S014-023.qxd 14.11.2006 10:49 Seite 14 4 6 8 10 BRISANT ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 Endo – Ins Innere geblickt 48 In den ersten beiden Teilen stellten sich für das DENTAL MAGAZIN Experten aus Praxis, Hochschule und Industrie Fragen rund um den endodontologischen Themenkomplex: PD Dr. Matthias Zehnder (Zürich) Dr. David Sonntag (Marburg), Dr. Holger Dennhardt (Landshut), Dr. Hans-Willi Herrmann (Bad Kreuznach) und Diplom-Kauffrau Martina Schulz (J. Morita Europe, Dietzenbach) diskutierten über Herausforderungen in Diagnostik (Endo-Paro-Läsionen) und Therapie (Desinfektion, Aufbereitung, Wurzelfüllung) bei der Endo-Behandlung. 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 Wie geht man bei Revisionen vor? Sollte jeder endodontologisch arbeitende Zahnarzt in Dentalmikroskope investieren? In welche Richtung sollte die Industrie Produkt-Weiterentwicklungen und -Neuerungen fördern? Darum geht es im letzten Teil des Expertenzirkels. 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 6/2006 S014-023.qxd 14.11.2006 10:49 Seite 15 3 BRISANT 5 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 9 ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 7 11 13 15 17 19 21 Endo-Behandlungen können schnell zu einem „Fischen im Trüben“ werden. Inwieweit kann ein Operationsmikroskop bei der Endo-Therapie hilfreich sein? Sonntag: Es ist für jeden praktisch tätigen Endodontologen ein absolut unverzichtbares Werkzeug! Mit dem Operationsmikroskop werden Details der Pulpakammer und der Wurzelkanäle für das Auge zugänglich gemacht. Darin liegen die wesentlichen Vorteile. Schulz: Über sämtliche Arbeitsschritte gewinnt der Zahnarzt eine wesentlich bessere Erfolgskontrolle. Unter dem Mikroskop ist ein gezielterer und damit schonenderer Substanzabtrag möglich. Außerdem gelingt logischerweise das Auffinden der Wurzelkanäle besser. Das Mikroskop hat ganz neue Techniken ermöglicht, man denke z. B. an das Entfernen frakturierter Instrumente oder mikrochirurgische Operationstechniken bei der Wurzelspitzenresektion. Sonntag: Den größten Teil meiner Arbeitszeit verbringe ich mit Revisionen fehlgeschlagener endodontischer Behandlungen. Winzige, ohne optische Vergrößerung nicht erkennbare Details sind nicht selten bei der Erstbehandlung übersehen worden. Liegt die Ursache offensichtlich in einer koronalen Karies, gilt es jeden noch so kleinen Guttaperchaanteil von der Kanalwand zu entfernen. Häufig ist dies nur unter direkter Sicht möglich. Dennhardt: Statt von einem Operationsmikroskop zu sprechen, sollten wir übrigens, wie schon Dr. Michael Arnold (Dresden) vorschlug, in der Zahnheilkunde den Begriff Dentalmikroskop verwenden, denn Operationsmikroskope unterscheiden sich erheblich von denen, die in der Zahnheilkunde eingesetzt werden. Dentalmikroskope sind für einen Zahnarzt, der seinen Tätigkeitsschwerpunkt in der Endodontie sieht, unabdingbar! Sie gehören ebenso fest zum Behandlungsschema wie rotierende Nickel-Titan-Feilen oder der Kofferdam. Herrmann: In meiner Praxis erfolgen Wurzelkanalbehandlungen zu 100 Prozent von der Trepanation bis zum definitiven Verschluss nach Wurzelkanalfüllung unter Dentalmikroskop-Kontrolle! Ein Arbeiten ohne Dentalmikroskop in der Endodontie ist für mich undenkbar, der Einsatz ist bei mir obligat, selbst im Notdienst. 