GEMEINDEERNEUERUNG Theologische Leitgedanken zum Konzept der Gemeindeerneuerung 1. Gott, der Dreifaltige, der in sich Liebe ist, hat in „ausufernder Liebe“ die Schöpfung hervorgebracht, mit ihr die Menschen und die Geschichte. Die Schöpfung ist eine Schöpfung im Werden. Gott hat mit ihr einen Weg und eine Vollendung vor. (Weish. 11,24-26) 2. Der unfaßbare und unaussprechliche Gott wendet sich den Menschen zu; er will mit ihnen eine personale Beziehung in Liebe und Freiheit eingehen und bietet ihnen sein Reich, seinen Reichtum und seine Zukunft an. 3. In den Menschen ist die Sehnsucht nach Gott angelegt; sie sind „gottesbedürftig“ und transzendenzfähig. Sie spüren die Sehnsucht, was ist, zu überschreiten auf das hin, was von Gott her (besser) sein könnte. (Ps 63,1 - 4) 4. In dem Maße, wie den Menschen die von Gott ermöglichte Beziehung zu ihm gelingt (ob bewußt oder nicht), ereignet sich für sie Heil. Die Geschichte wird so als Heilsgeschichte erfahrbar, weil Gott am Werk ist. (Heil ist ganzheitlich zu verstehen: als körperliche Heilung und seelisch-personale Heiligung; als individuelles und als gemeinschaftliches Wachstum; als Heil für jetzt und für ewig.) 5. In dem Mann Jesus aus Nazareth, seinem Leben, Sterben und Auferstehen ist Gott konkret greifbar geworden. In ihm ist Gottes Plan schon ans Ziel gelangt und ist sein Reich schon angekommen. Das Christusereignis ist der bleibende Grund für die Erneuerung der Menschen, der Gesellschaft und der Welt. 6. Das Evangelium (NT) von Jesus Christus atmet die Weite und Barmherzigkeit Gottes, seine Liebe zur Welt, sein Mitgehen und sein Ankommen. Wer dem Evangelium wirklich begegnet, der erfährt den Ruf in die Nachfolge Jesu, dem wird - in Gemeinschaft mit anderen - Erneuerung eröffnet. 7. Kirche ist dazu da, Gottes Welt- und Menschenliebe unter allen Menschen lebendig zu erhalten und glaub-würdig zu machen. Sie - und jede Gemeinde - hat einerseits für die Welt ein anschauliches Zeichen zu sein für ein erlöstes Leben aus dem Glauben und soll andererseits ein Werkzeug sein, das für einzelne wie für Gemeinschaften ein sinnvolles Leben im Frieden mit Gott und miteinander fördert. Die Gesamtkirche ist primär und unvertretbar verantwortlich für die Gemeinschaft der Teilkirchen und so aller Getauften. Die Gemeinde ist primär und unvertretbar verantwortlich für die Evangelisierung und Sammlung der Menschen am Ort. Sie hat den Glauben am Ort zu bewähren. 8. Das, was Kirche ist und soll, nennen wir das Grund-Amt. Am Grundamt hat jeder/jede Getaufte teil und ist von Gott selbst dazu ermächtigt. Nur weil es das Grundamt gibt, können spezielle Ämter existieren. Die Grundaufgaben von Gemeinde kann man mit folgenden Worten inhaltlich angeben: Martyria: Glauben teilen - Koinonia: Gemeinschaft haben - Diakonia: leben helfen - Leiturgia: den Glauben feiern. -29. Jeder Mensch ist Individuum und hat somit seine charakteristischen Begabungen; diese macht der Heilige Geist für den Aufbau von Kirche und Gemeinde verfügbar und so zu Geistesgaben (Charismen). Der Grund eines jeden speziellen Charismas muß nach Paulus die Liebe sein, die an Jesu entgrenzter Liebe Maß nimmt. Charismen müssen entdeckt, zugelassen, gefördert und koordiniert werden.. 10. Daher ist gegenwärtig besonders an den in der Gemeinde vorherrschenden Formen von Beziehungsgestaltung und von Kommunikation zu arbeiten. Es gilt, die ungleichen Beziehungen (patriarchale und hierarchische Formen) möglichst auf gleichberechtigte hin zu verändern und die „paritätische Kommunikation“ (O. Fuchs) zu üben. Erst dann kommen die von Gott geschenkten Gaben zum Zug und können für den Gemeindeaufbau und die Bewährung des Evangeliums heute fruchtbar werden. 11. Näherhin ist - als Ergänzung zur vorhandenen Pastoral die mystagogische Pastoral zu üben. Ihr Ausgangspositionen sind: - Gott selber ist der Bauherr der Kirche. Kirche wird primär vom Geist „geboren“, sekundär von Menschen geplant. - Gott ist im Leben eines jeden Menschen geheimnisvoll gegenwärtig. Wie er mit der Welt eine Heilsgeschichte hat, so geht er mit jedem Menschen eine persönliche Liebesgeschichte ein. - Jeder und jede Getaufte hat die Kompetenz, die Spuren Gottes im eigenem Leben zu bezeugen. Mystagogische Pastoral wird also primär dem Erzählen und Deuten der Erfahrungen der Christen mit ihrem Gott Raum geben. Auf diese Weise kommen die Menschen so zusammen, daß sie die mystagogischen Fragen zu stellen lernen: Was will mir Gott? Was schenkt er mir und was mutet er mir zu? Was ist meine Berufung in Kirche und Welt? Wem Antworten geschenkt werden, der kann prophetisch reden. 12. Dieser theologische Hintergrund erklärt die Ziele und Methoden des Projektes Gemeindeerneuerung. - Weg zu sich selbst - Weg zur Gemeinschaft - Weg zu Gott 2