Arbeit, Energie, Impuls und Erhaltungssätze Beispiel: • Arbeit wird verrichtet, wenn eine Masse angehoben wird. „Steine auf den Berg schleppen ist anstrengend.“ • Arbeit im physikalischen Sinne wird aber nicht verrichtet beim Erzeugen einer Kompensationskraft zur Gewichtskraft, d.h. beim Halten der Masse. • Entgegen Alltagserfahrung: „Steine im Arm halten ist auch anstrengend.“ Man kann die Steine auf einen Tisch legen, der die Kompensationskraft erzeugt. Der Tisch verrichtet dabei keine Arbeit, sondern es wirken nur Kräfte. • Arbeit wird verrichtet, wenn man eine Masse gegen eine Kraft verschiebt. Keine Arbeit wird verrichtet bei waagerechtem Verschieben auf einer Luftkissenschiene, weil keine Kraft in diese Richtung wirkt. • Beim Verschieben der „Steine auf dem Tisch“ wird Arbeit verrichtet, da die Verschiebung gegen die Reibungskraft verläuft. 97 Zur Erinnerung: Zum Anheben der Masse hat man viele Möglichkeiten, z.B. Flaschenzug: r F r s r r F s r F Versuch: Flaschenzug r s Will man die Kraft verkleinern, muß man einen größeren Weg in Kauf nehmen. Beispiel 2: schräge Luftkissenschiene: r F r F 98 1 Definition der Arbeit (ortsunabhängige Kräfte): r r W = F ⋅s Arbeit = Kraft • Weg Die Arbeit ist eine skalare Größe. Sie wird aus dem Produkt zweier Vektoren berechnet:? Skalarprodukt Das Skalarprodukt berücksichtigt nur die Komponente des einen Vektors, die in die Richtung des anderen Vektors zeigt und die man mit dem r sF Betrag des anderen Vektors multipliziert. r F⊥ r r r r F ⋅ s = F|| s r F trägt nicht zur Arbeit bei. α r r r r F ⋅ s = F s cos α r s⊥ r F⊥ r s r F|| In kartesischen Koordinaten: r r F ⋅ s = ( Fx , Fy , Fz ) ⋅ (s x , s y , s z ) = Fx s x + Fy s y + Fz s z 99 Ortsabhängige Kräfte, krummlinige Verschiebung in einem Kraftfeld Die Verschiebung muß in kleine Streckenelemente zerlegt werden. Die Arbeit wird für jedes Teilstück berechnet und aufsummiert. W = ∑ r r F ⋅ ∆s r r2 r ∆s r F r r1 Grenzübergang zu ∆s → 0 liefert Integral W = ∫ r r r F (r ) ⋅ ds Weg s r r Integration von einem Startpunkt r1 entlang einer Kurve s (r ) zu einem r Endpunkt r 2 100 2 Konservatives Kraftfeld Beispiel: schiefe Ebene ohne Reibung (konstante Kraft) r r2 r F r ∆s r r1 Wenn die verrichtete Arbeit unabhängig vom Verlauf des Weges zwischen r r zwei beliebigen Punkten r1 und r 2 ist, nennt man das Kraftfeld konservativ. Hier zählt nur die Aufwärtskomponente des Weges, d.h. die Komponente der Verschiebung in Richtung der Kraft. 101 Äquivalente Definition: Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn die verrichtete Arbeit entlang jeder geschlossenen Kurve gleich Null ist. ∫ r r F ⋅ ds = 0 (Linienintegral ) Anschaulich ist auch folgende äquivalente Formulierung: Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn in jedem Punkt die Wirbelstärke gleich Null ist. (Wirbelstärke wird mit dem mathematischen Operator In einem Wirbelfeld r rot F r rot F berechnet.) r rot F ≠ 0 wird auf einer geschlossenen Bahn Arbeit verrichtet. Das Gravitationsfeld ist ein konservatives Kraftfeld. 