Teleskope aus optischer, mechanischer und historischer Sicht Oliver Schwarz (Der Verfasser bedankt sich bei Christoph Springob und Henrik Bernshausen für die Mithilfe bei der fotografischen und grafischen Erfassung der Experimente.) Im physikalischen Schulunterricht gehört die Strahlenoptik zumeist in den Bereich des physikalischen Anfangsunterrichts, d.h. auch die optischen Geräte werden in den meisten Bundesländern oft irgendwo zwischen der Klassenstufe sechs und acht behandelt. Wie der Verfasser dieses Artikels häufig selbst erleben konnte, erweist sich das Fernrohr für Schulkinder dieser Altersstufe als zu kompliziert. Aber da es eben in der Mittelstufe eingeführt und später nicht weiter thematisiert wird, verfügen auch Lernende in höheren Klassenstufen zwar über ein anschauliches, nicht aber über ein tiefer gehendes physikalisches Wissen zu den Funktionsprinzipien eines Fernrohres. Hinzu kommt die Tatsache, dass man bei der Einführung des Fernrohres zumeist nur die für terrestrische Teleskope entscheidende Vergrößerungswirkung thematisiert, während man die darüber hinausgehenden, allerdings für astronomische Fernrohre wesentlichen Effekte, außer Acht lässt. Ein projektartiger Fächer verbindender Unterricht – in Zusammenhang mit astronomischen Fragestellungen – kann (und sollte) diese Wissenslücke in der Abiturstufe beseitigen. Die nachfolgenden Hinweise umfassen Vorschläge für Experimente, Modellüberlegungen, historische Betrachtungen und kleinere mathematische Berechnungen. Übersicht der Bezüge im WIS-Beitrag Physik Optik Linsenabbildung, Brechung, Beugung, Dispersion Mechanik Masse, Volumen, Hebelgesetz, Gewichtskraft Astronomie Astropraxis Funktionsweise eines Fernrohres Verknüpfungen Astro/Ph/Ma Volumenberechnungen zusammengesetzter Körper, Gleichungssysteme, Experimente zur Strahlen- und Wellenoptik, unterschiedliche Anforderungen von terrestrischen und astronomischen Teleskopen Universitätssternwarte Siegen (Quelle: Christoph Springob) Was ein astronomisches Fernrohr leisten soll Ein astronomisches Fernrohr soll zumeist drei Effekte bewirken: 1. Es soll einen Sehwinkel liefern, der im Vergleich zum Sehwinkel mit bloßem Auge vergrößert ist. 2. Es soll möglichst viel Licht aufsammeln, was dadurch erfolgt, dass man die Öffnung des Teleskops möglichst groß wählt. 3. Es soll natürlich Bilder mit einer sehr hohen Auflösung liefern. Nachfolgend befassen wir uns zunächst mit der didaktischen Aufbereitung der Punkte 1 und 2 und kommen erst später auf den Punkt 3 zurück. Zwei Modelle im Widerspruch? Das Behandeln der zwei Eigenschaften eines Fernrohres, nämlich der Vergrößerung und der Lichtverstärkung, erfordert eigentlich die Konstruktion von zwei Strahlengängen, die sich – natürlich nur scheinbar – auf den ersten Blick widersprechen. Im Charakter des physikalisch-modellhaften Denkens findet sich die Begründung, warum man zwei Effekte eines einzigen Gerätes auch mit zwei unterschiedlichen Überlegungen erklären darf. Doch diese Freiheit der Inanspruchnahme gleich zweier Erklärungsmodelle meinen viele Lernende (und Lehrende) sich nicht nehmen zu dürfen. Worum es geht, verdeutlichen die Abbildungen 1, 2, und 3 anhand des keplerschen Fernohres. Um die Lichtsammelwirkung eines Teleskops zu demonstrieren, betrachtet man zweckmäßig ein Bündel von Lichtstrahlen, das parallel zur optischen Achse einfällt (Abb. 1). Die Lichtstrahlen