Bayreuth, den 1.3.15 Markus 12,1-12 Liebe Gemeinde! Stell dir vor

Werbung
1
Bayreuth, den 1.3.15 Markus 12,1-12
Liebe Gemeinde!
Stell dir vor, lieber Konfirmand, dein bester Kumpel leiht
dein Fahrrad aus. Nur für eine kurze Fahrt zum
Fußballtraining im Nachbarort. Am Abend rufst du ihn
an. "Ach ja, das Zurückbringen habe ich ganz vergessen!"
meint er. Am nächsten Tag steht dein Bike vor der Tür:
der Reifen platt, die Vorderlampe kaputt, der Lack
zerkratzt. Wie würdest du reagieren? Was würdest du
deinem Kumpel sagen?
Oder, liebe Ehefrauen unter uns: Stellt euch vor, ihr habt
eurem Ehemann zuliebe auf die Karriere verzichtet. Habt
die Kinder großgezogen, habt dem Mann den Rücken für
seinen Beruf freigehalten, habt Haus und Hof versorgt,
ihm immer das beste Essen gekocht, also ihn so richtig
verwöhnt. Eines Tages kommt der Mann nach hause und
teilt euch mit: "Ich ziehe mit meiner Sekretärin in eine
andere Stadt. Alle Konten habe ich leer geräumt, auf dem
Haus liegt eine Hypothek. Schließlich brauche ich für den
Neuanfang etwas Geld." Was würdet ihr eurem Ehemann
sagen?
Oder ihr, liebe Berufstätige: Stellt euch vor, ihr habt euch
für euren Chef aufgeopfert. Er hat euch für seine neue
Firma gebraucht. Ihr habt auf Urlaub verzichtet,
2
unbezahlte Überstunden gemacht. Die Gesundheit hat in
letzter Zeit gelitten. Da ruft euch der Chef zu sich und teilt
euch mit: "Ich kann Sie leider nicht mehr brauchen. Sie
sind zu alt und zu teuer. Sie sehen ja selber, dass Sie nicht
mehr so können wie früher. Ab morgen sitzt ein Jüngerer
auf Ihrem Arbeitsplatz." Was würden Sie Ihrem Chef,
pardon Exchef, antworten?
Das sind Geschichten, bei denen einem die Luft wegbleibt.
Skandale, die einen wütend machen. Es gibt solche
Geschichten, aber kaum in dieser übertriebenen Form.
Selten wird Freundlichkeit, Hingabe und Hilfsbereitschaft
so dreist, so frech mit Undankbarkeit beantwortet. Jesus
hat so eine ähnliche Geschichte erzählt. Sie klingt
konstruiert und erfunden. Von ihrer Form her ist sie das
auch. Aber sie gibt ein Geschehen wieder, das wirklich so
passiert ist. Und zwar bildet sie die Geschichte von Gott
und seinem Volk Israel ab, so wie sie sich abgespielt hat. Es
ist ein Drama, das viele Jahrhunderte gedauert hat. Gott
schenkt und schenkt und schenkt. Aber als Antwort
kommt von Israel eine Eskalation, eine Steigerung der
Undankbarkeit, bis es zu einem großen Knall kommt: dem
Gericht Gottes. Dieses Drama hat mehrere Akte.
1. Akt: Israel behandelt Gott ungerecht. Jesus erzählt von
einem Weinbergbesitzer. Dieser legt einen wunderbaren
3
Weinberg an, mit dazu gehöriger Kelter, Mauer und einem
Wachturm. Er verpachtet ihn. Nun möchte er von den
Pächtern die Pacht. Das war sein gutes Recht. Ein Teil der
Frucht musste an den Besitzer abgeliefert werden,
entweder als Naturalien oder in Form von Geld. Ein Bote
des Eigentümers kommt und will die Pacht abholen. Doch
der erlebt sein blaues Wunder. Statt der Pacht gibt es
Schläge und zwar nicht zu knapp. Er wird grün und blau
geschlagen und aus dem Weinberg hinausgejagt. Man
macht ihm klar: Sie sind nicht bereit auch nur eine einzige
Weinbeere abzugeben. Sie meinen: Sie haben ja die Arbeit
gemacht. Die Ernte gehört ihnen, ihnen ganz allein. Und
wer ihnen die Weinernte streitig machen will, der
bekommt Hiebe.