23 Sollte denn jeder Zahnarzt darin investieren? Herrmann: Natürlich „sollte“ jeder Zahnarzt darin investieren. Das Dentalmikroskop eröffnet eine neue, faszinierende Welt. Eine Vielzahl von Dingen, die selbst dem lupenbrillenbewehrten Auge verborgen bleiben, können damit sichtbar gemacht und dadurch therapiert werden. Das Dentalmikroskop bringt für denjenigen, der es konsequent nutzt, automatisch eine Verbesserung seiner Arbeitsqualität mit sich. Weiterhin ist es, mit digitaler Fotooder Videokamera ausgestattet, ein hervorragendes Medium zur Falldokumentation, Patienteninformation und damit auch Motivation. Die Frage ist jedoch, kann jeder Zahnarzt darin investieren und macht es in jedem Falle Sinn? Und hier müssen beide Fragen ganz klar verneint werden. 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 Können Sie das bitte näher ausführen, Herr Herrmann? Herrmann: Die Zahnmedizin bewegt sich seit einigen Jahren in einem ungesunden Feld: Immer höhere Investitionen werden notwendig, denen keine zusätzlichen Einnahmen gegenüberstehen. Man denke nur an die Entwicklungen im Bereich der Praxishygiene. Selbst wenn – wie im Falle der Hygienediskussion – die Notwendigkeit über die ärztliche Ethik eingefordert wird, so trifft dies auf das Arbeiten mit einem Dentalmikroskop nicht zu. Natürlich freue ich mich über jeden Kollegen, der ein Dentalmikroskop in seiner Praxis einsetzt, weil ich es für eine wichtige und ganz hervorragende Sache in der Zahnmedizin halte. Aber ich wehre mich dagegen, wenn ein Zwang konstruiert wird, der dazu dienen soll, den Absatz solcher Geräte zu erhöhen. Sonntag: Auch ich bin der Meinung, dass nicht jeder Zahnarzt darin investieren sollte. Viele endodontische Erstbehandlungen können erfolgreich mit einer Lupenbrille und koaxialem Licht in Form einer LED-Lampe gelöst werden. Herrmann: Das stimmt. Unverzichtbar für den Erfolg einer endodontischen Behandlung ist ein Dentalmikroskop nicht! Es gehört gewissermaßen zum großen Einmaleins der Endodontie. Insofern macht es nur Sinn für denjenigen, der das kleine Einmaleins der Endodontie beherrscht. Darunter verstehe ich alle Maßnahmen, die notwendig sind, um eine hohe Erfolgsquote im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung zu erreichen. Solange in der 57 59 61 63 65 67 69 71 73 Nutzen Sie für Anmerkungen zu diesem Expertenzirkel den direkten Draht in die Redaktion: redaktion@ dentalmagazin.de. 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 101 Teil 1, 2 und 3 des Expertenzirkels stellen wir Lesern des DENTAL MAGAZINs unter www.dentalmagazin.de als pdf zur Verfügung. 103 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 6/2006 129 S014-023.qxd 14.11.2006 10:49 Seite 16 4 6 8 10 BRISANT ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 Abb. 1: Röntgenologische Untersuchung von Zahn 16 mit Fistelgang. In den Fistelgang wurde ein Guttaperchapoint eingesteckt. Deutlich erkennbar ist der lokalisierte parodontale Einbruch bei sonst parodontal gesunden Verhältnissen. Eine endodontische Ursache gilt somit als wahrscheinlich. Abb. 2: Klinisches Bild des Zahnes aus Abb. 1. Eine vertikale Frakturlinie, die sich aus dem Kanal über den Pulpakammerboden bis in die Pulpakammerwand zieht. Die Vermutung einer primär endodontischen Ursache konnte somit bestätigt werden. zahnmedizinischen Öffentlichkeit die Anwendung von Kofferdam in der Endodontie als verzichtbar diskutiert wird, brauchen wir über die Investitionsnotwendigkeit von Dentalmikroskopen nicht zu sprechen. Schulz: Die Vorteile eines Mikroskops sind ja auch erst nach intensivem Training nutzbar, und die finanzielle Investition ist nicht geringfügig. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten lohnt sich die Anschaffung eines Mikroskops nur für die High-end Zahnmedizin, d. h. auch nur für eine bestimmte Klientel von Patienten. Herrmann: Mag sein. Aber das müssen nicht zwangsläufig besonders wohlhabende Patienten sein. Ich habe in meiner Praxis die Erfahrung gemacht, dass Patienten, die ein adäquates Zahnbewusstsein aufweisen, auch das Arbeiten mit dem Dentalmikroskop zu schätzen und honorieren wissen. Eine solche Einstellung ist vom sozialen Status unabhängig. 