öffnen. Eine Spule alleine ist aber auf Grund der starken Federn nicht in der Lage, das Ventil aus der Ruhelage in eine der Endlagen zu bewegen. Dies wird erreicht, in dem die beiden Spulen abwechselnd mit der Resonanzfrequenz des FederMasse-Schwingers erregt werden. Der Grund dieser Kombination aus FederMasse-Schwinger und Elektromagneten liegt in den dynamischen Anforderungen an dieses System. Bei einer geforderten Umschaltzeit von zirka 3 ms und einem angenommenen Ventilhub von 8 mm sind große Kräfte und damit auch große Elektromagnete notwendig, die den zur Verfügung stehenden Bauraum bei einer reinen elektromagnetischen Lösung ohne Feder-MasseSchwinger bei weitem überschreiten. Bild 1 zeigt den Grundaufbau eines Aktuators, der nach dem Prinzip des Feder-Masse-Schwingers arbeitet. Die meisten anderen Aktuatoren sind Variationen oder Weiterentwicklungen dieses Prinzips. Variiert werden die Federn, so dass anstelle der Spiralfedern Blatt- oder Torsionsfedern verwendet werden (Bild 2). Eine weitere Variation ist die Ausführung des Ankers als Hebel. Je nach Lage der magnetischen Polfläche kann über das Hebelverhältnis der Auto & Elektronik 1/2000 THEMA Luftspalt des magnetischen Kreises verringert oder vergrößert werden. Den Vorteilen einer kleineren bewegten Masse und – bedingt durch einen kleineren Luftspalt – kleinerer Ströme stehen einem etwas aufwendigeren mechanischen Aufbau und dem Problem der Messung der Ankerposition gegenüber. Bei anderen Aktuatoren steht die Minimierung der Kosten im Vordergrund. Durch die Verwendung nur einer Spule halbiert sich auch der Aufwand für die Ansteuerschaltung. Die doppelte Ausführung des Ankers vergrössert aber die bewegte Masse, so dass stärkere Federn und damit verbunden größere Halteströme notwendig sind. Des weiteren sind Systeme mit Dauermagneten bekannt. Der Dauermagnet kann die Spule unterstützen, so dass die Ströme – insbesondere die Halteströme in der Spule – verringert werden können. Bei sehr starken Dauermagneten, deren Kraft zum Fangen und Halten des Ankers groß genug ist, wirkt das Magnetfeld der Spule dem des Dauermagneten entgegen, so dass das System steuerbar wird und die Spulen nur während der kurzen Umsteuerzeiten erregt werden müssen. Ein offener Punkt ist die Langzeitstabilität des Permanentmagneten, die insbesondere bei höheren Temperaturen bei Selten-Erden-Magneten problematisch ist. Bild 2: Aktuator mit Torsionsschwinger und Hebel nach [3] Linearmotor Eine weitere Entwicklung zum Betätigen der Gaswechselventile ohne Nockenwelle ist der Antrieb mittels eines Linearmotors. Linearmotoren bestehen aus einem Ständer 25 Bauelemente THEMA und einem Läufer, der translatorisch bewegt wird. Beim betrachteten Aktuator (Bild 3) [4] ist der zylindrische Ständer aus senkrecht zur Bewegungsrichtung des Läufers stehenden Blechen aufgebaut, die zum Läufer hin Zähne aufweisen. Der Läufer, bestehend aus einem Eisenkörper, in den Kupferoder Aluminiumreifen eingesetzt sind, kann als Asynchron-, Synchron- oder Reluktanzläufer ausgebildet sein. Weitere Ausstattungsmerkmale sind die Kopplung des siert werden. Herkömmliche Konstruktionen erfüllen diese Anforderungen nicht. Zusammenfassend wird eingeschätzt, dass der Linearmotor mit seinen allgemeinen Eigenschaften am besten zum Betätigen der Gaswechselventile geeignet ist, wobei aber der praktische Nachweis der Funktionsfähigkeit dieses Konzepts noch nicht erbracht wurde. Konkurrenztechnologien Der Erfolg einer neuen Technologie wird nicht nur durch deren Vorteile, sondern im entscheidenden Maße