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Wissenschaft
Differentialdiagnose und Therapie
bei CFS und Fibromyalgie
Die Bedeutung Chronischer Stressbelastungen
Von Dr.med. Wolfram Kersten
Facharzt für Innere Medizin
Washington State Universtiy, erarbeiteten,
von ihm so benannten „kurzfristigen Stressoren“
erinnern, die wissenschaftlich belegt,
Auslöser für diese Erkrankungen sind:
Eindeutige und vor allem allgemein anerkannte Diagnostische Kriterien für die Diagnose CFS
oder Fibromyalgie gibt es nicht .Auch für jene,
die sich mit der Materie intensiv auseinandersetzen und die vermeintlichen Ursachen und Auslöser dieser rätselhaften Multisystemerkrankung
kennen, gilt :
Auslöser des Chron. Müdigkeitssyndroms (CFS )
Der Ausschluß anderer, definierter Organerkrankungen, die das Klinische Bild imitieren können,
ist unbedingt erforderlich!
•• Virale, bakterielle und parasitäre Infektionen (80 %)
•• Physische Traumata, besonders im Bereich
des Halses
•• HWS-Schleudertrauma und Kopfverletzungen
•• Schwere psychische Traumatisierungen
(Golf War Syndrom, Missbrauch etc.)
•• Toxische Belastung mit diversen Umweltgiften und Chemikalien (Insektizide, Pestizide,
Lösemittel, Schwermetalle , Farbstoffe und
Konservierungsmittel etc.)
••
Ergänzung aus eigener Klinischer Erfahrung:
•• Chron. Überforderung kombiniert mit sek.
Immuninsuffizienz
Die Differentialdiagnostik muss deshalb stets
auch zum Auschluß folgender Erkrankungen
führen:
Bei CFS-Verdacht :
Aids, Anämie, Angstneurosen, Chron.Hepatitis,
Diabetes mellitus,Hämochromatose,
Hyperkalzämie, Lyme-Borreliose, Depression
,Maligne Erkrankungen, Morbus Addison,
MS, Myasthenia gravis, Morbus Parkinson, Sarkoidose, Schlafapnoe, Thyreoiditis,
SD-Unterfunktion, Myopathien, Zoeliakie, Lupus
erythematodes und mehr..
Bei Verdacht auf Fibromyalgie :
Polymyalgia rheumatica, Kollagenosen, Eosinophiles Myalgiesyndrom, Polyarthralgien,
larvierte Depression mit Hypochondrie, Med.
Nebenwirkungen: Statine, Allopurinol,
D-Penicillamin, Chloroquin, Salbutamol etc..
Die Säulen der Differentialdiagnostik
1. Gründliche Anamnese – sie ist von zentraler und entscheidender Bedeutung und
macht 80% in der Gesamtwertigkeit Diagnostischer Maßnahmen aus.
2. Körperliche Untersuchung.
Bevor wir uns mit der Betroffenen/dem Betroffenen hinsetzen, um die vor allem überaus
wichtige und wegweisende Anamnese zu erarbeiten, sollten wir uns der von Prof. Martin
L. Pall, emeritierter Grundlagenforscher an der
3. Spezifische Labordiagnostik.
4. Technische Untersuchungen.
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CFS/ME -Forum
Heft 33 / 2013
Wissenschaft
Diagnostik Teil I
ptomen bei der Mutter !
•• Körperl.- geistige Leistungsfähigkeit und Infektanfälligkeit in Kindheit und Jugend ?
- Die Anamneseerhebung :
Wir sollten uns davor hüten, den Patienten nach
einem vorliegenden Katalog abzufragen, denn
dies degradiert ihn zu einem Ja- und Nein-Sager
und wichtige, seine Persönlichkeit betreffende Informationen gehen verloren, wenn wir ihn
nicht zunächst einmal frei berichten lassen.
Medikamenten-Anamnese
Antihypertonika (ACE-Hemmer, AT-Blocker), Antiarrhythmika β-Blocker Statine, Metformin, Potenzmittel, Insulinsensitizer, Antibiotika
Antidepressiva etc.
Dennoch müssen eine Vielzahl wesentlicher Fragestellungen geklärt werden.
2 typische Krankengeschichten
Dazu gehören:
Ich möchte Ihnen hier die Geschichte eines
59-jährigen Patienten vorstellen:
•• Langsamer, schleichender oder plötzlicher
Beginn ?
•• Erhebliche Erschöpfung nach ganz normaler Anstrengung ?
•• Muskel- oder Gelenkschmerzen ohne
Schwellung oder Rötung ?
•• Kopfschmerzen ?
•• Migräneanfälle ?
•• Schlafstörungen
oder
übersteigertes
Schlafbedürfnis ?
•• Erhöhte Infektanfälligkeit, Fieber, „Frösteln“?
•• Depressive Verstimmungen ?
•• Gefühlsschwankungen ?
•• Angst- und Panikattacken ?
•• Vergesslichkeit, Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche ?
•• Gesichtsfeldausfälle, Lichtscheue ?
•• Unfallereignis ( HWS-Schleudertrauma ) ?
•• Herzklopfen, Herzjagen, Schwindel ?
•• Sind diese durch Bewegungen der Halswirbelsäule auslösbar?
•• Verdauungsstörungen ? Nahrungsmittelunverträglichkeiten ?
•• Sodbrennen, Übelkeit, saures Aufstoßen ?
•• Wohnverhältnisse - Holzschutzmittelkontamination ?
•• Atmosphäre am Arbeitsplatz ? Mobbing ?
Neg. Atmosphäre ?
•• Relative oder absolute Überforderung ?
•• Neigung zum Perfektionismus ? Sehr ehrgeizig ?
•• Familie: Familiär gehäufte Erkrankungen,
besonders die Frage nach ähnlichen Sym-
•• Im Frühjahr 2010 2 Monate lang totale Erschöpfung nach „Schweinegrippe“, arbeitsunfähig, kann maximal 500 Meter laufen,
dann starke Muskelschmerzen.
•• Schlafstörungen
•• Angst- und Panikattacken
•• Arbeitet im Call-Center 8 Stunden pro Tag,
teilweise Samstags auch ,Überstunden
•• Seit 1995 Refluxösophagitis
•• Chronische Sinusitis, Asthma, Pollenallergie
•• Lebensmittelunverträglichkeit
•• Früher angebliche Borreliose mitgemacht
Standardlabor nahezu o. B. Ausnahme Immunglobulin A deutlich erniedrigt, 3900 Leukozyten,
Nitrotyrosin 3,58 (<1 ) Mangel an: Vitamin B12,
TNF-Alpha, Glutathion, Coenzym Q10, GST-Theta, Vitamin D, Selen, Omega-3-Fettsäuren.
Hormonanalytik: Abgeflachtes Cortisoltagesprofil, Adrenalinmangel im 24h Urin
Melatonin erniedrigt, Borrelioseserologie und
LTT negativ, CRP hs 1,0
ATP in Granulozyten normal !
