Forum Medizin und Philosophie Jahresbericht des Präsidenten Es ist ziemlich genau 1 Jahr her, seit unser Forum gegründet worden ist. Seither sind zwischen 30 und 40 Ärzte daran, die damals verabschiedeten Leitlinien in die Tat umzusetzen. Die wichtigsten davon besagen namentlich: Das Forum Medizin und Philosophie: fördert eine vertiefte kritische Reflexion über die grundlegenden Denkformen, welche in der Medizin als Wissenschaft und als Praxis wirksam sind. reflektiert das Selbstverständnis des medizinischen Alltags und erarbeitet Lösungsvorschläge zu den untersuchten Fragen. Es bedient sich dabei philosophischer Methoden. fördert das kreative Denken und den offenen und konstruktiven Diskurs darüber, wie sich die Medizin in einem fortlaufenden Prozess weiter entwickeln kann und soll. (…) fördert Austausch und Zusammenarbeit mit den benachbarten Disziplinen (…) Der Geburtstag des Forums wurde durch einen eindrücklichen, ich möchte sagen, programmatischen Vortrag von Prof. Enno Rudolph bereichert. Er trug den Titel „Medizin und Philosophie – ein neues Team? – ein Manifest“ Professor Rudolph stellte dabei die folgende Hypothese auf: „Die Medizin ist die praktische Philosophie der menschlichen Natur; die Philosophie ist die theoretische Medizin für die menschliche Kultur.“ 1 Damit wird die enge Verbundenheit der Medizin mit der Philosophie prägnant auf den Punkt gebracht. Die erste Retraite des Forums im November 2012 in Zürich stand ganz im Zeichen der Bildung von Arbeitsgruppen. Seit diesem Zeitpunkt sind drei Arbeitsgruppen zu den Themen ‚Anthropologie‘, ‚Zeit‘ und ‚Gerechtigkeit‘ am Werk. Sie haben sich alle bereits drei- bis viermal getroffen und erste Resultate ihrer Arbeit werden an der grossen Retraite, welche am 12./13. Oktober dieses Jahres im Flüehli Ranft stattfinden wird, präsentiert. Im Winter konnte dank dem Einsatz von Katharina Glatz eine eigene Website aufgeschaltet werden ( http://fomep.ch/ ) ausserdem ist es möglich auf einer halböffentlichen Site Informationen bereitzustellen und einzusehen, welche das Forum betreffen. So findet sich dort insbesondere eine ganze Reihe von Zertifikatsarbeiten unserer Mitglieder, welche im 1 All denen, welche diesen Vortrag verpasst haben, können wir das Manuskript per Mail noch zukommen lassen. Rahmen des CAS Philosophie und Medizin an der Uni Luzern geschrieben wurden.2 Diese Arbeiten sind sehr lesenswert und zwei davon werden im Anschluss an diese GV vor- und zur Diskussion gestellt. Ebenfalls im Lauf des letzten Winters konnte die Kasse des Forums mit einem erfreulichen Unterstützungsbeitrag von Seiten des Schweizerischen Lotteriefonds im Wert von 20‘000 CHF gefüllt werden. Dies erlaubt es uns beigezogenen Fachleuten, insbesondere aus dem Bereich Philosophie ein einigermassen angemessenes Honorar zu entrichten. Ausblick Nachdem das erste Jahr der Existenz des Forums im Zeichen stillen Schaffens stand, dünkt es mich allmählich an der Zeit, erste Schritte nach aussen zu wagen. Dabei gilt es zwei Dinge zu bedenken. 1. In der Philosophie geht es häufig darum Fragen zu stellen ohne, dass man danach gezwungen ist, bereits eine fixfertige, wahre und ewig gültige Antwort bereitzuhalten. Wichtige Fragen können zudem oft etwas Provokatives in sich haben, weil sie ja – das ist die Natur von echten Fragen – Bestehendes eben in Frage stellen. Solche Fragen könnten, um auf die Themen unserer Arbeitsgruppen zu sprechen zu kommen sein: Ist unser Gesundheitssystem gerecht? Ist es gerecht, diejenigen finanziell zu bestrafen, welche sich darum bemühen, gesund zu bleiben? Oder: Wie steht es um die Qualität einer Medizin, die nicht weiss, was ein Mensch ist, die ohne eine ausformulierte Anthropologie auskommen muss? Ist es doch eine Tatsache, dass wir alle keine einzige Stunde in Anthropologie ausgebildet wurden. 2. Es dünkt mich zweitens wichtig zu wissen, dass wir nicht ausgebildete Philosophieprofessoren zu sein brauchen, um unsere Stimme in der Öffentlichkeit vernehmen zu lassen. Wir stehen jetzt vielleicht an einem Punkt, wo wir erkennen, wie schwierig es ist Substanzielles zu wichtigen Themen zu sagen. Doch gilt es zu bedenken, dass heute sehr viel Unbedarftes selbst von so angesehenen Institutionen wie die SAMW gesagt und geschrieben wird. Da gibt es kein Grund uns zu verstecken und in übertriebener Bescheidenheit zu verharren. Als Orte erster öffentlicher oder halböffentlicher Auftritte könnte ich mir zum einen Artikel unter dem Namen des Forums in der SAEZ vorstellen. Die Redaktion der SAEZ ist unseren Anliegen gegenüber offen und die Wirkbreite dieses Presseorgans doch ganz ziemlich gross. Ein weiterer Vorschlag (von H.U. Schläpfer vorgebracht) geht dahin, dass sich das Forum um einen Forschungsbeitrag aus dem Käthe-Zingg-Schwichtenberg-Fonds……………………… (http://www.samw.ch/de/Portraet/Kommissionen/KZS.html) bemüht. Dieser sieht die Förderung und die Unterstützung medizin-ethischer Forschungsprojekte und von wissenschaftlichen Projekten vor, für welche noch keine etablierten Förderungsstrukturen bestehen. Es könnte eine motivierende und interessante Sache sein, wenn sich das Forum – bzw. eine Reihe interessierter Mitglieder – mit Philosophen zusammentun, um ein Projekt im 2 Mitglieder, welche den Zugang zur Forum-Dropbox nicht haben, können sich in dieser Sache bei Hansueli Schläpfer melden. Gebiet der Medizin-Ethik oder einem verwandten Gebiet auszuarbeiten. An der Retraite heute und im Oktober werden namhafte Ethiker zugegen sein. Vielleicht ergibt sich auch da die Gelegenheit, erste Schritte in Richtung der Verwirklichung eines solchen Projekts zu tun. Für die Zukunft des Forums Medizin und Philosophie wird es wichtig sein, dass möglichst viele Ärzte und Ärztinnen aktiv mitmachen, eigene Ideen und Initiativen vorbringen. Und die Zukunft des Forums wird v.a. dann eine blühende sein, wenn wir alle etwas von unserer raren Zeit ins Nachdenken investieren - ins Nachdenken über die Medizin, den Arztberuf und damit verbunden, Nachdenken über unser eigenes Leben. Piet van Spijk/27.6.2013