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Predigt am Tauf-Gottesdienst
29. Mai 2011
Kirche Weiningen
Pfr. Kristian Joób
Lesung: Markus-Evangelium 10,13-16: Jesus und die Kinder
Einige Leute brachten Kinder zu Jesus. Er sollte sie segnen. Aber
die Jünger wiesen sie schroff zurück. Als Jesus das merkte, wurde
er zornig und sagte zu ihnen: „Lasst doch die Kinder zu mir
kommen, hindert sie nicht daran. Denn für Menschen wie sie ist
das Reich Gottes da. Amen, das sage ich euch: Wer sich das Reich
Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt, wird nie
hineinkommen.“ Und er nahm die Kinder in die Arme, legte ihnen
die Hände auf und segnete sie.
Predigttext: Efeser-Brief 2,8-9
Paulus schreibt: Durch Gottes Gnade seid ihr gerettet, und zwar
aufgrund des Glaubens. Ihr verdankt eure Rettung also nicht euch
selbst; nein, sie ist Gottes Geschenk. Sie gründet sich nicht auf
menschliche Leistungen, sodass niemand vor Gott mit
irgendetwas großtun kann.
Liebe Gemeinde
Ich habe da Geschenke mitgebracht in den Gottesdienst… Heute
bin ich in einer großzügigen, spendablen Stimmung. Da hab ich
ein kleines Geschenk für ein Kind, etwas zum Essen… Wem kann
ich’s geben…? [Zu einem Kind der Taufgesellschaft…] Und da ist
ein Geschenk für einen Erwachsenen… Ich kann ja sagen, was im
Couvert drin ist: Der Schlüssel für unser Ferienhaus in Ungarn:
ein schönes Haus in einem riesigen, wildromantischen Garten.
Da können Sie einfach mal hingehen: Eine Woche oder zwei.
Soll ich Ihnen auch noch meinen Autoschlüssel geben?
Nicht…? Haben Sie ein Auto? Und die Ferien für den Sommer
sind auch schon gebucht…?
I. Oder liegt es an etwas anderem…? – Es ist schon nicht ganz
einfach, etwas anzunehmen: schon bei kleinen Dingen fällt es
uns schwer – von großen Sachen wie Ferien in Ungarn ganz zu
schweigen. Wenn uns jemand einfach etwas schenkt, da
taucht die Frage auf: Was will der andere? Warum schenkt er
mir das? Welche Absicht hat er? Will er etwas von mir? Muss
ich ihm dann irgendeine Gegenleistung bringen? In der
Kirchgemeinde meines Vaters gab es eine ältere Dame. Sie war
alleinstehend und suchte immer wieder den Kontakt zu
unserer Familie. Sie war etwas speziell… Wir waren nicht so
begeistert von ihr. Sie kam immer wieder mit Sachen, die sie
uns schenken wollte. Und wir hatten Mühe es anzunehmen,
weil wir genau wussten: Sie erwartete, dass wir dafür Zeit mit
ihr verbringen.
Es ist doch so: Wir wollen lieber nichts einfach so annehmen,
weil wir nicht abhängig sein wollen. Man hat sonst das Gefühl,
man schuldet dem anderen etwas. Als ein frischer Pfarrer in
Unterengstringen war, lud mich ein Mann zu einem Znacht in
einem Restaurant ein. Wir hatten ein ganz angenehmes
Gespräch. Und er zahlte dann die Rechnung. Ich kann mich
erinnern: Ich fühlte mich da etwas speziell: Es war, als wäre ich
ihm von jetzt an verpflichtet. Ich fühlte mich nicht ganz frei.
Vielleicht war es nicht die Absicht des Mannes, mich zu
„bestechen“. Aber ich merkte: Die Einladung anzunehmen kratzte
an meiner Eigenständigkeit.
