ortrag auf dem Saarbrücker Symposium 10.3.2012 - Dr. Hopf

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Die chronische Borreliose
Die Erreger und das Krankheitsbild
Vortrag
am 10.3.2012
in
Saarbrücken
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Dürfen wir uns vorstellen: Familie Zecke
(Ixodes ricinus) von der Larve über die Nymphe
bis zur erwachsenen weiblichen/ männlichen
Zecke
Saarbrücken 10.3.2012 Dr. Hopf-Seidel
Foto: Frau Polack
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Mitt
Häufigkeit
von
Borrelioseerkrankungen
Häufigkeit
von
Borrelioseerkrankungen in
Deutschland
in
Deutschland
ICD-Statistik der Techniker Krankenkasse (TKK)
für das Jahr 2009: von den Ärzten wurde die
Diagnose Borreliose mit Erythema migrans (EM)
-hochgerechnet für die gesamte BRD800 000 Mal verschlüsselt
…. das bedeutet eine Zunahme + 11% gegenüber
2008
Aber: Nur ca. jede 2. Infektion geht überhaupt mit
einer Wanderröte einher, deshalb waren es
2009 wahrscheinlich ca. 1,5 Millionen
Borrelieninfizierte in der BRD
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Die kleine Zeckennymphe
überträgt am häufigsten Borrelien
Foto: Frau Heidi Polack
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Übertragungshäufigkeit
der Infektion auf Menschen
von Nymphen
25%
75%
von adulten Weibch
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Saarbrücken 10.3.2012 Dr. Hopf-Seidel
Wissenswertes über Zecken und Borrelien
• Eine Infektion mit Borrelien erfolgt meist nach
einer mindestens 8-stündigen Saugzeit (es gibt
aber auch Infektionen nach wesentlich kürzerer
Zeckenkontaktzeit)
• Übertragung auch durch andere Insekten wie
z.B. Pferdebremsen wird berichtet
• Die Zecken-Männchen sind ganz schwarz und
übertragen keine Borrelien. Sie sterben nach der
Begattung
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Zeckenmännchen auf Brautschau
Foto: Frau Polack
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Symptome in der Frühphase einer
Borrelieninfektion
mit oder ohne
Erythema migrans
grippeähnliche
mit oder ohne Fieber
Symptome
mit oder ohne
Gliederschmerzen
Zecken
kontakt
mit großer Erschöpfung
d.h. Änderung des Allgemeinbefindens
oder auch keinerlei klinische Symptome
(sog. „stummes Stadium“)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Erythema (chronicum) migrans
Erstbeschreiber: Afzelius 1909, Lipschütz 1913
Klinische Merkmale:
Homogene, sich langsam über
mehrere Tage ausbreitende
Rötung (sog. Erythema migrans).
Oft wird sie zentral blasser und
wandert nur noch mit einem
bogigen Saum weiter nach außen
Nach > 4 Wochen spricht man
von Erythema chronicum migrans.
Saarbrücken 10.3.2011 Dr. Hopf-Seidel
modif.iziert nach Dr. Kurt Müller
Unscharf begrenztes Erythema migrans
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Erythema migrans
Foto: privat
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Erythema migrans 10 Tage nach Zeckenstich
Foto: privat
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Lymphocytom als Frühborreliosezeichen
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Neurologische Symptome des Frühstadiums
• Kopfschmerzen (diffus, halbseitig, stirnbetont)
• Nacken-/Schulterschmerzen („Meningismus“)
• Im NMR/Kernspin kann die entzündliche
Veränderung der Hirnhäute durch KM sichtbar
gemacht werden („weiße Meningen“)
• Sensibilitätsstörungen an der Einstichstelle der Zecke
mit Dysästhesien (Brennen, Ziehen, Kribbeln) mit und
ohne nachfolgende Erythema migrans-Entwicklung
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Psychische Symptome des Frühstadiums
Die psychischen Symptome wie Antriebsstörung und
depressive Gefühle sind meist noch mild ausgeprägt.
Oft treten sie auch nur kurz nach der Infektion auf im
Rahmen der grippeähnlichen Beschwerden.