Nahrungsmittelunverträglichkeit
Schwermetallbelastung
Dysbiose der Darmflora
Wichtige ergänzende, anamnestische Faktoren:
Seit 10 Jahren extreme Stressbelastung, Hausbau in Eigenarbeit ! neben voller beruflicher Aktivität im Callcenter!, daneben Triathlontraining,
einmal Kreislaufkollaps, zunehmend permanenter „Muskelkater“, 89-jähriger Schwiegervater als
Pflegefall im Haus, Panik- und Angstzustände,
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Heft 33 / 2013
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Fazit - die enorme Bedeutung einer
Ganzheitlichen Anamneseerhebung
permanente Infektanfälligkeit
Und in dieser Konsequenz :
2010 Schweinegrippe !!! Folge ? – CFS ?
Wie lassen sich diese Krankengeschichten in das
bisherige Verständnis von CFS bzw. Fibromyalgie
einordnen:
Verlauf:
Nach 3-monatiger Therapie deutliche Leistungssteigerung, Beseitigung der Mangelzustände,
Anstieg der Leukozyten auf 3900 (im Februar
2012 4200). Eine grobe Störung des Zitratzyklus und eine pathologische Laktat/Pyruvat Ratio
weisen auf die bestehende Mitochondriopathie
hin! Der Patient stellt sein Leben völlig um, meditiert, geht zu einem Geistheiler, praktiziert eine
konsequente Ernährungsumstellung etc.
Ca. 70 – 80% der CFS-Patienten berichten über
ein einschneidendes Ereignis, meist eine infektiöse Erkrankung mit schwerem oder protrahierten Verlauf, infolge dessen sich die Klinische
Symptomatik entwickelt hat.
Wer sein Augenmerk auf diese vermeintliche
„Ursache“ lenkt, übersieht jene wesentlichen
Faktoren, die erst verständlich machen, wie und
warum sich die individuelle Erkrankung des Patienten so und nicht anders entwickelt hat.
Verschwunden sind: Kopfschmerzen, Migräne,
Refluxösophagitis, Schlafstörungen, Muskelschmerzen. Es besteht eine fast wiederhergestellte, normale körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.
Darum ist es von essentieller Bedeutung sich mit
der Biographie, der Familiären Belastung, den
Wohnverhältnissen, dem beruflichen und privaten Umfeld derart auseinanderzusetzen, dass die
entscheidenden Faktoren, die nach meiner Auffassung den Boden für die Entwicklung der Erkrankung an CFS oder Fibromyalgie geschaffen
haben, deutlich werden.
Lassen Sie mich noch eine weitere Krankengeschichte vorstellen:
39-jähriger Steuerberater, 2007 nach EBV Virusinfektion über 6 Monate krank, langsame Erholung
2008, kann sich aktuell körperlich bis maximal
15 Minuten lang belasten, dann massive Muskelschmerzen, Gefühl der totalen Erschöpfung, erhöhte Infektanfälligkeit, Schlafstörung. Externe
Diagnostik völlig ohne Befund ! Daraufhin Überweisung zum Psychiater !
Sehr häufig finden wir dabei leistungsorientierte und ehrgeizige Menschen mit perfektionistischem Anforderungsprofil, traumatische Kindheitserlebnisse, familiäre Komponenten, die
einen erblichen Aspekt in Form von der Mutter
vererbter defekter Mitochondrien erahnen lassen und vor allem, welcher Form und Genese
auch immer, langwierige, das Individuum stets
überfordernde stressorische Belastungen, die
häufig in Folge meist anerzogener Denk-und
Verhaltensmuster, nicht einmal als solche wahrgenommen wurden !
Wesentliche Anamneseergänzung:
Seit dem 6. Lebensjahr intensiv Sport getrieben,
später exzessiv Triathlon, zum Teil
30 Stunden Training/Woche, nebenberuflich !
Berufliche Belastung mit 60 Stunden-Woche als
selbstständiger Steuerberater, nicht verheiratet,
keine Kinder, Beziehung intakt, kein HWS- oder
Kopftrauma.
Das Dilemma besteht darin, dass sich die meisten CFS- und Fibromyalgie-Patienten als „Opfer“
einer nicht selbst zu verantwortenden, „aus heiterem Himmel“, sich entwickelnden Erkrankung
betrachten, die zunächst alles andere als eine
somatoforme Störung oder gar psychiatrisch zu
behandelnde Erkrankung ist und dennoch, auch
wenn sich hier aufbrausender Widerstand artikulieren mag, eine Erkrankung, die von dem spezifischen Wesen und den typischen Persönlich-
Externes Labor: Hohe EBV-IgG Titer sonst alles o.
B..
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keitsmerkmalen der Erkrankten/des Erkrankten
nicht zu trennen ist.
zes, sowie Druckschmerz im Bereich des Dünnoder Dickdarms, Hinweis auf eine Leber- oder
Milzvergrößerung, Sensibilitätsstörungen, Parästhesien, druckschmerzhafte Triggerpunkte,
aber auch einfach druckschmerzhafte Muskulatur oder Sehnenansätze, erhöhte Berührungsempfindlichkeit, Druckschmerzhaftigkeit von
Gelenken, Zahnstatus, toxische Schwermetalle
?, chronische Beherdung z. B. durch chronische
Sinusitis ?, Blutdruckmessung im Liegen und im
Stehen ggf. Schellong-Test oder Ewing-Test (Liegen/Stehen Test mit HRV).
Dass hier ebenso genetische Faktoren, wie z.B.
ein Polymorphismus der Entgiftungsenzyme
oder ein Polymorphismus des Katecholamin-abbauenden Enzyms Catechol-O-Mathyltransferase ( COMT) eine wesentliche Rolle spielen, bleibt
unbestritten !
Wie bei allen Chronischen Erkrankungen, kommen wir ohne einen ganzheitlichen Ansatz in Diagnostik und Therapie, der Geist, Seele und Körper als untrennbares Kontinuum begreift, nicht
weiter.
Sehr wichtig ist der Ausschluss einer Beherdung,
die, wird sie übersehen, jeden therapeutischen
Ansatz zunichtemachen kann! Hier ist ein Zahnstatus, ggf. eine digitale Volumentomographie
(DVT), die HNO-Fachärztliche Untersuchung,
eine Thoraxaufnahme, ggf. auch eine Gynäkologische oder Urologische Untersuchung außerordentlich wichtig.
Die vielfältigen negativen Erfahrungen mit unwissenden, fehlinformierten und leider auch
gleichgültigen Ärzten/Ärztinnen, Gutachtern
oder Beamten in diversen Behörden, mit unzureichender Diagnostik und daraus resultierenden Verlegenheitsdiagnosen, wie „somatoforme
Störung“, Hypochondrie, Depression, Psychoneurose etc., machen verständlich, dass die
Gruppe der CFS- und Fibromyalgieerkrankten,
die dramatischer-weise immer größer wird, eine
teilweise überzogene Abwehr gegenüber jedem,
der die Erkrankung auf die Psyche reduzieren
möchte, entwickelt haben.