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 Lesetipp: „Wenn der Zahnarzt durch das Mikroskop schaut“, Dr. Gisela Peters für das DENTAL MAGAZIN 4/2005 (S. 48) und 5/2005 (S. 60). 86 88 90 92 Dr. David Sonntag 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Sonntag: „Viele endodontische Erstbehandlungen können erfolgreich mit einer Lupenbrille und koaxialem Licht in Form einer LED-Lampe gelöst werden.“ beendete 1998 das Studium der Zahnmedizin an der Philipps-Universität Marburg. Zunächst als Assistent, später als Oberarzt beschäftigte er sich in der Klinik für Zahnerhaltungskunde vornehmlich mit der Endodontie. Dr. Sonntag ist Spezialist für Endodontie (DGZ) sowie Certified Member der European Society of Endodontology (ESE). Er ist Leiter der ARGET Studiengruppe der Philipps-Universität Marburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Arbeitsverhaltens und Einsatzes rotierender Aufbereitungsinstrumente, der endodontischen Ausbildung sowie der Traumatologie. 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 6/2006 Herr Dr. Sonntag erwähnte eben, dass er den größten Teil seiner Arbeitszeit mit Revisionen fehlgeschlagener endodontischer Behandlungen verbringe. Wie hoch ist der Anteil in Ihrer Praxis, Herr Dr. Dennhardt? Dennhardt: Revisionen machen die Mehrzahl der Behandlungen unserer Praxis aus. Sie werden erwartungsgemäß auch in Zukunft zunehmen, da wir es derzeit mit den Füllungen zu tun haben, die das Erreichen des apikalen Drittels zum Ziel hatten. Zudem zeigen die meisten Patienten ein verstärktes Bewusstsein, ihre eigenen Zähne zu erhalten, um somit auf Brücken oder auch Implantate zu verzichten. Wie gehen Sie bei Revisionen konkret vor? Dennhardt: Die Industrie hat uns verschiedenste Revisionsinstrumente in die Hand gegeben, die alle S014-023.qxd 14.11.2006 10:50 Seite 17 3 BRISANT 5 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 9 ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 7 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 Abb. 3: Neben den völlig insuffizienten Kronen an 26 und 27 fällt ein Parodontalabbau mit massivem Knochenverlust auf. Der Zahn 26 wird nicht erfolgreich endodontisch therapierbar sein, da der Knochenverlust – auch aufgrund der Parodontalerkrankung – zu groß ist. 47 Abb. 4: Zahn 46 mit insuffizienter Wurzelfüllung und deutlich erkennbarer interradikulärer Aufhellung. Nach erfolgreicher Revision des Kanalsystems ist eine Ausheilung bei sonst parodontal gesunden Verhältnissen sehr wahrscheinlich. Abb. 1 bis 4: Dr. Sonntag 49 51 53 55 57 59 61 63 sehr erfolgreich eingesetzt werden können. Eines der wichtigsten Instrumente der Revision sind in meinen Händen Gates-Glidden-Bohrer. Ebenso kommen K3-Feilen (SybronEndo) zum Einsatz. Die speziell entwickelten Revisionsfeilen der Firmen Dentsply oder VDW zeigen nach erstem Einsatz viel versprechende Ergebnisse. Das von mir am meisten angewande Lösungsmittel ist Endosolv. Die Spülung mittels EDTA-Lösung zur Beseitigung des Debris und zur Öffnung der Dentinkanälchen als auch das Anlösen mittels Alkohol führen in den meisten Fällen mit einer Erweiterung der Kanalmorphologie zu einer sauberen Aufbereitung. Wie entfernen Sie insuffiziente Wurzelfüllungen? Sonntag: Ich setze gerne hierbei zunächst Handinstrumente kleiner ISO Größe (10 bis 15) ein, da diese nicht nur grazil, sondern auch hochflexibel sind. Eine Stufenbildung kann somit sicher vermieden werden. Die weitere Entfernung der Wurzelfüllung erfolgt mit rotierenden Nickel-Titan-Instrumenten. Schulz: Gelegentlich lässt sich ein Teil der Wurzelfüllung aber weder mechanisch noch thermisch entfernen, dann ist die zusätzliche Anwendung eines Lösungsmittels indiziert. Trotz aller Risiken ist doch Chloroform das mit Abstand effizienteste Lösungsmittel für Wurzelfüllmaterialien. 