Mithraismus - Figure B

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Mithraismus
oder höhlenartig in Fels gehauen. Die Zeremonien fanden
allerdings nicht öffentlich statt. Wie die übrigen Mysterienkulte der griechisch-römischen Welt kreiste auch der
Mithraismus um ein Geheimnis, das nur Eingeweihten
enthüllt wurde. Bei Eintritt in den Kult wurde jedes neue
Mitglied zum strengsten Stillschweigen verpflichtet. Deshalb gründet sich unser Wissen über den Mithraismus
nur auf die Beschreibungen außenstehender Chronisten
und auf die zahlreich erhaltenen Bildwerke der MithrasHeiligtümer.
Der Mithraismus erfreute sich vor allem unter den römischen Legionären großer Popularität, umfasste jedoch
Fresko mit Stiertötungsszene aus dem Mithräum in Marino, 2. auch sonstige Staatsdiener, Kaufleute und sogar Sklaven.
Dagegen waren Frauen strikt ausgeschlossen. Die Orgaoder 3. Jahrhundert
nisation des Kults bestand aus sieben Weihestufen oder
Der Mithraismus oder Mithraskult war ein seit dem Initiationsebenen, die der Gläubige bei seinem Aufstieg
1. Jahrhundert n. Chr. im ganzen Römischen Reich ver- durchlief.
breiteter Mysterienkult, in dessen Zentrum die Gestalt Da so gut wie keine literarischen Nachrichten über den
des Mithras stand. Ob diese Gestalt mit dem iranischen Mithraskult (sofern es solche überhaupt gegeben hat) erGott oder Heros Mithra identifiziert oder aus ihr abge- halten sind, beruhen alle heutigen Überlegungen über seileitet werden kann, wie bis zur Mitte des 20. Jahrhun- nen Inhalt und seine Formen auf bildlichen Darstellunderts noch allgemein angenommen wurde, ist ungewiss, gen, die keine erklärende Beischrift tragen, und Inschrifdenn der römische Mithraskult weist in seiner Mytho- ten, die meist lediglich aus kurzen Widmungsworten belogie und religiösen Praxis deutliche Unterschiede zur stehen. Daher muss bei allen heutigen Deutungen und vor
indisch-iranischen Mithra-Verehrung auf. Somit ist heu- allem bei allen allzu stringenten Darstellungen ein hohes
te umstritten, ob sich der römische Mithraskult aus ei- Maß an Spekulation in Rechnung gestellt werden.
ner Seitenströmung des Zarathustrismus oder eigenständig entwickelt hat.
Während die Göttergestalt Mithra in Kleinasien seit dem 1 Die Stiertötungsszene
14. Jahrhundert v. Chr. belegt ist, wird der römische Mithraismus erstmals vom römischen Dichter Statius († 96)
erwähnt. Die ältesten Mithräen stammen aus der Mitte
des 2. Jahrhunderts, die spätesten aus der Mitte des 5.
Jahrhunderts. Seinen Höhepunkt erreichte der Kult Ende
des 2. Jahrhunderts und im 3. Jahrhundert, nachdem sich
Kaiser Commodus (180–192) ihm angeschlossen hatte.
Die Verbindung zum Sonnengott Sol wurde dabei im
Laufe der Zeit immer enger, bis Mithras und Sol schließlich oft verschmolzen. Als Sol Invictus Mithras wurde der
Gott so besonders seit Aurelian von zahlreichen Kaisern
verehrt, so auch noch vom jungen Konstantin I. (306–
337). Mit der Durchsetzung des Christentums im Römischen Reich verschwand der Mithraismus jedoch innerhalb weniger Generationen und geriet in fast vollständige
Vergessenheit, bis er in der Neuzeit durch archäologische
Relief mit Stiertötungsszene aus Heidelberg-Neuenheim, 2. JahrFunde wiederentdeckt wurde.
