SOZIALREFERAT DER DIÖZESE LINZ Sozialpredigthilfe 221/07 „Nie genug“ offen sein, bewusst wahrnehmen Sozialpredigt zum 3. Adventsonntag Autor: Erwin Kalteis, Diözesanjugendseelsorger der Diözese Linz Evangelium: Mt 11,2-11 Lesung: Jes 35,1-6a.10 Kyrie: Herr Jesus Christus, du befreist aus aller Not. Herr, erbarme dich unser. du bringst die frohe Botschaft. Christus, erbarme dich unser. du bist der wahre Heiland. Herr, erbarme dich unser. Predigt: Was erwarten wir? Was erwarte ich? Diese Frage steht heute im Mittelpunkt. Sie ist eines der zentralen Themen des Advents. Mehrmals stellt Jesus heute im Evangelium diese Frage – mit unterschiedlichen Nuancen. Was habt ihr sehen wollen? Wozu seid ihr hierher gekommen? Von dieser Frage Jesu können wir uns in sehr verschiedener Weise treffen lassen. Was erwarte ich von diesem Gottesdienst, oder vom Leben insgesamt, oder von der nächsten Woche, von dieser und jener Person? Erwarte ich überhaupt noch etwas? Nichts mehr erwarten, no Future, ist die klarste Gegenposition zu Advent und Weihnachten, ja zur Botschaft Gottes als Ganzes, die eine Botschaft des Lebens ist. Umso bedenklicher ist es, dass nicht wenige Menschen nichts mehr erwarten. Das können ältere Menschen sein, die arbeitslos 25 380 221 Sozialpredigt: „Nie genug“ geworden sind und am Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben. Das sind aber oft auch junge Menschen, Jugendliche, die ihr Leben als sinnlos empfinden, die von der Realität des Alltags fliehen, z.B. in die Fiktion der virtuellen Welt von Internet und Computergames; oder durch Suchtmittel auf einen Trip gehen – weg von der Realität; nicht zu vergessen ist Alkohol: Koma Saufen war viele Wochen im Sommer der Begriff, der die Schlagzeilen beherrscht hat. Sich betäuben, um das Leben wie es ist, nicht mehr erleben, ertragen zu müssen, ist wohl ein Ziel dieses Verhaltens. Das ist ein massives Alarmsignal. Gerade viele junge Menschen halten ihr Leben kaum noch aus, so hoch ist der Druck, so groß sind die Erwartungen, oder so aussichtslos sind die Perspektiven auf ein sinnvolles, schönes Leben. Nichts mehr erwarten und der Unerträglichkeit des Seins entfliehen durch Betäubung, das erscheint als der beste Ausweg. Dass das kein individuelles Problem ist, sondern viel mit unserer Gesellschaft, mit den Rahmenbedingungen zu tun hat, in denen sich unser Leben abspielt, wird durch das Massenphänomen Alkoholismus deutlich. Sich mit der Situation abfinden, zu sagen, da kann man nichts machen, ist auf keinen Fall der richtige Weg, ist auf gar keinen Fall der Weg Jesu. Nichts mehr zu erwarten, ist die radikale Verweigerung auf die Frage: Was erwarte ich? Möglichst viel zu erwarten und von der Angst getrieben zu sein, es könnte nie genug sein was ich bekomme, ist die ganz andere Einstellung. „Ich will alles auf einmal“ singt Christina Stürmer in ihrem Song „Nie genug“. Das Leben bietet so viele Möglichkeiten und ich muss schauen möglichst viele zu nutzen, muss danach trachten, immer mehr zu erreichen, zu kaufen, zu erleben, zu tun. Das ist eine sehr verbreitete Erwartung an das Leben. Solche Aussagen klingen für christliche Ohren provozierend. Sie sind so sehr auf das Diesseits bezogen, auf Konsum, auf den eigenen Vorteil. Sie stehen im Verdacht, sich vor den tiefer gehenden Sinnfragen zu betäuben durch Flucht in Arbeit, Konsum, Party, Sport etc. Doch der Song von Christina Stürmer und diese Einstellung im Allgemeinen enthalten viel Hoffnung und blicken zuversichtlich in die Zukunft. Das ist ein positiver Aspekt, der auch zu Jesus und seiner Botschaft passt. Jesus sagt uns im Evangelium heute sehr deutlich, was wir erwarten dürfen. Er sagt, was er bringt, was das Reich Gottes, das mit ihm kommt, ausmacht. Damit sagt er auch, was das Kennzeichen einer christlichen Gemeinde sein soll. Er sagt: seht und hört doch: Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Eine wunderbare Verheißung, die nicht nur Zukunftsmusik ist. Sie ist im Präsenz, in der Gegenwartsform formuliert. Diese wunderbare, heile Welt hat begonnen, sie kann Wirklichkeit werden, jetzt, hier bei uns. Wir dürfen sie erwarten als Realität. Wir müssen sie erwarten. Diese heile Situation hat unsere Erwartung an die Welt zu sein, aus unserem Glauben heraus - wenn wir die Botschaft Jesus ernst nehmen. So hat diese Verheißung auch die Chance, 2 Sozialpredigt: „Nie genug“ Wirklichkeit zu werden. Der Glaube kann Berge versetzen, heißt es, und das glauben wir – hoffentlich. Das heißt ganz klar: Wir dürfen uns nicht betäuben auf die eine oder andere Weise, dürfen der Realität nicht entfliehen. Offen sein für das was ist, sehenden Auges und hörenden Ohres durch die Welt gehen und das, was zu tun ist, tun. Sehen, wo das Reich Gottes schon begonnen hat, wahrnehmen, wo mein Platz ist, wo mein Beitrag gebraucht wird, das ist die richtige Erwartungshaltung, da gehe ich in den Spuren Jesu und bin ausgerichtet auf ihn, der der Heiland ist. So bereiten wir ganz konkret den Weg für den Messias und für sein Reich. Amen. Fürbitten: Gott, du bist voll Güte und Liebe. Wir bitten dich: Für alle, die an Krankheit und Behinderung leiden. Für jene, die keine Hoffnung mehr haben. Für alle, die nur sich selber sehen. Für jene, die sich für Kranke und Notleidende einsetzen. Gott, bei dir ist unsere Hilfe und Zuversicht. Dir sei Lob und Preis. Amen Anfragen und Rückmeldungen richten Sie bitte an: Sozialreferat der Diözese Linz, Kapuzinerstr. 84, 4020 Linz, Tel. 0732/7610-3251 e-mail: [email protected] Weitere Sozialpredigten unter: www.dioezese-linz.at/soziales 3