Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen durch

Werbung
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen durch
Maßnahmen des Positive Behavior Support
Vortrag auf dem Siegener Forum Förderpädagogik 2015
„Impulse für die (inklusive) Schulentwicklung“
Vertr. Prof. Dr. Anna-Maria Hintz (Universität Siegen)
E-Mail: [email protected]
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Umgang mit herausforderndem
Verhalten und Störungen stellt
eine der größten Befürchtungen
bzgl. schulischer Inklusion dar
schulische Inklusion
Lernen
Emotionale und
soziale
Entwicklung
„Förderung emotionaler und sozialer
Kompetenzen durch Maßnahmen des
Positive Behavior Support“
(Forlin, Keen & Barlett, 2008; Hintz, Paal, Urton, Krull, Wilbert & Hennemann, 2015)
2
1
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Einleitende Fragen
• Wenn Sie an Ihre Traumschule denken ...
– Welche Verhaltensweisen würden Sie bei den SuS weniger sehen bzw. hören?
– Welche Verhaltensweisen würden Sie bei den SuS mehr sehen bzw. hören?
• Wenn Sie an die drei SuS denken, die Sie durch ihr Verhalten am meisten
herausgefordert haben…
– Wie haben diese darauf reagiert, wenn auf ihr Verhalten negativen Konsequenzen folgten?
exemplarische Möglichkeit
praktischer Umsetzung
theoretische / empirische
Grundlagen
3
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Verhaltensauffälligkeiten
• 0,8% aller SuS mit Diagnose für FS Emotionale und soziale Entwicklung (Hennemann & Casale, im Druck)
• Prävalenz deutlich höher
– 2 bis 15% aller Kinder und Jugendlichen (Ihle & Esser, 2008)
– ca. 20% aller 11 bis 21-Jährigen (Hölling et al., 2014)
• hohe Komorbidität von Beeinträchtigungen im Lernen und im Verhalten (Klauer & Lauth, 2004)
• hohe Persistenz, ohne adäquate Intervention (Hennemann & Casale, in press)
• Längsschnittuntersuchungen:
– Zusammenhang: geringe akademische und soziale Kompetenzen  Risiko bei Transition in Erwerbstätigkeit
(Wild & Krapp, 2006)
• oft frühe Anbahnung ungünstiger Verläufe und Manifestierung
– durch mangelnde Passung von Bedürfnissen und Bildungsangebot
Prävention4
2
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Möglicher Fehlschluss hinsichtlich negativer Konsequenzen
•
die meisten SuS (ca. 80%) sind sozial kompetent und zeigen kaum problematisches Verhalten
– Ansprechen darauf allein wird bereits als unangenehm wahrgenommen: ggf. weinen, entschuldigen sich von sich aus,
erzählen davon zu Hause, geloben Besserung
– erwartetes prosoziales Verhalten beizubringen und regelmäßiges Loben ist ausreichend für individuellen Erfolg
•
die wenigen Kinder, die in starkem Maße problematisches Verhalten zeigen, binden deutlich mehr Zeit
und Kraft und würden auf die selbe Ansprache ganz anders reagieren
– „Verstehe ich nicht!“ „Wo ist überhaupt das Problem?“ „Mir ist es eh egal, ich kann auch einfach jede Pause drin
bleiben!“, ggf. zeigt sich auf eine Reaktion die zum Ausdruck bringt „Du nimmt mir meine Pause? Das wirst du bereuen!“
– negative Konsequenzen funktionieren nicht
• wenn Person nicht weiß, wann welches Verhalten wie genau erwartet wird
• wenn Bedürfnisse der Person in starkem Maße durch Problemverhalten befriedigt werden
(z.B. Aufmerksamkeit, Vermeidung, …)
•
Was tun, wenn übliche Konsequenzen bei unerwünschtem Verhalten wenig Erfolg zeigen?
– explizite Unterstützung und Förderung emotional-sozialer Kompetenzen und Verhaltens notwendig
– Hinterfragen individueller Hintergründe und Funktion des Verhaltens
– Lernumgebung und Lehrerhandeln reflektieren  Beitrag zu Entstehung und Aufrechterhaltung des Verhaltens?
