„Komm mir nicht mit Gender-Gedöns!“ Feminismus ES GIBT GUTE GRÜNDE, SICH HEUTZUTAGE NICHT MEHR MIT FEMINISMUS ZU BESCHÄFTIGEN: Frauen haben in den meisten Gebieten inzwischen die gleichen Rechte wie Männer. Als Frau möchtest du nicht ständig als „Opfer“ oder „schwächer“ oder „benachteiligt“ gesehen werden. Benachteiligt oder belästigt zu werden ist sehr unangenehm: du möchtest es lieber vergessen, nicht daran denken und erst recht nicht drüber reden. Du willst dich nicht als „nervige Emanze“ unbeliebt machen und sagst lieber nichts, wenn dich etwas stört. Frauen genießen auch gewisse Privilegien, die sie nicht verlieren wollen. Z.B. wird Frauen eher die Tür aufgehalten oder die Tasche abgenommen, weil sie als schwächer gelten. Oder ihr Partner nimmt ihr schwierige Entscheidungen ab. WIESO BRAUCHEN WIR DANN NOCH FEMINISUMUS? .........................................Wirtschaft & Karriere Laut Sinus-Studie empfinden sich gerade „Karriere-Frauen“ nicht als benachteiligt – bis sie ihr erstes Kind bekommen, und ihre Berufschancen einen plötzlichen Rückschlag erleiden. Männer haben in unserer Gesellschaft immernoch das Sagen. Die meisten PolitikerInnen sind weiterhin männlich, ebenso wie die meisten Manager (in den Aufsichtsräten der 100 größten deutschen Aktienunternehmen sitzt inzwischen eine Frau). Selbst von Kitas, wo fast nur Frauen arbeiten, sind die Chefs meist männlich. An den Unis sind seit 20 Jahren recht konstant nur etwa 12% der ProfessorInnen weiblich. Obwohl mehr Mädchen als Jungen Abitur machen und dabei im Durchschnitt besser sind, werden es immer weniger Frauen, je höher der Posten. Laut Bundesregierung bekommen Studenten bei gleicher Note doppelt so häufig Stipendien wie Studentinnen. Laut Familienministerium verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich nur 75 % von dem, was Männer verdienen. Damit steht Deutschland in der EU an viertletzter Stelle, was Lohngleichheit angeht. Typische Frauenjobs sind häufig geringer bezahlt als Männerjobs (z.B. Grundschul- im Vergleich zu OberschullehrerInnen) obwohl sie genauso anstrengend und wichtig sind. Die Sekretärin schmeißt den Laden, während Chef auf Dienstreise ist, macht fast genau seine Arbeit, verdient aber nur einen Bruchteil. Frauen werden seltener befördert. Trotz gleicher Qualifikation traut man ihr weniger zu als ihm. Frauen treten aber auch bescheidener auf, geben mit Erfolgen weniger an. Das ist schlecht für die Karriere. Treten sie hingegen unbescheiden auf, wird dies schnell als unangenehm empfunden (weil es eben ungewohnt ist). So sprechen Frauen meistens auch leiser als Männer, Frauen mit lauter Stimme gelten als unangenehm und unsexy – und ja, leider wird die Frau immer wieder auf ihre sexuelle Anziehungskraft reduziert. Als guttaussehende, junge Frau, kannst du auch Vorteile haben. Z.B. gegenüber Lehrern, Polizeikontrollen oder dem Chef. Es kann aber schnell nach hinten losgehen, etwa wenn du für „schön dumm“ gehalten und weniger ernst genommen wirst. Oder wenn beim neuen Job gesagt wird „Die hat den Job doch nur bekommen weil sie gut aussieht“. ................................................Sex & Beziehung Wieso stehen Männer auf jüngere „Mädchen“ und Frauen auf „erfahrenere“/„reife“ Männer? Frauen, die zu intelligent, gebildet oder fordernd sind, gelten als unsexy. Dann fühlen sich Männer in ihrer Rolle als überlegener Partner unsicher. So bleibt das etwas dumme aber hübsche Blondinchen, die jemanden braucht, der ihr zeigt, wo’s lang geht, die Königin der Männerfantasien (zumindest in den Medien). Männer denken öfter an Sex als Frauen? Quatsch. Sie zeigen es nur offener. Wenn eine Frau ihre Lust auf Sex zu offen zeigt, gilt sie auch heute noch als Schlampe oder zumindest als exzentrisch. Also behalten viele Frauen das für sich. Stell dir vor, in der S-Bahn sagt ein Jugendlicher laut: „Ich will ficken.