Die Erhebung eines psychischen Befundes und
die Untersuchung auf reduzierten Antrieb, eventuell depressive Stimmungsphasen, resignative
Denkmuster, Angst- oder Panikgefühle, bestehende Isolationstendenz, Flucht in Alkohol, Fernsehen im Übermaß, PC-Spiele etc., Rückzug aus
dem Freundes- und Verwandtenkreis, auch die
Frage nach dem Willen zur Gesundung ist außerordentlich wichtig.
Bei einer ganzheitlichen Betrachtung geht es
aber nicht um Reduktion, sondern um Erweiterung des Blickfeldes, um dem Patienten nicht nur
ein tieferes Verständnis für die Entwicklung seiner Erkrankung zu vermitteln, sondern ihm auch
die Chance zu bieten, durch Therapeutische
Maßnahmen auf allen eben möglichen und auch
nötigen Ebenen, und somit auch auf geistigseelischer Ebene, das für ihn optima-mögliche
Ergebnis zu erzielen.
Dabei geht es hier nicht um die Reduktion der
klinischen Symptomatik auf einen nicht näher
definierten Psychosomatischen Hintergrund, der
ebenfalls gezielte Ursachen hätte und sich stets
auf organischer Ebene manifestiert !, sondern
darum, jenes ganzheitliche Bild, von dem ich
oben schon gesprochen habe, zu komplettieren,
das für eine erfolgreiche Behandlung zwingende
Voraussetzung ist.
Diagnostik Teil II - Die körperliche Untersuchung
Auch eine Spezialistin, wie Frau Prof. Scheibenbogen aus der CFS-Ambulanz der Charité in Berlin, hat ja die enorme Potenz geistig-seelischer
Faktoren bei der Verbesserung und Heilung immunologischer Defizite hervorgehoben!
– auch mit dem Ziel der Ausschlussdiagnostik!,
erfordert eine gründliche internistische und
neurologische Basisuntersuchung mit Beurteilung der Beweglichkeit der HWS in Seitneigung
und Rotation wegen fraglicher Auslösung oder
Verstärkung klinischer Symptome. Beurteilung
eines eventuellen epigastrischen Druckschmer-
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Diagnostik Teil III
- Spezifische Labordiagnostik
gung blockiert. Weiterhin durch Pestizide, PCB,
PBB, Schwermetalle und durch erhöhtes intrazelluläres Calcium.
Wie schon erwähnt, ist das Standardlabor mit
BKS, gr. Blutbild, Leber- und Nierenwerten, Cholesterin, Triglyceride, Kohlenhydratstoffwechsel,
Serumelektrophorese, Urinstatus, CRP etc., in aller Regel völlig unauffällig!, sollte aber dennoch
durchgeführt werden !
Das Stresshormon Adrenalin sorgt nämlich über
cyklisches AMP für erhöhten Calciumeinstrom in
die Mitochondrien! Hier ist der Zusammenhang
zwischen Mitochondrialer Schädigung und chronischer Stressbelastung überdeutlich!
Labordiagnostisch sind derartige Multisystemerkrankungen nur durch eine differenzierte Stoffwechselanalytik, unter Betrachtung folgender
Ebenen ausreichend erfassbar:
Die Untersuchung dieser Translokatorproteine
ist vor allem deswegen wichtig, weil 90 % der
täglichen ATP Produktion über diesen Recyclingmechanismus laufen. Sind diese Proteine
durch geistig-seelische oder vor allem körperliche Überanstrengung blockiert, kommt es zu
mitunter tagelangen Energiemangelphasen, die
die meisten der betroffenen Patienten sehr gut
kennen.
1.Endokrinologie
2.Neurotransmitter
3. Mitochondriale Funktion
4. Oxidativer und Nitrosativer Stress
5.Antioxidative Schutzsysteme, Vitamine
und Antioxidantien
6. Mineralstoffe und Spurenelemente
7. Immunologischer Status, NK-Zellaktivität
8. Florastatus, Stuhl auf Parasiten, MagenDarm-Funktion
9. Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten,
10.Antikörpersuche und LTT bei durchgemachten Infekterkrankungen
Die Labordiagnostik der Mitochondrialen Funktion:
1. Bestimmung des ATP-Spiegels in Granulozyten
2. Messung der Mitochondrialen Membranaktivität,
3.besonders aufschlussreich: ATP-ProfileTest im Labor Acumen in Großbritannien
4. Laktat/Pyruvat Ratio unter 20:1
5. Coenzym Q10
6.Carnitin
7.Säuren des Citratzyklus (Energiestoffwechsel) etc.
Auf diesem Schema wird sehr deutlich, wo der
sogenannte ADP/ATP Translokator liegt und warum dieser Recyclingmechanismus in Diagnostik
und vor allem im therapeutischen Procedere unbedingt beachtet werden muss!
Welche spezifischen Laborparameter sind von
wesentlicher Bedeutung?
· Kofaktoren der Atmungskette, Vitamin
B1, B2, B3, B5 oder B12, Biotin.
· Mineralstoffe, Spurenelemente: Zink, Selen, Mangan, Molybdän, Magnesium, Calcium im Vollblut etc..
· Proinflammatorische Cytokine, IL-1 beta,
IL6, IL-8, Il-12, TNF-Alpha
· Antioxidative Schutzenzyme: SOD, Glutathionperoxidase, eventuell SOD 2 Poly-
Die Bestimmung der ATP/ADP Translokatorproteine, die das ATP ins Zytosol bzw. das ADP in
die Mitochondrien zurück transportieren, ist nur
im Rahmen des ATP-Profile-Testes im Englischen
Labor Acumen möglich. Diese Transportproteine sind außerordentlich pH-sensitiv und werden
durch das Laktat bei körperlicher Überanstren-
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·
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morphismus ?
Zellulärer Immunstatus, NK-Zellaktivität
(sehr wichtig !)
Serologie: EBV, Coxackie, HHV, HZV, Zytomegalie, Borreliendiagnostik etc.
Umweltanalytik bei passender Anamnese: Insektizide, Fungizide, PCB etc. evtl.
Fettbiopsie auf Umweltgifte und Lösemittel ( ACUMEN-GB) .
In aller Regel stets: Schwermetallanalytik,
nach DMSA oder DMPS-Stimulation
Genetische Polymorphismen: COMT !!!,
CYP P450 Familie, GST, NAT
Labordiagnostik des Oxidativen und Nitrosativen Stresses im Serum: Nitrotyrosin,
DNS-Oxidation, oxidiertes LDL-Cholesterin, Lipidperoxide, Hydroperoxide (kapillare Bestimmungsmethode im Praxislabor). Im Urin: Nitrophenylessigsäure,
Citrullin, Methylmalonsäure (gibt Auskunft über den intrazellulären Vitamin
B12 Mangel!).
