Arbeit, Energie, Impuls und Erhaltungssätze

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Arbeit, Energie, Impuls und Erhaltungssätze
Die Einführung von physikalischen Größen, für die ein Erhaltungssatz gilt,
liefert sehr leistungsfähige Strategien zur Berechnung von physikalischen
Vorgängen.
In der klassischen Mechanik ist die Gesamtmasse eines abgeschlossenen
Systems erhalten.
Für die anderen bisher verwendeten Größen (Ort, Geschwindigkeit,
Beschleunigung, Kraft) gilt kein Erhaltungssatz.
Es werden daher zusätzliche Größen (Energie, Impuls) definiert, für die ein
Erhaltungssatz gilt. Die Erhaltung dieser Größen in abgeschlossenen
Systemen kann aus Newtons Axiomen im mathematischen Sinne bewiesen
werden.
88
Arbeit
Wir definieren
 
W = ∫ F ⋅ ds
Kurve
Die Arbeit ist eine skalare Größe. Sie kann positiv und negativ sein. Wenn

F die Kraft ist, die auf den Körper A einwirkt und von Körper B ausgeht,
dann verricht der Körper B die Arbeit W am Körper A. Wenn die Kraft auf
Körper A von einem Feld ausgeht, dann verrichtet das Feld die Arbeit am
Körper A.
Spezialfall: Ist die Kraft ortsunabhängig und verläuft der Weg gradlinig, dann
gilt vereinfacht
 
W = F ⋅s
Arbeit = Kraft * Weg
89
Die Arbeit ist eine skalare Größe. Sie wird aus zwei Vektoren mit Hilfe des
Skalarproduktes berechnet.
Das Skalarprodukt ist eine im Vektorraum definierte Operation.
Das Skalarprodukt berücksichtigt nur die Komponente des einen Vektors,
die in die Richtung des anderen Vektors zeigt, multipliziert mit dem
Betrag des anderen Vektors.
   
F ⋅ s = F|| s

F⊥ trägt nicht zur Arbeit bei.
   
F ⋅ s = F s cos α

F
α

F⊥

F||

s
In kartesischen Koordinaten:
 
F ⋅ s = ( Fx , Fy , Fz ) ⋅ ( s x , s y , s z ) = Fx s x + Fy s y + Fz s z
90
Allgemeiner Fall:
Ortsabhängige Kräfte, krummlinige Verschiebung in einem Kraftfeld
Die Verschiebung muss in kleine Stücke zerlegt werden.
Die Arbeit wird für jedes Stück berechnet und aufsummiert.
 
W = ∑ F ⋅ ∆s
Grenzübergang zu ∆s → 0 liefert

∆s

F
Weg
 
W = ∫ F ⋅ ds
Kurve
Spezialfall:
Zeigt die Kraft entlang des gesamten Weges in Richtung des Weges und
ist ortsunabhängig, dann gilt vereinfacht
W =Fs
Arbeit = Betrag der Kraft * Länge des Weges
91
Zusammenhang der physikalischen Arbeit mit dem Alltagsbegriff „Arbeit“.
Physische Anstrengung wird als mechanische Arbeit empfunden. Muskeln
verbrennen Nährstoffe (Umsatz von ADP), wenn sie angespannt werden.
Da ADP auch verbraucht wird, wenn der Muskel angespannt ist, ohne seine
Länge zu ändern, empfinden wir auch statische Muskelkräfte als
anstrengend, obwohl keine physikalische Arbeit verrichtet wird.
Beispiel:
Anheben einer Masse gegen die Gravitationskraft verrichtet physikalische
Arbeit.
Halten einer Masse mit Muskelkraft gegen die Gravitationskraft verrichtet
keine physikalische Arbeit, ist aber trotzdem anstrengend. Der Muskel setzt
dabei Nährstoffe um, ohne mechanische Arbeit im physikalischen Sinne zu
verrichten.
91b
Zum Anheben einer Masse hat man viele Möglichkeiten: z.B. Flaschenzug.