auch von den mit ihr konkurrierenden Technologien bestimmt. Nachfolgend werden kurz Systeme betrachtet, die direkt oder indirekt mit dem EMVT konkurrieren. Hydraulischer Ventiltrieb Bild 3: Aktuator nach dem Prinzip des Linearmotors nach [4] Läufers mit einer Resonanzfederanordnung, in den Ständer eingearbeitete Kühlkanäle und die Integration eines Sensors zur Wegerfassung. Der Linearmotor als Antrieb für die Ventile eines Verbrennungsmotors hat gegenüber dem Feder-Masse-Schwinger mehrere Vorteile: einfachere Steuerung der Auftreffgeschwindigkeit Steuerbarkeit (Geschwindigkeit, Position) des Ventils über den gesamten Ventilweg variabler Ventilhub adaptives Einstellen der Ventilschließkraft aktives Abbremsen des Ventils kleiner konstanter Luftspalt über den gesamten Arbeitsbereich. Um den Linearmotor für die Ansteuerung von Gaswechselventilen nutzen zu können, muß eine sehr hohe Kraft- und Energiedichte sowie eine kompakte Bauweise reali- 26 Der hydraulische Ventiltheb ist genau wie der elektromechanische ein vollvariabler Ventiltrieb ohne Nockenwelle, der ein Öffnen und Schließen der Gaswechselventile zu jedem Zeitpunkt erlaubt. Geöffnet und geschlossen werden die Gaswechselventile durch den Druck der Hydraulikflüssigkeit, der wiederum durch kleine Elektroventile gesteuert wird. Durch die freie Ansteuermöglichkeit der Ventile wird die für die Verbrennung benötigte Luftmenge über die Ventilöffnungszeit gesteuert, so dass die Drosselklappe und mit ihr die nicht unerheblichen Drosselverluste entfallen. Eine Zylinderabschaltung im Teillastbetrieb kann ohne weiteren hardwaremäßigen Aufwand realisiert werden. Probleme bereitet der hydraulische Ventiltrieb bei niedrigen Temperaturen. Zum Erzeugen des Öldrucks ist ein Elektromotor erforderlich, da zum Starten des Motors schon Öldruck vorhanden sein muß. Der Einsatz von Hydrauliköl am Motor führt zu einem aufwendigeren Aufbau des Motors verbunden mit erhöhtem Aufwand bei der Erstinbetriebnahme, der Wartung und der Instandsetzung. Verstellbare Nockenwelle Die Weiterentwicklung der herkömmlichen Nockenwelle (VVT – variable valve time, VVA – variable valve actuation) führte zu einer verstellbaren Nockenwelle, wo in mehr oder weniger engen Grenzen die Nocken und damit die Ventilöffnungs- und Schließzeiten und/oder die Ventilhübe verändert werden können. Die Verstellung der Nocken kann hydraulisch, aber auch pneu- Auto & Elektronik 1/2000 Kfz-Bauelemente Bauelemente matisch oder elektromechanisch erfolgen. Auf Grund der Ventilöffnungscharakteristik ist aber die Luftmengensteuerung nicht möglich, so dass auf die Drosselklappen nicht verzichtet werden kann. Die Realisierung einer Zylinderabschaltung durch zusätzliche Bauteile ist möglich, wie der neue S-Klasse-Mercedes zeigt. Mit verstellbaren Nockenwellen wird neben einer Veränderung der Motorcharakteristik auch eine Benzineinsparung und eine Ab- Auto & Elektronik 1/2000 THEMA gasreduzierung realisiert, wobei aber das Potential einer freien Ventilansteuerung nicht erreicht wird.Verstellbare Nockenwellen werden heute bei einer Reihe von Motoren eingesetzt, so dass dies als Stand der Technik bezeichnet werden kann. Benzindirekteinspritzung Das Ziel der optimalen Verbrennung des Kraftstoffes erreicht die Benzindirekteinspritzung durch eine entsprechende Dosie- 27 Bauelemente THEMA Bild 4: Simulation: Ventilposition und -Geschwindigkeit rung des Kraftstoffs. Dadurch können Drosselverluste verringert werden. Das Betreiben des Motors im Magerbetrieb führt zu einer weiteren Benzineinsparung. Doch der