Labordiagnostik der endokrinen Funktion und
der Neurotransmitterspiegel (Labor Ganzimmun
Mainz):
o Neurobalance-Speicheltest
mit
Cortisoltagesprofil und DHEA
o kombiniert mit 24h ! Urin auf Adrenalin, Noradrenalin, N/A-Ratio,
Dopamin, und Serotonin
Typischer fehlender Morgen-„Peak“bei schon
höhergradiger Nebennierenrindeninsuffzienz!
Machen wir uns klar, dass bei 100 % der CFS und
Fibromyalgiepatienten eine Störung der Nebennierenrinden- oder Nebennierenmarksfunktion
(Adrenalin und Noradrenalin, sowie Dopaminspiegel) gefunden wird! Wer sich über die Hintergründe für diese gravierende Funktionsstörung
der sogenannten endokrinen Stressachse unter
Einbeziehung der Hypophyse und des Hypothalamus keine Gedanken macht, geht an dem
eigentlichen Grundverständnis für die Entwicklung dieser Erkrankungsformen vorbei!
Die Bestimmung des Adrenalin und Noradrenalin im 24h Urin ist von ausschlaggebender Bedeutung! Die Spontanurinbestimmungen am
Vormittag sind völlig unzureichend und ergeben
falsch positive oder falsch negative Werte.
In der Folgediagnostik ggf. sogenannter Low-Dose -ACTH-Test (ACTH (Synacten) 1:250 verdünnt,
davon nur 1 ml injizieren), die Aussagekraft dieses Testes ist höher und sensibler bezüglich geringfügiger, sonst übersehener Nebennierenrindenunterfunktionen.
Es ist darum wichtig, die akute und
chronische Stressreaktion des Organismus genauer zu verstehen.
Bei V. a. hypothalamische Dysfunktion, die nicht
selten ist !, sogenannter CRH-Test, der eine überschießende ACTH-Antwort zum Ergebnis hat !
In der Anfangsphase akuter Stressbelastungen
kommt es zu massiven Anstiegen des Adrenalin-,
Noradrenalin- und Dopamin-spiegels, die nach
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individuell unterschiedlicher Dauer und persistierenden Stressbelastungen im Verlaufe von
Jahren in eine sekundäre Nebennierenrinden oder Nebennierenmarksinsuffizienz übergehen
können.
mentalem Stress und sekundär Mitochondrialer
Schädigung, die irreversible Natur haben kann,
überdeutlich.
Bei anfänglich deutlich erhöhten Cortisolspiegeln, mit dem Bild des sogenannten Hypercortizismus, finden wir dann ebenso den Übergang
in eine Nebennierenrinden-unterfunktion, deren
Frühstadium sich durch das Speichel-Cortisoltagesprofil aufdecken lässt. Die konservative,
orthodoxe Endokrinologie übersieht diese klinische Bild und unterlässt vor allem die Untersuchung auf Vorliegen einer Nebennierenmarksinsuffizienz komplett!
Anhand des hier abgebildeten Schemas ist es
wichtig, den Ablauf der relativ uniformen Stressreaktion des Organismus, eingebunden in einen
Regelkreis bestehend aus Hypothalamus, einer
übergeordneten Steuerzentrale im Zwischenhirn, Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und der
Nebenniere zu verstehen.
Die Hypothalamus – Hypophysen – Nebennierenachse (HHNA)
Stressoren, die sich über die Sinnesorgane, aber
auch über Stoffwechsel, Immunsystem, Verdauungssystem und andere Organsysteme aktivierend auf sogenannt rezeptive Hirnareale, wie
das Limbische System, auswirken können, aktivieren zunächst die CRH-Bildung (Corticotropes
Releasinghormon) im Hypothalamus, der so die
Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) anregt. Diese
schüttet daraufhin ACTH (Adreno-CorticotropesHormon) aus, was die Nebennierenrinde zur vermehrten Bildung von Cortisol veranlasst.
Weiterhin finden sich Stickstoffradikalspiegel erhöht und zwar besonders als Folge der toxischen
Adrenalinwirkung auf den Zellstoffwechsel. Das
Gleiche gilt für die Erhöhung von Sauerstoffradikalen.
Wichtig ist, dass chronische Stressbelastungen
den Serotonin- und DHEA- (Antistresshormon
der Nebenniere) Spiegel deutlich reduzieren.
Verständlich wird dies, weil ein erhöhter Adrenalinspiegel bei Überschreitung einer gewissen
Grenze über zyklisches AMP zu einem Calciuminflux in die Mitochondrien führt, der anfänglich
die ATP-Produktion steigert, aber bei zu langer
Dauer oder zu hoher Intensität durch gleichzeitige Aktivierung der induzierbaren Stickoxidsynthase, zu einer vermehrten Stickoxid- und damit
Peroxinitritbildung führen.
Der so erhöhte Cortisolspiegel steht in negativer
Rückkopplung sowohl zum Hypothalamus, zur
Hypophyse und auch zur Nebennierenrinde. Das
heißt, erhöhte Cortisolspiegel bremsen den gerade geschilderten Stimulationskreislauf.
Wichtig ist, dass auch das Katecholaminerge System, das über sympathische Neuronen direkt das
Nebennierenmark zur Ausschüttung der akuten
Stresshormone Noradrenalin und Adrenalin veranlasst, in die Funktion des Hypothalamus eingreift. So kann, ausgehend vom Locus coeruleus
im Hirnstamm, durch Noradrenalinausschüttung
und zwar wiederum über die rezeptiven Hirnarealen im Limbischen System aktiviert, der Hypothalamus zu der schon oben beschriebenen Kettenreaktion veranlasst werden.
Weiterhin führt erhöhtes Adrenalin ebenfalls
über zyklisches AMP zu einer Dephosphorylierung der Cytochrom C-Oxidase (Komplex 4) der
Mitochondrialen Atmungskette und damit zu einer Reduktion der ATP Produktion und Erhöhung
des Oxidativen Stresses.
Machen wir uns weiter klar, dass psychischer
Stress im neuronalen System zu einer NMDA-Rezeptoraktivierung führt, die den Kalziuminflux in
neuronale Zellen stimuliert, in der Folge kommt
es auch hier zu einer Aktivierung der induzierbaren Stickoxidsynthase und zu einer vermehrten Stickoxid- und Peroxinitritbildung. An dieser
Stelle wird die Verknüpfung zwischen seelisch-
Von Interesse ist, dass im Falle einer solchen
Stressreaktion der Neurotransmitter GABA (Gamma-Amino-Buttersäure), die Aminosäure Glycin
und der Neurotransmitter Serotonin bremsend
auf den Locus coeruleus wirken.