F

s

F

s

F
Versuch: Flaschenzug

s
Will man die Kraft verkleinern, muss man
einen größeren Weg in Kauf nehmen.
Beispiel 2: schräge Luftkissenschiene:

F

F

s

s
91c
Wegabhängigkeit der Arbeit
Beispiel: schiefe Ebene mit Reibung

r2

F

∆s

r1


Die verrichtete Arbeit ist für jeden eingeschlagenen Weg zwischen r1 und r2
unterschiedlich.
In diesem Fall hilft die physikalische Arbeit nicht weiter, um einen
Erhaltungssatz mit mechanischen Größen zu formulieren. (Es müsste
die Reibungswärme mit einbezogen werden).
92
Konservatives Kraftfeld
Beispiel: schiefe Ebene ohne Reibung (konstante Kraft)

r2

∆s

F

r1
Wenn die verrichtete Arbeit unabhängig vom Verlauf des Weges zwischen


zwei beliebigen Punkten r1 und r2 ist, nennt man das Kraftfeld konservativ.
Hier zählt nur die Aufwärtskomponente des Weges, d.h. die Komponente
der Verschiebung in Richtung der Kraft.
93
Äquivalente Definition:
Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn die verrichtete Arbeit entlang jeder
geschlossenen Kurve gleich Null ist.
 
∫ F ⋅ ds = 0
Anschaulich ist auch folgende äquivalente Formulierung:
Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn in jedem Punkt die Wirbelstärke
gleich Null ist.
Die Wirbelstärke wird mit dem Operator

rot F berechnet.
In einem Wirbelfeld wird auf einer
geschlossenen Bahn Arbeit verrichtet.
Aus dem Gravitationsgesetz lässt sich herleiten, dass das Gravitationsfeld
ein konservatives Kraftfeld ist.
94
Potentielle Energie
Voraussetzung: konservatives Kraftfeld. Die verrichtete Arbeit hängt nur von


Startpunkt r1 und Endpunkt r2 ab, nicht vom Wegverlauf dazwischen.
Die Arbeit, die man am Körper verrichten muss, um ihn vom Startpunkt
 
zum Endpunkt gegen die Kraft des Kraftfeldes F (r ) zu verschieben ist
gegeben durch

r2
 
W = − ∫ F ⋅ ds

r1
 
Hierbei ist die Kraft − F (r ) relevant, die notwendig ist, um die Kraft des
 
Feldes F (r ) zu kompensieren, sodass eine Verschiebung und keine
Beschleunigung erfolgt.
Ziel ist es nun, dem Körper an jedem Raumpunkt eine potentielle Energie
zuzuordnen. Dazu ist die Wahl eines Nullpunktes notwendig. Die potentielle
Energie an einem Referenzpunkt wird dazu auf Null festgelegt.
95a
Wählt man den Startpunkt als Referenzpunkt, kann man jedem Ort eine
potentielle Energie zuordnen. Wir definieren:

r
 

Epot ( r ) = − ∫ F ⋅ ds

rRef

Befindet sich der Körper am Ort r dann kann das Feld auf dem Weg von

r zurück zum Referenzpunkt die Arbeit

W = Epot (r )
 

am Körper verrichten (Beachte Kraft F (r ) und Rückweg − ds ).


Auf einem beliebigen Weg von r2 nach r1 verrichtet das Feld am Körper
die Arbeit


W = Epot (r2 ) − Epot (r1 )
95b
Praktische Berechnung von Wegintegralen
Der Weg wird parametrisiert. Dabei wird oft ein Parameter verwendet, der
keine physikalische Bedeutung hat
ξ . Es kann aber auch eine physikalische
Größe sein (z.B. die Zeit, ein Winkel, etc.)



dr '
Epot (r ) = − ∫ F (ξ ) ⋅
dξ
dξ
ξ1
ξ2

r ' ist der Ortsvektor auf dem Weg bei ξ
Beispiel: halbkreisförmiger Weg mit Winkel α als Parameter



dr '
Epot (r ) = − ∫ F (α ) ⋅
dα
dα
0
π

r
α

rref
95c
Potentielle Energie im Gravitationsfeld einer Punktmasse
(Ort der felderzeugenden Masse am Nullpunkt des Koordinatensystems)

 
mm r
FG ( r ) = −γ 1 2 2
r r
Potentielle Energie bzgl. Referenzpunkt im Unendlichen


m1 m2 r ′  

Epot (r ) = − ∫  − γ
 ⋅ ds
2

r′ r′ 
r∞ 

r
Wahl eines bestimmten Weges: direkter Weg entlang des Radiusvektors.
Als Parameter für den Weg verwenden wir den Abstand vom Ursprung r ′