hundert
Der Mithraskult war zu seiner Blütezeit im ganzen Römischen Reich verbreitet. Die Mithras-Heiligtümer wurden Das Hauptmotiv auf Mithrasdenkmälern, Reliefs und
Mithräen genannt und waren oft unterirdisch angelegt Wandmalereien in Mithräen, die so genannte Tauroktonie
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MÖGLICHE URSPRÜNGE
Ebenfalls werden in der Stiertötungsszene fast immer
zwei Fackelträger namens Cautes und Caut(e/o)pates
dargestellt, wobei ersterer die Fackel nach oben und
letzterer die Fackel nach unten hält. Diese symbolisieren die Tagundnachtgleichen: Cautes mit der erhobenen
Fackel symbolisiert die Frühlings-Tagundnachtgleiche,
Caut(e/o)pates mit der gesenkten Fackel die HerbstTagundnachtgleiche. Die Fackelträger sind wie Mithras
gekleidet und haben ihre Beine gekreuzt, was möglicherweise den Schnittpunkt des Himmelsäquators mit der Ekliptik am Frühlings- und Herbstpunkt symbolisiert.
Statue mit Stiertötungsszene, Vatikanische Museen
oder Stiertötungsszene, zeigt Mithras beim Töten eines
Stieres. Nach der mithräischen Mythologie hat Mithras
diesen Stier verfolgt, eingefangen und auf seinen Schultern in eine Höhle getragen, wo er ihn zur Erneuerung
der Welt opfert. Aus dem Blut und Samen des Stiers regenerieren sich die Erde und alles Leben. Möglich sind
hier mythologische Querverbindungen zum Himmelsstier
Mesopotamiens und des Gilgamesch-Epos.
Mithras wird als Jüngling dargestellt und ist mit einer römischen Tunika und einer phrygischen Mütze bekleidet.
Er kniet in der Stiertötungsszene mit einem Bein auf dem
Rücken des Stiers. Mit dem anderen Bein stemmt er sich
ab, mit der linken Hand reißt er den Kopf des Stieres nach
hinten und mit der rechten Hand tötet er das Tier durch
einen Dolchstoß in die Schulter. Dabei wendet Mithras
sein Gesicht vom Stier ab, ähnlich wie Perseus beim Töten der Medusa. Die Innenseite von Mithras’ Mantel ist
oft wie ein Sternenhimmel dekoriert.
Außer Mithras und dem Stier sind auf der Tauroktonie
eine Reihe anderer Gestalten abgebildet: eine Schlange, ein Hund, ein Rabe, ein Skorpion sowie manchmal
ein Löwe und ein Kelch. Die Deutung dieser Gestalten ist umstritten: während der belgische Mithrasforscher
Franz Cumont in seinen Publikationen von 1896 und
1899 darin Gestalten aus der altiranischen Mythologie
sah, deuteten andere Forscher vor allem in neuer Zeit diese als Sternbilder. Dabei entspricht der Stier dem Sternbild Stier, die Schlange dem Sternbild Wasserschlange,
der Hund dem Sternbild Kleiner Hund, der Rabe dem
Sternbild Rabe und der Skorpion dem Sternbild Skorpion.
Der Löwe entspricht dem Sternbild Löwe und der Kelch
entweder dem Sternbild Becher oder Wassermann. Am
Nachthimmel zeigen die Plejaden im Sternbild Stier die
Stelle an, an der der Dolch von Mithras in die Schulter
des Tieres eindringt.
Die Ära der Stiertötungsszenen deutet der USamerikanische Religionshistoriker David Ulansey
mit der – damals allerdings noch unbekannten – langsamen Bewegung des Himmelsäquators. Im 2. und 1.
Jahrtausend v. Chr. lag der Frühlingspunkt noch im
Sternbild Stier (ab dem 1. Jahrhundert im Widder, heute
in den Fischen). Die Tötung des Stieres symbolisiere das
Ende dieses Zeitalters.
