Nr. Datum 64 21. 11. 2010 Anlass Toten/Ewigkeitssonnt ag Bibelstelle Autor Offb. 21, 1– 7(8) Christine Gölzer Titel Hoffnungsbilder Untertitel Johannes malt in seiner Offenbarung kraftvolle Bilder von einer lebendigen Hoffnung, die uns auch im Leiden eine Zukunftsperspektive schenkt. Lied vor der Predigt Lied nach der Predigt EG 147 „Wachet auf ruft uns die Stimme“ EG 150,1,4-6 „Jerusalem du hochgebaute Stadt“ Liebe Gemeinde, „Manchmal meine ich, seine Schritte noch neben mir zu hören - und dann denke ich, ich müsste nur die Hand ausstrecken und wir könnten miteinander weitergehen.“ Bilder der Erinnerung sind stark. Sie alle werden solche Bilder in sich tragen. Viele von Ihnen werden mit solchen Bildern durch das letzte Jahr gegangen sein. Meine Großmutter sehe ich z.B. noch ganz deutlich vor mir, wie sie in der Küche steht etwa und uns ihren selbstgemachten Holdersirup mit Wasser mischt. Ich höre die Dielen knarren in dieser Altbauwohnung und meine fast ich könnte riechen, wie es damals in ihrem Haus gerochen hat. Mittlerweile kann ich mit ganz viel Dankbarkeit diese Bilder in meinem Kopf betrachten. (eigenes Beispiel) Es sind Bilder, die man gerne festhalten möchte, Bilder, die lebendig sind. Manchmal tun sie aber auch weh, weil man die Zeit eben nicht zurückdrehen kann. Es kann ein Blick sein, ein Geruch, ein Ort oder ein Gegenstand und die Bilder sind da. Bilder begleiten unser Leben. Sie tun das in fröhlichen Zeiten - So können uns Erinnerungen an eine schöne Party, ein gelungenes Grillfest oder einen erlebnisreichen Urlaub noch recht lange tragen und stärken. Aber es gibt sie eben auch in den schwierigen und dunklen Lebensphasen. Dann sind auch die schönen Bilder schmerzvoll und zeigen uns oft erst so richtig, wie schwer der Verlust eines lieben Menschen ist. Und - in solchen Bildern verschwimmen manchmal Gegenwart und Vergangenheit. Wir wissen gar nicht mehr so genau, was ist jetzt Realität und was Erinnerung, was Wunsch und Sehnsucht. Sie sind einfach da, ob wir wollen oder nicht. Das Bibelwort, das heute der Predigt zugrunde liegt, malt ebenfalls ganz viele Bilder. Bilder die auch die Zeiten vermischen, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft - in den Bildern des Johannes verschmelzen die Zeiten zu einer großartigen Vision, die schon jetzt unser Leben bestimmt. Johannes malt seine Bilder in sehr kräftigen Farben. Farben, die wir heute vielleicht gar nicht mehr benutzen würden. Aber es sind Hoffnungsbilder für seine Gemeinde. Er möchte in diesen Bildern dieser bedrängten, verfolgten Gemeinde Mut zusprechen. Er möchte den Bildern des Grauens und Schreckens, die sie täglich umgeben, andere, trostvolle entgegensetzen und damit auch die Gegenwart beeinflussen. Aber hören Sie selbst . Text Johannes malt sehr plastisch ein großzügiges Bild des neuen Jerusalems. Es ist ein Bild voller Sehnsucht und Hoffnung. Ob seine Gemeinde damals die Farben richtig interpretieren konnte und wirklich Mut fassen konnte, um die Gegenwart zu überstehen? Vielleicht sind Sie da heute morgen skeptisch, denn viel zu viele Hoffnungen zerschlagen sich auch ganz schnell wieder: Die Hoffnung auf eine gute Note in so mancher Klassenarbeit etwa, auf die man gelernt und geochst hat - und dann hat der Lehrer doch das Falsche abgefragt. Die Hoffnung auf Beförderung und Karriere, die dann doch der Kollege macht und nicht man selbst. eigene Beispiele Und viele von Ihnen heute morgen, die werden sie kennen, die Hoffnungen auf Genesung, auf bessere Tage. Der verwegene Wunsch, es war alles ein Irrtum und morgen geht das Leben dort weiter, wo es vor der Diagnose aufgehört hat. Ob Sie da dem Johannes und seinen Bildern folgen können? Vielleicht sagen Sie ja: „mein Pool an Hoffnungen ist aufgebraucht - ich kann einfach nicht mehr.