Unvorstellbar so ein Verhalten. Aber es spiegelt die
Wirklichkeit wider. So wie in dieser Geschichte ist das
Volk Israel mit Gott umgesprungen. Er hat ihm ein Land
geschenkt, in dem sie wohnen durften. Er hat ihnen immer
wieder gegen Feinde geholfen. Die Israeliten haben
Wunder der Hilfen erleben dürfen wie kein zweites Volk
auf dieser Erde. Nun erwartet Gott Frucht, Respekt,
Gehorsam, Liebe. Das ist es, was ihm zusteht. Doch Jesus
stellt fest: Respekt, Gehorsam, Liebe hat Gott nicht
bekommen.
4
Also eine alte Geschichte, die uns nichts angeht? Bestimmt
nicht! Auch Deutschland hat Gott gesegnet. Ich möchte
nur Einiges nennen: Leben wir nicht einem wunderbaren
Land,
mit
herrlichen
unermesslichen
Landschaften,
Wohlstand,
mit
mit
einer
einem
reichen
Christusvergangenheit seit über tausend Jahren? Viele,
viele Boten Gottes hat Deutschland gehabt, und hat es bis
auf den heutigen Tag. Männer und Frauen, die das
Evangelium in Vollmacht verkündigt haben. Denken wir
nur an Martin Luther. Gott kann zurecht Respekt,
Gehorsam
und
Liebe
erwarten.
Aber
in
unserer
Gesellschaft spielt Gott keine Rolle mehr. Immer mehr
Menschen glauben gar nicht mehr an ihn. Vielmehr wird
alles dem Götzen Wohlstand geopfert. Von Liebe und
Respekt Gott gegenüber keine Spur. Auch nicht von
Gehorsam seinem Willen gegenüber, wie er sich in den 10
Geboten darstellt.
Wir meinen: Unser Leben gehört uns allein. Wie wir es
gestalten, ist alleine unsere Sache. Da hat uns niemand
reinzureden, auch kein Gott. Wir meinen in Deutschland
besser zu wissen, was richtig und falsch ist als Gott und
sein Wort. Denken wir nur an den Umgang mit der
Sexualität. Ehebruch wird schon lange nicht mehr als
Sünde angesehen, auch Homosexualität gilt als völlig
5
normal. Was Boten Gottes, wie Jesus
und Paulus zu
diesem Thema gesagt haben, zählt nicht mehr, weder in
unserer Gesellschaft, noch zum Teil in unserer Kirche.
Und wir vergessen: Wir haben alles letztlich Gott zu
verdanken, unser Leben mit allen Gaben und Fähigkeiten,
unseren Wohlstand oder unsere politische Freiheit. Wir
vergessen wie die Pächter in dem Gleichnis den
Eigentümer.
Wie
reagiert
Gott
auf
die
Vergesslichkeit
seiner
Geschöpfe? Oft so wie in dem Gleichnis von dem
Weinbergbesitzer und den Pächtern. Im 2. Akt dieser
Geschichte hören wir wieder etwas Unglaubliches: Der
Weinbergbesitzer erstattet keine Anzeige. Er sorgt auch
nicht selbst für sein Recht und schickt bewaffnete
Mitarbeiter, die mit den rebellischen Pächtern kurzen
Prozess machen. Nein er antwortet mit Geduld, mit einer
geradezu unglaublichen Geduld, die kein Mensch hätte,
mit dessen Eigentum so umgegangen wird wie die Pächter
mit seinem Weinberg.
Er schickt den zweiten Boten. Der kommt mit einer
Kopfwunde zurück. Sorgt jetzt der Weinbergsbesitzer für
sein Recht? Nein, er schickt einen dritten Boten. Der
kommt überhaupt nicht mehr nach hause. Denn er wird
totgeschlagen. Jetzt muss aber Schluss sein! Aber nein: Ein
6
Bote nach dem anderen wird geschickt. Die einen
verprügelten sie, die anderen brachten sie um. Wir würden
so ein Verhalten des Weinbergbesitzer als Wahnsinn
bezeichnen. Das geht doch nicht an, dass einer sein
Personal so behandeln lässt! Da muss man mal mit der
Faust dreinschlagen!