105 3 Der physikalische Arbeitsbegriff ( = ) steht oft im Gegensatz zur täglichen Erfahrung 102 Wegabhängigkeit der Arbeit Beispiel: schiefe Ebene mit Reibung r r2 r F r ∆s r r1 Die verrichtete Arbeit ist wegabhängig. Ein Teil der Arbeit wird in Reibungswärme umgewandelt und liegt nicht mehr als mechanische Energie vor. 104 4 Potentielle Energie Voraussetzung: konservatives Kraftfeld. Verrichtete Arbeit hängt nur von Startpunkt r r r1 und Endpunkt r 2 ab, nicht vom Wegverlauf dazwischen. Die Arbeit, die verrichtet werden muß, um den Körper vom Startpunkt zum Endpunkt im Kraftfeld r r2 W = − ∫ r r r F (r ) ⋅ d s r r1 Hier ist eine Haltekraft r r F (r ) (z.B. Schwerefeld) zu verschieben, ist: Vorzeichenkonvention: Das Vorzeichen ist so zu wählen, daß die dem Körper zugeführte Energie positiv zu zählen ist. Anheben des Körpers erhöht seine potentielle Energie, beim Fallen des Körpers verliert er potentielle Energie, die gegebenenfalls als äußere Arbeit abgegeben werden kann. r r r r − F (r ) auf den Körper wirksam, die F (r ) kompen- siert, damit eine Verschiebung und keine Beschleunigung stattfindet. Wählt man den Startpunkt als Referenzpunkt r rRe f, kann man jedem Ort eine potentielle Energie zuordnen. r r ∫ r r r Epot ( r ) = − F ⋅ ds r rRef 106 Beispiel: Potentielle Energie einer Probemasse m 2 im Gravitationsfeld einer Punktmasse m 1 . (Ort der Masse am Nullpunkt des Koordinat ensystems) r r r m1 m 2 r FG ( r ) = −G r2 r Kompensationskraft: r r r m1 m2 r FK ( r ) = G r2 r Potentielle Energie bzgl. Referenzpunkt im Unendlichen r E pot ( r ) = r r ∫ r r∞ r m1 m2 r ′ r G ⋅ ds , r ′2 r ′ (Variable : r ´). Wahl eines bestimmten Weges: direkter Weg entlang des Radiusvektors r r r r' r m1 m 2 r ′ r′ G ⋅ dr r ′2 r ′ r r∞ r r Der Verschiebungsvektor dr ′ zeigt in Richtung von r ′ , obwohl von außen r Epot ( r ) = ∫ nach innen integriert wird (das ist bei den Integrationsgrenzen berücksichtigt) . r r r ′ ⋅ dr ′ = r ′ dr ′ 107 5 Umschreiben des Integrals in ein Integral über skalare Größen: r Epot ( r ) = ∫ ∞ Man erhält: m1 m 2 ′ G dr r ′2 r Epot (r ) = G m1 m 2 ∫ ∞ 1 dr ′ r ′2 Berechnung des Integrals: r 1 Epot (r ) = G m1 m 2 − r ' ∞ 1 1 Epot (r ) = −G m1 m 2 − r ∞ Ergebnis: Potentielle Energie im Gravitationsfeld, E pot ( r ) = −G (Referenzpunkt im ∞): m1 m 2 r 108 Potential: Man kann aus der Gleichung die Probemasse r analog vorgehen: r r ϕ (r ) = − ∫ r r g ⋅ ds m2 herausnehmen und r r analog zu : ∫ r r r Epot ( r ) = − F ⋅ ds, r rRef r rRef r m ϕ (r ) = −G 1 r analog zu : r m m E G ( r ) = −G 1 2 . r ϕ ist das Gravitationspotential. Potentielle