Kognitive Störungen fehlen in der Regel zu diesem
Zeitpunkt meist (noch) völlig!
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Klinische Symptome des chronischen Stadiums
Bleierne Müdigkeit
Kognitive u. psychische
Störungen
Springende
Erschöpfbarkeit
Infektanfälligkeit
Gelenkschmerzen
Schlafstörungen
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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…….auf der Suche nach einem borreliosekundigen Arzt
Saarbrücken 10.3.2012 Dr. Hopf-Seidel
Symptome der Neuroborreliose
Alle im Folgenden genannten Symptome treten auf nach
einer Infektion des zentralen oder peripheren Nervensystems mit Borrelien, d.h. diese verursachen neurologische Symptome genauso wie psychische und/oder
kognitive Defizite.
Ob dabei entzündliche Liquorveränderungen auftreten,
ist abhängig vom Krankheitsstadium (frühes/spätes)
und von der Lokalisation der Borrelien (liquor- und
ventrikelnah oder (sub)cortical, spinal)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Chronische Symptome des ZNS
Schmerzzustände
• Häufige Kopfschmerzen, diffus,
halbseitig oder kappenförmig mit
wechselnder Lokalisation
• Schulter-Nackenschmerzen mit
starkem Druckgefühl in Nacken
Gleichgewichtsprobleme
• Schwindelgefühle
• Benommenheit und „Nebel“ in der
Wahrnehmung der Umwelt
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Chronische Symptome des ZNS
Kognitive Störungen:
• Sprachstörungen mit häufigen
„Versprechern“ und der Wahl
falscher Worte
• Wortfindungsstörung (v.a. für
Personennamen)
• Legasthenie-ähnliche Schreibstörung und häufiges Falschschreiben (Buchstabenverwechslungen, v.a. am PC)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Chronische Symptome des ZNS
Kognitive Störungen:
• Beeinträchtigungen von KurzzeitGedächtnis, Konzentration,
Orientierung („Pseudodemenz“)
• Unfähigkeit, zu lesen und zu
lernen aufgrund einer Störung der
Auffassung und des Merkens
(„Nebel im Kopf “)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Hirnnervenstörungen
Alle Hirnnervenstörungen sind meist nur mild ausgeprägt
mit Ausnahme folgender Hirnnerven:
•HN 3 (Augensymptome),
•HN 5 (Gesichtsschmerz),
•HN 7 (Facialisparese!)
•HN 8 (Gleichgewicht, Schwindel und Ohrensymptome)
Die Beteiligung der Hirnnerven bei einer Borreliose wird
bei geringer Irritation nur durch eine gründliche neurologische Untersuchung aufgedeckt !
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Das Bannwarth-Syndrom
Die häufigste und am meisten verkannte Form ist die
Reine Extremitätenform mit nachts betonten heftigen
ziehenden, reißenden Wirbelsäulenschmerzen
und/oder mit
einer Brachialgie oder Ischialgie wie bei einem
cervicalen oder lumbalen Bandscheibenvorfall
•
•
•
•
Unterscheidbar vom BSV durch eine
Schmerzzunahme im Liegen, v.a. nachts
Nichtansprechen auf die üblichen Antirheumatika
Verschlechterung nach Cortisongaben (oral/ i.m.)
CT und/oder NMR ohne erklärende Auffälligkeiten
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Neurologische Symptome der chronischen
Borreliose
Sensible Missempfindungen
einzelner Körperteile oder des gesamten Körpers wie
• Dysästhesien (Kribbelparästhesien, Brennschmerzen,
Taubheitsgefühle und „Ameisenlaufen“ unter/auf der
Haut, meist ohne erkennbare Hautveränderung)
• „Elektrisieren“ und „Fließgefühle“ in der Haut und auf
der Kopfhaut in wechselnder Lokalisation und Intensität
• Juckreiz am Körper, lokalisiert oder generalisiert ohne
sichtbare Hautveränderung
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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Psychische Symptome der chronischen
Borreliose
Psychische Veränderungen:
• Stimmungsschwankungen
(meist Depressivität)
• Angst, Panik, Zwänge
• Aggressivität und Gereiztheit
• Hyperaktivität
(Verwechslungsgefahr mit ADHS
bei Kindern)
• Sozialer Rückzug
• Schlafstörungen (mit Alpträumen)
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Typische Symptome der Haut
bei der Borreliose
Frühsymptom: Erythema migrans (EM), aber es
können auch Rezidive auftreten z.B. während einer
Antibiose oder eines Borrelioseschubes an der
ursprünglichen Einstichstelle oder auch an anderen
Körperstellen. Ein EM kann auch multilokulär auftreten.
