Elektrisch angetriebene Zahnbürste Von Martin Volkmer und Christiane Dörich Die elektromagnetische Induktion gehört zu den grundlegenden Themen innerhalb eines Elektrikunterrichts, wie er für die Jahrgangsstufen 9 und 10 vorgesehen ist. Dabei werden in der Regel Generator und Transformator ausführlicher behandelt. Der Transformator ist für eine Industriegesellschaft deshalb wichtig, weil mit ihm Hochspannung erzeugt und dadurch elektrische Energie nahezu verlustfrei über große Entfernungen transportiert werden kann (Trafoverluste etwa 2 %). Das Transformatorprinzip findet man aber auch bei anderen technischen Geräten bzw. Systemen, die nichts mit der großtechnischen Übertragung elektrischer Energie zu tun haben, so z. B. bei elektrischem Schweißgerät, Induktionsschmelzofen, Stromzange, galvanischer Entkopplung von Stromkreisen oder induktiver Steuerung von Fahrzeugen. Vom Transformator zur angetriebenen Zahnbürste elektrisch Seit einigen Jahren wird eine elektrisch angetriebene Zahnbürste angeboten, deren eingebauter Akku sich ohne galvanischen Kontakt zur Energiequelle aufladen lässt.‘ 2 Das Transformatorprinzip macht es möglich! (Siehe Kasten auf 5. 10.) Da eine solche Zahnbürste in vielen Haushalten bereits vorhanden ist, läge es nahe, das Thema Transformator mit diesem Gerät zu beginnen. Es wäre dann von Schülerinnen und Schülern zu entdecken, wie die elektrische Energie aus dem Ladeteil in das Handteil gelangt. Da die Induktion in der Regel bereits behandelt sein dürfte, würden einige von ihnen das Energieübertragungsprinzip vermutlich herausfinden. Der Einfluss eines Eisenkerns und der Spulenwindungszahlen auf die Höhe der Sekundärspannung und Sekundärstromstärke könnte anschließend untersucht werden. Eine solche Vorgehensweise verlangt von Schülerinnen und Schülern eine konsequente Anwendung bereits erworbener physikalischer Kenntnisse, d. h. ein hohes Maß an analytischem Denken. Der Weg von der elektrisch angetriebenen Zahnbürste zum Transformator kann daher nur in leistungsstarken Lerngruppen beschritten werden. Als deutlich einfacher erweist sich eine andere Themenabfolge: Der Transformator wird als Spannungs- und Stromwandler zuerst behandelt und anschließend das Transformatorprinzip bei der Zahnbürste entdeckt. Dabei kann das Anschlussthema mit dem technischen Gerät oder einer Konstruktionsaufgabe begonnen werden (Aufbau eines Funktionsmodells „Zahnbürste“ aus Teilen der Physiksammlung). Versuche zur elektrisch angetriebenen Zahnbürste Gleichgültig, welche didaktischen Entscheidungen Lehrerinnen und Lehrer hier treffen, wird sich die Beschäftigung mit der Zahnbürste auf drei Ebenen vollziehen, die sich jedoch nicht scharf gegeneinander abgrenzen lassen: • Beobachtungen und Messungen an einer intakten Zahnbürste‘, • Ermittlung der technischen Struktur anhand einer geöffneten Zahnbürste sowie Durchführung verschiedener Messungen q • Herstellung eines Funktionsmodells zur Simulation der Energieübertragung, der Energiespeicherung und des Motorbetriebes. Die auf 5. 11—12 beschriebenen Versuche zeigen, welche experimentellen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Sie liefern gleichzeitig eine Grobstruktur für den Unterricht. Zur Durchführung der Versuche und zur Unterrichtsgestaltung finden sich im Kasten rechts ergänzende Anmerkungen. Anmerkungen zum Gerät, Versuchen und zur Unterrichtsgestaltung zu den • Solange Handteil und Ladeteil geschlossen sind, kann man Messungen nur am Ladeteil vornehmen. • Elektrische Energie lässt sich auf das Handteil nur vom Ladeteil aus übertragen. Mit einer stromdurchflossenen Spule aus der Physiksammlung gelingt das nicht im erforderlichen Maße. Ein entsprechender Versuch fehlt deshalb. • Die Primärspule im Ladeteil und die Sekundärspule im Handteil besitzen keine Eisenkerne, vielmehr taucht die eine Spule in die andere ein. Daher hat die Anordnung wegen der Magnetfeldverluste einen relativ geringen Wirkungsgrad. Bei den Versuchen wird jedoch ein Eisenkern verwendet, um trotz