2 Mögliche Ursprünge
Die Römer selbst glaubten, dass der Mithraskult aus
Persien stamme, und diese Annahme teilten auch die
meisten Religionshistoriker bis zur Zweiten Internationalen Mithraskonferenz von 1975. Es wurde angenommen,
dass die Römer den iranischen Kult um Mithra übernahmen und adaptierten (ähnlich wie im Falle der ägyptischen Isis); heute ist man vielfach deutlich vorsichtiger. Zweifelsohne ist „Mithras“ die hellenisierte Form des
Namens „Mithra“, und viele Elemente des Mithraskults
sind mit der iranischen Kultur verbunden. Zum Beispiel
gibt es den mithräischen Weihegrad „Perser“, und Mithras selbst trägt in der Ikonografie das Gewand eines Persers. Jedoch zeichnet sich der römische Mithraskult durch
Merkmale aus, die dem iranischen Kult um Mithra völlig fehlen: die Weihestufen, die Geheimhaltung der Glaubenslehre, die Betonung der Astronomie, die höhlenartigen Tempel und die Stiertötungsszene. Das Motiv der
Stiertötung existiert zwar in der altiranischen Mythologie
(wie auch in vielen anderen antiken Kulturen). Aber es
gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der iranische Lichtund Bündnisgott Mithra irgendetwas mit einer Stiertötung zu tun hatte. Laut Plutarch (um 100 n. Chr.) wurde
der Mithraskult von Seeräubern aus Kilikien den Römern
überliefert; nicht wenige Forscher nehmen daher an, der
römische Mysterienkult um Mithras habe seine Wurzeln
im hellenistischen Kleinasien, wo sich iranische und griechische Elemente vermischt hätten.
David Ulansey vertritt dagegen seit 1989 die These, dass
der römische Stiertötungsgott Mithras gar nicht auf dem
altiranischen Mithra basiere, sondern vielmehr eine Verbindung zum Gott und Sternbild Perseus habe. Möglicherweise gehe die Entstehung des Mithraskults auf
den Perseuskult in Tarsos zurück: Der griechische Astronom Hipparch hatte um 128 v. Chr. die bedeuten-
3
de Entdeckung gemacht, dass das Koordinatensystem
der Fixsternsphäre nicht unverrückbar fest steht, sondern
insgesamt eine langsame Umwälzung, die Präzession,
durchführt. Gemäß heutiger astronomischer Auffassung
ist die Präzession eine langperiodische Taumelbewegung
der Erdachse, deren Zyklus 25.920 Jahre dauert. Von
den damaligen Astrologen wurde sie als Kippbewegung
des Himmelsäquators beobachtet, dessen Schnittpunkte
mit der Ekliptik (Frühlings- und Herbstpunkt) sich langsam nach Osten verschoben. Hipparchs Entdeckung zeigte, dass der Frühlingspunkt – der damals im Sternbild
Widder stand und im 1. Jahrhundert in das Sternbild
Fische überging – sich 2000–3000 Jahre früher im Sternbild Stier befunden haben musste.
Es war, so Ulansey, naheliegend, den Untergang des
„Stierzeitalters“ durch die Tötung eines Stieres zu symbolisieren. Bei den Stoikern, die traditionell ein großes Interesse an Astrologie, Astralreligion und astronomischen
Zyklen hatten, war es üblich, ein göttliches Wesen als die
Quelle aller Naturkräfte anzusehen. Da die Präzession
(scheinbar) die gesamte Fixsternsphäre bewegt, musste
der ihr zugrunde liegende Gott mächtiger als die Götter
der Sterne und Planeten sein. So ist die Entstehung eines Kultes um diesen „neu entdeckten Gott“, der offenbar die größte Macht über den gesamten Kosmos hatte,
plausibel. Dabei bot sich laut Ulansey der Gott Perseus
besonders an, die Stiertöterfigur darzustellen, da sich sein
Sternbild genau oberhalb des Sternbilds des Stiers befindet. Da Perseus aufgrund seines Namens mit Persien assoziiert wurde, ist es denkbar, dass er durch den einer iranischen Gottheit, Mithra, ersetzt wurde. Zudem herrschte damals in Kleinasien der König Mithridates VI. Eupator, dessen Name „von Mithra gegeben“ bedeutet und der
seine Abstammung (in mystischer Weise) auf Perseus zurückführte. Auch durch diesen Umstand könnte Perseus
mit Mithra assoziiert worden sein. Ulanseys Hypothese
wurde in der Forschung intensiv diskutiert und fand Zustimmung und Ablehnung; Kritiker merkten an, viele seiner Annahmen seien rein spekulativ. Allgemein durchgesetzt hat sich seine Hypothese daher keineswegs.