Aber Gott tut das nicht. Auch er hat seine Boten. Das sind
die Propheten des Alten Testaments. Die meisten hat das
Volk Israel abgelehnt. Man hat die Propheten verspottet,
gefoltert wie einen Jeremia oder gar umgebracht. Dann
schickte Gott die Apostel des Neuen Testaments. Sie alle
starben keines natürlichen Todes. Sondern sie wurden von
denen umgebracht, die von ihrer Botschaft von Jesus
Christus nichts wissen wollten. Bis auf den heutigen Tag
schickt Gott seine Boten, die seinen Willen und die gute
Nachricht von Jesus Christus weitersagen. Sicher erlebten
sie auch Zuspruch. Aber es wiederholte sich auch bei ihnen
das Schema unserer Geschichte: Sie erlebten Widerspruch,
Verachtung, ja Verfolgung, und zwar umso mehr, je
deutlicher und klarer sie ihren Auftrag erfüllten.
Jedes Wort Gottes, das wir hören oder lesen, ist so ein
freundlicher Bote Gottes. Wir alle haben sie gehört,
vielleicht sogar unzählig viele. Wie sind wir mit ihnen
umgegangen? Vielleicht haben wir ihnen ja auch die Tür
7
vor der Nase zugeschlagen.
Da hat uns etwa das Wort aus der Bergpredigt gemahnt:
"Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner
Gerechtigkeit. Dann wird euch solches alles zufallen." Und
wir dachten: Ich habe so viel zu tun. Mein Haus, meine
Hobbys, meine Familie, das hat doch Vorrang. Gott und
sein Wort kommt erst dran, wenn ich Zeit dazu habe."
Oder das Wort "Alle Dinge sind möglich dem, der da
glaubt." wollte uns Mut machen. Und wir antworteten:
Mein Glaube ist doch viel zu schwach. Oder wir hörten bei
einer Abendmahlsfeier etwa das Wort: "Alle eure Sorge
werft auf ihn. Denn er sorgt für euch." Aber wir machten
uns weiter Sorgen. Unsere Lage, so meinten wir, ist doch
viel zu schwer, als dass sie geändert werden könnte.
Und Gott hört nicht auf, mit uns zu reden. Seine Geduld ist
fast unerschöpflich. Immer wieder will er mit seinen guten
Worten in unser Leben hinein. Er gibt nicht so schnell auf.
Von dieser Geduld können wir auch lernen. Was uns
anbelangt, brauchen wir nicht zu verzagen, wenn wir
merken, dass wir wieder einmal falsch gehandelt haben.
Sondern wir dürfen an die Geduld und Barmherzigkeit
Gottes
appellieren.
Auch
mit
schwierigen
Familienmitgliedern oder Nachbarn dürfen wir Geduld
haben. Und wenn sie zehnmal eine Einladung zum
8
Gottesdienst abgelehnt haben, vielleicht kommen sie beim
11. mal. Und wenn sie zwanzig Jahre nichts vom Glauben
wissen wollten, vielleicht geschieht dies im 21. Jahr.
Geduldige Gebete können viel für andere Menschen
bewirken.
Und nun zum dritten Akt unseres Dramas. Der
Weinbergsbesitzer schickt seinen eigenen Sohn. Dem
werden sie nichts antun, denkt er. Doch erbarmungslos
töten die Pächter auch den Sohn. Eiskalt beseitigen sie den
Erben und meinen dadurch sich den Weinberg endgültig
unter den Nagel gerissen zu haben. Da erst reagiert der
Weinbergsbesitzer und lässt die Pächter töten.
Dieser Teil des Gleichnisses ist erfüllte Prophetie. Gott
schickte seinen Sohn nach Israel. Auch er wurde getötet,
wie so viele Propheten vorher. Gott antwortet mit seinem
Gericht. Es vollzog sich 40 Jahre nach dem Kreuzestod
von Jesus. Jerusalem wird von den Römern erobert und
komplett zerstört. Und die jüdische Führungsschicht wird
getötet.
So wird es einmal jedem gehen, der Jesus ablehnt, der von
seinem helfenden und rettenden Angebot nichts wissen
will. Gottes Geduld ist groß. Aber sie hat einmal ein Ende.