ungünstiger Spulengeometrie brauchbare Messwerte zu erhalten. • Ladeteil und Handteil sind in Kunststoff gekapselt. Sollen die Geräte geöffnet werden, muss man sie aufsägen oder mit einer scharfen 1 • • • • • Zange aufschneiden. Um dabei Verletzungen zu vermeiden, sollte man das jeweilige Teil vorsichtig in einen Schraubstock einspannen oder mit einer Schraubzwinge an der Tischplatte befestigen. Soll das geöffnete Ladeteil einsatzbereit bleiben, kann man es in einem durchsichtigen Kunststoffkasten mit Deckel unterbringen (Qszillatorschaltung mit Klebeband fixieren). Ein Loch im Deckel mit dem Durchmesser des Handteils erlaubt das Einsetzen eines kleineren Eisenkerns. Wird das geöffnete Ladeteil an Netzspannung angeschlossen, dürfen Messungen nur vom Lehrer vorgenommen werden. (Es treten Spannungen über 25V ~ auf!) Die Oszillatorschaltung des Ladeteils, mit der die Netzfrequenz um den Faktor 400 erhöht wird, lässt sich auf dem Niveau der Sekundarstufe 1 nicht erklären. Bei der Erklärung der Funktionsweise einer elektrisch angetriebenen Zahnbürste muss man außer auf das Transformatorprinzip auch auf Halbleiterdiode (elektrisches Ventil) und Akku (aufladbare Batterie) eingehen. Das in Versuch 6 (8. 12) vorgestellte Funktionsmodell mit kontaktloser Aufladung des Akkus ist von grundlegender Bedeutung. Es veranschaulicht sowohl die Physik als auch die Technik des Gerätes. Deshalb ist dazu ein Arbeitsblatt (s. S. 13) gestaltet worden. Es kann zur Zusammenfassung bzw. Wiederholung im Unterricht oder zur häuslichen Bearbeitung eingesetzt werden. Dabei kommt es darauf an, die Versuchsschritte physikalisch zu erklären. Technische Informationen Zur elektrisch betriebenen Zahnbürste (die im Handel auch als Akku Zahnbürste bezeichnet wird) gehören ein Handteil mit Bürstenkopf und ein Ladeteil (Abb. 1 und 2). Beide Teile sind in Kunststoff gekapselt. Das Ladeteil enthält eine Anschlussleitung an das 230-V-Netz, eine Platine mit elektronischen Bauteilen sowie eine Spule ohne Eisenkern (Primärspule) (Abb. 3 und 5). Bei der elektronischen Schaltung handelt es sich um eine Oszillatorschaltung, durch die die Netzfrequenz f = 50 Hz auf f= 20000 Hz erhöht wird. Als Grund gibt der Hersteller an, dass durch die höhere Frequenz kein Wechselstrombrummen wahrgenommen wird und der induktive Widerstand der Spule größer ist. (Man kommt mit weniger Kupferdraht bzw. Spulenwindungen aus.) An der Primärspule liegt eine Spannung von etwa 270 V ~‚ die Stromstärke ist auf 8 bis 14 mA begrenzt.~ Das Handteil besteht aus der Sekundär spule, zwei in Reihe geschalteten Akkus, einer Diode, einem Motor mit Getriebe und einem Schalter. Über das Getriebe wird der Bürstenkopf bewegt (Abb. 4 und 2 5). Zum Laden wird das Handteil in das Ladeteil gestellt, so dass sich die Sekundärspule in unmittelbarer Nahe der Primärspule befindet. Der Wechselstrom durch die Pnmärspule erzeugt ein magnetisches Wachselfeld. Es durchdringt die Sekundärspule und erzeugt in ihr durch Induktion eine Wechselspannung, die im angeschlossenen Leiterkreis zu einem elektrischen Strom führt. Eine Diode richtet den Wech selstrom gleich, so dass die in Reihe geschalteten Akkus geladen werden können. Über einen Schalter lässt sich dann ein Abb. 5: Schaltungsstruktur von Ladeteil und Handteil Elektromotor mit den Akkus verbinden Ein Getriebe sorgt dafür, dass die Rotation der Motorwelle in eine schwingende Bewegung umgewandelt wird, Drehspulmessgeräte mit Gleitrichter können in der Regel sinusförmige Wechselspannungen und Wechselströme bis zu einer Frequenz f= 20kHz messen (110~ S. 132). Abb. 1: Einsetzen des Handteils der elektrischen Zahnbürste in das Ladeteil Abb. 2: Laden des Akkus im Handteil der elektrischen Zahnbürste Abb. 4: Das Handteil enthält eine eisenlose Spule, zwei Akkus, eine Diode, einen Schalter sowie einen Motor mit Getriebe. Die Bürste wird auf die Getriebewelle aufgesetzt Abb. 3: Das Ladeteil besteht aus einer Anschlussleitung, einer Oszillatorschaltung und einer eisenlosen Spule 3