Magerbetrieb ist nicht unproblematisch, da er erhöhte Stickoxid-Emissionen zur Folge hat. Erste Autohersteller liefern Autos mit Direkteinspritzung aus, andere haben es angekündigt. Das Benzineinsparpotential des EMVT muß sich nun an Motoren mit Direkteinspritzung messen, so dass von den anfangs erwähnten 15% nur noch ein Teil übrig bleibt. Bild 5: Im Detail: AktuatorAuftreffgeschwindigkeit Herausforderung Aktuatorsteuerung 28 Das Hauptproblem beim EMVT besteht in der Steuerung der Auftreffgeschwindigkeit des Ventils bzw. des Ankers. Eine hohe Auftreffgeschwindigkeit macht sich nicht nur akustisch bemerkbar, sie hat auch Einfluss auf den Verschleiss von Ventil und Aktuator und damit auf deren Lebensdauer. Bei heutigen Motoren mit Nockenwelle wird die Auftreffgeschwindigkeit der Ventile von der Drehgeschwindigkeit der Nockenwelle und damit der Kurbelwelle bestimmt. Bei niedrigen Drehzahlen (im Leerlauf) haben die Ventile eine kleine Auftreffgeschwindigkeit. Mit höheren Drehzahlen steigt auch die Ventilauftreffgeschwindigkeit. Messlatte für den EMVT ist die kleinste Auftreffgeschwindigkeit heutiger Nockenwellensysteme, da insbesondere im Leerlauf der Motor akustisch sehr leise ist und Geräusche durch eine hohe Auftreffgeschwindigkeit der Ventile vom Kunden nicht toleriert werden. Die Steuerung beziehungsweise Regelung der Auftreffgeschwindigkeit ist deshalb so schwierig, weil die Regelstrecke ein stark nichtlineares Verhalten aufweist. Je kleiner der Luftspalt zwischen Anker und Spule wird, desto kleiner wird der magnetische Widerstand des magnetischen Kreises und damit desto größer die Kraft auf den Anker bei konstantem Strom. Eine größer werdende Kraft führt aber zu einer Beschleunigung des Ankers und damit auch zu einer Vergrößerung der Geschwindigkeit. Die Feder wirkt zwar einer Beschleunigung entgegen, wobei die Federkraft linear mit kleiner werdenden Luftspalt wächst; die magnetische Anziehungskraft wächst aber überproportional. Durch die Bewegung des Ankers ändert sich der magnetische Widerstand und damit auch die Induktivität der Spule, so dass einerseits die Wirkung des elektrischen Stromes abhängig ist von der Position des Ankers, andererseits ist die Änderungsgeschwindigkeit des Stromes abhängig von der Induktivität, also letztendlich auch von der Position des Ankers. Weitere Probleme entstehen durch die Erwärmung des Aktuators durch Eigenerwärmung und durch Erwärmung durch den Verbrennungsmotor, durch das Ventilspiel, den Gasgegendruck und durch eine schwankende Betriebsspannung. In Bild 4 sind die Ventilposition und -Geschwindigkeit über der Zeit aufgetragen. In den ersten 10 ms erfolgt die Anregung des Ventils aus der Mittellage durch abwechselnde Erregung der Spulen in der Resonanzfrequenz des Schwingsystems. Nach Erreichen einer Endlage wird der Anker von der Spule gehalten und an der weiteren Be- Auto & Elektronik 1/2000 Kfz-Bauelemente THEMA wegung gehindert. Nach weiteren 20 ms erfolgt der Übergang zur anderen Endlage, wozu der Strom in der bisher haltenden Spule abgeschaltet wird und die andere Spule erregt wird. Bild 5 zeigt eine Vergrößerung der Auftreffgeschwindigkeit aus Bild 4, die hier 0,2 m/s beträgt. Ziel der Ventilsteuerung ist, dass die Auftreffgeschwindigkeit kleiner als 0,1 m/s ist. Bild 6 zeigt den prinzipiellen Stromverlauf. Zunächst wird die Spule mit dem sogenannten Fangstrom bestromt. Nach dem Fangen des Ankers genügt ein geringerer Haltestrom, wie es schon lange bei Relais und anderen elektromagnetischen Systemen praktiziert wird. magnetische Ventilsteuerung