Epot (r ) = ∫  γ
∞
r
mit


m1 m2 r ′  dr ′
dr ′
⋅
2
r ′ r ′  dr ′

 dr ′  
= r ′ ⋅ er = r ′
r′⋅
dr ′
95d
folgt
r
 m1 m2  ′
dr
Epot ( r ) = ∫  γ
2 
r′ 
∞
Man erhält:
r
Epot ( r ) = γ m1 m2 ∫
∞
1
dr′
2
r′
r
 1
Epot ( r ) = γ m1 m2  − 
 r ∞
1 1 
Epot ( r ) = −γ m1 m2  − 
r ∞
Ergebnis: Potentielle Energie im Gravitationsfeld:
m1 m2
Epot ( r ) = −γ
r
95e
Potenzial:
Die potentielle Energie ist immer auf einen bestimmten Körper bezogen.
Um die Eigenschaften des Körpers von den Eigenschaften des Feldes zu
trennen, führen wir das Potenzial ein. Wir definieren das Gravitationspotenzial:

r

  
ϕ (r ) = − ∫ g (r ) ⋅ ds

rRef
 
Mit der Gravitationsfeldstärke g (r )
Das Gesamtpotenzial von mehreren Einzelmassen ist die Summe der
Einzelpotenziale → Superpositionsprinzip
Aus dem Potenzial kann man die potentielle Energie eines Körpers in dem
Feld leicht berechen


E pot (r ) = mϕ (r )
96
denn

r

r

rRef

rRef
 
 


Epot (r ) = − ∫ F ⋅ ds = − ∫ mg ⋅ ds = mϕ (r )
Potentielle Energie und Potenzial haben den Vorteil, dass sie skalare Gössen
sind. Das Potenzial ist sozusagen ein skalares Feld
ϕ ( x, y , z )
Trotzdem kann man die Feldstärke wieder aus ihnen berechnen.
Das Gravitationspotenzial einer Punktmasse m ist gegeben durch

ϕ (r ) = −γ
m
r
96b
Potenzial von einer Masse
y
ϕ
x
97
Potenzial von zwei gleichgroße Massen
y
ϕ
x
98
Potenzial von zwei Massen m1/m2 = 5/1
y
ϕ
x
99
Potenzial von drei Massen
y
ϕ
x
100
Berechnung der Feldstärke aus dem Potenzial:

 
g (r ) = −grad ϕ (r )
Gradient in kartesischen Koordinaten:
 ∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ 
grad ϕ ( x, y , z ) = 
,
,

 ∂x ∂y ∂z 
analog Berechnung der Kraft aus der potentiellen Energie:
 

F (r ) = −grad Epot (r )
Der Gradient gibt Richtung und Betrag der Steigung eines skalaren Feldes an.
Vorstellung:
Potentielle Energie = Berglandschaft → Gradient zeigt bergauf

Kraft wirkt bergab = − grad Epot ( r )
101

r
Potentielle Energie an der Erdoberfläche (im Alltag).

r

FK
 

Epot ( r ) = − ∫ FG ⋅ ds

rRef
 = Fußboden (Referenzhöhe)
rRef

rRef

∆s

FG
h
Die Kraft ist in guter Näherung konstant = mg und wirkt immer senkrecht
Epot ( h ) = m g h
h vom Fußboden aus gemessen (h << rErde).
Einheit der Energie und der Arbeit:
1 Joule = 1 Newton * 1 Meter
1 J = 1 N m = 1 kg m2 / s2
Einheit kann auf die bekannten Einheiten zurückgeführt werden.
102
Vergleich:
Feld einer Punktmasse M
Gravitationsfeld im Labor
Kraft:

 
Mmr
F ( r ) = −γ 2
r r
 
F ( r ) = (0, 0, − mg )
Feldstärke:

 
M r
g ( r ) = −γ 2
r r
 
g ( r ) = (0, 0, − g )
Pot. Energie:
Potenzial:

Mm
Epot ( r ) = −γ
r

M
ϕ ( r ) = −γ
r
Bezugspunkt im Unendlichen,
M am Koordinatenursprung

Epot ( r ) = m g z

ϕ (r ) = g z
Bezugspunkt bei z=0,
z-Koordinate zeigt nach oben
102b
Auf dem Weg zu einem Erhaltungssatz müssen wir eine weitere Energieform
definieren, die kinetische Energie eines Körpers.
Ekin
1 2
= mv
2
Wir beweisen nun auf der Basis von Newtons Axiomen, dass die Summe aus
potentieller und kinetischer Energie aller Körper in einem abgeschlossenen
System erhalten ist.
E ges = ∑ Epot + ∑ Ekin
i
i
Dazu betrachten wir ein kleines Zeitintervall und berechnen die Änderung der
Gesamtenergie in diesem Zeitintervall
dEges
dt
=∑
i
dEpot
dEkin
+∑
dt
dt
i
103
dE ges
dt
=∑
i≠ j
d
(miϕ j ) + ∑ d
dt
i dt
( m v )
1
2
2
i
2  
Es gilt immer: v = v ⋅ v und die potentielle Energie ändert sich sowohl
durch die Bewegung von Teilchen j als auch Teilchen i.