Energie und Potential haben den Vorteil, daß sie skalare Größen sind. Skalare Felder: Epot ( x, y , z) bzw. ϕ ( x, y, z ) Trotzdem kann man die Kraft bzw. die Feldstärke wieder aus ihnen berechnen. Das Gesamtpotential von mehreren Einzelmassen ist die Summe der Einzelpotentiale → Superpositionsprinzip. (Linearität der Dglen) 109 6 Potential (bzw. potentielle Energie) für eine Masse y ϕ x 110 Potential (bzw. potentielle Energie) für zwei gleichgroße Massen y ϕ x 111 7 Potential (bzw. potentielle Energie) für zwei Massen m1/m2 = 5/1 y ϕ x 112 Sattelpunkt: ϕ y x Lagrange-Punkt: ∂ϕ ∂2ϕ =0, > 0. ∂x ∂x2 ∂ϕ ∂2ϕ = 0, < 0. ∂y ∂y2 8 Potential (bzw. potentielle Energie) für drei Massen y ϕ x 114 Berechnung der Kraft aus dem Feld der potentiellen Energie: r r F = −grad Epot ( r ) analog Berechnung der Feldstärke aus dem Potential: r r g = −grad ϕ( r ) Gradient in kartesischen Koordinaten: ∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ grad ϕ( x, y , z ) = , , ∂x ∂y ∂z (Differentialoperator) Der Gradient (Vektor!) gibt Richtung und Betrag der Steigung eines skalaren Feldes an. Vorstellung: Potentielle Energie = Berglandschaft → Gradient zeigt bergauf Kraft wirkt bergab = − grad r Epot ( r ) 115 9 r r Potentielle Energie an der Erdoberfläche (im Alltag). r r r FK ∫ r r r Epot (r ) = − FG ⋅ ds r rRef r rRef = Fußboden (Referenzhöhe) r rRef r ∆s r FG h Die Kraft ist in guter Näherung konstant = mg und wirkt immer senkrecht Epot ( h ) = m g h h vom Fußboden aus gemessen (h << rErde). Einheit der Energie und der Arbeit: 1 Joule = 1 Newton • 1 Meter 1 J = 1 N m = 1 kg m2 / s2 Die Einheit wird auf die bekannten Einheiten zurückgeführt. Vergleich: r r M 116 z Feld einer Punktmasse Gravitationsfeld im Labor r r r r r Mmr F ( r ) = (0, 0, − mg ) Kraft: F ( r ) = −G 2 r r r r r r r M r g ( r ) = ( 0, 0, − g ) Feldstärke: g ( r ) = −G 2 r r r r r r M ϕ (r ) = g z Potential: ϕ (r ) = − g ⋅ dr = − G r r r r r r Mm Pot. Energie: E pot (r ) = − F (r ) ⋅ ds = −G Epot (r ) = m g z rr ∫ ∫ rr r Mm r Kraft: F (r ) = −grad E pot (r ) = − G ⋅ . r2 r r r r r M r Feldstärke: g (r ) = − grad ϕ (r )= − G ⋅ r2 r Bezugspunkt im Unendlichen r r r F (r )= − m g. r r g ( r ) = ( 0, 0, − g ) Bezugspunkt bei z=0 117 10 Potentielle Energie einer Masse m kann in kinetische Energie umgewandelt werden. Ekin = 1 r2 mv 2 r r Eine Masse in einem konservativen Kraftfeld F (r ) bewege sich mit der Geschwindigkeit r r r m a = F (r ) r r v (r ) . Sie wird durch die Kraft beschleunigt: In dem kleinen Zeitintervall ∆t legt sie den Weg r r ∆s = v ∆t zurück. Das Kraftfeld verrichtet die Arbeit: r r r r r r r r r m d (v 2 ) dv r ∆W = F( r ) ⋅ ∆s = F (r ) ⋅ v ∆t = m a ⋅ v ∆t = m ⋅ v ∆t = ∆t . 2 dt dt an der Masse. Also: (Abnahme der pot. Energie) ∆W dW d m 2 1 2 → = v , ⇒ Wkin = mv ( + const.) ∆t dt dt 2 2 (= Ekin. ). 