Da merken Sie wohl auch: Als selbständiger, erwachsener
Mensch möchte man die Sachen verdienen: etwas leisten und
dann dafür etwas bekommen. Das gehört so zum Grundgefühl
des Menschen. Es hat mit dem Eigenwert, Selbstbewusstsein und
Stolz zu tun. Oben an meinem Pfarrhaus hab ich sehr gute
Nachbarn, mit denen ich super auskomme. Seit Jahren schon
laden sie mich jede Woche einmal zum Zmittag ein. Manchmal
fällt es mir schwer, ohne irgendwelche Geschenke mich an den
Mittagstisch zu setzen. Bis heute. Und einmal in einem halben
Jahr bringe ich dann doch Blumen für meine Nachbarin.
Ich glaube, dass es natürlich ist, dass wir Geschenke nicht so
einfach annehmen können. Gleichzeitig gibt’s Orte und
Momente, wo dieses Misstrauen und der Stolz uns hindern
können. Und wir etwas ganz Wesentliches verpassen. Davon
handelt die kurze Geschichte mit Jesus und den Kindern, die Sie
in der Lesung gehört haben.
II. Am Anfang der Geschichte stehen einige Leute. Sie haben eine
Sehnsucht: Sie wollen, dass ihre Kinder den Segen Gottes
bekommen. Die Kinder sollen Anteil haben an der Nähe und Güte
Gottes. Die Eltern haben offenbar von Jesus gehört und
mitbekommen, dass Jesus die Nähe und Liebe Gottes bringt. Von
ihm kann man viel Gutes annehmen. So stehen die Leute mit den
Kindern da. Doch den Jüngern passt das nicht. Was soll sich Jesus
mit diesen Kindern abgeben? Er hat Wichtigeres zu tun, als Zeit
mit ihnen zu vergeuden. So wimmeln die Jünger die Kinder ab.
Doch das passt Jesus gar nicht: „Lasst die Kinder zu mir
kommen und hindert sie nicht daran!“ An seiner Reaktion
merken wir: Kinder sind Gott genauso wichtig wie Erwachsene.
Auch ihnen gilt sein Heil.
Und dann nützt Jesus die Gelegenheit, um den Jüngern und
Eltern eine Lektion über den Glauben zu geben – über die
Beziehung zu Gott: „Amen, das sage ich euch: Wer sich das
Reich Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt, wird nie
hineinkommen.“ – Was heißt das jetzt? Das Reich Gottes ist
das große Angebot an die Menschen. Gott will ihnen seine
Nähe schenken, eine tragende Beziehung zu ihm, Orientierung
und Ziel im Leben, Vergebung und Frieden und eine Zukunft,
die nicht mit dem Tod aufhört: eine ewige Gemeinschaft mit
ihm in seiner Ewigkeit. Im Predigttext redet Paulus von
Rettung: „Durch Gottes Gnade seid ihr gerettet“. Es ist die
Rettung, Befreiung von einem Leben in Schuld, Angst, ohne
Perspektive, von einem Leben, gefangen in Zwänge wie
Ichsucht und Habsucht, Geltungsdrang und Unversöhntheit.
Von all dem möchte Gott die Menschen befreien durch dass
sie in eine Beziehung zu ihm kommen, mit dem Urgrund des
Sein schlechthin.
Aber das Spezielle an dieser Rettung ist: „Ihr verdankt eure
Rettung nicht euch selbst; nein, sie ist Gottes Geschenk. Sie
gründet sich nicht auf menschliche Leistungen, sodass niemand
vor Gott mit irgendetwas großtun kann.“ – Wie kommt man zu
diesem Geschenk? Als Antwort bringt Jesus das Bild von den
Kindern: Sie machen uns vor, wie man das Angebot, das
Geschenk Gottes – sein Reich – annehmen kann. Es geht nicht
darum, dass die Kinder besser, braver sind als die Erwachsenen.
Wer eigene Kinder hat, der weiß es nur zu gut. Nein, es geht um
die Situation und Art der Kinder. Ihr Verhalten haben wir
gesehen, als es darum ging, das Geschenk anzunehmen.
III. Kinder sind offen und nicht so misstrauisch. Je jünger ein Kind
ist, umso mehr geht es davon aus, dass es der andere gut meint
mit ihm. Vor allem den Eltern gegenüber hat das Kind –
hoffentlich – dieses Urvertrauen: Die Eltern schauen schon.