 
d
r

dri 

 1 d(vi ⋅ vi ) 
j 


= ∑  mi grad rjϕ j ⋅
+ ∑  mi grad ri ϕ j ⋅  + ∑  m


dt
dt  i ≠ j 
dt  i  2
dt 
i≠ j 
dE ges
Anwenden der Produktregel im letzten Term liefert

 
 
dri 

= ∑  mi grad ri ϕ j ⋅  − ∑ Fij ⋅ vi + ∑ mai ⋅ vi
dt
dt  i ≠ j
i≠ j 
i
dE ges


Anwenden des zweiten Newtonschen Axioms mai = ∑ Fij liefert
j

 
 
dri 

= ∑  mi grad ri ϕ j ⋅  − ∑ Fij ⋅ vi + ∑ Fij ⋅ vi
dt
dt  i ≠ j
i≠ j
i≠ j 
dE ges
103b
Die letzten beiden Terme heben sich gegenseitig auf.

 
 
dri 

= ∑  mi grad ri ϕ j ⋅  − ∑ Fij ⋅ vi + ∑ Fij ⋅ vi
dt  i ≠ j
dt
i≠ j
i≠ j 
dE ges


Wegen des dritten Newtonschen Axioms Fij = − F ji gilt mi grad ri ϕ j = −m j grad rjϕi
Außerdem sind hier nur solche Geschwindigkeiten relevant, die den Abstand
der Teilchen i und j ändern. Dies geschieht symmetrisch. Daher gilt
drj
dri
= −m j grad rjϕi ⋅
mi grad ri ϕ j ⋅
dt
dt
Daher heben sich die Terme in der ersten Summe paarweise gegenseitig auf.
dri 

= ∑  mi grad ri ϕ j ⋅  = 0
dt
dt 
i≠ j 
dE ges
Damit ist bewiesen, dass die Gesamtenergie eines Systems aus Körpern
erhalten ist.
E ges = const.
103c
Einzelner Körper in statischem Gravitationsfeld
Bewegt sich ein einzelner Körper in einem Gravitationsfeld und ist die
Rückwirkung des Körpers auf das Feld so klein, dass sie vernachlässigt
werden soll, dann ist die Summe aus potentieller und kinetischer Energie
des Körpers konstant. Beweis:
dEges
dt
dE ges
dt
=
dEpot
=
d
(mϕ ) + d
dt
dt
dt
+
dEkin
dt
( m v )
2
1
2
Umschreiben mit der Kettenregel liefert

dr d 1  2
= m gradϕ ⋅ +
2 mv
dt
dt dt

dE ges
 dr
 
= m(− g ) ⋅ + ma ⋅ v
dt
dt
dE ges
(
)
104
Damit folgt
dE ges
dt
 
 
= −mg ⋅ v + ma ⋅ v = 0
und zusammen mit Newtons Aktionsprinzip schließlich die Energieerhaltung
für den Körper im statischen Gravitationsfeld.
E = Epot + Ekin
Die Erhaltung der Summe aus potentieller und kinetische Energie gilt nur in
der Punktmechanik. Ausgedehnte Körper haben zusätzliche Freiheitsgrade,
die Energie tragen können (Rotation, innere Freiheitsgrade).
104b
Beispiel zu einzelnem Körper in statischen Gravitationsfeld
Fadenpendel:
Epot = m g h
Epot = m g h
h
Ekin =
1
m v2
2
Die Rückwirkung des Pendels auf das Feld der Erde ist sehr klein. Daher ist
die Summe aus potentieller und kinetischer Energie der Kugel erhalten
Eges
1
= mgh + m v 2 = const
2
104b
Die Energieerhaltung ist praktisch, um den Betrag der Geschwindigkeit
zu berechnen, ohne die genaue Bahnkurve berechnen zu müssen.
freier Fall
Pendel
Epot = m g h
Epot = m g h
Epot = m g h
Ekin =
h
1
m v2
2
Ekin =
1
m v2
2

