Prof. Dr. F. Koch Dr. H. E. Porteanu [email protected] [email protected] WS 2003-2004 HÖHERE PHYSIK – SKRIPTUM VORLESUNGBLATT VII - 21.11.2003 Atomphysik. Moderne Physik Aufbau der Atome. Bohr-Modell des Wasserstoffatoms Die Erkenntnis, dass Strahlung in Form von Photonen quantisiert ist (Planck’sche Strahler, Compton Effekt, Photoelektrischer Effekt) legte nahe, dass die Energiezustände im Atom ebenfalls quantisiert sind. Die Emission scharf definierter Linien im Spektrum leuchtender Atome war ein Hinweis auf diskrete Quantenwerte der Energie. Die erfolgreiche Deutung dieser Phänomene gelang 1913 mit der Bohr-Theorie des H-Atoms. I. Linienspektren Durch präzise Messungen der Wellenlänge der Linien durch Spektroskopiker zum Ende des 19. Jh. war bekannt, dass die Energien der Linien als Differenzen von Termen ausgedrückt werden können (Ritz’sches Kombinationsschema). Energie wurde als Wellenzahl λ-1 ausgedrückt und nicht !ω = 2π!c . Allgemein gilt !ω mn = ε m − ε n in moderner Schreibweise. λ Für das H-Atom wurde als Gesetz das Rydberg Schema erkannt, in dem 13.6eV 109737 −1 R∞ εn = , oder altmodisch ausgedrückt λ−n1 = cm = 2 . 2 n n2 n Es gilt für die Serien mit m=1, 2, 3 ... etc: Lyman-Serie m=1, n=2, 3, 4 ... etc. 1 ε mn = ε m − ε n = 13.61 − 2 eV . n Balmer-Serie (im Sichtbaren) m=2, n=3, 4, 5, … 1 1 ε 2 n = 13.6 − 2 . 4 n Paschen-Serie (m=3), Brackett (m=4), Pfund (m=5) ... etc. 1 II. Das nukleare Atom Atome haben die Größe von einigen 10-10m, für unsere Abschätzungen 3x10-10m. Das ergibt sich aus der Kenntnis des Volumens eines gmw (mol) und der Avogadro-Zahl 6x1023 pro mol. Die positive Ladung ist konzentriert in einem Punkt (Durchmesser ~ 10-15m, also 100.000 mal kleiner als das Atom). Durch Streuexperimente (Rutherford Experimente mit α-Partikeln) lernt man über die abgelenkten Projektile, dass die Kernladung wesentlich in einem Punkt konzentriert ist. III. Elektronen im H-Atom (Bohr 1913) Stabile Bahnen der Elektronen im Atom sind wie in der Astrophysik die Planetenbahnen. Man schreibt: 1. e2 mv 2 = (Kraftgleichung) 4π ∈0 R 2 R 2. Bohr Postulat - Drehimpulsquantisierung L = m ⋅ v ⋅ R = n! n=1, 2 ... 3. Bohr Postulat - in den erlaubten Bahnen erfolgt keine Abstrahlung von Energie. Emission findet statt durch Übergänge von Bahn zu Bahn. Nach Gleichung 1 und 2 sind die Quantenwerte für den Radius und die Bindungsenergie: Rn = n 2 ⋅ εn = ! 2 4π ∈0 = n 2 a0 2 me a 0 = 0.5 ⋅ 10−10 m 1 13.6eV e2 ⋅ = 2 4π ∈0 Rn n2 IV. Sommerfeld Korrekturen Man erkennt, dass wie bei den Bahnen der Planeten a) die gemeinsame Bewegung von Kern und Elektron um den Massenmittelpunkt stattfindet. Anstelle von m gilt die reduzierte Masse µred 1 1 1 = + µ red m e M Kern Da me/MKern≅1836 für das H-Atom ist, ergibt sich eine sehr kleine Korrektur. b) Planetenbahnen sind allgemein Ellipsen. Die Kreisbahn ist der Sonderfall des maximal möglichen Drehimpulses. Für gleiche Werte der Energie gibt es mehrere Drehimpulswerte. Allgemein hat die Kreisbahn den maximalen Quantenwert n! , der auch die Energie bestimmt. Andere Werte sind n-1, n-2, ...0. Eine umfassende Abhandlung der Quantenzahlen erfolgt erst mit der Wellenmechanik. Danach erst kann man die Atome mit vielen Elektronen richtig beschreiben. 2 V. Wasserstoffähnliche Atome Viele andere atomähnliche Systeme lassen sich nach dem Schema des H-Atoms beschreiben. a) Positronium Ein „positives Elektron“ und ein normales, negatives Elektron. µred=0,5me b) ionisierte Atome – He+, Li++, Be+++… etc. c) Myonium Ein negatives Teilchen mit 207me bindet an ein Proton d) Röntgenemission aus der K-Schale e) Donatoratome in Halbleitern m=m* ∈0 →∈0 ⋅ ∈rel f) Alkaliatome – eine ungefähre Abschätzung für die Orbitale mit großem Drehimpuls. VI. Bohr’sches Korrespondenzprinzip Für große Quantenzahlen ergibt sich 1 1 2 − ≈ 3 und man kann zeigen (s. Übung), dass die 2 2 n (n + 1) n Frequenz des ausgestrahlten Lichtes mit der Umlauffrequenz identisch ist. Dies ist ein Beispiel für Korrespondenz von klassischer Physik mit der Quantenphysik. VII. Bohr Sommerfeld Quantisierung Eine Erweiterung und Ergänzung der Bohr Quantenbedingung für den Drehimpuls ist die allgemeine Formulierung ∫ pdq = (n + γ ) h Hier ist p der allgemeine Impuls (px, py, p0 ... etc) und q die dazugehörende Koordinate der Bewegung. γ ist ein Phasenfaktor. In dieser Form wird uns die Quantisierungsregel noch später mal begegnen. Die nächste Vorlesung stellt uns Elektronen als Wellen dar und führt zu einer neuen Mechanik. 3