118 Um den gleichen Wert hat die potentielle Energie abgenommen: r r v Epot (r + ∆s ) = Epot ( r ) − ∆W . Beide Energieformen können ineinander umgewandelt werden. In konservativen Kraftfeldern gilt somit die Erhaltung der Summe: E = Epot + Ekin Energieerhaltungssatz der Mechanik. Potentielle Energie kann auch in einer elastischen Verformung stecken. (Feder): Elastizitätskräfte werden später behandelt. Versuch: Fadenpendel Epot = m g h Epot = m g h h Ekin = 1 mv2 2 119 11 Der Energiesatz ist geeignet, um z.B. den Betrag der Geschwindigkeit zu berechnen ohne die genaue Bahnkurve bestimmen zu müssen. freier Fall Pendel Epot = m g h Epot = m g h Ekin h r v 1 = mv2 2 Epot = m g h Ekin = r v 1 mv2 2 In beiden Fällen erhält man aus dem Energiesatz den gleichen Wert r v. Beim Fadenpendel wirken zusätzliche Kräfte (Fadenspannung), die die Richtung von r v ändern, aber keine Arbeit verrichten. Die Fadenspannung steht immer senkrecht zu r r damit auch zum Weg ∆s = v ∆t. r v und 120 Beispiel: Planetenbewegung E = E pot + E kin = −G r2 m1 m 2 1 + m2 v r 2 Bei Kreisbewegungen bleibt r konstant → Epot ist konstant → Ekin ist konstant → r v ist konstant. Bei elliptischen Bahnen wird Epot und Ekin ineinander umgewandelt In kartesischen Koordinaten: E = −G m1 m 2 x +y +z 2 2 2 + 1 2 2 2 m2 (v x + v y + v z ) 2 Bei Planeten-(Kometen-) Bahnen mit starker Exzentrizität spielt die Umwandlung zwischen kin. und pot. Energie eine große Rolle. 121 12 Erhaltung der Energie ist von grundlegender Bedeutung in der Physik. Wenn das Kraftfeld nicht konservativ ist, geht mechanische Energie bei Bewegung verloren. Reibungskräfte z.B. verwandeln kinetische Energie in Wärmeenergie, d.h. in Bewegungsenergie einzelner Gasmoleküle oder in Schwingungsenergie von atomaren Bausteinen in Festkörpern. Energie kann z.B. auch als Strahlung transportiert werden. → Energie im elektro-magnetischen Strahlungsfeld. Elektrische, magnetische Energie, Kernenergie, etc. Die Gesamtenergie in einem abgeschlossenen System bleibt erhalten. Die Gesamtenergie ändert sich, wenn von außen Energie zu(ab)geführt wird. Energiebilanz stimmt nur, wenn alle Energieformen betrachtet werden. Der Begriff „Energieverbrauch“ im Alltag bedeutet, daß „höherwertige“ Energie in geringwertige Wärmeenergie umgewandelt wird und aus thermodynamischen Gründen keine Rückumwandlung möglich ist. Bewertung von Energie: s. Abschnitt Wärmelehre (Entropie). 122 Massenerhaltung In einem abgeschlossenen System bleibt die Masse erhalten. Anmerkungen zur Relativitätstheorie: Die Relativitätstheorie verknüpft beide Erhaltungssätze durch den E = mc2 Zusammenhang: Energie und Masse können ineinander umgewandelt werden. Massendefizit bei Energieerzeugung durch Kernprozesse direkt nachweisbar. Speicherung der kinetischen Energie im bewegten Körper erfolgt als Masse. E Ges = m0 c 2 1− v 2 c 2 = m 0 c 2 + Ekin = m c 2 . Massenzunahme eines Sprinters: m0: Ruhemasse. 