Verfasser: cand. med. vet.xxxx xx. Semester xx.01.05 Krankenbericht Über einen Patienten der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie für Groß- und Kleintiere Die Untersuchung findet am xxx in der Zeit von 8.15 bis 9.15 Uhr im Stallgebäude der Klinik statt. Der Patient wurde am xx.01.2005 eingestellt. Signalement Bei dem Patienten handelt es sich um ein weibliches Mischlingsschaf aus Weidehaltung unbekannten Alters. Bei der Zahnalterbestimmung fällt auf, daß alle Incisivi gewechselt sind. Das Tier ist somit ausgewachsen. Im linken Ohr befindet sich eine gelbe Ohrmarke mit der Nummer DE/GI xxx. Das Gewicht wird auf ca. 60 kg und die Größe auf 65 cm geschätzt. Die Grundfarbe des Schafes ist cremeweiß. Kopf und distale Gliedmaßenabschnitte sind braun. Vorbericht Das Schaf ist vom Besitzer aufgrund eines Vaginalprolapses vorgestellt worden. Es ist nicht bekannt, wann das Schaf gedeckt wurde da der Bock mit der Herde mitläuft. Allgemeine Untersuchung, Status präsens: Das Schaf belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig, die Körperhaltung ist physiologisch. Der Pflegezustand ist als gut zu bezeichnen, der Ernährungszustand ist mäßig. Die Atemfrequenz beträgt 50/min, die Pulsfrequenz 140/min und die Körpertemperatur rectal gemessen beträgt 39,4°C. Die Oberflächentemperatur nimmt physiologisch zu den Akren hin ab. Der Schwanz ist hoch kupiert. Die Nasenöffnungen sind verkrustet, es besteht Nasenausfluss. Das Allgemeinbefinden ist ungestört, der vermutliche Sitz der Erkrankung nach Vorbericht und allgemeiner Untersuchung sind der Vaginalbereich und der Respirationstrakt. Klinische Untersuchung: Haare, Haut, Unterhaut Das Vlies ist geschlossen bis auf einen haarlosen geschorenen Bereich am caudalen Abdomen. Fettgehalt und Feuchtigkeit von Haut und Haare, sowie der Hautgeruch sind tierartspezifisch. Die Hautdicke ist physiologisch, der Hautturgor ist erhalten, die Hautfalte seitlich am Hals und auch die Falte über den Augenlid verstreicht sofort. Sichtbare Schleimhäute Die Konjunktival und Maulschleimhäute sind hellrosa, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. An beiden Nasenausgängen befinden sich eitrige Sekretspuren. Die Vaginalschleimhaut wurde nicht untersucht. Lymphapparat Die Lnn. Mandibulares und die Lnn. Cervicales superficiales sind ohne besonderen Befund. Herz-Kreislauf-System Die Arteria facialis hat einen regelmäßigen, gleichmäßigen Puls. Die Arterie ist gut gefüllt und gut gespannt. Die Größe und Stärke des Pulses ist ebenfalls normal. Die Vena jugularis ist normal gefüllt. Die Auskultation des Herzens ergibt eine Frequenz von 140 Schläge/min. Die Herzschläge sind regelmäßig, kräftig und gleichmäßig. Die Episkleralgefäße sind gut sichtbar und klar gezeichnet. Die kapilläre Rückfüllzeit liegt unter 2 Sekunden. Respirationsapparat Das Schaf atmet hochfrequent-ungleichmäßig und unregelmäßig. Der Atmungstyp stellt sich als abdominal dar. Aus beiden Nasenlöchern tritt ein seromuköses Exkret aus. Bei der Auskultation sind nasal, tracheal und pulmonal verschärfte Atemgeräusche besonders während der Inspiration hörbar. Verdauungsapparat Futteraufnahme, Schlucken und Wiederkauen im Stall sind ungestört. Der Kot ist dunkelbraun und bohnenartig geformt. Das Abdomen erscheint symmetrisch, die Bauchdecke ist palpatorisch locker. Die Auskultation des Pansens ergibt zwei kräftige Kontraktionen in zwei Minuten. Harnapparat Während der Untersuchung setzt das Schaf Urin ab, wobei es vermehrt preßt. Bewegungsapparat Die Belastung der Gliedmaßen im Stand ist unauffällig. Nervensystem Das Schaf ist aufmerksam, reagiert auf optische und akustische Reize in ihrer Umgebung. Das Sensorium ist ungstört. Lidschluß-, Cornea- und Pupillenreflexe sind normal. Der Ohrabwehrreflex und Analreflex sind vorhanden. Bei der Untersuchung der Sinnesorgane Ohr und Auge sind keine besonderen Befunde zu erheben. Spezielle gynäkologische Untersuchung, Geschlechtsapparat und Euteruntersuchung: äußere Untersuchung Die Adspektion des äußeren Genitale ergibt eine geschlossene Rima