“ Die Leute würden den Kopf schütteln. Stell dir vor ein jugendliches Mädchen würde das gleiche tun: sie müsste Angst haben, belästigt zu werden. Oder? Viele Frauen glauben, hübsch sein zu müssen oder immer hilfsbereit, um von anderen akzeptiert und geliebt zu werden. (Während viele Männer eher glauben, bessere Leistungen erbringen zu müssen, um wertgeschätzt zu werden.) Ein solcher Erwartungsdruck kann nie zu 100% erfüllt werden, ist frustrierend und macht das Leben schwer. Stattdessen muss es heißen: „Sei so, wie du dich wohl fühlst in deiner Haut!“ ..................................................Filme & Medien Wieviele Kinofilme kennst du, wo die Hauptfigur männlich ist? Eine merkwürdige Frage, denn in den meisten Mainstream- aber auch vielen Independent-Filmen spielt sich die Story zwischen Männern ab: sowohl der Held (von Shrek bis Forrest Gump) als auch sein Erzfeind sind meist männlich. Die hübsche Frau gibt‘s zum Schluss als Belohnung. Ihre Aufgabe: hübsch sein und liebevoll gucken, vor allem wenn der Held traurig ist. Filme, bei denen es um das Leben von Frauen geht, sind schon allein deswegen ziemlich feministisch. Frauen werden in der Öffentlichkeit viel stärker nach ihrem Aussehen und viel weniger nach ihren Fähigkeiten oder Erfolgen beurteilt (Bsp: Medienberichte über Merkels Kleider). In der Werbung wird der weibliche Körper genutzt, um Geld zu machen: kaum eine Fernsehzeitschrift kommt ohne blonde Frau mit riesigem Ausschnitt auf dem Titelblatt aus. Noch deutlicher wird es bei Prostitution aber auch bei häuslicher Gewalt und Vergewaltigung: die Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle der Frauen werden ignoriert oder nicht ernstgenommen. Frauen werden behandelt, als wären sie Eigentum oder Mietobjekt, mit dem Mann tun kann, was er will. ..................................................Frauen als Waren So ist der weibliche Körper in unserer Gesellschaft eine Ware, ein Objekt mit immer bestimmbarem Marktwert. So wie sich der Wert eines Auto nach PS, Kilometerstand, Marke, Größe etc. bemisst, wird der einer Frau bemessen nach Körbchengröße, Knackarsch, Beinen, hübschem Gesicht, schönen Haaren, Augen, Lippen... Am deutlichsten wird dies am Preis, den eine Prostituierte oder ein Model verlangen kann, aber auch am Erfolg von Popsängerinnen, Schauspielerinnen, oder bei fast jeder Jobsuche. Und sicherlich will manch ein Mann dafür beneidet werden, ein möglichst begehrtes „Mädel“ mit möglichst hohem „Marktwert“ „abbekommen“ zu haben. Das erhöht Stolz und Selbstwertgefühl. Wieso sind die Jacken in der Frauenabteilung immer so kurz, dass sie den Arsch nicht bedecken? Damit man Frauen immer nach ihrer Figur beurteilen kann. Männerjacken bedecken den Arsch. .........................................Gewalt gegen Frauen Ein Mann braucht sich keine Gedanken darüber machen, ob er mit bestimmten Klamotten anzügliche Sprüche oder Blicke einfängt oder ungewollt berührt wird (außer es sieht zu „weiblich“/ „schwul“ aus, aber das ist ein anderes Thema). Frauen schon. Rund jede 4. In Dtld. lebende Frau hat laut Bundesministerium körperliche/sexuelle Gewalt durch einen Lebenspartner erlebt !! Hier wird besonders deutlich, dass sie nicht als Menschen, sondern als Objekte gesehen werden. ..................Redeverhalten und Kommunikation Frauen werden beim reden häufiger unterbrochen als Männer – und zwar meistens durch Männer. Das, was Frauen zu sagen haben, wird oft nicht so ernst genommen oder belächelt (vor allem wenn es um Diskriminierung geht). Wenn ein Mann und eine Frau nebeneinander laufen, wird die Frage nach dem Weg meist an den Mann gerichtet. ............................Die biologischen Unterschiede Oft wird heiß darüber diskutiert, ob die Unterschiede zwischen Männern und Frauen nun genetisch veranlagt oder anerzogen sind. Wichtig ist zu erkennen, wann und wieso welche Argumente verwendet werden: zu behaupten, dass Frauen besser mit Kindern umgehen können