3 Mithras als Sonnengott
Viele antike Abbildungen zeigen Mithras gleichrangig
mit dem Sonnengott Helios bzw. Sol oder als Sieger über
den sich ihm unterwerfenden Sol/Helios. Mithras führte
später immer öfter den Beinamen Sol invictus, d. h. „unbesiegter Sonnengott“, wohl um auszudrücken, dass er
die Rolle des neuen Kosmokrators (Beherrscher des Kosmos) übernommen hatte, die vorher Helios besaß. Dennoch ist Mithras nicht einfach identisch mit Sol und war
ursprünglich auch keine Sonnengottheit.
Auch der iranische Gott Mithra war Jahrhunderte zuvor
schon oft mit der Sonne gleichgesetzt und als Sonnengott
verehrt worden.
4 Der löwenköpfige Gott
In der mithrischen Kunst wird häufig auch eine andere
Göttergestalt dargestellt, deren Name und Bedeutung unklar ist. Sie stellt eine nackte, aufrecht stehende Menschenfigur mit Löwenkopf dar, um deren Leib sich spiralförmig eine Schlange windet. Möglicherweise stellt auch
diese Figur eine von Mithras unterworfene Macht dar,
ähnlich wie Perseus die Gorgo/Medusa besiegte. Es wird
vermutet, dass der löwenköpfige Gott die Ordnung des
Kosmos in seiner Gesamtheit symbolisiert. Eine ähnliche, ebenfalls geflügelte und schlangenumwundene Gestalt ist der aus dem Dionysoskult stammende Aion oder
Phanes. Außerdem wird die zoroastrische Verkörperung
des negativen Prinzips, Ahriman, der Widersacher des
Schöpfergottes Ahura Mazda, löwenköpfig und von einer
Schlange umwunden dargestellt.
5 Initiationsgrade
Vor allem in der deutschsprachigen Forschung hat hingegen die auf Reinhold Merkelbach zurückgehende Hypothese, der Mithraismus sei eine unter Kaiser Vespasian in
Rom von einem unbekannten Stifter begründete Religion
gewesen, die sich lediglich einen orientalischen Anstrich
gegeben habe, um altehrwürdig zu erscheinen, zahlreiche
Anhänger.
Festzuhalten bleibt daher letztlich, dass es so gut wie keine allgemein als gesichert angesehenen Erkenntnisse zu
den Ursprüngen des römischen Mithraskultes gibt, obwohl in der Literatur teils anderes suggeriert wird.
Mithräum von Santa Maria Capua Vetere nahe Neapel
Die sieben Initiationsstufen oder Weihegrade des Mithraismus sind:
1. Corax (Rabe)
4
7 DAS ENDE DES MITHRAISMUS
2. Nymphus (Bräutigam)
3. Miles (Soldat)
4. Leo (Löwe)
5. Perses (Perser)
6. Heliodromus (Sonnenläufer)
6.2 Stieropfer
Die in der älteren Forschung weit verbreitete Ansicht, im
Mithraskult sei ein Stier geopfert (oder das Taurobolium
vollzogen) worden, konnte durch die Archäologie nicht
bestätigt werden: Die Knochenfunde, die bisher analysiert
wurden, enthalten keine Stierknochen.