Wenn dem Kind etwas passiert, dann sind sie da, unterstützen
und helfen ihm. Und das Kind hat überhaupt keine Mühe, die
Hilfe und Fürsorge der Eltern anzunehmen. Bei den Kindern ist es
auch selbstverständlich, dass sie sich Essen, Kleider und ein
Zuhause und was sie sonst noch brauchen nicht verdienen
müssen. Sie müssen keine Gegenleistung bringen. Sie können’s
auch nicht, weil sie nichts haben. Nein, sie können sich am
Morgen einfach an den Zmorge-Tisch setzen und essen. Und sie
wissen: Sie können auch dann zum Essen kommen, wenn sie
etwas angestellt haben. Es seelisch gesundes Kind weiß auch: Ich
kann mit dem schlechten Gewissen zu den Eltern komme und sie
werden mir vergeben. Und ich kann neu anfangen.
Ein Kind lebt sehr stark im Moment. Es hat das Privileg, nicht
ständig an die Zukunft denken zu müssen. Es muss nicht alles im
Griff haben. Da sind ja Leute da, die für seine Zukunft schauen. Es
muss sich keine Sorgen machen. Im Gegenteil: Das Kind kann mit
allem, was ihm auf dem Herzen liegt zu den Eltern gehen. Es kann
auch ganz frei um irgendetwas bitten, so wie mein Göttikind,
wenn er bei mir zu Besuch ist: Wenn er irgendwo etwas Süßes
sieht, dann fragt er ungeniert: Darf ich’s haben? Er bekommt es
dann schon nicht immer. Aber eigentlich freu ich mich, dass er
sich nicht ständig überlegt: Darf ich jetzt fragen oder ist das
unpassend.
IV. Diese Art der Kinder, ihre Situation als Kind, das ist für uns
Erwachsene ein Vorbild, sagt Jesus. In der Art, wie Kinder
Sachen – von den Eltern meistens – annehmen können, so
sollen wir Erwachsene auf Gott schauen und seine Geschenke
für uns annehmen. Was heißt das?
„Wer sich das Reich Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt…“
Zuallererst heißt es für mich: Die Gewissheit haben: Gott
meint es gut mit mir. Bei Menschen müssen wir vorsichtig sein
mit dem Vertrauen-Schenken. Wir alle haben da
Enttäuschungen erlebt. Aber bei Gott darf es anders sein:
Wenn er mir seine Nähe verspricht, seinen Segen zuspricht,
dann kann ich mich darauf verlassen. Jesus will mit dem
Beispiel mit den Kindern uns zum Urvertrauen auf den
himmlischen Vater einladen. Auch dann, wenn es drunter und
drüber geht. Gerade in Krisenzeiten sollen wir bei Gott
geborgen sein und daran festhalten, dass er uns trägt wie ein
sicheres Boot im Sturm. Auch in Situationen, wo ich nicht
weiter weiß: vertrauen, dass Gott meinen Weg zu einem guten
Ende bringt. Ein Tiefpunkt im Leben meiner Familie war, als wir
1979 meine erste Heimat Ungarn verlassen haben. Mein Vater
war Pfarrer und wurde im kommunistischen Land so stark in
die Enge getrieben, dass er sich entschloss, mit der Familie zu
emigrieren. Halblegal sind wir dann zu sechst nach Schweden
gekommen, in eine mittelgroße Stadt. Und sie können sich
vorstellen, wie man sich so fühlt: Man kennt niemanden, man
ist total fremd, versteht kein Wort, man ist ausgeliefert. – Gott,
war es richtig, das Land zu verlassen? Was machen wir da? Gibt’s
für uns da eine Zukunft? – Als wir das erste Mal in den
Gottesdienst in der lokalen Kirche besuchten, lernten wir 3
Familien kennen, die uns sehr herzlich aufnahmen und schnell zu
echten Freunden wurden – bis heute. Eine dieser Familien lud
uns – nach einem halben Jahr Bekanntschaft – an Weihnachten
zu sich eingeladen. Für mich als Flüchtlingskind war das ein
wunderbares Erlebnis. Ich kann mich heute noch daran
erinnern… Gott meint es gut. Ich darf darauf vertrauen.