dieses Bündels werden im Brennpunkt der Objektivlinse vereinigt und treten demzufolge – da bekanntlich die Brennpunkte von Objektiv- und Okularlinse zusammenfallen - als paralleles Lichtbündel am Okular aus. Da die Lichtstrahlen nach Passieren des Teleskops dichter beieinander liegen, ist die Lichtintensität erhöht – man kann z.B. Objekte, deren Helligkeiten mit bloßem Auge unter der Wahrnehmungsschwelle liegen, beim Blick durch ein Fernrohr erkennen. Abbildung 1: So versteht man die Lichtsammelwirkung eines Teleskops – aber nicht dessen Vergrößerungswirkung! Die Vergrößerungswirkung eines Fernrohres folgt aus einem Strahlengang, der so gezeichnet sein muss, dass die Veränderung des Sehwinkels zum Ausdruck kommt. Dazu muss man natürlich einen kleinen Einfallssehwinkel ε (Epsilon) vorgeben und zweckmäßig zwei parallel unter diesem Einfallswinkel ankommende Lichtstrahlen A und M (Abb. 2). Quasi nebenbei folgt aus der Konstruktion dieses Strahlenganges auch noch das „Oben-Unten-Rechts-Links-Vertauschen“ des optischen Bildes gegenüber dem Objekt, wie man anhand der Strahlen A und M leicht feststellen kann. Abbildung 2: Um die Vergrößerungswirkung eines Teleskops darzustellen, muss man einen unrealistisch großen Einfallswinkel ε (Sehwinkel) vorgeben. Die Abb. 2 wird von (kritiklosen) Lernenden zumeist kommentarlos „geschluckt“, aber hin und wieder meldet sich ein Schüler oder eine Schülerin mit der Frage, warum man überhaupt einen Einfallssehwinkel beobachten könne. Tatsächlich kann man auch für die Himmelsobjekte mit dem größten freien Sehwinkel – für Mond und Sonne mit ε ≈ 0,5° - keine realistische Strahlenkonstruktion mehr auf einem Blatt Papier durchführen. Viel gravierender ist aber der scheinbare Widerspruch zwischen Abb. 1 und 2. Schließlich wurde doch bei der Konstruktion der Abb. 1 genutzt, dass im Prinzip alle Himmelsobjekte so gut wie unendlich weit weg vom Beobachter sind. Der Autor dieser Zeilen sammelt mit Lehramtsstudenten regelmäßig die Erfahrung, dass Lernende anhand der Abb. 1 unbewusst zu der Ansicht gelangen, dass ein Fernrohr ja eigentlich die Objekte „verkleinern“ müsste. Ein in Lehrbüchern häufig genutztes Mittel besteht darin, die Abb. 1 und 2 zu einem Gesamtbild zu verschmelzen (Abb. 3). Allerdings ist es erfahrungsgemäß mit dem Verständnis dieses Gesamtbildes nicht weit her. Abbildung 3: Sehwinkelvergrößerung und Lichtbündelung kombiniert – können Sie das Bild leicht verstehen? Aus Grimsehl, LB der Physik, 1978. Ein probates (und erfolgreiches) Mittel kann deshalb darin bestehen, die Lichtsammelwirkung und die Sehwinkelvergrößerung eines Fernrohres vor der Konstruktion von Strahlengängen zunächst durch Demonstrationsexperimente zu zeigen. Dies ist mit geringem Aufwand und darüber hinaus sogar optisch eindrucksvoll machbar. Neben zwei Sammellinsen unterschiedlicher Brennweiten, die modellhaft das Fernrohr darstellen, benötigt man eine Reuterlampe, einen Laserpointer und eine Nebelmaschine. Nebelmaschinen kann man für ca. 30 Euro inklusive der dazugehörigen Nebelsubstanz im einschlägigen Technikversandhandel per Katalog bestellen. Sie können im gesamten Physikunterricht genutzt werden und dienen insbesondere im Optikunterricht der Sichtbarmachung von Strahlenverläufen des Lichtes. Weitaus weniger schön als mit Kunstnebel gelingen die Versuche natürlich auch mit der guten alten „Tafelkreide“, die