Wichtig ist auch, dass die Aktivierung des Hy-
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CFS/ME -Forum
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Wissenschaft
pothalamus zugleich zu einer Aktivierung des
Nebennierenmarks, mit Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin führt und zusammen mit
Cortisol folgende Organsysteme beeinflusst.
Weiter beeinflusst das Cortisol den Fettstoffwechsel, den Proteinumsatz und hat eine hemmende Wirkung auf das Immunsystem, was im
optimalen Falle überschießende Reaktionen des
Immunsystem dämpft oder verhindert, im Falle chronischer Stressbelastungen aber zu einer
langanhaltenden und gerade für chronische Erkrankungen sehr negativen Schwächung des Immunsystems führen kann.
Bremsende Wirkung besteht:
· Auf das Immunsystem !!!
·Verdauungssystem,
· Die Sexualfunktion
· Die Ausscheidung
In der Anfangsphase chronischer Stressbelastungen kommt es zu einem sogenannten Hypercortizismus, also einer vermehrten, völlig überhöhten Bindung von Cortisol. Diese ist verbunden
mit folgenden Symptomen:
Aktivierend wirken diese Stresshormone auf:
·Stoffwechsel
·Aufmerksamkeit
·Wachheit
·Reaktionsbereitschaft
·Angriffs-/Fluchtverhalten
· Ängstlichkeit, Schlaflosigkeit
·Bluthochdruck
·Insulinresistenz
·Übergewicht
·Osteoporose
· Ungleichgewicht der Sexualhormone
· Eventuelle Bildung von polyzystischen
Ovarien
Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass die
Stressreaktionen des Organismus in aller Regel außerordentlich individueller Natur sind
und die gleiche Erfahrung eine Person maximal belasten kann, die die andere nicht im
Geringsten berührt.
Erst nach jahrelangen Stressbelastungen kommt
es zu einer langsamen Erschöpfung der Nebennierenrinde und zu völlig anderen Symptomen,
die einer Nebennierenrindenunterfunktion entsprechen:
Diese teilweise eklatanten individuellen Unterschiede werden verständlich, wenn man die
Funktion des Limbischen Systems und hier vor
allem die der Zentren wie Amygdala, Hippocampus, Gyrus Cinguli und Hypothalamus besser
versteht. So sind im Mandelkern (Amygdala) die
emotionalen Begleiterscheinungen früherer z. B.
traumatischer Erfahrungen gespeichert, so dass
bei ähnlichen oder wiederholten Erfahrungen,
die mit diesen, meist unbewusst gespeicherten,
Informationen in Verbindung gebracht werden
können, der Mandelkern (Amygdala) über den
Hypothalamus, die zuvor beschriebene Hormonkaskade aktiviert.
· Niedriger Blutdruck
· Schweres Müdigkeitssyndrom
·Impotenz
· Prämenstruelles Syndrom
·Depression
·Schlaflosigkeit
· Fibromyalgie !
Wirkungen der Kampf- und Fluchthormone Adrenalin und Noradrenalin:
Bei akuten Stresssituationen werden zunächst
die Kampf- und Fluchthormone Adrenalin und
Noradrenalin ausgeschüttet, erst verzögert auch
das Cortisol aus der Nebennierenrinde.
Adrenalin erhöht die Herzfrequenz und die Auswurfleistung des Herzens, den Blutdruck, verengt die kleinen Gefäße, verstärkt Blutfluss zu
Muskeln und Gehirn und setzt Fettsäuren und
Glukose aus den Depots frei.
Cortisol versorgt den Organismus zunächst mit
Energie indem es Blutzuckerspeicher (Glukogen)
mobilisiert, ggf. auch die körpereigene Herstellung von Glukose z. B. aus Aminosäuren (Glukoneogenese).
Noradrenalin erhöht den Blutdruck und ist wirksam als Neurotransmitter im Autonomen Ner-
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Wissenschaft
vensystem, wo es die Aufmerksamkeit und geistige Leistungsfähigkeit deutlich steigert. Das
ebenfalls in der Nebenniere gebildete DHEA
wird als Antistresshormon bezeichnet und wird
im Organismus in Testosteron oder Östrogen
umgewandelt. Es soll die Zelle vor Alterungsprozessen schützen.
Säulen der Differentialdiagnostik Teil
IV – Technische Untersuchungen
Zum Ausschluss einer HWS-Instabilität, die in
Folge von HWS-Schleudertraumata oder Stürzen
mit Verletzungen des Bandapperates im Kopfgelenk entstehend kann und die alleiniger Auslöser von CFS, mit und ohne Fibromyalgie sein
kann, sind folgende Untersuchungen erforderlich:
In der Standard-Ausschlussdiagnostik sollten folgenden Untersuchungen auf keinen Fall fehlen:
· Ultraschalldiagnostik des Abdomens zur
Sicherung einer z. B. Hepato- oder Splenomegalie bei persistierender EBV-Infektion und aus anderen Gründen. Auch der
Ausschluss anderer Herderkrankungen
(chronische Cholezystolithiasis, chronische Pankreatitis, Nephropathien, chronische Prostatitis, etc.) ist wesentlich.
1. Röntgenaufnahmen nach Sandberg in
Neutralstellung und Seitneigung bds.
2. Upright-MRT des Kopfgelenkes (KranioCervicaler-Übergang) in Rotation und
Seitneigung
·
Diese Untersuchungen können lediglich in
Privatpraxen in Köln, Hannover, Aschheim bei
Münschen und Hamburg durchgeführt werden.
Entscheidend ist hierbei, der unter funktionellen
Bedingungen feststellbare Kontakt des Dens Axis
mit dem Rückenmark, der auf Grund der hohen
Rezeptorendichte in diesem Bereich schwere
Stickoxidkrisen im ZNS, mit allen bekannten
Konsequenzen auslösen kann. Bei gesicherter
HWS-Instabilität müssen Otoneurologische und
Augenfachärztliche Provokationsuntersuchungen mittels akustisch und visuell evozierter Potentiale folgen, die die Diagnose untermauern
können.
Schilddrüsensonographie. Neben den
üblichen Veränderungen wie Struma,
Schilddrüsenknoten oder Schilddrüsenzysten, ist vor allem die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung
der Schilddrüse, häufger Begleiter von
Patienten mit CFS oder Fibromyaglie,da
unter vermehrter Peroxinitritbildung
die Schilddrüsenperoxidase strukturell
verändert wird und damit zum Auslöser
dieser bekannten und immer häufigeren
Autoimmunopathie wird.
· Untersuchung der Intima-Media-Dicke
der Arteria Carotis Communis. Hier können beginnende Wandverdickungen
auf eine allgemeine Arteriosklerose, bei
der Oxidaitver und Nitrosativer Stress
und eben nicht eine Hypercholesterinämie ganz im Vordergrund stehen, ausgeschlossen oder gesichert werden und
durch gezielte Therapie gestoppt und
rückgebildet werden.