Prävention5
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Aufgrund begrenzter Ressourcen: stufenweise Prävention mit PBS
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
indizierte Prävention
-
-
hochgradig individualisierte, intensive und
auf Funktion des Verhaltens ausgelegte
Förderung (Diagnostik)
mehr Aufmerksamkeit durch Erwachsene
mehr Gesprächs- und Übungsgelegenheiten
(z.B. Check in Check out)
(für SuS, die für individuellen Erfolg noch
intensivere Unterstützung benötigen)
selektive Prävention
für SuS, die für individuellen Erfolg mehr
und intensivere Unterstützung benötigen
universelle Prävention
für alle SuS
-
sichere und vorhersehbare Lernumgebung
wenige positiv formulierte schulweite Regeln
Gelegenheiten zum Erlernen sozialer Kompetenzen
explizite Vermittlung sozialer Kompetenzen
regelmäßige Anerkennung für prosoziales Verhalten
6
3
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Positive Behavior Support
Aufbau sozial-emotionaler
Kompetenzen, explizites Vermitteln
und Verstärkung positiver
Verhaltensweisen
Verringerung unerwünschten
Verhaltens
Verbesserung des Klassen- und
Arbeitsklimas / der Lebensqualität
• basiert auf empirischen Forschungsergebnissen und praktisch bewährten Vorgehensweisen (cultural fit)
• besonders wirksam bei schulweiter Umsetzung (Sugai, Horner, Dunlap, Hienemann, Lewis et al., 2000)
(Carr, Dunlap, Horner, Koegel, Turnbull et al., 2002; Hieneman, Dunlap & Kincaid, 2005; Sugai & Horner, 2006)
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Eine evidenzbasierte Möglichkeit des PBS
Check in/ Check out (CICO)
• entwickelt als gezielte Intervention für Kinder und Jugendliche
– die nicht genügend von universeller Prävention profitieren können
– die aufgrund ihres Verhaltens in Konflikte geraten (z.B. stören; Aufgaben nicht fertigmachen; Sachen nicht
dabei haben)
• Ziel: sozial-emotionale Unterstützung der SuS, um besser im (Schul-)Alltag zurechtzukommen
– Aufbau sozial kompetenten Verhaltens
– Reduzierung von Problemverhalten
– zunehmende Selbstreflektion und -management
• Wirksamkeit von CICO (Hawken & Horner, 2003)
– als Teil einer selektiven Prävention im Rahmen von PBS
– als pädagogische Maßnahme ohne PBS-Rahmenkonzept
nicht geeignet bei
- umfassendem Problemverhalten
- gewalttätigem Verhalten
- SuS, die nicht darauf ansprechen, weil
Aufmerksamkeit von Erwachsenen irrelevant ist
8
4
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
CICO-Ablauf
vor Schulbeginn
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
9
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Ablauf:
- Einsammeln und Ausgeben des CICO-Formulars
- „Wie geht es dir?“
- „Was liegt heute an?“
- „Hast du alles dafür vorbereitet?“
- „Was nimmst du dir für heute vor?“
- Punkte werden eingekreist
Ziel:
- potenzielle Konflikte entschärfen
- Hinweise auf mögliche helfende Strategien geben
- Schüler in guter Stimmung in den Schultag starten lassen
CICO-Ablauf
vor Schulbeginn
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
10
5
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
x
x
x
11
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
CICO-Ablauf
vor Schulbeginn
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
Ablauf Check in:
- Einsammeln des CICO-Formulars
- „Wie geht es dir?“
- Erklären, was heute anliegt, ggf. auf
Besonderheiten aufmerksam machen
Ablauf Check out:
- kurzes reflektierendes Gespräch, wie
die einzelnen Punkte gelaufen sind
- ggf. überlegen, wie es hätte besser
laufen können
- hervorheben, was sehr gut gelaufen ist
- Ausfüllen des CICO-Formulars
Ziel:
- Reflexion des Verhaltens
- Hinweise auf mögliche helfende
Strategien geben
- Schüler in guter Stimmung in Pause
entlassen
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
13
6
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
CICO-Ablauf
vor Schulbeginn
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
Ablauf Check out:
- Einsammeln des CICO-Formulars
- „Wie geht es dir?“
- „Wie ist der Tag gelaufen?“
- kurzes reflektierendes Gespräch, wie die
einzelnen Stunden gelaufen sind
- ggf. überlegen, wie es hätte besser laufen können
- hervorheben, was (sehr) gut gelaufen ist
- Vergabe der Punkte auf CICO-Formular
- Festhalten der Punkte für Verlauf
- ggf. Ausgabe der Belohnung (darf nicht aufgrund
anderer Vorfälle einbehalten werden!)