man in einem trockenen Tafellappen aufgesammelt hat. Die Abbildungen 4 und 5 stellen fotografische Aufnahmen der beschriebenen Experimente dar. Experiment: Mit zwei Sammellinsen baut man ein keplersches Fernrohr nach. Für die nachfolgend geschilderten Experimente ist es zweckmäßig, wenn sich die Brennweiten der Sammellinsen um nicht weniger als den Faktor 3 und nicht mehr als den Faktor 10 unterscheiden – wir wollen kein funktionstüchtiges Fernrohr konstruieren, sondern die Eigenschaften eines Fernrohres möglichst gut im Experiment beobachten. Mit einer Reuterlampe erzeugt man ein paralleles Strahlenbündel, das senkrecht auf das „Fernrohrobjektiv“ (also die langbrennweitige Sammellinse) gerichtet wird. Dann umgibt man den Versuchsaufbau mit Kunstnebel. Im Versuch ist die Lichtsammelwirkung eines Fernrohres sehr gut zu erkennen, außerdem ist zu sehen, dass ein „weites“ paralleles Strahlenbündel beim Eintritt in ein „enges“ paralleles Strahlenbündel beim Fernrohraustritt umgewandelt wird (Abb. 4). Als Nebeneffekt ergibt sich eine wichtige Grundregel der visuellen Fernrohrbeobachtung: In ein astronomisches Fernrohr blickt man offenbar mit einem auf unendlich akkommodierten Auge. Abbildung 4: Zwei Sammellinsen, ein paralleles Lichtbündel und etwas Kunstnebel – Demonstration der Lichtsammelwirkung eines Fernrohres. Experiment: Das nun folgende Experiment bringt den Sehwinkel ins Spiel. Mit einem Laserpointer beleuchtet man möglichst mittig die Objektivlinse. Der Laserstrahl soll nur sehr wenig gegenüber der optischen Achse des Linsensystems geneigt sein. Dieser kleine Einfallswinkel repräsentiert im Modell den Sehwinkel mit bloßem Auge. Nach Einschalten des Lasers und dem obligaten Bedampfen mit Kunstnebel erkennt man, wie ein Fernrohr den Sehwinkel vergrößert. Der Laserstrahl verlässt das Okular unter einem deutlich gegenüber dem Einfallswinkel vergrößertem Winkel gegenüber der optischen Achse (Abb. 5). Abbildung 5: Ein Laserpointer genügt und man erkennt die Vergrößerung des Sehwinkels durch ein Fernrohr. Linsenfernrohre oder Spiegelteleskope? Zu den bemerkenswerten Vorgängen in der historischen Entwicklung der Teleskope gehört einerseits die zunächst über zwei Jahrhunderte hinweg nahezu gleichberechtigt verlaufende Ausgestaltung der technischen Möglichkeiten von Linsen- und Spiegelfernrohren und andererseits der dann nahezu schlagartig im 20. Jahrhundert einsetzende Boom der Spiegelteleskope und das „Ende“ der Großlinsenteleskope in der modernen Forschung. Die treibende Kraft für den Hang zu immer größeren Teleskopen ist in den Gesetzen der Optik zu suchen – die Gründe für das Versagen der sehr großen Linsentechnik (wir reden hier nicht über die hervorragenden Amateurlinsenfernrohre, sondern über die Grenze des technisch Machbaren!) sind ganz wesentlich in den Gesetzen der statischen Mechanik zu finden. Immer größere Teleskope – ein schulphysikalischer Zugang Kommen wir zu den Aufgaben 2 und 3 eines Fernrohres (siehe oben). Der kleinste mögliche Sehwinkel – und damit die Auflösung des Teleskops - ist durch die Beugung an der Öffnungsblende des Objektivs begrenzt. Modellexperiment: Mit einem Laserpointer, dessen Lichtstrahl man auf einen regulierbaren Einfachspalt richtet und dessen Beugungsbild man mit einem einige Meter entfernten Auffangschirm (einfach eine helle Wand im Klassenraum) auffängt, lässt sich leicht der