führt oft zu dem Schluss, Frauen sollten sich um die Kinder kümmern. Zu behaupten, die Mütterlichkeit sei Frauen nur anerzogen ist, gibt dir die Möglichkeit, die Erziehung dem Vater zu überlassen und selbst Vollzeit zu arbeiten. Die „wissenschaftliche Wahrheit“ ist egal, solange du dich für das entscheidest was du selbst für richtig hältst. ..........................................Bildung & Erziehung Wieso lernen wir in der Schule fast nur über große männliche Dichter, obwohl doch bei Frauen angeblich die sprachlichen Gehirnregionen ausgeprägter sind als bei Männern? Und wieso sind dann die Chefredakteure der Zeitungen alles Männer, wenn Frauen doch sprachbegabter sind? Wieso erfahren wir im Kunstunterricht nur über männliche Maler, in Musik nur männliche Komponisten, wenn Frauen doch angeblich emotionaler und kreativer sind (Männer hingegen rational)? Weiblichen Kindern wird oft schon weniger zugetraut. Sie bekommen schneller etwas zu hören wie „Lass die Finger davon, du machst das nur kaputt“. Das führt später dazu, dass sich Frauen auch selbst weniger zutrauen, schneller sagen „Das kann ich nicht“ und sich Hilfe vom Mann holen. Der sieht sich in seiner Überlegenheit bestätigt. Auch wird bei Jungen mehr Wildheit, offene Aggression oder auch mal eine Klopperei toleriert („kleiner Rabauke“), vielleicht sogar erwartet. Schließlich soll er später seine Familie ernähren und beschützen können. Zeigt ein Mädchen offen ihre Wut oder Aggressionen, wird dies schneller als „schlecht erzogen“ gesehen. Sie soll lernen mütterlich, brav, fürsorglich und hübsch zu sein. So lernen Mädchen früh, Aggressionen versteckt durch unterschwellig-„zickiges“ Sticheln oder Lästern hinter dem Rücken auszuleben: „Zickenterror“. .................. WIESO FEMINISMUS SPAß MACHT: Angesichts all dieser Ungerechtigkeiten macht Feminismus vor allem dann Spaß wenn man all die Frauen sieht, die mutige Schritte heraus aus der typischen Frauenrolle machen, neue Wege gehen, das machen, was ihnen Spaß macht, selbst wenn es angeblich „typisch männlich“ ist: Schlagzeug oder E-Guitarre spielen, Fußballspielen, mit den Freundinnen über wichtige Sachen diskutieren, während die Männer den Abwasch machen, hübsche Jungs abschleppen, und Sex haben wenn frau Lust dazu hat, sich mit Bier zu besaufen, unordentlich sein, sich auch mal 5 Tage nicht duschen und auch mal den Stinkefinger zeigen statt immer brav „Ja und Amen“ sagen. Wenn an dich merkwürdige Erwartungen gestelllt werden, nur weil du eine Frau bist (zB. „Immer lieb lächeln!“), hast du drei Möglichkeiten: 1. Immer Ja sagen, alle Erwartungen erfüllen (immer lieb lächeln). Dann bist du nicht mehr du selbst. 2. Immer Nein sagen, immer rebellieren (nie lieb lächeln). Das ist auf die Dauer anstrengend, und du bist auch nicht du selbst. Oder 3. du überlegst jedes Mal, womit du dich selbst wohl fühlst (mal lieb lächeln, mal nicht). Dann bist du du selbst. Das ist Feminismus! Feminismus gibt dir die Freiheit zu überlegen, was du wirklich willst. Das kannst eben nur du entscheiden, nicht deine Eltern, die Medien oder die Gesellschaft. Feminismus gibt dir die Wahl. Du kannst deine Haare kurz schneiden und zeigen, dass du nicht lieb, hübsch und naiv bist, oder deine Haare besonders lang lassen, um zu beweisen, dass dein „typisch weibliches“ Aussehen nichts über deine Fähigkeiten als Bauingenieurin aussagt. Oder du kannst aufhören, dir über deine Haare Gedanken zu machen. Als feministische Frau musst du nicht deine Beinhaare wachsen lassen, hartnäckig diskutieren, laut rülpsen und Fußballspielen, aber du darfst es! Das wird leider oft missverstanden. Feminismus zwingt dich nicht, gegen deine Geschlechterrolle zu rebellieren, sondern erlaubt es dir, wenn du willst. Rupay Dahm - Text darf bei Nennung des Autors für nichtkommerziell weiterverwendet werden. Bei Fragen oder Anregungen: weltverbessern.blogsport.de oder [email protected]