1111 i laborinfo für den Arzt Das Anti-Müller-Hormon (Ovarialreserve Evaluation) Der reproduktive Alterungsprozess ist durch eine konstante Quantitäts- und Qualitätsabnahme der Eizellen in den Follikeln der Ovarien charakterisiert. Die AntiMüller-Hormon (AMH) Konzentration kann im Serum gemessen werden und ist proportional zur Zahl der kleinen Antralfollikel. Weil das AMH während des Lebens einer Frau sinkt und unabhängig des Menstruationszyklus ist, wird es zu einem validen Marker zur Vorhersage der Menopause. Das Anti-Müller-Hormon (AMH) ist ein dimeres Glycoprotein, das zur transformig growth factor-β (TGF-β) Superfamilie gehört. Es wurde 1947 vom französischen Endokrinologen Alfred Jost entdeckt. Die wichtigste Rolle spielt es in der Geschlechtsdifferenzierung: beim männlichen Föten wird es während der Hodendifferenzierung von den Sertolizellen produziert und führt zur Rückbildung der Müller Gänge und somit zur normalen Entwicklung der männlichen Genitalien. Beim weiblichen Föten erlaubt die Abwesenheit dieses Hormons die Entwicklung der Gebärmutter, der Eileiter und des Scheidengewölbes aus den Müller Gängen. Bei den Frauen kann das AMH erst nach der Geburt nachgewiesen werden. Mit Beginn der Pubertät erreicht die AMH-Produktion das Maximum und nimmt danach während des gesamten reproduktiven Lebens kontinuierlich ab, bis es in den Wechseljahren nicht mehr nachweisbar ist (→Bild 1). Das AMH kann als ein zentraler endokriner Parameter für die Untersuchung der Funktion der Eierstöcke und als ein wichtiges Maß der ovariellen Reserve betrachtet werden. Diese kann für die reproduktive Lebensplanung von Frauen hilfreich sein, weil die AMH Konzentration während des ganzen reproduktiven Lebens abnimmt und weil AMH im Gegensatz zu den Sexualsteroiden – Gonadotropine (LH, FSH) und Peptiden (z.B. Inhibin B) - keine zyklusabhängigen Schwankungen zeigt. Da es eine Assoziation zwischen der AMH Konzentration im Serum und dem follikulären Eierstock-Pool gibt, können die Serumspiegel zusätzliche Informationen für die Diagnostik eines Hypogonadismus bieten. Die AMH-Spiegelmessung kann auch eine Rolle bei der Identifizierung von beginnender Ovarialinsuffizienz in jungen eumenorrhischen Frauen mit mittelschwerem Hypergonadotropismus haben. Überdies haben mehrere Studien gezeigt, dass die SerumKonzentration von AMH bei Frauen mit Polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS) wegen der erhöhten Synthese in der Granulosazellen erhöht ist (3, 4). AMH kann auch als diagnostischer Marker mit einer Empfindlichkeit im Bereich zwischen 76% und 96% für Granulosazell- Tumoren in Bedacht gezogen werden. AMH Spiegel Späte reproduktive Phase Post-Menopause Schwangerschaft PCOS Hypogonadotroph Hypogonadismus Hypergonadotroph Hypogonadismus Bild 1. AMH-Konzentration und Alter der Frauen. Das AMH wird hauptsächlich von den Granulosazellen der heranwachsenden pre-antralen und antralen Follikel produziert. Der AMH widerspiegelt die Quantität und Qualität der Follikel; seine Konzentration ist höher in intakten Follikeln. Die biologische Rolle des AMH bei der Frau ist noch nicht erklärt. Neuere Daten deuten an, dass das AMH eine Rolle in der Follikel-Entwicklung und -Funktion spielt (1, 2) (→Bild 2). ↓ <1.0 µg/l ↔ ↑ ↔ ↓/<1.0 µg/l Beim Mann wird das AMH von den Sertolizellen gebildet und lässt mit seiner parakrinen Steuerung der Hodenfunktion, Rückschlüsse auf die Spermienproduktion zu. Beim erwachsenen Mann, wird AMH sowohl ins Serum wie auch in die Samenflüssigkeit sezerniert. Als ein spezifischer Marker der Sertoli-Zell-Funktion kann seine Messung Informationen über Spermatogenese in unfruchtbaren Männern bieten. 1) 2) 3) 4) Nilsson et al., 2011. Inhibitory Actions of Anti-Müllerian Hormone (AMH) on Ovarian Primordial Follicle Assembly. PLoS One. 6: e20078. Son et al., 2011. Mechanism of follicle selection and development. Minerva Ginecol. 63: 89-102. Pehlivanov & Orbetzova, 2011. Anti-Müllerian hormone in women with polycystic ovary syndrome. Folia Med. 53: 5-10. Van Houten et al., 2010. Anti-Müllerian hormone (AMH): regulator and marker of ovarian function. Ann. Endocrinol. 71:191-197. Analytik Bild 2. AMH Funktion in dem postnatalen Ovar 2960 Anti Müller Hormon: TP 42.00 labor team w ag, Dr. Mara Ceragioli, 20.03.2012 1 ml Serum M5340