Grundzusammenhang der Beugungstheorie demonstrieren – je kleiner die Beugungsöffnung, desto breiter ist das Hauptmaximum (desto weiter sind die Nebenmaxima vom Hauptmaximum des Beugungsbildes entfernt). Verkleinert man die Spaltöffnung, ist genau dieser Effekt anschaulich zu beobachten. Elementare Überlegungen: Oft wird behauptet, man müsse zur Behandlung des Auflösungsvermögens eines Fernrohres sehr viel von Beugungstheorie verstehen. Diese Behauptung stimmt, aber nur dann, wenn man rechnen möchte. Für ein Prinzipienverständnis genügen elementarmathematische Überlegungen. Im Fernrohr werden – anschaulich gesprochen - die weit dispergierten Beugungsflecken des Laserpointers zu einem kleinen runden Beugungsfleck mit einem Radius r zusammengedrängt (das „Beugungsscheibchen“ eines Sterns). Dieser Beugungsfleck wird vom Objektiv in die Brennebene von Objektiv- und Okularlinse abgebildet (die gestrichelte Linie in Abb. 2). Damit ist der kleinstmögliche Sehwinkel σ des Teleskops festgelegt. Elementargeometrisch gilt für σ: tan 2r f Ob (1) Außerdem haben wir durch unser Modellexperiment gerade herausgefunden, dass ein sehr großer Durchmesser der Objektivöffnung zu einem kleinen Beugungsscheibchen führt, mathematisch also die indirekte Proportionalität r~ 1 D (2) gilt. Aus (1) und (2) erhält man leicht: ~ 1 D f Ob (3) und damit scheinbar den „Stein der Weisen“ für scharf abbildende Teleskope: Versuche eine möglichst große Öffnung zu erreichen, aber wenn das nicht zu schaffen ist, dann wähle die Objektivbrennweite groß. Nach diesem Prinzip hat Hevelius dann auch Linsen, die seinerzeit nur mit vergleichsweise kleinen Durchmessern einigermaßen exakt schleifbar waren, zu einem sehr langbrennweitigen Fernrohr zusammengefügt (siehe das Bild im SuW-Artikel von Kärcher, auf den sich dieser WIS-Beitrag bezieht). Doch die fortschreitende Astronomie wollte immer tiefer in den Weltraum vordringen, sie verlangte nach immer mehr Licht und deshalb nach immer größeren Objektivöffnungen. Sehr große Objektivbrennweiten und sehr große Teleskopöffnungen können aber nur Spiegelteleskope liefern und das aus einem einfachen Grund: Bei einem Linsenfernrohr sitzt das Objektiv an der Spitze des Teleskops. Verfügt dieses Teleskop über eine große Öffnung, dann ist das Objektiv sehr schwer, ist die Objektivbrennweite groß, wird der Fernrohrtubus lang. Beide Faktoren führen an eine technische Grenze, bei der sich die Eigenmasse des Objektivs, das Hebelgesetz und die Durchbiegung des Fernrohrtubus nicht mehr „austricksen“ lassen! Warum ist ein Linsenobjektiv mit großer Öffnung und langer Brennweite eigentlich schwer? Diese Frage ist gar nicht so abwegig. Naiv könnte man nämlich von folgender Überlegung ausgehen: Um ein sehr langbrennweitiges Linsenfernrohr zu bauen, muss man eigentlich am Objektiv keinen großen Aufwand treiben. Da die Krümmungsradien r1 und r2 der Sammellinse am Objektiv immer größer werden (der Glaskörper also immer flacher!), sofern man eine Linse mit immer größerer Brennweite nutzt (diesen Zusammenhang sollte man im Schulunterricht mit verschiedenen Linsen auch demonstrieren!), bekommen anscheinend extrem langbrennweitige Fernrohrobjektive eher die Eigenschaften einer dünnen planparallelen Glasplatte – eine Art „Fensterglasscheibe“. Wenn man aber eine doppelt so große Öffnung mit einem solchen „Fensterglas“-Objektiv erzeugen will, dann muss