65 Sonntag: Die Anwendung von Chloroform ist nicht mehr lege artis! Und die Effizienz anderer Lösungsmittel ist so gering, dass sie die Revisionsbehandlung nach persönlichen Erfahrungen nicht beschleunigen. Ich setze keine Lösungsmittel ein. 67 69 71 73 75 77 79 81 Dr. Dr. Matthias Zehnder 83 85 87 89 leitet die Station für Endodontologie der Klinik für Präventivzahnmedizin, Parodontologie und Kariologie der Universität Zürich. Nach einem Forschungsaufenthalt am Department of Oral Biology and Periodontology, Boston University Goldman School of Dental Medicine folgte eine zweijährige Spezialisierungsausbildung in Endodontologie an der Columbia University School of Dental and Oral Surgery in New York. Im Sommer 2006 promovierte der Hochschullehrer zum PhD an der medizinischen Fakultät der Universität Turku, Finnland. Dr. Zehnders Hauptinteressen in der Forschung liegen in der Diagnostik der Pulpaerkrankungen mittels molekularer Marker und in der Verbesserung der Desinfektion infizierter Zahnhartgewebe. 91 93 Zehnder: „Das Mikroskop hat die Endodontologie revolutioniert. Einfachere Fälle kann man aber auch mit Lupenbrille und geeigneter Lichtquelle gut lösen.“ 95 97 99 101 103 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 6/2006 129 S014-023.qxd 14.11.2006 10:50 Seite 18 4 6 8 10 BRISANT ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 Abb. 5: Stark zerstörte klinische Krone mit kombinierter Endo-Paro-Läsion. Der Überweiser wollte den Zahn für eine prothetische Rehabilitation erhalten. Abb. 5 bis 10: Dr. Dennhardt Abb. 6: Ein Jahr nach Wurzelfüllung mit Resilon/Epiphany (Fa. Pentron) ist eine parodontale Regeneration deutlich sichtbar. Die Calxyleinlage verblieb für vier Wochen, wobei der Zahn zwischenzeitlich coronal adhäsiv verschlossen wurde. Zehnder: Auch ich verwende keine Lösungsmittel, die produzieren höchstens eine Schmiererei im Kanal und sind nicht besonders biokompatibel. Bei Revisionen mache ich grundsätzlich eine Einlage, außer wenn der Zahn keine Aufhellung aufweist. Ich verwende Kalziumhydroxidpulver angemischt mit 1 % Natriumhypochlorit, wie bei jedem devitalen Fall. Bei Revisionen gehe ich grundsätzlich ähnlich vor wie bei Initialbehandlungen: von koronal nach apikal. Erst stelle ich sicher, dass die Karies entfernt ist und der Zahn keine vertikale Wurzelfraktur hat. Dann stelle ich unter dem Mikroskop alle Kanäle dar und bereite diese auf. Bei bereits gefüllten Kanälen verwende ich koronal GatesBohrer und dann direkt rotierende Nickel-TitanInstrumente. 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 Dr. Holger Dennhardt 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Dennhardt: „Der von der Industrie beschriebene Vorteil, dass Resilon und RealSeal ein gleiches Aussehen wie Guttapercha haben, finde ich selbst als Nachteil, denn es ist gerade bei Revisionen sehr schwierig zu unterscheiden, welches Füllmaterial verwendet wurde.“ ist in freier Praxis in Landshut niedergelassen. Nach seinem Examen im Fach Zahnmedizin 1989 folgten postgraduierte Ausbildungen in den Bereichen Parodontologie, Endodontie und Mikrochirurgie in Deutschland, Italien und den USA. Parodontal-endodontische Therapiekonzepte zählen zu seinen besonderen Interessengebieten. Der Endodontie-Spezialist der European Dental Association ist Referent auf nationaler und internationaler Ebene, gehört zu den „Fellow Members des International College of Dentists“ (FICD) sowie zu den „Certified Members der European Society of Endodontology, ESE“. 