5 ·10 -14 kg Kinetische Energie der Erde entspricht: 3 ·10 +16 kg (vgl. MErde ˜ 6·1024 kg) Die vergrößerte Masse unterliegt nun der Trägheit. 123 13 Das Gravitationsfeld ist keine Hilfsgröße zur Berechnung der Kraft, sondern ist wirklich im Raum präsent. Es hat eine Energiedichte: r2 g E =− . V 8π G An der Erdoberfläche beträgt die Energiedichte: E V = 5 ,74 ⋅ 10 10 geo J . m3 Die potentielle Energie einer Masse ist in der Feldenergie gespeichert. Die Feldenergie ist einer Masse proportional E = m c 2 , die wiederum Gravitation verursacht. Daraus Massendichte: ⇒ m 1 E kg = 2⋅ = 0.64 ⋅10−6 3 v geo c V geo m Dieser Effekt erklärt die Periheldrehung des Merkur (Rosettenbahn). Periheldrehung pro Jahrhundert in Bogensekunden: 5600,7 ± 0.4 Messung: Berechnete Drehung (andere Planeten u. relat. Effekte): 5557,6 ± 0.2 Differenz: 43,1 ± 0.6 Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie: 43,0 124 Impuls: Suche nach einer gerichteten (vektoriellen) Erhaltungsgröße in einem abgeschlossenen System (ohne äußere Kräfte). Versuch Luftkissenschiene: r v1 m1 m2 r v2 Es wirken innere Kräfte (Feder) aber keine äußeren Kräfte, also der Schwerpunkt von r r r r m1 und m2 bleibt in Ruhe: m1ds1 = m1v1 ⋅ dt = −m2v2 ⋅dt = −m2ds2 Die Gesamtgeschwindigkeit wird nicht erhalten. Aber für die Produkte aus Massen und Geschwindigkeiten finden wir: r r m1 v 1 + m 2 v 2 = 0; r r Das Produkt p = m v r r p1 = − p2 . ∑ nennt man Impuls. Der Impuls ist ein Vektor. r pi = 0. ERHALTUNGSGRÖSSE! Der Gesamtimpuls ändert sich nach Lösen der Feder nicht. 125 14 Impuls („Anstoß“, engl.: momentum) ist uns aus der Alltagserfahrung wenig vertraut. Die Impulserhaltung ist wie die Energieerhaltung grundlegend in der Physik. Die vektorielle Summe aller Impulse in einem abgeschlossenen System (System ohne äußere Kräfte) bleibt erhalten. r p= ∑ r m i v i = const. i vorher nachher nur interne Kräfte wirken in ? t. r p r m1v 1 r p 126 Versuch „Billiard“: 1 r r r pvorher = (p1 + p 2 )nachher r p vorher 1 2 Energie- und Impulserhaltungssatz sind ideal, um Aussagen über den Bewegungszustand nach einer Wechselwirkung zu machen, ohne die Bahnen der Massen während der Wechselwirkung zu kennen, d.h. ohne die Details der Wechselwirkung zu kennen. 127 15 Die Impulserhaltung ist direkte Folge des Newton‘schen Reaktionsprinzipes und des Aktionsprinzipes: r Wenn die Kraft F , die auf die Masse m1 wirkt, ihren Ursprung in der Masse m2 hat, so wirkt auf diese die entgegengesetzt r gleiche Kraft − F , (Reaktionsprinzip). r r r Anfangsimpuls: m1v 1 + m 2v 2 = Pges . r r Die Kraft F beschleunigt m1 und die Kraft − F beschleunigt m2 . r r −F a2 = m2 r r F a1 = m1 (Aktionsprinzip) Nach dem kurzen Zeitintervall ∆t haben die Massen die Geschwindigkeiten: r r v r F v 1 + a1 ∆t = v 1 + ∆t m1 r r v r −F v 2 + a 2 ∆t = v 2 + ∆t m2 also gilt Impulserhaltung: r r m1v 1 + F ∆t + r r m 2v 2 − F ∆t = r Pges = const. 