man einfach doppelt so viel „Fensterglasfläche“ einbauen – wo soll hier das oben angesprochene Gewichts-Problem für das Objektiv liegen? Bei dieser naiven Überlegung werden aber (hauptsächlich) zwei Dinge nicht beachtet: erstens, dünne Glasplatten biegen sich gewaltig durch, was ihre optischen Eigenschaften dramatisch ändert und zweitens, eine einzelne dünne Linse bewirkt nicht die Farbkorrektur, die Fernrohrobjektive selbstverständlich leisten müssen. Farbfehler entstehen bekanntlich einfach durch den Umstand, dass im Glas Licht unterschiedlicher Farben auch unterschiedlich stark gebrochen wird, die bekannte Dispersion. Technisch bekommt man die Dispersion in den Griff, indem man etwa eine starke Sammellinse aus Kronglas mit einer schwachen Zerstreuungslinse aus Flintglas kombiniert, sodass die Flintglaslinse die Farbaufspaltung der Kronglaslinse wieder völlig behebt (Die Farbaufspaltung des Lichtes an einem Prisma und die anschließende Farbvereinigung durch ein anderes Prisma sollte man den Lernenden unbedingt demonstrieren!). Glassorte\Linie A (rot) C (orange) F (blau) Das hier beschriebene Verfahren wird in achromatischen Objektiven Kronglas (nK) 1,50491 1,50762 1,51567 genutzt. Fraunhofer hat im Farbspektrum gleichmäßig Flintglas (nF) 1,60294 1,60805 1,62464 Eichmarken definiert, wozu er die Tabelle 1: Spektrallinien im Sonnenlicht Brechzahlen n für verschiedenen Wellenlängen und Glassorten nutzte. Für die Wellenlänge dieser Eichlinien, die in der Literatur zumeist mit Großbuchstaben (A, B, C…) abgekürzt werden, hat man die Brechzahlen n für Kron- und Flintglas ermittelt, wie man beispielhaft der folgenden Tabelle entnehmen kann. Die Herleitung der Berechnungsgleichungen eines Achromaten (Abb. 6 rechts) ist für den Schulunterricht zu aufwendig, wohl kann man aber mit dem Resultat dieser Herleitung arbeiten. Es ergibt sich eine schöne Mathematikaufgabe für das Themengebiet „Arbeit mit Gleichungssystemen mit zwei Unbekannten“. Berechnungsaufgabe: Ein achromatisches Objektiv soll für die Fraunhoferlinien C und F die gleiche Brennweite f = 1 m ergeben, sodass für oranges und blaues Licht der Farbfehler verschwindet. Für die Konstruktion nutzt man eine Sammellinse aus Kronglas, die die Krümmungsradien r1 und r2 besitzt. Legt man die Zerstreuungslinse aus Flintglas und die Sammellinse dicht aufeinander, dann stimmen beide Linsen im Betrag von r2 überein. Außerdem soll eine Fläche der Zerstreuungslinse eben sein. In diesem Fall gilt für den Zusammenhang zwischen Brennweite f, den Brechzahlen der genutzten Glassorten und den Krümmungsradien der Zusammenhang: (a) Berechnen Sie die Radien r1 und r2. Lösung: r1=0,41 m, r2=-0,44 m. (b) Kein Flächen-, sondern ein Volumen- und Massenproblem Angesichts der oben berechneten Krümmungsradien wird klar, dass auch ein langbrennweitiges Fernrohrobjektiv keineswegs die mechanisch-optischen Eigenschaften von „dünnem Fensterglas“ aufweist. Die merklichen Krümmungsradien führen vielmehr dazu, dass für eine bestimmte Brennweite die Vergrößerung der Objektivöffnung zu einem dramatisch anwachsenden Gewichtsproblem führt. Auch das kann man im Schulunterricht thematisieren und in eine Übungsaufgabe einfließen lassen: Abbildung 6: Prinzipzeichnung eines Achromaten (rechts) und deren Vereinfachung zur Volumenschätzung der erforderlichen Glasmenge (links). Berechnungsaufgabe: Schätzen Sie ab, wie