In beiden Fällen erhält man aus dem Energiesatz den gleichen Wert v
Beim Fadenpendel wirken zusätzliche Kräfte (Zwangskräfte), die die
Richtung von

v ändern, aber keine Arbeit verrichten. Korrekterweise
rechnet man mit einer generalisierten Koordinate q entlang der gebogenen
Bahn. Dann gilt:
1  dq 
E = m g h( q ) + m  
2  dt 
2
105
Beispiel: Planetenbewegung bei ortsfester Sonne (ohne Rückwirkung des Planeten)
E = Epot + Ekin = −γ
2
m1 m2
1
+ m2 v
r
2
Bei Kreisbewegungen bleibt r konstant → Epot ist konstant
→ Ekin ist konstant →

v ist konstant.
Bei elliptischen Bahnen wird Epot und Ekin ineinander umgewandelt
In kartesischen Koordinaten:
E = −γ
m1 m2
x2 + y2 + z2
1
2
2
2
+ m2 ( v x + v y + v z )
2
Berechnung auf dem Computer:
Wahl verschiedener Anfangsbedingungen.
x0 = 150.0 109 m
y0 = 0 m
vx0 = 0 vy0 = 29747 m/s
(Kreis)
x0 = 150.0 109 m
y0 = 0 m
vx0 = 0 vy0 = 15000 m/s
(Ellipse)
106
Die Energieerhaltung ist von grundlegender Bedeutung in der Physik.
In der theoretischen Physik wird gezeigt, dass Sie aus der
Translationsinvarianz der Zeit folgt.
Noether-Theorem: Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie eines physikalischen
Systems gehört eine Erhaltungsgröße.
In der theoretischen Physik werden u.a. alternative Axiomensysteme
verwendet, die auf der Erhaltung der Energie basieren.
Bei ausgedehnten Körpern müssen weitere Energieformen berücksichtigt
werden (Rotationsenergie, Wärmeenergie, elastische Energie). Felder können
nicht nur potentielle Energie tragen sondern Energie auch als Wellen
transportieren.
Der Energieerhaltungssatz gilt nur in Inertialsystemen.
Der Begriff „Energieverbrauch“ im Alltag bedeutet, dass Energie in
Wärmeenergie umgewandelt wird und aus thermodynamischen Gründen
keine Rückumwandlung möglich ist.
107
Massenerhaltung
In einem abgeschlossenen System bleibt die Masse erhalten.
Anmerkungen zur Relativitätstheorie:
Die Relativitätstheorie verknüpft beide Erhaltungssätze durch den
Zusammenhang:
E = m c2
Energie und Masse können ineinander umgewandelt werden.
Speicherung der kinetischen Energie im bewegten Körper erfolgt als Masse.
Eges =
m0 c 2
1− v2 c2
= m0 c 2 + Ekin = m c 2
Massenzunahme eines Sprinters:
5 ·10 -14 kg
Kinetische Energie der Erde entspricht: 3 ·10 +16 kg
Die vergrößerte Masse unterliegt nun der Trägheit.
108
Das Gravitationsfeld hat eine Energiedichte
2
g
E
=−
V
8π γ
Die potentielle Energie eines Systems von Massen ist in der Feldenergie
gespeichert. Gravitationswellen können Energie transportieren.
Die Feldenergie ist einer Masse proportional E = m c 2 die wiederum
Gravitation verursacht.
Dieser Effekt erklärt die Periheldrehung des Merkur (Rosettenbahn).
Periheldrehung pro Jahrhundert in Bogensekunden:
Experiment:
5600,7 ± 0.4
Berechnete Drehung durch andere Planeten:
5557,6 ± 0.2
Differenz:
43,1 ± 0.6
Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie:
43,0
109
Impuls
Suche nach einer weiteren Erhaltungsgröße:
Versuch Luftkissenschiene:

v1
m1
m2

v2
Es wirken innere Kräfte (Feder) im abgeschlossenen System.
Offensichtlich wird die Gesamtgeschwindigkeit nicht erhalten.
Aber für das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit finden wir
experimentell:


m1 v1 + m2 v2 = const.
Wir definieren daher den Impuls eines Körpers


p = mv
110
„Impuls“ ist uns aus der Alltagserfahrung wenig vertraut.
Im Sprachgebrauch heißt es soviel wie „Anstoß“. Der physikalische Begriff
kommt vermutlich aus der Beobachtung bei Stößen.
Die Impulserhaltung ist wie die Energieerhaltung grundlegend in der Physik.
Die vektorielle Summe aller Impulse in einem abgeschlossenen System
wird als Vektor erhalten.