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 6/2006 Was ist für Sie, Herr Dr. Sonntag, der wichtigste Schritt einer Revision? Sonntag: Der wichtigste Schritt besteht in der Suche nach der Ursache und der Antwort auf die Frage: Warum ist die endodontische Behandlung fehlgeschlagen? Dazu gehört es, immer die koronale Restauration vollständig zu entfernen. Nachdem der Zahn anschließend neu aufgebaut wurde, lege ich den Pulpakammerboden unter direkter Sicht mit Ultraschallinstrumenten frei und optimiere die Zugangskavität. Unter Sicht auf die Kanaleingänge wird zunächst das Füllmaterial mit Ultraschallinstrumenten im koronalen Kanaldrittel entfernt. Je nach Dichte und Beschaffenheit des alten Materials sowie in Abhängigkeit der Kanalgeometrie ist es möglich, die alte Wurzelfüllung in einem Randbereich zu passieren oder sie sogleich partiell zu entfernen. S014-023.qxd 14.11.2006 10:50 Seite 20 4 6 8 10 BRISANT ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 Abb. 7: 15 (!) jähriger Patient, mit Calxyleinlage alio loco. Massive apikale Parodontitis. Abb. 8 a,b: Zwölf Wochen nach einer erneuten, dichter gepackten Calxyleinlage. Weiter bestehende apikale Parodontitis mit V.a. extraradikuläre Infektion. Die endgültige Füllung wurde mit Real Seal (Fa.Sybron) ausgeführt, welches exakt Resilon (Fa.Pentron) entspricht… … Dieses Material härtet innerhalb 20 Minuten vollständig aus, so dass gleichzeitig die Zystektomie durchgeführt werden kann, und der Biofilm unter mikroskopischer Kontrolle entfernt wurde. Abb. 9: Die Aufnahme zeigt den Fall drei Monate nach Chirurgie: Deutlich sichtbarer PA-Spalt an Zahn 12 und vollständige Mineralisation an Zahn 11. Wann füllen Sie erneut, sofort oder erst nach einer Einlage? Sonntag: Die neue Wurzelfüllung erfolgt bei mir zumeist in einer zweiten Sitzung nach medikamentöser Einlage mit CaOH. Die Patienten wer- den nicht in einer Sitzung versorgt, um Behandlungszeiten von mehr als zwei Stunden zu vermeiden. In der zweiten Sitzung habe ich zudem die Chance, mich nochmals kritisch mit meiner Arbeit 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 Dennhardt: „Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil des Dentalmikroskops gegenüber der Lupenbrille liegt in der Möglichkeit, der Assistenz zu ermöglichen, der Behandlung über Video just in time zu folgen.“ 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 6/2006 S014-023.qxd 14.11.2006 10:50 Seite 22 4 6 8 10 BRISANT ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 12 14 16 18 20 22 24 tigen Materialien zulassen, zu bekämpfen. Gerade in den apikalen Bereichen haben sich LightSpeed-Instrumente als sehr sicher und erfolgreich bewährt. 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 Abb. 10: Ein Blick durchs Dentalmikroskop: Ansicht nach Wurzelbehandlung mit verbliebenem vitalem Gewebe. 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 Leserbriefe zum zweiten Teil des Expertenzirkels finden Sie auf S. 124. 82 84 86 88 auseinander zu setzen und Details zu optimieren. Bakteriologische Gründe sprechen allerdings aus meiner Sicht nicht gegen eine einzeitige Therapie. Dennhardt: Werden Revisionen durchgeführt bei Patienten, die eine prothetische Neuversorgung erhalten sollen, und es besteht weder der Verdacht auf Infektionen, apikale Parodontitis, Schmerzen, Schwellungen, Perkussionsempfindlichkeiten oder dergleichen, ist eine One-VisitEndo möglich. Ich werde allerdings immer versuchen, zunächst eine Calxyl-Einlage einzusetzen, um eine bakterielle Infektion, so gut es die heu- 90 92 94 Dipl.