Predigt090208

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EVANGELISCHES
P F A R R A M T
R H E I N E C K
Predigten zu Texten „aus der Gemeinde“ (2)
Predigt vom Sonntag, 8. Februar 2009
über Johannes 4,34; 20,21b:
„A-Postel oder B-Postel?“
vorgeschlagen von
Doris Sonderegger
Die Predigtreihe zu Texten „aus der Gemeinde“ nimmt Vorschläge von Gemeindegliedern auf, die über einen bestimmten Predigttext einmal eine Predigt hören möchten.
Es können dies zum Beispiel „Lieblingstexte“, Konfirmationssprüche, unverständliche Texte oder total faszinierende Texte sein.
Predigttext Johannes 4,34; 20,21b
(Luther-Übersetzung)
Jesus spricht zu ihnen: Meine Speise ist die, dass
ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat,
und vollende sein Werk.
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Predigt
Liebi Gmeind
Wüsse Sie, warum sich s’Evangelium im erste Jahrhundert
nach Christus eso unglaublich schnell im ganze Mittelmeerruum verbreitet het? Ganz eifach: Wil die erste Jünger APostel und ned B-Postel gsi sind!
Spass beiseite: De Begriff Apostel het natürlich nüt mit öisere Post z’tue. Hinter em Wort „Apostel“ steckt s’griechische Verb . Und das heisst uf dütsch: „aussenden, absenden, abschicken“. Der Apostel, oder griechisch:
 isch der „Abgesandte“, dä, wo im ne Uftrag von
ere Sendig unterwegs isch. Und um die Sendig goht’s im
Konfirmationsspruch vo de Doris Sonderegger, dem Spruch,
wo sich us zwei verschiedene Bibelstelle us em Johannesevangelium zämesetzt:
„Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der
mich gesandt hat, und vollende sein Werk. Wie mich der
Vater gesandt hat, so sende ich euch.“
Jesus seit vo sich: De Vater het mich gschickt. Und Jesus
seit zu sine Jünger: Ich schicke öich.
Dä Vers wird ned allne vo öis Fröid mache. Denn dass
Jesus öis schickt, öis ussendet, öis zu Apostel macht, das
cha öis doch recht Buuchweh mache. Mir hätte’s lieber
gmüetlicher. Christ sii deheime i de warme Stube oder höchstens no da i de Chile unter seinesgleichen – das isch okay.
Aber dass Jesus öis sendet, usschickt? Muess das sii? Het
er dodemit ned nur sini damalige Jünger, sondern würklich
au öis gmeint? Und wie isch das überhaupt z’verstoh? Was
erwartet er denn vo öis?
E Randbemerkig a dere Stell: Als Konfirmationsspruch isch
dä Vers – nach dene erste Gedanke dezue – natürlich scho
recht aaspruchsvoll. Ich stelle mir die sechzehjährig Doris
Sonderegger vor, da i de Chile, wie sie am Palmsonntig 1971
vom Pfarrer Arsuffi dä Konfirmationsspruch überchunnt:
„…so sende ich euch.“ Was macht e jungi Frau im ne
zwiifellos ned grad eifache Alter mit somne Vers? Guet – jetz
liit d’Konfirmation vo de Doris scho fasch vierzg Jahr zrugg,
und darum isch es vilicht ganz guet, nach einiger Ziit nomol
über de eiget Konfirmationsspruch nochez’denke. Das chan
ich übrigens Ihne allne empfehle. Mir het mi eiget Konfspruch praktisch erst denn öppis gseit, won ich als Pfarrer
ha aagfange schaffe: „Männer werden müde und matt, und
Jünglinge straucheln und fallen; aber die auf den HERRN
harren, kriegen neue Kraft.“ (Jes 40,30f) Als Jugendliche
mag me ja fasch immer. Erst später merkt me, wie nötig me
die Chraft vo Gott het. Darum: E Konfirmationsspruch seit
eim mängisch ja erst viel später öppis. Aber de Spruch giltet ja au fürs ganze Lebe und ned nur für d’Konfirmation!
Zrugg also zu dem Jesus-Wort vo de Sendig: „Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt
hat, und vollende sein Werk. Wie mich der Vater gesandt
hat, so sende ich euch.“ Es Wort, wo ned so liecht verständlich und ned so liecht z’befolge isch. Jesus schickt
öis us, wien er selber vom Vater gschickt worden isch.
Dodrüber wänd mir mitenand nochedenke.
1. Jesus isch „der Gesandte des Vaters“.
Im Johannes-Evangelium wird dütlicher als i den andere drei
Evangelie betont, dass Jesus de Sohn vo Gott isch. Wenn
Jesus seit: „Wie mich der Vater gesandt hat…“, so isch ja
klar, dass er dodemit ned si Stiefvater, de Josef, meint, sondern si himmlisch Vater. Durs Band weg redt Jesus im Johannes-Evangelium vom „Vater“. I 21 Kapitle chunnt de Begriff „Vater“ über achtzg Mol vor: Unglaublich, die Fülli!