·Das Positronen-Emissions-Tomogramm
(PET), kann bei schweren CFS Fällen mit
zentralnervöser Symptomatik die zu er-
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CFS/ME -Forum
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2.Ernährungsumstellung :
Strikte Einhaltung einer kohlenhydratreduzierten, an gesunden Fetten und
Eiweißen reichen Kost (LOGI-Diät). Abhängig vom Zustand des Kohlenhydratstoffwechsels, bzw. des Nüchtern-Blutzuckerwertes, sollten die Kohlenhydrate
drastisch reduziert und durch hochdosiertes Kokosöl in einer Dosierung von 3
– 6 Esslöffeln pro Tag ergänzt werden. Es
kann so gelingen, vor allem für Patienten
mit zentral-nervösen Symptomen, die
Energieversorgung des Organimus überwiegend auf Fettverbrennung umzustellen, was in aller Regel, die häufig auftretenden Hypoglykämien, die Folge der
Mitochondrial bedingten Kohlenhydratverwertungsstörung sind, stark reduziert
oder völlig beseitig.
wartende Stoffwechselstörung auf neuronaler Ebene sichern.
·
HRV (Herz-Raten-Variabilität). Mit dieser, inzwischen auch schulmedizinisch
teilweise anerkannten, Untersuchung,
gelingt ein Blick in den Zustand des vegetativen Nervensystem, wobei sich häufig eine Insuffizienz oder Schwäche der
Parasympathischen Regulation, die für
Heilungsprozesse von entscheidender
Natur ist, aufzeigen lässt. Dies ist insofern von Bedeutung, als durch gezieltes Biofeedbacktraining diese wesentliche
Voraussetzung für Heilungsprozesse wiederhergestellt werden kann.
Ganzheitliche Therapie bei CFS und Fibromyalgie
Die Säulen der Therapie beruhen zunächst auf
2 fundamentalen Grundvoraussetzungen, ohne
die alle anderen Maßnahmen in der Regel von
geringem oder gar keinem Erfolg sind.
Diesbezüglich empfehle ich das kleine
Praxisbuch „Stopp-Alzheimer“ ( SytemedVerlag), in dem der Amerikanische Kollege Dr. Fife sehr anschaulich diese
Ernährungsform erläutert und eine Vielzahl von Rezeptbeispielen vermittelt.
Man sollte sich an dem Titel des Buches
nicht stören, unabhängig davon, dass es
ja gerade im Rahmen Mitochondrialer
Systemerkrankungen nicht selten zu erheblichen Funktionsminderungen des
ZNS kommt ! Weiterhin empfehle ich
das kleine Übersichtsbuch LOGI-Guide
(Systemed-Verlag), in dem 500 Lebensmittel auf Ihre Tauglichkeit hin überprüft
wurden und per Farbtabelle sehr leicht in
den täglichen Ernährungsplan integriert
werden können. Grundsätzlich gelten folgende Relationen:
1. Körperlich-geistige Aktivität
Anpassung der körperlich und geistigen
Belastung (Pacing ) an die momentan
vorhandene Mitochondriale Leistung,
spricht Energiereserven . Jedes Überschreiten oder gar der Irrglaube durch „Fitness-Training“ die Verhältnisse bessern
zu können, führt zum Gegenteil, einer
fortschreitenden Progredienz der Mitochondrialen Schädigung. Patienten, die
über diese Grenzen hinausgehen, erleben
die weiter oben schon beschriebene
Blockade der ADP/ATP Translokatoren
und sind nach „übermütigen“ körperlichen oder geistigen Belastungsaktionen
zunächst für mehrere Tage völlig „platt“,
denn so lange dauert es, bis die laktatbedingte Blockade der Transportproteine nach und nach aufgehoben wird. Wer
diese Grundregel nicht beachtet, wird
es sehr schwierig haben irgendwelche
Fortschritte zu erzielen.
· Kohlenhydrate maximal 20 %,
· völliger Verzicht auf Süssigkeiten
jeglicher Art,
· Fett ca. 50 – 60 %,
· Eiweißanteil ca. 20 – 30 %
Die Anwendung von Kurkuma, einem
Gewürz, das zu den stärksten, entzündungshemmenden Stoffen in der Natur
überhaupt gehört, wird, auch wegen seiner Peroxinitrit neutralisierenden Wirkung
dringlich empfohlen, sollte aber zur
Steigerung der Resorption mit schwar-
Beachten sie Folgendes : Jede Belastung,
die mit einem Erschöpfungszustand endet, war zu viel ! Nach Belastungsphasen
muss Wohlbefinden und eben nicht Erschöpfung herrschen.
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zem Pfeffer und z. B. Olivenöl zubereitet
werden. Kurkuma erhöht zusätzlich die
Konzentration des so wichtigen reduzierten Glutathions.
· Carnitin 500 mg, 3 x 1 – 2
· Coenzym Q10 200 mg, 2 x 1 – 2 (ein
Serumspiegel vom 2,5 mg/l ist anzustreben)
· D-Ribose, 3 x 5 g
· Flush Free Niacin 500 mg bis maximal
3000 mg,
· NADH 20 mg, Fairvital, 1 – 2 x 1
Weitere, gezielte Fettsubstitutionen betreffend Omega-3-Fettsäuren, auch wegen ihres entzündungshemmenden
Charakters, sowie die Anwenung des ebenfalls entzündungshemmenden Nachtkerzenöls in Form von 500 mg Kapseln.
3.Schlaf
Von zentraler Bedeutung für jede Regeneration sind eine Schlafdauer von
mindestens 9 Stunden, die ggf. durch
Melatoninsubstitution und andere Therapeutika herbei zuführen ist.
Die Regulierung des meist pathologischen Säurenbasenhaushaltes durch Bicanorm, Basica, Natriumbicarbonat Pulver
und Basenvollbäder ist ebenfalls, besonders auch bei Patienten mit Fibromyalgie von wesentlicher Bedeutung.
4. Mikronährstoffe und Antioxidantientherapie
Entsprechend vorausgegangener Analytik ist vor allem das hochdosierte Vitamin
B12 in Form von Adenosyl- und Methylcobalamin zentraler Bestandteil der medikamentösen Therapie, ergänzt durch
Vitamin B Komplex Präparate, die auch
Folsäure enthalten.
Weiterhin sind der Einsatz von AlphaLiponsäure, Biotin, hochdosiertem Vitamin E (hier in Form der Tocotrienole !), bei
Mangelzuständen auch Carnitin und Coenzym Q10 erforderlich.
5.Behandlung der Nebennierenunterfunktion
Wie schon erwähnt, findet sich eine
Störung der hormonellen Stressachse in
nahezu 100 % aller Fälle von CFS und Fibromyalgie, was auch von Prof. Martin
Pall und Dr. Cheney, dem Vorsitzenden
der Amerikanischen CFS- Assoziation,
bestätigt wird.