Ziel:
- Reflexion des Verhaltens über den Tag
- Hinweise auf mögliche helfende Strategien geben
- Schüler in guter Stimmung nach Hause entlassen
14
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
CICO-Ablauf
vor Schulbeginn
Ablauf Check in zu Hause:
- Abgabe des CICO-Formulars
- „Wie geht es dir?“
- „Wie ist der Tag gelaufen?“
- kurzes reflektierendes Gespräch
- ggf. überlegen, wie es hätte besser laufen können
- hervorheben, was (sehr) gut gelaufen ist
- Anerkennung der Leistung
- Unterschrift
Ziel:
- positives Feedback an die Eltern über Verhalten
- Hinweise auf mögliche helfende Strategien durch Eltern
- Lob des Schülers für gelungene Interaktion
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
15
7
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Ablauf:
- Einsammeln und Ausgeben des CICO-Formulars
- „Wie geht es dir?“
- „Was liegt heute an?“
- „Hast du alles dafür vorbereitet?“
- „Was nimmst du dir für heute vor?“
- Punkte werden eingekreist
Ziel:
- potenzielle Konflikte entschärfen
- Hinweise auf mögliche helfende Strategien geben
- Schüler in guter Stimmung in den Schultag starten lassen
CICO-Ablauf
vor Schulbeginn
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
16
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Merkmale von CICO
•
•
•
•
•
•
Etablierung mind. eines positiven Kontakts zu einem Erwachsenen in jeweiligem Setting
erster Kontakt ist positiv (Auffangen von Eskalationen)
Reflexionsmöglichkeiten und Hinweise auf erwartetes Verhalten regelmäßig über Tag verteilt (Transparenz)
mehr und regelmäßigeres konstruktives und positives Feedback
gezeigtes unangemessenes Verhalten wird seltener ignoriert oder versehentlich verstärkt
mehr positives Feedback an Eltern bzgl. Verhalten des SuS
(z.B. Filter, McKenna, Benedict & Horner, 2007)
•
hohe soziale Akzeptanz
– Lehrkräfte: geringer Aufwand (je Check ca. 1 Minute)
– SuS: angenehme Situation (Anerkennung positiven Verhaltens durch Erwachsenen, ggf. materielle Verstärker)
– Einsatz in vielen pädagogischen Settings realisierbar
17
8
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Was ist für CICO notwendig
• erwachsene Person,
–
–
–
–
–
–
die mit Ablauf von CICO vertraut ist
die während der täglichen CICO-Phasen zeitlich flexibel ist
die eine positive Ausstrahlung auf die jeweiligen SuS hat
der die SuS vertrauen und mit der sie gern sprechen
die jeden Tag in der Schule ist
die organisiert und verlässlich arbeitet
• Material
– auf Situation angepasste CICO-Formulare (entsprechend der Regeln und der Tagesstruktur)
– Verlaufsskizze zum Festhalten der individuellen Entwicklung über die Zeit
– (ggf. reizvolle materielle Verstärker)
19
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Abschließende Denkaufgabe
• Ist Ihnen spontan etwas eingefallen, was an Ihrer Schule auf Ebene der
universellen Prävention (für alle SuS) verbessert werden könnte?
• Sind Ihnen einzelne SuS in den Sinn gekommen, die von CICO profitieren
könnten?
• Wie müsste die Intervention angepasst werden, um langfristig für Sie
umsetzbar zu sein?
20
9
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Raum für offene Fragen
•
•
nach Workshop
[email protected]
vor Schulbeginn
vor und nach jeder
Unterrichtsstunde
Check in
Check in +<Check out
(Person A)
(jew. Lehrkräfte)
zu Hause
nach Unterrichtsende
Check in
Check out
(Eltern)
(Person A)
demnächst Artikel (Hintz et al.)
zu CICO in Zeitschrift für Heilpädagogik
21
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen durch
Maßnahmen des Positive Behavior Support
Vortrag auf dem Siegener Forum Förderpädagogik 2015
„Impulse für die (inklusive) Schulentwicklung“
Vertr. Prof. Dr. Anna-Maria Hintz (Universität Siegen)
E-Mail: [email protected]
10
20.08.2015
Fakultät Bildung · Architektur · Künste
Department Erziehungswissenschaft · Psychologie
Viele Aspekte im Klassenraum sind nicht beeinflussbar….
Die Umgebung, die
die Schule bietet
In Teilen das, was
beigebracht wird
Wie mit den SuS
umgegangen wird
23
11
Herunterladen