Keis Wunder, het Jesus vieli Gegner gha! Denn genau die
Redewiis, dass er Gott als si Vater und sich als Gottes
Sohn bezeichnet het, das isch ja bi de Pharisäer und Schriftglehrte uf wenig Gegeliebi gstosse! Die jüdische Gsetzeslehrer händ ned chönne und wölle glaube, dass Jesus Gottes
Sohn und de Messias isch. Die viele Ussage vo Jesus i die
Richtig sind für sie darum nüt anders als Gotteslästerig gsi.
Hüt isch’s ned andersch. Zwar redt niemer vo Gotteslästerig,
aber für die meiste Mensche vo öisere Ziit giltet Jesus au
ned als Sohn vo Gott, sondern höchstens als guete, vorbildhafte Mensch. Me betont d’Menschlichkeit vo Jesus,
sini Solidarität mit de Sünder, Usgstossnige, Chranke und
Schwache – guet und recht! Aber me lügnet im Gegezug sini
Göttlichkeit. Dass Jesus, wie’s d’Chile scho i den erste
Jahrhundert festghalte und glehrt het, Gott und Mensch
gliichziitig isch, das goht über öise Verstand und cha darum
vom unglöibige Mensch ned erfasst und verstande werde.
Doch i dem Punkt goht’s um eini vo de wichtige Grundentscheidige vom Glaube: Isch Jesus Gottes Sohn? Denn nur
als Gottes Sohn chan er au Versöhner und Erlöser und Objekt vo öisem Glaube sii und ned nur es ethisches und religiöses Vorbild, e guete Mensch. Es goht um d’Frag: Glaube
wie Jesus oder Glaube a Jesus?
Jesus isch Gottes Sohn und als Gottes Sohn „der Gesandte des Vaters“. Gott schickt si eiget Sohn uf d’Welt,
zum die Welt z’rette. Us Liebi. „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die
an ihn glauben, nicht verloren werden.“ (Joh 3,16), seit en
andere berüehmte Vers us em Johannes-Evangelium.
Jesus isch „der Gesandte des Vaters“. Darum betont er
grad im Johannes-Evangelium starch und iidringlich, dass er
nüt vo sich us tuet, sondern das, wo ihm de Vater seit.
2. Mir sind „die Gesandten Jesu“.
De erst Punkt vorher cha me mit emne Chopfnicke oder
emne Chopfschüttle abhake. Es isch um ne Glaubensfrag
gange: Isch Jesus Gottes Sohn und vo Gott gschickt oder
ned? Ja oder Nei? Doch jetz, im zweite Punkt, wird’s für öis
konkreter und heisser.
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Jesus
seit das bereits nach sinere Uferstehig, vor de Himmelfahrt,
churz bevor er also die Erde verloht und d’Jünger uf sich selber aagwiese sind. Er git ihne de Uftrag, die Sendig wiiter-
z’füehre, won er, Jesus, da uf Erde aagfange het. Er sendet
d’Jünger us, d’Jünger werde ebe zu Apostle, zu „Abgesandten“.
Wenn mir denn d’Apostelgschicht lese, so gsehnd mir, dass
d’Jünger dä Uftrag, die Sendig durchuus ernst gnoh händ
und im Name vo Jesus s’Evangelium prediget, Mensche
ghulfe und zum Glaube gfüehrt, christlichi Gmeinde gründet
und gstärcht händ. Dass ihne das au ned immer liecht gfalle isch, verschwiigt d’Bible ned. Ich denke a Apostel Paulus
und sini Usenandersetzig mit de widerspenstige Gmeind vo
Korinth. Oder ich denke au a das viele Leid und die Verfolgige, wo grad die erste Christe i der Urgmeind erlebt händ.
Wenn mir von ere durchschnittliche Generation vo 30 Jahr
usgöhnd, so sind sit der Uferstehig vo Jesus scho fasch 70
Generatione vergange. Und über all die Generatione isch
s’Evangelium wiitergäh worde. D’Christe händ sich wiiterhiin
als „Gesandte Jesu“ verstande. Mängisch mit meh, mängisch mit weniger Iifer, mängisch au mit falsche Exzess, wie
zum Biispiel i de Ziit vo de Chrüüzzüg, aber au immer wieder
mit dem klare Bewusstsii: Es isch e Sendig vo Gott. Mir
sind sini Apostel, sini Abgesandte, sini Lüt. Ohni Christe, wo
sich löhnd loh schicke, goht’s ned.
Darum chöne ebe au mir ned i de warme Stube bliibe. Öisi
Chile stoht zmittst im Städtli. Das het e symbolische Wert,
isch aber gliichziitig au Zeiche für öise Uftrag: Mir sind i das
Städtli, i die Welt ine gstellt, zmittst drii, zum Züüge vo Gott
z’sii.
Da git’s ebe Widerständ hüt. Einersiits die Mensche, wo
finde, es söll jede nach sim Glaube lebe und die andere i
Friede loh. Anderersiits die Christe, wo gern glaube und sich
dur de Glaube gstärcht füehle, aber weder Lust no Muet
händ, als „Gesandte Jesu“ anderne vo dem Glaube z’verzelle.