Hier sind Nebennierenrindenextrakte
wie Adrenal Cortex der Fa.Thorne, das
homöopathische Präparat Phytocortal
und bei schweren Formen der Nebennierenrinden- und Nebennierenmarksunterfunktion Injektionskuren mit sogenannten Organregeneresen. Hier handelt es
sich um tierische RNA-Präparate, die bei
sehr guter Verträglichkeit die Nebenniere
innerhalb von 4 – 6 Monaten regenerieren können.
Zur Steigerung der Mitochondrialen
Funktion können D-Ribose und NADH,
sowie hochdosiertes Vitamin B3 (Flush
Free Niacin) eingesetzt werden. Unabhängig davon sind Mineralstoffe und
Spurenelemente wie Magnesium, Zink,
Selen, Kupfer, Molybdän und Mangan,
je nach vorausgegangener Analyse, zu
substituieren. Ganz grundsätzlich ist die
Beseitigung der vorher festgestellten
Mangelzustände, die bei chronischen
Stressbelastungen stets vorzufinden sind
!, von essentieller Natur.
6. Physikalische Therapie durch Geräteeinsatz
Bei langanhaltender Erkrankung gibt es
nur 2 Verfahren mit denen die Mitochondriale Funktion regeneriert oder wiederhergestellt werden kann:
a)Die Intermittierende-Hypoxie-Therapie im Sinne eines sogenannten „Höhentraining“. Durch den rhythmischen Wechsel von Hypoxie und Hyperoxie gelingt
Eine gezielte Verbesserung der Mitochondrienfunktion, abhängig vom Grad der
strukturellen Schädigung, ist durch folgende Substanzen zu erreichen:
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es, die defekten, DNA geschädigten Mitochondrien nach und nach aus zu filtern
und die Zelle zur Nachbildung leistungsfähiger, intakter Mitochondrien, im Rahmen des ohnehin ständig stattfindenden
Teilungsprozesses, der 5 – 10 tage dauert,
zu zwingen.
Inwieweit die von Frau Professor Scheibenbogen vorgestellte Rituximab-Therapie
tatsächlich die kausalen Bedingungen
dieser Immuninsuffizienz verändert, muss
in Frage gestellt werden, da die ersten
positiven Therapieergebnisse von einer
Vielzahl von Rückfällen gekennzeichnet
waren, was eine neue Therapiestrategie
mit wesentlich längerer Anwendung dieser nicht nebenwirkungsfreien Substanz !
erforderlich macht.
b) Ein ebenfalls effektives Verfahren zur Mitochondrialen Funktionssteigerung ist die
Biophotonentherapie mittels Flächenlaser, die noch dazu mit gezielten Frequenzen z. B. zur Inaktivierung von Borrelioseerregern und vor allem zu der stets
wichtigen Stimulation des Immunsystems hoch effektiv ist. Ein gerade erst von
der Industrie vorgestellte Großflächenlaser, der eine Ganzkörperbestrahlung
in Kombination mit Infrarotanwendung
erlaubt, erweitert die bisher reduzierten
therapeutischen Möglichkeiten, gerade
auch für Patienten mit Fibromyalgie, ganz
erheblich.
Nach meiner persönlichen Auffassung
kann ein solches Therapieregime alleine
keinen langfristigen Erfolg mit sich bringen, wenn nicht gezielt die Ursachen der
bestehenden Immuninsuffizienz gefunden und beseitigt werden. Insofern stufe
ich auch die Immuntherapie nach Hilgers, die Makrophagenstimulation nach
Dr. Meirleir, wie auch antivirale Therapiestrategien bei z. B. Viruspersistenz (Epstein-Barr und andere) als unzureichend
dann ein, wenn sie nicht mit einer kausalimmunmodulierenden und immun-stimulierenden Therapie verknüpft werden.
Hier müssen vor allem detoxifizierende
Maßnahmen (Umweltgifte, Schwermetalle) ergänzend und vorsichtig dosiert integriert werden.
Weitere, gerade bei Fibromyalgiepatienten, indizierte therpeutische Maßnahmen
sind.:
·Moderate
Saunaanwendung,
allerdings nur bei Kreislaufstabilität !, besser Anwendung der Infrarotkabine, die in der Regel besser
vertragen wird. Diese Verfahren
gelten besonders für Patienten
mit Fibromyalgie oder mit genetischen Enzymplymorphismen der
Entgiftungsenzyme.
Stress – wesentlicher Faktor in der Entwicklung von CFS ?
Zunächst muss klar sein, Stress ist stets
eine individuelle und damit relative
Überforderung. Hierbei spielen Persönlichkeitsstruktur und Genetik eine wesentliche Rolle. Hier eine Auflistung unterschiedlicher Stressfaktoren:
7.Immuntherapien – Anwendung von
Rituximab etc.
Wie oben ausgeführt gehen langfristige
stressorische Belastungen jedweder Art
stets mit einer schweren Störung des Immunsystems z. B. in Form einer hochgradigen Reduzierung der NK-Zell-Aktivität
einher. Nicht umsonst werden in der internationalen Literatur alternative Namen
wie „Low-Natural-Killer-Syndrom“ oder
„Chronic-fatigue-Immun
dysfunctionSyndrom“ verwandt.
Entzug der Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Geborgenheit, Schlaf, Bewegungsfreiheit, körperliche Nähe und
Wärme, Einsamkeit, Armut, existenziell
bedrohliche finanzielle Schwierigkeiten,
Sorgen und Probleme jeder Art, verletzendes Verhalten anderer Menschen,
Eintönigkeit, Ärger mit dem Partner oder
belastendes Umfeld im Beruf, maßloser
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Wettkampf, Neid/Missgunst, Behinderung (Hör- oder Sehschaden), Isolation,
Kündigung, andauernde Leistungsüberforderung, Nachtarbeit, schweres Minderwertigkeitsgefühl, zu hohe eigene Ansprüche und Erwartungen, genauso wie
absolute Überforderung durch zu hohe
Anforderungen von außen, Schuldgefühle, Orientierungslosigkeit, Entscheidungsunfähigkeit, Eile, Hetze, Zeitdruck,
Arbeitsplatzwechsel, nicht gut vorbereitete Pensionierung, generelle existenzielle Ungewissheit, Mangel an Vertrauen,
Selbstzweifel, optische oder akustische
Überreizung und viele mehr.
und stimungsaufhellend
· 5-HTP, antidepressiv, schlafanstossend
· Die Aminosäuren Taurin, Ornitin,
Thyrosin und Theanin, zur Regulierung des Neurotransmitterstoffwechsels
· Auch B-Vitamine, Magnesium und
andere Mineralien sind hier hilfreich.
In Einzelfällen können Infusionen mit
Cholincitrat, einem Parasympathiko-mimeticum hilfreich sein.