7. Pater (Vater)
6.3 Mahl
Diese Weihegrade wurden auch den sieben Wandelgestirnen Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Sonne und
Mond zugeordnet und waren nach Kelsus eine Metapher
für die Reise der Seele durch die Planetensphären zum
Licht, zu den Fixsternen.
6
Riten
Da der Mithraskult keine Textquellen hinterlassen hat,
sind polemische Darstellungen christlicher Autoren fast
die einzige Quelle für die rituellen Handlungen der Mithrasanhänger. Einige wenige Informationen gibt auch
Porphyrios in De antro nympharum. Die Reliefs aus den
Mithräen sind in dieser Hinsicht nur sehr vorsichtig zu benutzen. Hinweise auf Riten gibt ferner die Archäologie,
etwa durch Funde von Tierknochen oder Kultgeräten.
Die in der älteren Forschung oft beobachtete Gleichartigkeit mithräischer und christlicher Riten (besonders auf
das „Kultmahl“ bezogen) hat zur Annahme eines historischen Zusammenhangs geführt. Die Beobachtungen beruhen hauptsächlich auf den Schilderungen christlicher
Schriftsteller, die solche Zusammenhänge sehr bewusst
in eigenem Interesse herstellen. Sowohl Justin als auch
(hier wohl auf Justin beruhend) Tertullian behaupten, bei
den Mithrasmysterien handele es sich um vom Teufel
initiierte Imitationen christlicher Sakramente. Entsprechend dürfte eine Angleichung der paganen Riten an diese These stattgefunden haben; sie ist etwa auch nachzuweisen bei Firmicus Maternus.
6.1
Initiation
Entgegen älteren Ansichten ist über die Initiationsriten
des Mithraskultes so gut wie nichts bekannt. Ein Relief
aus Capua belegt möglicherweise einen Brotritus; Tertullian spricht von einer „Darbringung von Brot“. Porphyrios
nennt Honigriten bei der Einweihung in den Grad des Löwen. Justin vergleicht Eucharistie und die Initiationszeremonien des Mithraskultes; in diesem Kontext berichtet
er, Brot und Wasser würden unter Ausspruch bestimmter
Formeln gereicht. Tertullian berichtet, dem Mithrasanhänger werde ein Kranz angeboten, den dieser abzulehnen habe mit den Worten „Mithras ist mein Kranz“. Die
Initiationsreliefs aus Capua können die Ansicht teilweise
bestätigen, dass mit der Initiation gewisse Torturen verbunden waren.
Das nach der Stiertötung häufigste Motiv der mithräischen Reliefs zeigt Sol und Mithras beim gemeinsamen
Mahl. Gelegentlich wird deutlich, dass dabei das Fleisch
des Stieres gegessen wird. Die Mithrasanhänger haben
anscheinend ihr Gemeinschaftsmahl vor diesem Hintergrund verstanden. Reliefs aus S. Prisca legen den Eindruck nahe, dass die Träger der höchsten Grade (Pater
und Heliodromus) auf einer besonderen Bank (die auch in
Capua archäologisch bezeugt ist) die Rollen von Mithras
und Sol einnahmen. Unklar ist aber, ob die anderen Mitglieder der Gemeinde zum gleichen Zeitpunkt aßen, ob
also jedes Gemeinschaftsmahl diese Form hatte oder dies
nur ein einmaliger Ritus war. Die Vermutung, dass Brot
und Wein beim Mahl Fleisch und Blut des Stieres symbolisierten, ist naheliegend. Reliefs zeigen auch Trauben
und Fische als Gegenstand des Mahls. In Tienen (Belgien) sind Überreste eines großen Festmahls gefunden worden, das nicht im begrenzten Kreis der Besucher der Mithrasgrotte stattgefunden haben kann. Offenbar war zumindest hier die Teilnahme auch Nichtmitgliedern möglich. Es ist unklar, ob dem Mahl eine kultische Bedeutung
zukam.