Die hütig Ziit isch würklich missionarisch ned eifach. Aber
im Blick uf die nächste hundert Jahr müend mir festhalte:
D’Bedingige sind jetz no guet: D’Chile het no e gwüssi
Akzeptanz, und Mensche sind für Glaubensfrage offe. Wenn
mir öis jetz ned löhnd loh schicke i die Welt und praktisch e
ganzi Generation vom christliche Glaube unberüehrt bliibt i
de Schwiiz, denn chöme dunkli Ziite uf öis zue. Denn es
Glaubensvakuum wird vo andere religiöse Gmeinschafte
gern und schnell gfüllt. Scho us dem Grund chöne und döfe
mir de Sendig vo Jesus ned uswiiche. Aber mir döfe’s au
darum ned, wil er öis ja selber de Uftrag git.
3. D’Sendig und de Uftrag heisst: Gottes Wille tue.
So definiert Jesus si Uftrag: „…dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ Und wenn Jesus öis schickt, wie
ihn si Vater gschickt het, so giltet logischerwiis dä Uftrag au
öis: „Dass wir tun den Willen dessen, der uns gesandt
hat.“ Gottes Wille tue – was heisst das?
Da denke mir sicher zerst a d’Gebot vo Gott: Dass mir sölle
lehre, nach sine Gebot z’lebe und i sine Wege z’goh. Stichwort: Ghorsam. D’Gebot sind ja en Usdruck vom Wille vo
Gott für öis Mensche. Anderersiits wüsse mir aber au: Niemer cha die Gebot vollständig erfülle. Mir schiitere immer
wieder. Darum isch ja Jesus für öis gstorbe.
D’Gebot vo Gott erfülle – schön! Doch das isch ja öppis, wo
nur öises eigete Lebe betrifft. Wenn Jesus öis schickt, öis
ussendet, denn sendet er öis ja ned zu öis, dass mir d’Gebot
erfülle! Sondern er sendet öis ja ebe fort, Apostel, „Abgesandte“, fort zu de Mensche. Es goht also um Gottes Wille i
Bezug uf die andere Mensche. Was wott Gott?
De Paulus schriibt: „Gott will, dass allen Menschen geholfen
werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1Tim
2,4) Oder, no dütlicher und besser übersetzt: „Gott will, dass
alle Menschen gerettet werden.“
Jesus schickt sini Jünger und öis fort, demit Mensche grettet werde, ja, demit möglichst alli Mensche grettet werde!
Ganz klar: Genau das händ d’Jünger vo Pfingste aa
gmacht: Sie händ Mensche grettet. Sie händ ihne die befreiend Botschaft vom Evangelium brocht. Sie händ ihne ver-
zellt, wie Gott d’Mensche liebt und wie Jesus Christus für ihri
Schuld gstorbe und vo de Tote uferstanden isch. Und so
sind Mensche grettet worde – zwar lang ned alli, aber vieli.
D’Gmeind isch gwachse, s’Christetum het alli Grenze
gsprengt.
Und i die Ufgab und Sendig sind mir au hüt no inegstellt.
Das isch e grossi und schwierigi Ufgab. Erstuunlich und
beiidruckend, dass de Pfarrer Arsuffi sinere Konfirmandin
Doris das eifach so zuegmuetet het und ihre dä Spruch zueteilt het! Doch mängisch isch es guet, e grossi Ufgab überz’cho, en Ufgab, wo öis forderet und vielfach au überforderet. Mir merke denn ja au erst recht, dass mir uf Gottes
Hilf aagwiese sind.
Jesus seit ja am Aafang genau: „Meine Speise ist, dass ich
tue den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ Me chönnt
also säge: Jesus het soz’säge vo dem glebt. Vo sim Uftrag.
Im Zämehang vo Johannes 4 seit er dä Satz, nachdem er es
längers Gspräch mit de samaritanische Frau am Brunne
gfüehrt und ihre de Weg zum Vater im Himmel zeigt het. Sini
Jünger, wo us de Stadt umecho sind, händ ihm denn z’esse
wölle gäh. Und Jesus seit: „Das isch mini Nahrig: De Mensche vo Gott verzelle. Vo dem und für das leb ich.“
Natürlich lebe mir ned ohni würklich z’esse, aber au mir döfe
das erfahre: Wie s’Wiitergäh vom Evangelium öis Lebensfröid, Chraft und Muet git. Au mir lebe vo dem Uftrag vo
Gott. Vo dere Sendig vo Jesus. Darum sölle öis settigi Stelle
ned Buuchweh mache, sondern Fröid: Dass Jesus öis als
sini Bote, Apostel, Abgesandti iisetzt und bruucht.
Stelle Sie sich also selber d’Frag: Sind Sie lieber en A-Postel oder e B-Postel? De B-Post-Brief bliibt lieber no chli im
warme Postbüro ligge unter seinesgleichen. De A-Post-Brief
macht sich sofort uf de Weg in e unbekannte Briefchaste. APostel oder B-Postel? Das isch ihri Entscheidig.
Amen
Pfarrer Christian Bieri
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