Bei autonomer Neuropathie, die in den
meisten Fällen vorliegt, sind besonders
Biofeedbackübungen, kombiniert mit
spezifischen Atemtechniken bei konsequenter Anwendung, sehr hilfreich. Auch
die Craniale Elektrostimulation kann zur
Erreichung zentral-nervöser Entspannungszustände (Theta-Frequenz) mit Erfolg eingesetzt werden.
Die klinische Erfahrung zeigt zweifelsohne in nahezu allen Fällen von CFS und
Fibromyalgie eine langjährige, individuell geformte Stressbelastung, die den
„Nährboden“ für die Entwicklung dieser
Multisystemerkrankungen liefert! Darum
sollten wir dem folgenden Therapiebaustein auch weit mehr Aufmerksamkeit als
bisher üblich zukommen lassen.
Wegen der häufig reduzierten körperlichen Belastbarkeit, sollten körperliche
Entspannungsmethoden nur in Form des
stillen Chi-Gong eingesetzt werden oder
auch in Form der progressiven Muskelrelaxation nach Jakobson, die besonders
auch für Fibromyalgiepatienten empfohlen wird. Andere stille Meditationsformen sind ebenfalls hilfreich, erfordern
aber hohe Disziplin und Ausdauer !
8. Die Antistresstherapie
Jedwede Regeneration der Mitochondrialen Dysfunktion oder der in der Regel
stets vorzufindenen Nebennierenunterfunktion scheitert, wenn nicht die zu
Grunde liegenden stressorischen Phänomene erkannt und gezielt behandelt
werden.
Medikamentös können Unruhezustände,
Konzentrationsstörungen,
depressive
Verstimmungen und Schlafstörungen
durch eine Vielzahl von natürlichen Substanzen positiv beeinflusst werden. Dazu
gehören:
Zusammenfassung
Unbestritten ist, dass CFS und Fibromyalgie die
Konsequenzen sogenannter Multisystemerkrankungen sind, die viele Organsysteme, und
hier besonders auch die Mitochondriale Funktion, erfassen. Eine gezielte Ausschlussdiagnostik ist stets erforderlich, um andere schwere Erkrankungen, die die klinische Symptomatik von
CFS kopieren können, auszuschließen.
Die klinische Erfahrung der letzten Jahre zeigte
aber eines ganz besonders deutlich:
· GABA Komplex - Erregungsdämmender Neurotransmitter
· Bidicin (Glycin), wirkt auf die überstimulierten NMDA-Rezeptoren
beruhigend
· Circadin (Melatonin), schlafanstossend, antioxidativ,
· Neurodoron (Weleda), beruhigend
· Neuropas (Pascoe), beruhigend
Die alleinige Konzentrierung auf die vermeintlich
in der Mehrzahl der Fälle ursächlichen Virusin-
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fekte diverser Natur oder z. B. eine chronische
Borreliose, muss als unzureichend angesehen
werden.
gen, und dies hat auch Frau Professor Scheibenbogen betont, hat belegt, dass wir fähig sind,
gezielt und willentlich in autonome Funktionen
durch konsequente Trainingsverfahren einzugreifen und selbst immunologische Leistungen
außerordentlich positiv beeinflussen können,
und dies ohne jeglichen Einsatz medikamentöser Unterstützung !
Bei allem Verständnis für eine in Kreisen der Betroffenen gewachsene Abwehr gegen jede Form
von „Psychologisierung oder Psychiatriesierung“
darf dies nicht dazu führen, die Augen davor zu
verschliessen, dass in nahezu allen Fällen – sieht
man von schweren genetischen Defekten und
toxischen Erkrankungsursachen ab , die komplizierend nicht selten hinzukommen – dem Erkrankungsausbruch langjährige stressorische
Belastungen diverser Natur vorausgegangen
sind, die die Voraussetzung für die Entwicklung
immunologischer Defekte wie z. B. das „Low-NKZell-Syndrom“ oder vorausgegangener Nebennierenunterfunktionen waren und sind.
Die ablehnende Haltung gegenüber solch einem Procedere ist leider nicht selten Folge der
letztlich unverantwortlichen Vorgehensweise
schlecht informierter Ärztinnen und Ärzte, die
Patienten mit CFS und Fibromyalgie zu unrecht
psychiatrisieren, aber auch Folge einer immer
noch weit verbreiteten Abwehr innerhalb der
Bevölkerung, sich mit geistig-seelischen Prozessen und der eigenen, nicht selten traumatischen Vergangenheit, auseinanderzusetzen.
Auch wenn sich mit dem oben genannten therapeutischen Spektrum häufig durchaus eindrucksvolle, therapeutische Erfolge erzielen
lassen, ist die ganzheitliche Behandlung auch
Mitochondrialer Systemerkrankungen, eine conditio sine qua non, d. h. ein Übersehen dieser
Zusammenhänge und eine darum unterlassene
gezielte geistig-seelische Therapie ist häufig die
Ursache von therapieresistenten Fällen, wie sie
in der Praxis in nicht geringer Zahl vorzufinden
sind.
Hier, wo nicht selten die Wurzel für die Entwicklung späterer, chronischer Erkrankungen
zu finden ist, bestehende nachvollziehbare
Abwehrmechanismen, die es vorsichtig und im
Einverständnis mit dem Patienten, zu überwinden gilt.
Wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet der
Therapie von CFS und Fibromyalgie sind nur unter Integration auch geistig-seelischer Prozesse
und einer wesentlichen Bewusstseinserweiterung bei den Betroffenen, aber auch bei der noch
völlig unzureichend informierten Ärzteschaft zu
erreichen.
Natürlich ist die gleichzeitige Beseitigung von
heilungsblockierenden, bakteriellen Herden
oder persistierenden Infekterregern unbedingt
Voraussetzung, kann aber ohne gleichzeitige
Beseitigung der Immunsuppression, die eben
gerade auch mentaler Natur sein kann ! nicht erfolgversprechend sein. Wir sollten uns darüber
klar sein, dass auf rein neuronalem Wege die NKZellfunktion massiv reduziert werden kann !
Hier treffen wir häufig auf eine Form von Ignoranz, die Anlass zur Resignation sein könnte,
gerade aber die dürfen wir nicht zulassen, da sie
einer potentiellen Heilung im Wege steht und
den „Arzt in uns selbst“ (Norman Cousins), jene
Quelle der Selbstheilungskräfte, über die wir alle
verfügen, empfindlich schwächen und schädigen kann.
Ich halte es daher für sehr wichtig, die verbreitete und in ihrer Genese verständliche Antipathie und Ablehnung gegenüber der Integration
jeglicher Form von psychotherapeutischen Maßnahmen aufzugeben und die Betroffenen differenziert über die Bedeutung ganzheitlicher Therapiemaßnahmen unter Integration geistiger und
seelischer Therapieansätze zu informieren.
Eine Vielzahl von vorausgehenden Untersuchun-
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