p ges = ∑ mi vi = const.
i
Beweis auf der Basis von Newtons zweitem und drittem Axiom:

dp ges



dvi
= ∑ mi
= ∑ mi ai = ∑ Fij = 0
dt
dt
i
i
i≠ j


Wegen Newtons drittem Axiom Fij = − F ji heben sich die Summanden
paarweise auf und die Summe ergibt Null. Damit ist der Gesamtimpuls eine
Konstante (konstanter Vektor).
111
vorher

p

m1v1
nachher
interne
Kräfte
wirken

p
Stellt man den Vektor des Gesamtimpulses in einem Koordinatensystem dar,
wird jede der 3 Komponenten des Vektors für sich erhalten.
Die vektoriellen Impulse eines Systems können sich auch zu Null addieren,
obwohl sich die Teilchen bewegen. Dann wird der Gesamtimpuls Null
erhalten.
Der Impulserhaltungssatz gilt nur in Inertialsystemen.
Der Impulserhaltungsatz gilt auch für ausgedehnte Körper in dieser Form.
Innere Freiheitsgrade spielen keine Rolle.
112
Versuch „Billiard“:
Energie- und Impulserhaltungssatz sind hilfreich, um Aussagen über
den Bewegungszustand nach einer Wechselwirkung zu machen,
ohne die Bahnen der Massen während der Wechselwirkung zu kennen.
Beide Erhaltungssätze zusammen reichen nur in einfachen Fällen, um alle
Bewegungsgrößen zu berechnen.
113
Ursprüngliche Form des Newtonschen Aktionsprinzipes
Newton hat ursprünglich sein Aktionsprinzip mit dem Impuls formuliert.
Heute schreiben wir
 d p
F=
dt
114
Die Masse eines Körpers ist in der klassischen Mechanik konstant, daher folgt

 d p d (mv )

dv
F=
=
=m
= ma
dt
dt
dt
In der Relativitätstheorie nimmt die Masse mit der Geschwindigkeit zu:
m=
m0
1 − v2 c2
der relativistische Impuls lautet

p=
m0
1 − v2 c2

v
Die zur Beschleunigung notwendige Kraft ist



 dm 
v
d

dv
dm
dv
v +m
F=
v +m
= 
dt
dt
d v dt
dt
115
In der Newtonschen Mechanik ist der Term
dm 
v immer gleich Null.
dt
Korrekterweise wird mit Körpern und deren Masse gerechnet. Auch der
Impuls wird auf Körper bezogen. Wird Masse ausgetauscht, dann muss ein
zusätzlicher Körper dafür eingeführt werden.
Gedankenexperiment:

v

v

v

v

v

v
In dem Gedankenexperiment wird Masse vom oberen zum unteren Körper
ausgetauscht. Diese Masse muss als dritter Körper betrachtet werden und
nimmt ihren Impuls mit. Für alle drei Körper gilt
dm 
v =0
dt
116
Gedankenexperiment: Radfahrer im Mückenschwarm:
Die Mücken bleiben am Radfahrer kleben.
Die Masse des Radfahrers erhöht sich um dm pro Zeitintervall dt.
Die Kraft zur Beschleunigung des Radfahrers beträgt:

 dm 
dv
F=
v +m
dt
dt
Hier ist der erste Term der Impulsübertrag auf die Mücken (Beschleunigung
der Mücken von 0 auf v). Das Resultat sieht nur so aus, als käme es aus der
Produktregel angewendet auf das Aktionsprinzip. Die Kraft berechnet sich
anders in einem bewegten Inertialsystem.
117
Versuch Rakete:
Rakete ändert ihre Masse durch den Ausstoß von Treibstoff.
Berechnung im Bezugssystem Erde.
Im Zeitintervall dt stößt die Rakete die Masse dm mit
Relativgeschwindigkeit
  
u = vT − vR
aus.