sich das Glasvolumen von achromatischen Objektiven mit der festen Brennweite 1 m ändert, wenn man Öffnungsdurchmesser von 4 cm, 10 cm und 20 cm erreichen möchte. Lösung: Wir idealisieren das Objektiv so wie in Abb.6 (links) angedeutet und begnügen uns damit, lediglich das Volumen des zylindrischen Teils anzugeben. Für die geforderte Schätzung reicht dies aus – jedenfalls um das Prinzip der Volumen- und Massenzunahme zu demonstrieren (Zahlenwerte siehe vorangehende Aufgabe, wir rechnen für die Zwecke einer Abschätzung mit einem einheitlichen Krümmungsradius von r = 40 cm). Wir bezeichnen mit R den halben Durchmesser des Objektivs. Es gilt dann (siehe Abb. 6 links): ( . Die (erlaubte) Lösung dieser quadratischen Gleichung ist: r- . Damit ergibt sich für das Volumen für den zylindrischen Teil des Achromaten: . V = 0,63 cm3 für D = 4 cm, V = 24,6 cm3 für D = 10 cm, V = 400 cm3 für D = 20 cm. Die Zahlenwerte sind natürlich nicht als exakte Volumenangaben aufzufassen. Sie geben aber als Schätzgrößen einen deutlichen Hinweis darauf, wie sich das Volumen (und damit natürlich auch die Masse) eines achromatischen Objektivs verändert, wenn man für eine feststehende Brennweite immer größere Öffnungen anstrebt – es nimmt dramatisch zu! Nachdem man mit den Lernenden erörtert hat, welche grundsätzlichen (naturgesetzlichen) Probleme bei immer größeren Linsenteleskopen auftreten, sollten die Vorteile von Spiegelteleskopen gegenüber Linsenfernrohren für die moderne Großforschung besprochen werden. Dass es auch bei den großen Spiegelmassen und –flächen aktueller Teleskopprojekte optische und mechanische Schwierigkeiten gibt, lässt sich dann anhand des Artikels von Hans Jürgen Kärcher eindrucksvoll nachvollziehen. Literatur: Die physikalische Literatur zur Einführung in die Funktionsweise astronomischer Fernrohre ist nahezu unüberschaubar. Besonders hingewiesen sei deshalb hier nur auf verschiedenen Java-Applets, mit denen man Strahlengänge konstruieren kann – problemlos mit Suchmaschinen im Internet zu finden. Es gibt verschiedene Schulprojekte, die sich mit der Sichtbarmachung optischer Phänomene mit Hilfe von Kunstnebeldampf befassen. Stellvertretend sei hier der im Internet verfügbare Beitrag genannt: http://www.fkg-wuerzburg.de/schule/faecher/physik/lk/material/m12/laser.php Für Dezember 1010 ist ein Artikel in der „Praxis“ angekündigt, der sich mit der Sichtbarmachung von Laserstrahlen in einer Nebelmaschine beschäftigt: Wilhelm, T.: Laserstrahlen mit der Nebelmaschine sichtbar machen, erscheint in: Praxis der Naturwissenschaften – Physik in der Schule 59, Nr. 8, 2010. Auch einschlägige didaktische Projekte und Arbeiten mit historisch-didaktischem Anspruch zum Thema „Fernrohr“ sind sehr zahlreich. Hier einige der aktuellsten Artikel, von denen ausgehend man sich in das Thema einlesen kann: Teichmann, Jürgen; Höttecke, Dietmar: Das Fernrohr Galileis. Materialien für den Unterricht zur Wissenschaftsgeschichte und zum Nachdenken über die Natur der Naturwissenschaften. In: Naturwissenschaften im Unterricht. Physik, 20 (2009) 113, S. 18-22. Rill, Hans Joachim; Hepp, Ralph: Optische Geräte unter der Lupe. Lernen an Stationen zum Thema optische Geräte. In: Naturwissenschaften im Unterricht. Physik, 20 (2009) 113, S. 3137. Herrmann, Dieter B.: 400 Jahre astronomisches Fernrohr. In: Astronomie + Raumfahrt im Unterricht, 46 (2009) 113, S. 4-7.