als offene Steuerkette (blau) als auch als geschlossenen Regelkeis (rot). Closed-loop Control Die Closed-loop-Regelung besteht wie die Open-loop-Steuerung aus einem Stromregelkreis und zusätzlich dazu aus einem Positions- beziehungsweise Geschwindigkeitsregelkreis. In Abhängigkeit der gemessenen Position beziehungsweise Geschwindigkeit wird dem Stromregelkreis der Stromsollwert vorgegeben. Entscheidende Parameter sind die Größe von Fang- und Haltestrom sowie die Ein- und Ausschaltzeitpunkte. Mit dieser Topologie ist es möglich, die Auftreffgeschwindigkeit des Ventils zu minimieren, aber auch Störgrößen auszuregeln. Probleme bereiten die starken Nichtlinearitäten, die Zeitkonstanten der Spulen (Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom), die harten Zeitanforderungen und die Parameterdrift durch Erwärmung und Alterung. Regelung Bild 6: Simulation: Stromverlauf zur Ansteuerung des Aktuators Um die Ventile zu steuern, sind verschiedene Regelstrategien denkbar, die in unterschiedlicher Weise den Anforderungen gerecht werden. Grundsätzlich wird zwischen Open-loop und Closed-loop-control unterschieden. Open-loop Control Bei dieser offenen Kette ist es aus Sicherheitsgründen notwendig, die Stromwerte zum Fangen und Halten des Ankers höher zu wählen als eigentlich notwendig. Dies führt neben einem höheren Energiebedarf auch zu einer höheren Auftreffgeschwindigkeit des Ventils, was sich negativ auf den Verschleiß des Ventils und die Geräuschentwicklung auswirkt. Motoren mit elektromagnetisch betätigten Gaswechselventilen, die im Open-loop-Verfahren betrieben werden, sind insbesondere im Leerlaufbetrieb recht laut und für einen Serieneinsatz ungeeignet. Bild 7 zeigt sowohl die elektro- 30 Auf Grund der positionsabhängigen Wirkung der magnetischen Kraft auf den Anker ist das Erreichen der Regelziele mit einfachen PI- oder PID-Reglern nicht möglich. Im allgemeinen ist der Reglerentwurf in stark nichtlinearen Systemen kompliziert und es existieren keine einfach anwendbaren geschlossenen Methoden. Schon die Frage nach der Stabilität des Regelkreises ist nicht ohne weiteres beantwortbar. Gängigster Ansatz ist die Vorgabe von Stellgrößen-Kurvenverläufen. Beim elektromagnetischen Ventiltrieb bedeutet dies, dass aus Position und Geschwindigkeit mittels Modell berechnet wird, ob und mit welcher Geschwindigkeit der Anker die andere Endlage erreicht. Entsprechend der Abweichung zum Idealverlauf wird der Stromsollwert erhöht oder verringert, so dass Reibung und Gasdruckverluste ausgeglichen werden und das Ventil sanft aufsetzt. Ein weiterer Aspekt beim Reglerentwurf ist die Tatsache, dass der beziehungsweise die Regelkreise in unterschiedlichen Regiemen (Anfangsauslenkung, fangen, halten, los lassen) gefahren werden, womit es sich um ein Hybridsystem, also ein gemischt analogdiskretes System, handelt. Für jedes Regieme muß eine separate Regelstrategie entwickelt und realisiert werden. Die Einbeziehung adaptiver Reglerkonzepte helfen so- Auto & Elektronik 1/2000 Kfz-Bauelemente THEMA wohl bei der Handhabung langsamer Parameterdrift als auch bei der Feineinstellung des Systems auf fertigungsbedingte Schwankungen von Aktuator, Ventil und Zylinder. Systempartitionierung Der Systempartitionierung kommt beim EMVT eine besondere Bedeutung zu, da durch sie die Kosten und die Einsatzbedingungen der Halbleiter besonders beeinflusst werden. In Bild 8 ist eine Topologievariante dargestellt, wobei die grünen Blöcke jeweils eine Aktuatoreinheit und die rosa Blöcke jeweils eine Zylindereinheit darstellen. Es