128 Verallgemeinerte Form des Newtonschen Aktionsprinzipes Eine Kraft auf eine Masse verursacht eine Impulsänderung: Nach der Zeit ∆t ist der Impuls r r r r r r r r p + ∆p = m v + m ∆v = m v + m a ∆t = m v + F ∆t also r r ∆p = F ∆t → F r ∆pr F= ∆t t Das verallgemeinerte Aktionsprinzip lautet: (Wichtig!) r d pr F= dt r p(T ) = ∫ r r F (t ) ⋅ dt + (p 0 ) T (Kraftstoß,engl.: impulse).Details der Kraftübertragung spielen keine Rolle! 0 Mit der Produktregel erhält man: r r d(mvr ) dm r dv F= = v +m dt dt dt Der zweite Term ist der bekannte Term r ma , der erste Term wird in den nächsten 3 Folien behandelt. 129 16 Gedankenexperiment: Radfahrer (v(t 0) = v0.) im Mückenschwarm: Die Mücken bleiben am Radfahrer kleben. Die Masse des Radfahrers erhöht sich um dm pro Zeitintervall dt. Die Kraft zur Beschleunigung des Radfahrers beträgt: r r r r r2 r r dm r dv dm d x r F (t ) = v +m = ⋅ ⋅ v + ma = m´⋅ v ⋅ ev + ma. dt dt dx dt 1.Term ist der Impulsübertrag auf die Mücken (Beschleunigung der Mücken von 0 auf v), die Mücken haben im Mittel keinen Anfangsimpuls. Dieser Term tritt auch bei v = const. auf! 130 Versuch Rakete: Rakete ändert ihre Masse durch den Ausstoß von verbranntem Treibstoff. Berechnung im Bezugssystem Erde. Im Zeitintervall dt stößt die Rakete die Masse dm mit r r r u = v T − v R aus. r r Der Impulsübertrag auf den Treibstoff ist dp = dmT u. Relativgeschwindigkeit Die Kraft auf die Rakete (Gegenkraft) ist also: r r dm r dp F= − = − T u. dt dt r u Sie wirkt gegen die Gewichtskraft und beschleunigt die Rakete r r r dvR F = mR − mR g. dt mR r vR dmT r vT Erde Gleichsetzen liefert: r dv R 1 dmT r r =− u+g. dt m R dt Beachte: dmT = −dm R 131 17 Lösen der Differentialgleichung durch Integration: r dv R 1 dm R r r = u+g dt m R dt t t r dv R 1 dm R r r dt ′ = ( u + g ) dt ′ dt ′ mR (t ′) dt ′ ∫ ∫ 0 0 r r r v R ( t ) − v R (0 ) = u m( t ) ∫ m( 0 ) (Integrationsvariable: t´) t 1 dm ′R + m ′R ∫ r g dt ′ (Umkehrung der Kettenregel) 0 r r r r v R ( t ) − v 0 = u ( ln mR (t ) − ln m0 ) + g t r r r m (t ) r m (t ) v R ( t ) = v 0 + u ln R + g t ; ln R < 0. m0 m0 Endgeschwindigkeit hängt nur von der Ausstoßgeschwindigkeit u und vom Verhältnis Nutzlast / Startmasse ab. 132 Stoßgesetze (Anwendung des Impuls- und Energieerhaltungssatzes) Elastischer Stoß: keine Kräfte Konservative (Energie-erhaltende) Kräfte keine Kräfte r v1 r u1 r v2 r u2 Inelastischer Stoß: keine Kräfte nicht konservative Kräfte keine Kräfte r v1 r u1 r v2 r u2 133 18 Die Impulserhaltung gilt f ür elastische und inelastische Stöße : r r r r m1v 1 + m 2v 2 = m1u1 + m2 u 2 . Für elastische Stöße gilt zusätzlich die Erhaltung der kinetischen Energien: 1 1 1 1 2 2 2 2 m1 v 1 + m 2 v 2 = m1 u1 + m 2 u 2 , 2 2 2 2 bei inelastischen Stößen wird mechanische Energie in andere Energieformen (z.B. Wärme) umgewandelt. Es gilt nur noch die Ungleichung: 1 1 1 1 2 2 2 2 m1 v 1 + m 2 v 2 > m1 u1 + m 2 u 2 . 