Der Impulsübertrag auf den Treibstoff ist d p = d mT u
Die Kraft auf die Rakete (Gegenkraft) ist also


dp
d mT 
=−
F= −
u
dt
dt
Sie wirkt gegen die Gewichtskraft und beschleunigt die Rakete
mR

vR
d mT

vT



d vR
− mR g
F = mR
dt
Gleichsetzen liefert

d vR
1 d mT  
=−
u+g
dt
mR d t
Beachte:
d mT = −d mR
118
Lösen der Differentialgleichung durch Integration:

d vR
1 d mR  
=
u+g
dt
mR d t

t
t
d vR
1 d mR  
′
∫0 dt′ dt = ∫0 ( mR (t′) dt′ u + g ) dt′



v R ( t ) − v R ( 0) = u
m(t )
t

1
′
d mR + ∫ g d t ′
∫
m′R
m( 0)
0

 

vR (t ) − v0 = u ( ln mR (t ) − ln m0 ) + g t

  mR ( t ) 
+ gt
vR (t ) = v0 + u ln
m0
Endgeschwindigkeit hängt nur von der Ausstoßgeschwindigkeit u, vom
Verhältnis Nutzlast / Startmasse und von der Gesamtzeit ab.
119
Stoßgesetze (Anwendung des Impuls- und Energieerhaltungssatzes)
Elastischer Stoß:
keine Kräfte

v1
Keine Anregung
innerer Freiheitsgrade
der Körpers
keine Kräfte

u1

v2

u2
Inelastischer Stoß:
keine Kräfte

v1
Anregung
innerer Freiheitsgrade
der Körpers
keine Kräfte

u1

v2

u2
120
Für elastische und inelastische Stöße gilt die Impulserhaltung, wenn
man sich auf die Schwerpunkte der Körper bezieht:




m1v1 + m2v2 = m1u1 + m2u2
für elastische Stöße gilt zusätzlich die Energieerhaltung
1
1
1
1
2
2
2
2
m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2
2
2
2
2
bei inelastischen Stößen wird mechanische Energie in innere Freiheitsgrade
(z.B. Wärme) der Körper transferiert.
Es gilt nur noch die Ungleichung
1
1
1
1
2
2
2
2
m1 v1 + m2 v2 > m1 u1 + m2 u2
2
2
2
2
121
Elastische Stöße:
Zentraler Stoß (eindimensionale Bewegung)
Es gelten beide Erhaltungssätze
m1v1 + m2v2 = m1u1 + m2u2
1
1
1
1
2
2
2
2
m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2
2
2
2
2
zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten u1 und u2 . Auflösen liefert:
v1 ( m1 − m2 ) + 2m2v2
u1 =
m1 + m2
v2 ( m2 − m1 ) + 2m1v1
u2 =
m1 + m2
122
Spezialfälle zum zentralen elastischen Stoß:
1. Massen der Kugeln sind gleich:
u1 = v2
,
u2 = v1
Geschwindigkeiten vertauschen sich.
2. Gleiche Massen und zweite Kugel ruht vor dem Stoß:
u1 = 0 ,
u2 = v1
erste Kugel ruht nach dem Stoß und maximaler Energieübertrag erfolgt.
3. Zweite Masse ist unendlich groß und ruht:
u1 = −v1 ,
u2 = 0
Masse eins wird reflektiert, kein Energieübertrag, maximaler Impulsübertrag
∆p = m1u1 − m1v1 = −2m1v1
123
Versuch: Stöße mit Waagen auf Luftkissenschiene
v1 = v
m1 = m
v2 = 0
m2 = m
v1 = v
m1 = m
⇒
⇒
u1 = 0
u2 = v
u1 = −v
123a
v1 = v
m1 = m
v2 = 0
m2 = 2m
v1 = v
m1 = 2m
v2 = 0
m2 = m
⇒
⇒
v1 ( m1 − m2 ) + 2m2v2
1
u1 =
= − v
m1 + m2
3
v2 ( m2 − m1 ) + 2m1v1
2
u2 =
= + v
m1 + m2
3
v1 ( m1 − m2 ) + 2m2v2
1
u1 =
= + v
m1 + m2
3
v2 ( m2 − m1 ) + 2m1v1
4
u2 =
= + v
m1 + m2
3
123b
Versuch: Kugelreihe mit und ohne Klebewachs
n1mv1 = n2 mv2
Impulserhaltung
1
1
2
2
n1mv1 = n2 mv2
2
2
Energieerhaltung
Beide Gleichungen sind erfüllt, wenn gilt
n1 = n2
, v1 = v2
Inelastischer Stoß:
Klebewachs führt zu Verlust von mechanischer Energie (inelastischer Stoß).
Kleine Geschwindigkeiten aller Kugeln werden bevorzugt, da Ekin
bei gleichem Impuls kleiner ist, als bei wenigen schnellen Kugeln.
124
Komplizierter als vermutet:
2m v1 = 2mu1 + mu2 + mu3
2 12 m v12 = 2 12 mu12 + 12 mu22 + 12 mu32
Aus den Erhaltungssätzen ergibt sich
2m
m m
2v1 = 2u1 + u2 + u3
2v12 = 2u12 + u22 + u32
Quadrieren der ersten Gleichung:
4v12 = 4u12 + u22 + u32 + 4u1u2 + 2u2u3 + 4u1u3
Abziehen der zweiten Gleichung:
v12 = u12 + 2u1u2 + u2u3 + 2u1u3
Es gibt unendlich viele mögliche Kombinationen der Endgeschwindigkeiten.
Das Ergebnis hängt vom konkreten Ablauf des Stossprozesses ab.
124a
Dezentraler Stoß (dreidimensionale Bewegung)
Es gelten beide Erhaltungssätze mit vektoriellen Geschwindigkeiten.




