Christine Werdecker in Frankreich 2009

Werbung
Erfahrungsbericht über das
Auslandspraktikum in Frankreich
Ich bin Christine Werdecker, 22 Jahre jung und an der Staatlichen
Fach- und Technikerschule für Wein- und Gartenbau in
Veitshöchheim, wo ich im Sommer meinen Abschluss als
Technikerin im Gartenbau machen werde.
Dass wir im Rahmen der zweijährigen Ausbildung ein Praktikum
machen würden, stand fest.
Der Betrieb liegt nur 4 km
Eigentlich hatte ich vor, in Deutschland zu bleiben und mir eine
vom Meer entfernt, lange
Kräutergärtnerei zu suchen, ich hatte schon die Möglichkeit in der
Strandspaziergänge sind
Nähe von Bremen geboten bekommen.
garantiert.
Ausschlaggebend dafür war mein damaliger Freund, hauptsächlich
wegen ihm wollte ich in Deutschland bleiben. Als wir uns dann
Anfang Januar trennten kam alles anders.
Durch meine Freundin in der Schule bekam ich von ihrem alten Betrieb in Frankreich
mit und zwei Wochen später stand fest: vom 15. Juni bis 14. August bin ich am
Mittelmeer.
Jean Rey ist eine große französische Baumschule, die jährlich 12 Millionen Pflanzen auf
89 ha produzieren. Ich war in der Abteilung Vermehrung eingesetzt, wo die
Schwerpunkte bei den Oliven, Oleander, Lantanen und Zitronen lagen.
Jetzt im Nachhinein denke ich, dass ich mich ganz schön ins kalte Wasser geworfen habe.
Fremdes Land, fremde Sitten und vor allem fremde Sprache! Ich habe zwar im Voraus
einen Französisch-Kurs belegt, der mir allerdings nicht viel weitergeholfen hat.
Im gärtnerischen Sinne habe ich nicht viel Neues dazu gelernt, vielleicht wie gut man
auch ohne Technik zurechtkommen kann. In Deutschland fahren die Tische
computergesteuert durch die Gewächshäuser, in Frankreich gibt es noch nicht einmal
Tische.
Meine Hauptaufgaben waren die Mithilfe beim Beschaffen des Stecklingsmaterials, der
Schnitt von Stecklingen, das Abstecken der Stecklinge und verschiedene
Pflegemaßnahmen an der Pflanze, wie das Zurückschneiden oder Umräumen.
So wenig wie ich beruflich dazugelernt habe, umso mehr hat es mir menschlich
gebracht.
Die neue Situation, dass ich in einem Land bin,
wo ich die Menschen nicht verstehe, lässt einen
sehr kreativ werden. Die wenigen Wörter, die
man am Anfang kennt, werden jetzt sehr
wichtig, um alles andere halbwegs verständlich
zu umschreiben.
Zum Glück gibt es Hände und Füße, denn
Englisch hilft in Frankreich nicht wirklich
weiter. In den dortigen Schulen wird Englisch
im gleichen Stundenumfang wie in Deutschland
unterrichtet, aber viele verstehen die
einfachsten Wörter nicht, selbst die junge
Der Vermehrungs-Betriebsteil der
Generation streikt bei Englisch, was meine
Baumschule, in der ich neun Wochen
Erfahrungen waren.
gearbeitet habe.
Ein großes Glück war, dass mein Chef ein
Deutscher war und ich mich mit ihm manchmal
unterhalten konnte.
In den ersten Wochen versucht man, sich in die
Sprache hineinzuhören, was mir allerdings erst
nach acht bis neun Wochen gelungen ist, als es für
mich wieder nach Hause ging.
Hier werden an einem einfachen
Hänger mit Erde Jasminum
polyanthum in 2l Container getopft.
Da ich nicht sehr schnell neue Sprachen lernen
kann, ist man in den ersten Wochen eher
schweigsamer und arbeitet so vor sich hin. Nach
sechs Wochen habe ich ein längeres Telefonat mit
meiner Mama geführt und da hörte ich mich mal
wieder reden und es hat sich etwas ungewohnt
angehört.
Es ist eine große Erfahrung, wenn man sich komplett anpassen muss, etwas anderes
blieb mir nicht übrig.
Mit diesem Bericht möchte ich die jungen Leute ansprechen,
die sich vielleicht nicht trauen ins Ausland zu gehen. Wie
gesagt, am Anfang hätte ich mich auch nicht getraut ganz
alleine in ein fremdes Land zu gehen und dort zu arbeiten.
Ich bereue keinen einzigen Tag, den ich dort verbracht habe,
auch wenn mich zwischendurch starkes Heimweh geplagt
hat, aber auch das ist eine lehrreiche Erfahrung gewesen.
Durch die neun Wochen habe ich sehr viel an
Selbstbewusstsein gewonnen und ich habe jetzt das Gefühl,
die Welt steht mir offen.
Ein Appell an alle, die die Möglichkeit haben, ins Ausland zu
gehen: „Ihr werdet es nicht bereuen!“
Wenn ihr euch jetzt fragt, ob ihr irgendwelche
In voller Sonne werden
hier am Vormittag
Voraussetzungen mitbringen müsst, dann kann ich nur
Oleander geschnitten,
sagen, dass man alles erstmal austesten muss, bevor man
um Stecklingsmaterial
kritisiert. Man muss offen für Neues sein und einfach Spaß
zu erhalten.
am Leben haben. Mit Freundlichkeit kommt man überall
weiter.
Herunterladen