2 2 2 2 134 Elastische Stöße im „Laborsystem“: Zentraler Stoß (eindimensionale Bewegung) Es gelten beide Erhaltungssätze: m1v 1 + m 2v 2 = m1u1 + m 2u 2 , oder : p1 + p2 = p1´ + p2 ´. 1 1 1 1 2 2 2 2 m1 v 1 + m 2 v 2 = m1 u1 + m 2 u 2 , oder : 2 2 2 2 2 2 p1 p p ´2 p ´2 + 2 = 1 + 2 . 2 m 1 2 m 2 2 m 1 2m 2 Zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten p´1 und p´2 . : 135 19 m1v 1 + m2 v 2 = m1u1 + m 2u 2 , (I ) : 2 oder : p1 + p2 = p1´ + p2 ´. 2 p1 p p ´2 p ´2 + 2 = 1 + 2 . 2m 1 2m 2 2m 1 2m 2 ( II ) : Auflösung: ( ) ( ) (II ) : 1 1 p12 − p1´ 2 = p2´ 2 −p22 . 2m1 2m2 (II ) : 1 (p1 − p1´)(p1 + p1´) = 1 (p2 ´−p2 )(p2´+p2 ). 2m1 2m2 Mit (I): u1 = p1 − p1´ = p 2´− p2 . v 1 (m1 − m 2 ) + 2m2 v 2 , m1 + m2 u2 = v 2 ( m 2 − m1 ) + 2m1v 1 . m1 + m2 136 Spezialfälle zum zentralen elastischen Stoß: 1. Massen der Kugeln sind gleich: u1 = v 2 u 2 = v 1. , Geschwindigkeiten werden vertauscht. 2. Gleiche Massen und zweite Kugel ruht vor dem Stoß: u1 = 0 u 2 = v 1. , Erste Kugel ruht nach dem Stoß und maximaler Energieübertrag erfolgt. 3. m2 unendlich groß und ruht: u1 = −v 1 , u2 = 0 Masse 1 wird reflektiert, kein Energieübertrag, maximaler Impulsübertrag ∆ p = m1v 1 − m1u1 = 2m1v 1. 137 20 Versuch: Stöße mit Wagen auf Luftkissenschiene v1 = v m1 = m v2 = 0 m2 = m v1 = v m1 = m u1 = 0 ⇒ u2 = v ⇒ u1 = −v 138 v1 = v m1 = m v2 = 0 m 2 = 2m v1 = v m1 = 2m v2 = 0 m2 = m u1 = v 1 (m1 − m 2 ) + 2m 2v 2 1 = − v m1 + m 2 3 u2 = v 2 ( m 2 − m1 ) + 2m1v 1 2 = + v m1 + m2 3 u1 = v 1 (m1 − m 2 ) + 2m 2v 2 1 = + v m1 + m 2 3 u2 = v 2 ( m 2 − m1 ) + 2m1v 1 4 = + v m1 + m2 3 ⇒ ⇒ 139 21 Versuch: Kugelreihe mit und ohne Klebewachs r r p1 = pn Der von der rechtenrKugel aus gehende Kraftstoß p1 wandert durch r die Kugelreihe und wird als pn an die linke Kugel abgegeben und umgekehrt. r pn r p1 Inelastischer Stoß: Klebewachs zwischen den Kugeln führt zu Verlust von mechanischer Energie (inelastischer Stoß). 140 Dezentraler Stoß (dreidimensionale Bewegung) π z Es gelten beide Erhaltungssätze mit vektoriellen Geschwindigkeiten. r r r r m1v 1 + m 2v 2 = m1u1 + m 2 u2 r 2 1 r 2 1 r 1 r 2 1 m1 v1 + m2 v 2 = m1 u1 + m2 u2 2 2 2 2 In Komponentenschreibweise: Jede Komponente des Impulses wird m1v 1x + m 2v 2 x = m1u1x + m2 u 2 x m1v 1y + m2 v 2 y = m1u1y + m 2 u2 y m1v 1z + m 2v 2 z = m1u1z + m 2 u 2z 2 für sich erhalten 4 Gleichungen mit 6 Unbekannten u1x , u1y , u1z , u2x , u2y , u2z . 