vulvae. Die Labien sind ödematisiert und leicht gerötet. Die Enden des eingezogenen Bühnerbandes sind verschmutzt. Eine Vaginale Untersuchung fand nicht statt, um den gereizten Vaginalbereich nicht zusätzlich zu belasten. Euteruntersuchung Das Euter ist von normaler Größe, leicht angebildet aber weich. Die Euterhaut ist abziehbar. Die Temperatur ist gleichmäßig verteilt. Die Zitzen sind sehr kurz. Weitergehende Untersuchungen: Blutuntersuchung Bei der Blutuntersuchung am 05. Januar 2005 sind keine Abweichungen festgestellt worden. Ultraschalluntersuchung Bei der Ultraschalluntersuchung konnten das Fruchtwasser, die Uteruskarunkel, und Fruchtanteile dargestellt werden. Das Fruchtwasser ist klar, die Uteruskarunkel haben eine Größe von 5x5 cm. Die Herzfrequenz des Fetus beträgt 124 Schläge pro Minute. Diagnose: Vaginalprolaps ante partum unspezifische Atemwegserkrankung Differentialdiagnosen: Prolaps vaginae: Prolaps uteri Prolaps recti Hämatome Fruchtblasen Tumore Bei der Untersuchung wurde durch Vorlagerung bis zur Zervix zweifelsfrei festgestellt, das es sich um Vaginalgewebe handelt. Epikrise Der Scheidenvorfall kann durch mehrere Ursachen bedingt sein, in vielen Fällen treten aber folgende zwei Bedingungen isoliert oder zusammengenommen auf: Eine übermäßige, östrogenbedingte Gewebsschwäche der Scheide mit Erschlaffung und Verlängerung der Beckenbänder als Aufhängeapparat, wobei die Gewebserweichung insbesondere im Bereich der Dammregion bestehen bleibt und bei erneuter Trächtigkeit wieder zu einem Vorfall führen kann. Als Gründe der Gewebsschwäche kommen vorwiegend hochträchtige Schafe in guter Kondition, ältere Tiere bzw. häufigere Lammungen, Calciummangel, östrogenreiches Futter wie z.B. Klee, östrogenproduzierende Zysten und erbliche Dispositionen in Frage. Auch ein zu kurz kupierter Schwanz – er sollte zumindest die Scham überdecken – kann die Stabilität des Bandapparates gefährden und so zu einem Vorfall der Scheide führen. Durch den auf die Scheide einwirkenden intraabdominalen Druck kann es ebenso zum Vorfall kommen, wobei die Druckerhöhung zum einen intra partum durch einen mangelhaft geöffneten Zervikalkanal kommen kann, aber auch durch Pansenüberladung, Pansentympanie, Entzündungen von Scheide oder Mastdarm, zu große Früchte bzw. Mehrlingsträchtigkeiten insbesondere bei kleinen, kurzen Schafen, Hinterendlage der Lämmer, Streßexposition, „Hängenbleiben“ in zu engen Türen, zu häufiges Liegen z.B. infolge von Klauenerkrankungen oder ähnliches. Ebenso wirkt vermehrter Einsatz der Bauchpresse beispielsweise bei Schwergeburt, Kotabsatzbeschwerden, aber auch bei gestörter Atmung, begünstigend auf einen Scheidenvorfall. Unspezifische Atemwegserkrankung In vielen Fällen werden unspezifische Atemwegserkrankungen bei Schafen nicht nur von einer Keimart verursacht, sondern entstehen im Zusammenspiel mehrerer Erreger. Ursächlich ist hierbei in den meisten Fällen eine Virusinfektion mit Parainfluenza-, Reo- oder Adenoviren mit sekundärer bakterieller Infektion, z.B. mit Pasteurella haemolytica oder multocida, Actinomyces pyogenes, Staphylokokken, Streptokokken oder Neisserien. Auslöser des Krankheitsbildes kann Streß z.B. durch Transport, Geburt oder Schmerz sein. Prognose Die Prognose für das Schaf ist gut. Die Prognose für das Lamm ist vorsichtig zu stellen, da die Herzfrequenz immer wieder auf Werte um 120 Schläge pro Minute absinkt, was eine Hypoxie für das Lamm bedeutet und sein Leben gefährdet. Therapie Zur Reponierung des Scheidenvorfalls wird zunächst zwischen Kreuzbein und erstem Schwanzwirbel nach vorhergehender Schur des Gebietes eine Epiduralanästhesie mit 3ml 2%igem Lokalanästhetika durchgeführt. Die vorgefallene Vaginalschleimhaut wird mit physiologischer Kochsalzlösung abgespült. Der Vaginalprolaps wird behoben. Um ein Rezidiv zu verhindern wird ein Bühnerband eingezogen. Initial bekommt das Schaf 3 ml Tetanusserum i.m., 8 ml Ursocyclin i.v., 5 ml Planipart i.v., und 3 ml Finadyne i.v. . Die nächsten Tage wird die Antibiose mit 8 ml Ursocyclin i.v. aufrechterhalten.