“ Die Bibel spricht gerne von lebendiger Hoffnung. Sie spricht also von Hoffnung, die auch dann noch lebt, wenn sich alles andere längst als falsch und trügerisch herausgestellt hat. Johannes nun malt sehr lebendige Bilder von der Zukunft. Aber - er beschönigt nichts, er spricht von Tränen, vom Tod, von Leid und Schmerzen - all das leugnet er nicht, er weiß darum, er kennt es aus eigener Erfahrung. Und mit diesen dunklen und düsteren Bildern im Kopf beginnt er zu malen: ein Bild vom neuen Jerusalem. Ein Bild von einer Stadt, in der Gott mitten unter den Menschen wohnt, und zwar nicht in einem herrlichen Palast irgendwo am Ende einer Prachtstraße, sondern mitten dabei in einer Hütte, im Zelt. Es ist das Bild von einer Stadt mit 12 Toren - weit offen für alle Menschen, ohne menschliche Willkür und Herrschaft. Denn hier wohnt Gott selbst, mit und unter den Menschen. Er malt das Bild von einem Gott, der höchstpersönlich die Tränen abwischt und die Menschen in den Arm nimmt, um sie zu trösten. Woher nimmt er diese Bilder? Woher nimmt er die Kraft für solche starken Hoffnungsbilder. Johannes holt die Bilder aus dem, was Gott schon längst gelebt hat. Er holt sie aus den längst vergangenen Geschichten von Jesus von Nazareth. In Jesus Christus hat Gott seine Nähe und seine Fähigkeit zum Leiden und Mitleiden gezeigt. Hier war er den Menschen ganz nahe, wenn er bei Kranken und Ausgestoßenen, bei Frauen und Kindern war und hier hat er selbst gelitten und ist gestorben. Doch in diesem Jesus hat Gott eben auch gezeigt, dass das Leben damit noch lange nicht am Ende ist. Er hat uns am Ostermorgen eine lebendige Hoffnung geschenkt, eine Hoffnung, dass seine Liebe weiterreicht als Tod und Grauen. Das hat Johannes auch im Kopf, als er zu malen beginnt. Aus diesen Geschichten schöpft er seine bunten und visionären Bilder voller Kraft und Zuversicht voller lebendiger Hoffnung. Ich weiß wirklich nicht, ob diese Bilder Sie tragen können, aber ich möchte sie ihnen anbieten als die große, die lebendige Hoffnung, die unseren Glauben auszeichnet. Diese Hoffnung hat der Gemeinde des Johannes damals geholfen, Schweres durchzustehen. Diese Hoffnungsbilder haben auch in späteren Zeiten Menschen immer wieder Mut gemacht und sie nicht verzweifeln lassen. Das Lied, das wir nach der Predigt singen werden, ist ein solches Hoffnungslied, das in der Auseinandersetzung mit diesem Bibelwort entstanden ist. Mitten im dreißigjährigen Krieg, mitten in einer Zeit voller Schrecken und Leid dichtet Matthäus Meyfart von der Überwindung allen Leides und der Umkehrung aller Werte. Diese Hoffnung gab ihm Kraft und Mut, so dass er in seiner Zeit ein mutiger Streiter für Menschlichkeit werden konnte und sich z.B. ganz vehement gegen Hexenprozesse einsetzen konnte. Ein lebendiges Hoffnungsbild der Bibel - mag sein, dass sie jetzt sagen, das tröstet mich im Moment nicht, aber nehmen Sie es mit heute morgen: es hat Kraft, immer wieder haben Menschen das erfahren - hoffentlich auch für Sie. Amen