Spätsymptom: Acrodermatitis chronica atrophicans
(ACA)
Die ACA verläuft in drei Stadien:
I Stadium maculosum mit schuppenden Exanthemata
II Stadium infiltrativum mit Schwellungen der Akren
III Stadium atrophicans mit sog. Zigarettenpapierhaut
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
ACA (Stadium II) der rechten Hand
Foto privat
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Acrodermatitis chronica atrophicans
(ACA)
Klinische Merkmale
(Stadium III)
Atrophisches Stadium :
Dünne, welke, haarlose,
zigarettenpapierartig
fältelbare Haut durch
Schwund der kollagenen
und elastischen Fasern.
Atrophie der Haut und
Verschmälerung der
Unterhaut.
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
modif. nach Vorlage von Dr. Kurt Müller
Symptome von Kopf und Gesicht
• Haarausfall z.B. bei einem Krankheitsschub oder 6 Wochen danach
• „Haarspitzenkatarrh“
• Sensible Reiz-und Missempfindungen
an der Kopfhaut oder im Gesicht
• Kiefergelenks-/Zahnschmerzen
• Kopfschmerzen (häufig!)
• Tinnitus (oft), Hörverlust
• Schwindel (oft)
• Gleichgewichtsstörungen
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Augensymptome
• Rezidivierende Entzündungen an
allen Abschnitten des Auges wie
Bindehaut, Hornhaut, Netzhaut,
und des Sehnerven
Cave:
Verwechslungsgefahr mit MS !
• Augenmuskelentzündungen,
teilweise mit Lähmungen
(Doppelbilder!) und Schmerzen
beim Bewegen der Augen
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Symptome des Brustkorbs
• Hartnäckiger Hustenreiz ohne
Auswurf
• Rippenansatzschmerzen
(„Wundschmerz“)
• Druck auf der Brust, besonders
hinter dem Brustbein
• Atemnot mit Kurzatmigkeit bei
geringer körperlicher Belastung
wie z.B. Treppensteigen
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Herzsymptome
• Herzrhythmusstörungen
(Tachykardien, Extrasystolien,
Arrhythmien)
• Herzklopfen (Palpitationen)
• AV-Block, Rechtsschenkelblock
(meist vorübergehend)
• Neu auftretender erhöhter
Blutdruck, oft nur diastolisch
• Myocarditis ohne und mit
(kleinem) Pericarderguss
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Symptome des Bauchraumes
Neu auftretende
• (mäßige) Leberwerterhöhungen
• Alkoholunverträglichkeit
• Blähungen, Darmkrämpfe
• Magendruck
• Nahrungsmittelunverträglichkeit
• Allergien
• Stuhlunregelmäßigkeiten
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Urogenitale Symptome
• Libidoverminderung bis zum
Libidoverlust
• Blasen-/Harnröhrenbrennen
ohne Bakteriennachweis
• Blasenentleerungsstörungen
(Urgesymptomatik, Inkontinenz)
• Sehr häufiges Wasserlassen
tagsüber von oft nur sehr kleinen
Urinmengen (Pollakisurie) und
häufig auch nachts (Nykturie)
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Symptome an den Extremitäten
Multilokuläre, springende, meist
nachts betonte belastungsunabhängige
Schmerzen in den großen Gelenken
(Hüften, Sprunggelenken, Knien,
Ellenbogen, Schultern, Handgelenken)
Rezidivierende Finger-, Zehen- und
Vorfußschwellungen
Aber:
Rheumafaktor, Blutbild, CCP und
CRP sind im Normbereich trotz der
rheumaähnlichen Beschwerden
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Symptome der Muskulatur
• Diffuse spontane Schmerzen in der
Muskulatur („Muskelkater“) mit
oder ohne Muskelenzymerhöhungen