-Kauffrau Martina Schulz 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 Schulz: „Über sämtliche Arbeitsschritte gewinnt der Zahnarzt eine wesentlich bessere Erfolgskontrolle. Unter dem Mikroskop ist ein gezielterer und damit schonenderer Substanzabtrag möglich.“ ist verantwortlich für das Marketing bei J. Morita Europe. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing an der Universität Köln sammelte die gebürtige Rheinländerin berufliche Erfahrung als Produktmanagerin für Abformmaterialien bei Bayer Dental, Leverkusen, sowie anschließend als Inhaberin des Prophylaxeshops „Mund und Zähne“ in Köln. 120 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 6/2006 Einige Angebote, die sowohl Zahnarzt als auch Patient die Endo-Behandlung erleichtern, sind schon angesprochen worden. In kurzen Abständen kommen Hersteller mit noch besseren und innovativeren Produkten auf den Markt. Herr Dr. Herrmann, welche Angebote würden Sie persönlich als „Meilensteine“ in der Endodontologie bezeichnen? Herrmann: Da steht für mich an allererster Stelle das elektronische Längenmessgerät. Dies ist in der Tat unverzichtbar bei jeder Wurzelkanalbehandlung, denn eine exakte Bestimmung der Arbeitslänge ist ohne elektronische Längenmessung nicht möglich. Die heutigen Geräte der dritten und nachfolgenden Generationen, deren Siegeszug mit dem Root ZXGerät der Firma Morita Anfang der 90er Jahre begann, erlauben zuverlässige und hochpräzise Bestimmungen der Arbeitslängen als eine Grundvoraussetzung für den endodontischen Behandlungserfolg. Welche Entwicklung halten Sie für unschlagbar, Herr Dennhardt? Dennhardt: Vor kurzem habe ich gerade mit einem Freund über diese Frage gesprochen und seine erste Antwort war: „Ein ganz entscheidender Meilenstein in der Endodontie ist die Lokalanästhesie!“ Dem kann ich mich nur vorbehaltlos anschließen. Erst eine sichere Anästhesie ermöglicht uns ein exaktes Arbeiten. Wie Kollege Herrmann schon erwähnte: Für die Längenbestimmung sollte in der heutigen Zeit ein elektronisches Längenmessgerät der vierten Generation zum Einsatz kommen. Röntgenmessaufnahmen geben dem Behandler die forensische Sicherheit, sollten aber allein nicht die Arbeitslänge bestimmen. Gleichwohl halte ich die Einführung des Dentalmikroskops für einen Meilenstein, denn das Gerät hat die Endodontie revolutioniert. Weiterer Meilenstein ist für mich die Anwendung biologischer Prinzipien in der Endodontie. Herrmann: Wenn wir von Meilensteinen der Endodontie sprechen, dann ist es mir ein Bedürfnis, S014-023.qxd 14.11.2006 10:50 Seite 23 3 BRISANT 5 Dr. Aneta PecanovSchröder: Im Expertenzirkel diskutieren Dr. Dr. M. Zehnder, Dr. D. Sonntag, Dr. H. Dennhardt, Dr. H.W. Herrmann und DiplKffr. M. Schulz 9 ENDODONTOLOGIE – TEIL 3 7 11 13 15 17 19 21 Dr. Hans-Willi Herrmann ist seit 1993 in eigener Praxis mit Kassenzulassung in Bad Kreuznach niedergelassen. Seitdem beschäftigt sich der Zahnmediziner intensiv mit Fragestellungen der Endodontologie und übernimmt nationale und internationale Referentenund Kurstätigkeit zu endodontischen Themen. 