„Deutschland, schaff den Euro ab“- Ist eine Rückkehr zu den Nationalwährungen die Antwort auf die Eurokrise? Am 22.Mai 2012 erschien Thilo Sarrazins Buch „Europa braucht den Euro nicht“, in dem der Autor die verfrühte Euro-Einführung und die Aufnahme nicht Euro-tauglicher Staaten in die Währungsunion beklagt. Diese von Sarrazin in seinem Buch geschilderten Entwicklungen lassen eine Diskussion über die Wünschbarkeit einer Euro-Abschaffung beziehungsweise über Lösungsmöglichkeiten der gegenwärtigen Euro-Krise erstrebenswert erscheinen. I.Ausgangslage Die Probleme mit dem Euro sind vielfältiger Natur. Zum einen hat er die Wettbewerbsfähigkeit der Südländer der Europäischen Union in Frage gestellt. Dieser Verlust an Wettbewerbsfähigkeit ist zum guten Teil auf die Preiserhöhungen in diesen Ländern nach der Euroeinführung zurückzuführen. Die dortigen Unternehmer erhöhten die Preise stark, was wiederum starke Lohnsteigerungen und Rentensteigerungen nach sich zog. Diese Südländer wie Italien, Spanien und Portugal bräuchten daher eine abwertbare eigene Währung um wieder konkurrenzfähig zu werden. Zwar werden die langfristig positive Folgen einer abwertbaren Währung von vielen neoliberalen Ökonomen in Frage gestellt. Gleichwohl aber zeigen Beispiele aus der jüngeren europäischen Vergangenheit, dass die Vorteile einer abwertbaren Währung durchaus groß sein können. Italien etwa, das seine Nationalwährung Lira im Zuge der ECU-Krise von 1992 drastisch abwertete, konnte in den Folgejahren einen erhebliches Leistungsbilanzüberschuss erzielen. Warum sollte dies mit einer eigenen Lira nicht wieder möglich sein? Ein weiteres Problem mit der Euro-Einführung ist, dass die Euroeinführung in Wirklichkeit die Wettbewerbsfähigkeit Europas auch gegenüber anderen Ländern der Welt dramatisch verschlechtert hat. Ein Argument für die Euroeinführung ist ja gewesen, dass die starke deutsche Mark tendenziell zu Aufwertungen neigte, und dies die deutsche Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten verschlechtert habe. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Euro gegenüber anderen wichtigen Weltwährungen wie dem US-Dollar noch viel stärker aufgewertet hat, als dies die D-Mark jemals tat. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung sind gravierend gewesen. In Deutschland, welches Anfangs dieses Jahrhunderts an nachlassender Wettbewerbsfähigkeit litt, hat man durch Zeitarbeit, Lohndumping und Hartz IV den Druck auf die Löhne erhöht und somit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportindustrie erneuert. Auch die harten Rentenreformen haben ihren Beitrag geleistet. All dies mag man oberflächlich betrachtet schön finden. Gleichwohl stellt sich aber die Frage, ob die psychologisch-emotionalen Kosten dieser Entwicklungen nicht zu hoch gewesen sind. Breite Schichten der Bevölkerung sind ins Abseits gedrängt worden, und immer mehr greift der Eindruck um sich, die breite Masse zahle für Euro und europäische Einigung einen zu hohen Preis. Gut für die Akzeptanz der europäischen Idee kann dies nicht sein. Für viele Unternehmen –und nicht zuletzt für die Finanzindustrie- bedeutete die Euroeinführung zugleich einen Startschuss zur rücksichtslosen Durchsetzung ihrer Interessen. Nicht nur, dass im Zuge der Euro-Einführung die Preise oft massiv erhöht wurden. Nein, auch die Verlagerung von Produktionskapazitäten ins billigere europäische Ausland und grenzenlose Finanzspekulation wurden durch die Euroeinführung erheblich erleichtert. Das all dies das Sozialgefüge der Bundesrepublik Deutschland nicht stabilisiert hat, liegt auf der Hand. In anderen Ländern Europas, insbesondere in den Südeuropäischen Ländern, hat der hohe Eurokurs die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem 2 außereuropäischen Ausland weitgehend ruiniert und die Arbeitslosenquote nach oben schnellen lassen. Nicht gänzlich übersehen sollte auch werden, dass die Euroeinführung den Zusammenhalt von ohnehin durch Regionalkonflikte geplagten Nationen noch weiter geschwächt hat. Gewiss, Konflikte zwischen den einzelnen Regionen hat es etwa in Spanien oder Belgien immer schon gegeben. Aber ist es ein Zufall, dass diese Regionalkonflikte gerade zu einem Zeitpunkt sich zuspitzen, an dem die jeweilige Nationalwährungen für eine gemeinsame Euro-Währung aufgegeben wurden. Wohl kaum! Nationalwährungen fungieren –selbst wenn sich die Menschen einer Nation dieses Sachverhaltes nicht immer vollkommen bewusst gewesen sein mögen- eben doch als emotional verbindendes Band, das Konflikte zu mindestens abbremst und abmildert. Diese Schwächung des nationalen Zusammenhalts in wichtigen EU-Staaten ist kein geringes Problem. Europa, auch wenn man es in Brüssel nicht gerne hören wird, ist für die meisten Europäer keine Herzensangelegenheit, sondern allerhöchstens eine Nützlichkeit, die sich in Kategorien wie freier Handel und Reisefreiheit definiert. Wenn dann in einer Zeit europäischer Instabilität auch die Nation als Identifikationsfaktor an Kraft verliert, entsteht eine Lücke, ein Vakuum, das nichts positives verheißt.