wurde ein Vierzylindermotor mit Dreiventiltechnik zugrunde gelegt. Aus Sicht des Aktuatorherstellers aber auch des Automobilbauers ist eine komplett mechatronische Lösung wünschenswert, d.h. das sowohl die Leistungstransistoren und deren Treiber als auch ein Prozessor im Aktuator integriert werden, so dass jeder Aktuator nur einen 42-V-Anschluss und eine Kommunikationsschnittstelle (z.B. TTP, CAN-Bus) besitzt. Die Realisierung dieses Szenarios hängt in entscheidendem Maße von der Umgebungstemperatur ab, da Controller für Temperaturen über 125 °C nicht zur Verfügung stehen. Nicht ganz so empfindlich sind Leistungstransistoren und SmartMOS-Treiber bei höheren Umgebungstemperaturen, so dass deren Integra- Auto & Elektronik 1/2000 tion eher möglich ist. Die Partitionierung der Steuerungs-Hardware wird also von den Umgebungsbedingungen aber auch von der Leistungsfähigkeit und dem Preis von Prozessoren und SmartMOS-Schaltkreisen abhängen. Der Halbleiteranteil beim EMVT ist erheblich, so dass Halbleiterfirmen großes Interesse haben, diese Anwendung zu verstehen und die Anforderungen für die entsprechenden Bauteile abzuleiten. Die Kosten des Bild 7: Steuerung des elektromechanischen Aktuators 31 Bauelemente THEMA EMVT müssen zu heutigen nockenwellengetriebenen Systemen konkurrenzfähig sein. Motorola kann nicht nur die notwendigen Halbleiter für den elektromagnetischen Ventiltrieb liefern, sondern auch wertvolle Engineering-Leistungen bei der Entwicklung erbringen. Dies können Untersuchungen über die richtigen Prozessoren und SmartMOS- Schaltkreise sein oder die komplette Simulation eines Aktuators einschließlich Steuerelektronik. Das Profiling des Prozessors mit der entwickelten Software gibt Aufschluss über dessen Auslastung und wertvolle Hinweise für Die elektromechani- die Weiterentwicklung der Prosche Ventilsteuerung zessoren. Dies ist insbesondere wird den Motor revo- für den Halbleiterhersteller wichtig, um die nächste Prozeslutionieren und die sorgeneration entwickeln zu letzte vollmechani- können, die dann angepasst auf sche Steuerungsein- die entsprechende Anwendung dem Automobilhersteller weitere heit - die Nockenwelle Kostenvorteile bringt. Motorola - ablösen. möchte sich als kompetenter Ansprechpartner verstehen und in Zusammenarbeit mit seinen Kunden Systeme für die Zukunft entwickeln, die sowohl Motorola als auch den Kunden Vorteile im Wettbewerb bringen. Bild 8: Topologievariante für den elektromagnetischen Ventiltrieb ökonomischer Herausforderungen sind neben der Automobil- und Zulieferindustrie auch Halbleiterfirmen gefragt. Literatur [1] M. Klüting, A. Grudno, J. Poggel - Funktion, Potential und Energieversorgung eines innovativen elektromechanischen Ventiltriebs. In: A. Krappel: Kurbelwellenstartgenerator (KSG) - Basis für zukünftige Fahrzeugkonzepte. expert verlag, Renningen-Malmsheim, 1999, S. 113- 129 [2] F. van der Staay, H. Kemper, M. Pischinger, W. Salber: Variable Valve Timing - A new Dimension in Engine Controls. EAEC ’99, Barcelona, Spain, 30.6.-2.7.1999 [3] Patent-Offenlegungsschrift DE 197 12 054, Okt. 1998 [4] Patent-Offenlegungsschrift DE 197 23 923, Dez. 1998 Zusammenfassung Durch die freie Steuerung der Ventile werden signifikante Verbesserungen im Verbrauch und den Emissionswerten erreicht. Ob sich die EMVT aber am Markt durchsetzen wird, hängt neben einer kostengünstigen Lösung noch bestehender Probleme auch von der Entwicklung anderer Technologien und den Strategien der Automobilfirmen ab. Bei einer Reihe technischer und 32 338 Auto & Elektronik 1/2000