Nach seinem Tod wird Gott jeden richten, der sich gegen
ihn gerichtet hat, gegen seine Boten, seine Mahnungen und
9
seine Mut machenden Worte. Eine furchtbare Möglichkeit,
von der Jesus selbst an verschiedenen Stellen spricht. Wer
die rettende Hand Gottes wegschlägt, der kann mit keiner
Gnade rechnen. Er will sie ja gar nicht. Dabei wäre es so
einfach, zu Gott und in sein Reich zu kommen: Lass den
dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist in dein
Leben hinein.
In einer eindrücklichen Kurzgeschichte schildert Manfred
Siebald, wie Gott dies versucht. Diese Geschichte heißt
"Einzugsermächtigung".
Da klingelt der Hauseigentümer beim Mieter. Dieser öffnet
mit schlechtem Gewissen. Die Miete wollte er nicht per
Einzugsermächtigung bezahlen und vergaß dann die
Überweisungen. Die Mahnungen beantwortete er nicht,
weil ihm alles zu peinlich war. Die Nachbarn hatten sich
auch beschwert. Anlass: Der Garten war verwahrlost und
der Gehsteig nicht geräumt. Der Hauseigentümer betritt
die Wohnung und entdeckt Schimmel an der Decke, eine
herausgerissene
tragende
gesundheitsschädliche
Wandfarben.
Wand
und
Eine
fristlose
Kündigung wäre zweifellos angebracht gewesen, erklärt
der
Eigentümer.
Aber
er
habe
sich
entschlossen,
zusammen mit seinem Vater und einem Mitarbeiter, dem
"guten Geist" der Firma, einzuziehen und die Wohnung
10
gründlich zu renovieren. Der Mieter protestiert: "Sie
treten ja auf wie der Allmächtige persönlich!" "Ach ja?"
lächelt der andere.
Das ist nichts anderes als eine moderne Version des
Gleichnisses. Da geht jemand fahrlässig mit geliehenem
Eigentum um. Der Eigentümer stellt den Mieter zur Rede.
Aber dann geht die Geschichte anders weiter. Er tritt
gewissermaßen in das Leben des Mieters ein und
übernimmt selbst die Verantwortung für die Wohnung.
So geschieht es ja tatsächlich immer wieder. Menschen
wehren sich gegen den Anspruch Gottes auf ihr Leben.
Aber dann, oft nach heftigen Widerständen lassen sie ihn
doch in ihr Leben.
So geschah es mit Manfred Grün. In seinem Elternhaus
hörte er immer wieder von Jesus Christus. Aber er konnte
nichts mit ihm anfangen. Zuhause liefen die Sendungen
des Evangeliumsrundfunks. Wenn dies geschah, ergriff er
regelmäßig die Flucht. Die Freunde, der Alkohol, die
Nachtbars, das war seine Welt. Als Strafvollzugbeamter
ließ er den Gefangenen seine Verachtung spüren. Eines
Tages wurde sein Vater mit Leukämie ins Krankenhaus
eingeliefert. Die Liebe, die er in dieser Situation
ausstrahlte, bewegte Manfred Grün. Das Sterben seines
Vaters verunsicherte ihn. Er tastete nach einem inneren
11
Halt. Ein Satz seiner Mutter fiel ihm ein: "Jesus lebt und
Jesus vergibt Schuld." Manfred Grün wagt ein Gebet zu
dem lebendigen Herrn, der Schuld vergibt. So entdeckte er
eine tragfähige Lebensbasis. Sein Umgang mit seiner Frau
und
den
Strafgefangenen
an
seinem
Arbeitsplatz
veränderte sich zum Guten. Bestimmt hat sich der Himmel
gefreut, als Manfred Grün zum Beten anfing. Noch ein
Mensch, der sich Gottes Recht, seiner Geduld und seiner
Liebe endlich öffnet!
So bleibt nur noch an uns die Frage: Wie gehen wir mit
dem Anspruch Gottes auf unser Leben um? Hören wir auf
seine Boten und seine Worte? Lassen wir Gott in unser
Leben hinein? Antworten wir mit Dankbarkeit auf seine
Liebe und Geduld? Auch in der nächsten Woche?
Amen
Herunterladen