1999 gründete der engagierte Endodontologe „Endonews“, die erste deutschsprachige zahnmedizinische Newsgroup im Internet zum Thema „Wurzelkanalbehandlung“. Dr. Herrmann ist Gastdozent an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie an der Georg-August-Universität Göttingen. auch wenn es sich dabei nicht um Geräte oder Instrumente handelt, die bahnbrechenden Arbeiten des Züricher Pulpaforschers Dr. Walter Hess zu nennen, der durch seine Forschungsarbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Wurzelkanalsystem in seiner Kompliziertheit und Exotik sichtbar gemacht hat. Und es ist der Verdienst von Dr. Herbert Schilder (Boston, USA), diese mannigfaltig vorhandene Anatomie des Wurzelkanalsystems einer adäquaten Wurzelkanalfüllung zugeführt zu haben. Dennhardt: Herbert Schilder hat einen wichtigen und entscheidenden Schritt hin zu einer erfolgreichen und vorhersagbaren endodontischen Behandlung gelegt! Seine Prinzipien vom Ende der 60er Jahre gelten auch heute noch. Somit kann man von dem Weg aus der Wurzelbehandlung hin zur Endodontie sprechen. Herr Dr. Zehnder, welche Einführungen haben zu Quantensprüngen in der Endodontologie geführt? Zehnder: Ich vertrete die Ansicht, dass neue Produkte nur dann gut sind, wenn sie klinisch gegenüber bereits vorhandenen Artikeln Vorteile bringen. Revolutionär waren sicherlich die Einführung von Nickel-Titan-Instrumenten für die rotierende Aufbereitung und Impedanzmessgeräten zur exakten Bestimmung der Arbeitslänge. Im Weiteren ist MTA (Anm. d. Red.: siehe Info am Seitenrand) ein Produkt, das sehr nützliche Eigenschaften hat. Ansonsten vertraue ich auf „old fashioned dentistry“. Schulz: Die Einführung des OP-Mikroskops stellt doch einen wichtigen Schritt in Richtung qualitativ hochwertiger Endodontie dar! Erst mit dessen Einführung sind neue Einblicke und Techniken möglich geworden. Zweifelsohne ist ein Meilenstein in der Endodontie die Einführung der maschinellen Aufbereitung mit NiTi-Feilen in Kombination mit Endomotoren. Hierdurch wird auch der nicht spezialisierte Zahnarzt in die Lage versetzt, seine Wurzelkanalaufbereitung bei gleichzeitiger Zeiteinsparung zu verbessern. Herrmann: Eindeutig. Und auch wenn es sicherlich möglich ist, mit Handinstrumenten eine adäquate Wurzelkanalbehandlung zu erreichen, so bleibt doch festzustellen, dass die rotierenden Nickel-Titan-Instrumente die Aufbereitung und Formgebung des Wurzelkanals in einer solchen Art und Weise auf breiter Basis vereinfacht haben, dass für mich ein Arbeiten ohne diese Instrumente nur schwer vorstellbar ist. Diese Vereinfachungen gehen über den Aspekt der reinen Kanalaufbereitung hinaus, denn die Formgebung führt auch zu Verbesserungen im Bereich der chemischen Aufbereitung und erleichtert die Wurzelkanalfüllung mit warmer Guttapercha. Bis vor kurzem eine Technik, die einer Handvoll Spezialisten vorbehalten war, so sind heute, durch die Hilfe rotierender Nickel-Titan-Instrumente und den entsprechenden Geräten und Instrumenten für das Arbeiten mit warmer Guttapercha diese Wurzelfülltechniken alltagstauglich und damit einer breiten Masse von Zahnärzten zugänglich geworden. 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 Herrmann: „Das Dentalmikroskop gehört zum großen Einmaleins der Endodontie. Insofern macht es nur Sinn für denjenigen, der das kleine Einmaleins der Endodontie beherrscht.“ 43 45 47 49 51 53 55 57 59 61 63 65 67 69 71 73 75 MTA: Mineral-TrioxidAggregat (ProRoot, DeTrey/Dentsply, Konstanz), ein modifizierter Portlandzement, der sich zum Perforationsverschluss und als retrogrades Füllmaterial eignet. [Schwarze, 2004; Bargholz, 2004; Mente, 2004]. 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 101 103 Können Sie sich anschließen? Sonntag: Als technische Meilensteine der vergangenen 50 Jahre würde ich die Adhäsivtechnik (Buonocore, 1955), die elektrometrische Längenbestimmung (Sunada, 1962), rotierende NiTi-Instrumente (Walia, 1986) sowie den Einsatz von optischen Vergrößerungen mit koaxialem Licht bezeichnen. 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 6/2006 129