m1v1 + m2v2 = m1u1 + m2u2
 2 1  2 1
 2
1  2 1
m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2
2
2
2
2
In Komponentenschreibweise:
m1v1 x + m2v2 x = m1u1 x + m2u2 x
m1v1 y + m2v2 y = m1u1 y + m2u2 y
Jede Komponente des Impulses wird
für sich erhalten
m1v1z + m2v2 z = m1u1z + m2u2 z
1
1
1
1
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
m1 (v1x + v1 y + v1z ) + m2 (v2 x + v2 y + v2 z ) = m1 (u1x + u1 y + u1z ) + m2 (u2 x + u2 y + u2 z )
2
2
2
2
4 Gleichungen mit 6 Unbekannten u1x , u1y , u1z , u2x , u2y , u2z .
Ergebnis hängt von der Geometrie des Stoßes ab. → Berechnung der Bahnen
125
Dezentraler Stoß im Schwerpunktsystem
Wahl des Koordinatensystems führt zur Vereinfachung.
Jedes Inertialsystem ist zur Beschreibung physikalischer Vorgänge geeignet
(siehe nächster Abschnitt).
Gradlinig-gleichförmig bewegte Koordinatensysteme sind Inertialsysteme.
Schwerpunkt (Massenmittelpunkt).
Definition: Der Punkt

1
rS =
M

∑ mi ri
Gesamtmasse:
i
M = ∑ mi
i
heißt Schwerpunkt.
Der Gesamtimpuls eines abgeschlossenen Systems wird erhalten,





pges = ∑ mi ri = M rS = M vS = pS
i
also bewegt sich der Schwerpunkt gradlinig-gleichförmig.
Er ist Ursprung eines Inertialsystems.
126
Der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem ist Null, da der Schwerpunkt
nun im Ursprung ruht. Für zwei Teilchen gilt:
 


p1 + p2 = m1v1 + m2v2 = 0

m1u1


p1 = m1v1


p2 = m2v2

m2u2
Die kinetische Energie wird beim elastischen Stoß erhalten:
 2 1  2 1
 2
1  2 1
m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2
2
2
2
2




mit
und
folgt
m1 u1 = m2 u2
m1 v1 = m2 v2
(hier ohne Rechnung),
dass sich nur die Richtung der Geschwindigkeiten ändert (Impulsübertrag),
aber beide Massen jeweils ihre kinetische Energie beibehalten.
Bei drei Teilchen kann auch Energie ausgetauscht werden.
127
Inelastischer Stoß im Schwerpunktsystem:
Der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem ist Null

∑ pi = 0
i
Durch Energieumwandlung wird die kinetische Energie kleiner.
Nach dem Stoß muss immer noch gelten:

∑ pi′ = 0
i
Aber die einzelnen Beträge der Impulse können kleiner sein.
Im Extremfall können alle Einzelimpulse Null werden.
Umwandlung der gesamten kinetischen Energie der Relativbewegungen.
Vom anderen Koordinatensystem aus gesehen: Die „Schwerpunktenergie“
bleibt übrig:
1  2
E S = M vS
2
128
Stöße an Wänden:
Das System ist nicht abgeschlossen. Äußere Kräfte der Wand.
1. elastisch:
Die Wand bleibt in Ruhe, also kein Energieübertrag auf die Wand.
1
2
mv = mu
2
1
2
⇒
2
 
v =u
Keine Kräfte parallel zur Wand
mv|| = mu||

u

v
Folglich: mv⊥ = − mu⊥
2. inelastisch:
1
2
mv > mu
2
1
2
2
⇒
 
v >u
Keine Kräfte parallel zur Wand
mv|| = mu||
Folglich: mv⊥ > − mu⊥

u

v
129
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