„Wer sich das Reich Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt…“
Das heißt zweitens für mich: Ich muss das Wohlwollen Gottes
nicht verdienen. Die Beziehung zu Gott ist anders als eine
Geschäftsbeziehung, aber auch als die Beziehung in der Ehe. Sie
beruht nicht auf Gegenseitigkeit im Sinne von: Ich muss Gott
geben, damit er mir etwas gibt. Ich muss Gott etwas vorweisen,
damit ich seine Liebe mit gutem Gewissen annehmen kann. Das
braucht Demut: Vor Gott kann ich und muss ich nichts beweisen.
Er ist ja Gott. Was würd ich ihm geben wollen? Ich muss die
Vorstellung auch ablegen, dass ich immer richtig leben und
handeln muss, um zu Gott zu kommen. Die Logik sitzt tief im
Menschen. Dennoch: Es ist enorm erleichternd, wenn man spürt:
Ich kann zu Gott kommen, auch wenn ich gescheitert bin – mit
allem Grümpel, der sich bei mir angesammelt hat. Und ich kann
sicher sein: Es gibt keinen Rüffel, so wie es Eltern oft bei Kindern
machen. Gott vergibt gern, wenn man ihn darum bittet. Jeden
Tag und jede Stunde neu. –
Ein Punkt, an dem ich persönlich immer wieder scheitere, ist
eine gute Zeiteinteilung. Als Pfarrer ist man ein Freiberufler.
Und kann sich viel von seiner Zeit frei einteilen. Und das ist
nicht immer einfach. Ich kann mich maßlos über mich
aufregen, wenn ich die Zeit „verplämerle“ und dann unter
Zeitdruck arbeiten muss oder zu wenig Schlaf habe. Aus
meinem Ärger komme ich oft nur dann heraus, wenn ich
meine Niederlage vor Gott ablegen kann und mich so mit ihm
und mir selber versöhnen kann.
„Wer sich das Reich Gottes nicht wie ein Kind schenken lässt…“
Das heißt schließlich für mich: Ich muss mir keine Sorgen
machen um mich und meine Zukunft. Ich vertraue darauf, dass
Gott schaut und er mir gibt, was ich brauche. Ich muss nicht
alles im Griff haben. Verstehen Sie mich nicht falsch: Es geht
nicht darum, die Verantwortung nicht wahrzunehmen. Das,
was ich kann, was meine Pflicht ist, das soll ich machen: in der
Ehe, in der Familie, im Beruf usw. Aber es hängt nicht alles von
mir, meinem ängstlichen Organisieren und meinen Sorgen ab.
Ich kann meine Sorgen Gott delegieren, weil er für mich sorgt.
Und das bedeutet, etwas von der Autonomie, von der
Eigenständigkeit abzugeben und mit Gott zu rechnen, ja von
ihm abhängig zu sein. Das ist auch nicht immer einfach. Aber
wenn man’s probiert, bekommt man etwas von der
Leichtigkeit und Sorglosigkeit eines Kindes.
Dieser Punkt ist für mich ein großer Lehrplatz: Ich habe es
gern, wenn ich alles rechtzeitig organisieren kann. Z.B. das
Team für mein Konflager. Vor zwei Wochen – Mitte Mai, hat
das Lager stattgefunden. Und anfangs April wusste ich noch
immer nicht, wer im Lager kochen würde. Ich hatte sehr viele
Leute angefragt: Niemand konnte kommen. Nach dem ich am
Anfang recht locker war, wurde ich langsam nervös: Gott, bitte,
du musst mir helfen. Jetzt ist höchste Eisenbahn. Ich sage Ihnen:
Innerhalb von 3 Tagen waren 2 Frauen da fürs Kochteam. Ich
konnte nur staunen.
Liebe Gemeinde, Gott und sein Wohlwollen, seine Fürsorge,
seine Vergebung annehmen… Das fordert uns Erwachsene
heraus. Es ist ein Wagnis – ich weiß es selber. Ich wünsche uns
allen, dass wir das Vertrauen haben und den Sprung des
Glaubens wagen. Ich wünsche uns, dass wir kindlich sein können
und das Geschenk Gottes fröhlich annehmen können.
Amen
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