(CK, LDH)
• Plötzlich einschießende, heftige
Muskelschmerzen wie „Messerstiche“
z.B. in den Oberschenkel mit dadurch
bedingter Fallneigung
• (Tage)lang anhaltende muskuläre
Erschöpfung und Schmerzen nach
nur geringer körperlicher Belastung
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Symptome an den Extremitäten
• Nachts betonte ein- oder
beidseitige Fersen- und
Schienbeinschmerzen
• Schmerzhafte oder auch
schmerzlose Ergussbildung
in den Knien (häufig)
in der Hüfte
in den Ellenbogen (selten)
in den kleinen Gelenken
„Gelenkeknacken“
(altersunabhängig)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Symptome an den Sehnen
Entzündungen, Schwellungen und
Schmerzen
• an den Achillessehnen,
• den Unterarmsehnen („Tennisarm“)
• den Fußsohlenfaszien (mit
morgendlichen „Einlaufschmerzen“)
• Engpass-Syndrome wie z.B. das
Carpaltunnelsyndrom (CTS)
• Sehnenspontanrupturen, v.a.
der Achillessehnen und der
Patellarsehnen
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Eine Borrelie verwandelt sich……
Saarbrücken 10.3.2012 Dr. Hopf-Seidel
Cystenbildung von Borrelia
burgdorferi
Mursic et al 1996
Was passiert nach einer Infektion mit
Borrelien
Die Spirochäte teilt sich
unmittelbar nach der
Infektion ihres Wirtes alle
12 – 24 Stunden quer durch
und baut dann wieder eine
neue Zellwand auf. Die
Lipopolysaccharide der
Zellwand wirken antigen
(AK-Bildung !)
Als teilungsfähige
Spirochäte
©www.zecken.de
Die intrazellulären Borrelien bilden Blebs,
„Cysten“ und Ringformen und wirken Th 1stimulierend (TNF-alpha, IFN gamma)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr. Hopf-Seidel
©Bradford
Saarbrücken
10.3.2012
Dr.Hopf-Seidel
Umwandlungen von Spirochäten zu
Persisterformen
©Miklossy
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Borrelia burgdorferi colonies
Miklossy J et al 2008
Verschiedene Borrelienlebensformen
erfordern unterschiedliche Antibiotika
Als teilungsfähige
Spirochäte
©www.zecken.de
Die intrazellulären Persister sind therapierbar mit Tetracyclinen (v.a. Minocyclin),
mit Makroliden (v. a. Clarithromycin) in
Komb. mit Hydroxychloroquin (Quensyl®)
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Die sich noch teilende
Spirochäte (kurz nach der
Infektion) ist therapierbar
mit Cephalosporinen wie
Amoxicillin®, Cefuroxim
mit Betalaktamen wie
Ceftriaxon, Cefotaxim
mit Tetracyclinen wie
Doxycyclin, Minocyclin
©Bradford
Therapieempfehlungen für die
chronisch-persistierende Borreliose
Generell gilt für alle Borreliose-Spätformen:
Möglichst nur intrazellulär wirksame
Antibiotika einsetzen wie z.B.
Minocyclin (auch intrazerebral wirksam)
Clarithromycin
Azithromycin
jeweils in Kombination mit Quensyl
Metronidazol oder alternativ Tinidazol
Samento TOA-free -und Banderol tropfen
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
Mit dieser Einstellung kann man auch als
Borreliose behandelnder Arzt besser leben…..
Guérir parfois,
soulager souvent,
écouter toujours
Devise von Louis Pasteur
Saarbrücken 10.3.2012 Dr. Hopf-Seidel
Weitere Informationen finden Sie auf meiner Website:
www.dr-hopf-seidel.de oder in meinem Buch
ISBN 3426873923
Saarbrücken 10.3.2012 Dr.Hopf-Seidel
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