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 m1(v1x + v 1y + v1z ) + m2 (v 2x + v 2y + v 2z ) = m1(u1x + u1y + u1z ) + m2 (u2x + u2y + u2z ) 2 2 2 2 Ergebnis hängt von der Geometrie des Stoßes ab. → Berechnung der Bahnen aus der Kenntnis der Stoßparameter πx , πy . 141 22 Dezentraler Stoß im Schwerpunktsystem Wahl des Koordinatensystems führt zur Vereinfachung. Jedes Inertialsystem ist zur Beschreibung physikalischer Vorgänge geeignet (siehe nächster Abschnitt). Geradlinig-gleichförmig bewegte Koordinatensysteme sind Inertialsysteme. Schwerpunkt (Massenmittelpunkt). Definition: Der Punkt r 1 rS = M ∑ r mi r i M : Gesamtmass e = i heißt Schwerpunkt. ∑ mi i (Siehe Abschnitt: „Rotation“) Der Gesamtimpuls eines abgeschlossenen Systems wird erhalten, r pgesamt = ∑ r r r r m i r&i = M r&S = M v S = pS i also bewegt sich der Schwerpunkt geradlinig-gleichförmig. Er ist Ursprung eines Inertialsystems. 142 Der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem ist Null, da der Schwerpunkt nun im Ursprung ruht. Für zwei Teilchen gilt: r r r r p1 + p2 = m1v 1 + m2v 2 = 0 r m1u1 r r p1 = m1v 1 r r p2 = m2v 2 r m2 u2 Die kinetische Energie wird beim elastischen Stoß erhalten: r 2 1 r 2 1 r 2 1 r 2 1 m1 v 1 + m2 v 2 = m1 u1 + m 2 u 2 2 2 2 2 r r r r mit m1 v 1 = m2 v 2 und m1 u1 = m 2 u 2 folgt, daß sich nur die Richtung der Geschwindigkeiten ändert (Impulsübertrag), aber beide Massen ihre kinetischen Energien beibehalten. Bei drei Teilchen kann auch Energie ausgetauscht werden. 143 23 Da der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem immer Null ist, gilt: r r r r p1,S = − p2 S und p´1,S = −p´ 2S 2 p1 2 2 p1 2 1 1 p´1 + = 2 m1 m2 2 und: 1 1 + m1 m2 oder: m1 + m 2 p´1 2 m1 + m 2 = 2 m1 ⋅ m2 m1 ⋅ m2 mit der „reduzierten Masse“ 2 µ: µ = m1 ⋅m2 : m1 + m 2 2 p1 p´ 1 = . 2µ 2µ Kinetische Energie im Schwerpunktsystem bleibt beim elastischen Stoß erhalten 144 Inelastischer Stoß im Schwerpunktsystem: Der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem ist Null ∑ r pi = 0 i Durch Energieumwandlung wird die kinetische Energie kleiner. Nach dem Stoß muß immer noch gelten: ∑ r p ′i = 0 i Aber die einzelnen Impulse können kleiner geworden sein. Im Extremfall können alle Einzelimpulse Null werden. Umwandlung der gesamten kinetischen Energie der Relativbewegungen. Vom anderen Koordinatensystem aus gesehen: Der „Schwerpunktimpuls“ und die „Schwerpunktenergie“ bleiben übrig: r r pS = M v S ES = 1 r M vS 2 2 145 24 Stöße an Wänden: Das System ist nicht abgeschlossen. Äußere Kräfte der Wand. 1. elastisch: Die Wand bleibt in Ruhe, also kein Energieübertrag auf die Wand. 1 2 mv 2 = 12 mu 2 ⇒ r r v =u Keine Kräfte parallel zur Wand mv || = mu|| also: Einfallswinkel = mv⊥ = −mu⊥ Ausfallswinkel (Reflexions- mv 2 > 12 mu 2 ⇒ r r v >u Keine Kräfte parallel zur Wand mv || = mu|| Folglich: r v gesetz 2. inelastisch: 1 2 r u mv ⊥ > − mu⊥ r u r v 146 25