6.4 Dramatisierung des Mythos
Wenn das Mahl der Mithrasanhänger so gehalten wurde, wie es Mithras und Sol getan haben, lässt es sich als
ein „Nachspielen“ bzw. eine „Reaktualisierung“ des Mythos im Ritual begreifen. Weitere Beispiele dafür finden
sich auf dem Mainzer Mithrasgefäß (in der Deutung von
Roger Beck): Der Pater wiederholt den Pfeilschuss, mit
dem Mithras Wasser aus einem Fels quellen ließ. Der Heliodromus imitiert – nach Beck – den Lauf der Sonne
(des Sonnengottes Sol). Es habe sich also nicht um einen Mythos, sondern um eine Doktrin gehandelt. In der
engen Beziehung von Mythos und Ritual kann man eine
Gemeinsamkeit von Mithrasmysterien und Christentum
sehen.
7 Das Ende des Mithraismus
Anders als das Christentum wurde der Mithraskult
im Römischen Reich zunächst nicht verfolgt. Kaiser
Aurelian (römischer Kaiser von 270 bis 275) machte den
Kult des Sol Invictus, welcher im Einklang mit dem Mi-
5
thraismus stand, sogar kurzzeitig zur Staatsreligion. Der
Mithraismus war allerdings nie ein öffentlicher Kult des
Römischen Reiches und erlebte trotz seiner starken Verbreitung keine staatliche Unterstützung. Erst 391, als das
Christentum durch Kaiser Theodosius I. zur Staatsreligion wurde, wurde die Ausübung anderer Religionen
bei Todesstrafe verboten. Als Folge davon ging der Mithraismus offenbar innerhalb kürzester Zeit unter. Ansprechend ist die These von Reinhold Merkelbach, dass
der Mithraismus als Religion der Loyalität zum Kaiser
mit dessen Hinwendung zum Christentum einfach seinen
Gegenstand verloren habe.
9 Literatur
• Manfred Clauss: Mithras. Kult und Mysterium. Philipp von Zabern Verlag, Darmstadt 2012, ISBN 9783-8053-4581-1.
• Ines Klenner: Breaking news! Meldungen aus der
Welt des Mithras. In: Utere felix vivas. Festschrift für
Jürgen Oldenstein. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 208, Bonn 2012, S. 113–
127.
• Thorsten Fleck: Isis, Sarapis, Mithras und die Ausbreitung des Christentums im 3. Jahrhundert. In: K.P. Johne, Th. Gerhardt, U. Hartmann (Hrsg.): Deleto paene imperio Romano. Transformationsprozesse
des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre
Rezeption in der Neuzeit. Stuttgart 2006, S. 289–314.
• Roger Beck: The Religion of the Mithras Cult in the
Roman Empire. Mysteries of the Unconquered Sun.
Oxford University Press, Oxford 2006
• Anders Hultgård: Remarques sur les repas cultuels
dans le mithriacisme, in: Christian Grappe (Hrsg.):
Le repas de Dieu. Das Mahl Gottes, Tübingen 2004,
S. 299–324.
Mithras-Altar aus Gimmeldingen, im Historischen Museum der
Pfalz, Speyer
Die Mehrzahl der ergrabenen Mithräen wurde einfach
aufgelassen, die gefundenen Kultbilder weisen meist keine Anzeichen willkürlicher Zerstörung auf. Wo über Mithräen christliche Kirchen gebaut wurden (z. B. Rom, Sa.
Prisca und S. Clemente), ist dies am ehesten auf die Eigentumsverhältnisse zurückzuführen und die aufgelassenen Mithräen sind lediglich durch die Baumaßnahmen
beschädigt worden.
Das 1926 in Gimmeldingen bei Neustadt an der
Weinstraße entdeckte Mithras-Heiligtum stammt laut
Weiheinschrift von 325. Seine Reste sind heute im
Historischen Museum der Pfalz zu Speyer ausgestellt und
gehören laut dortiger Inschrift zu der jüngsten, bisher im
Römischen Reich bekannten Mithras-Kultstätte.
8
Mithraismus und Christentum
→ Hauptartikel: Mithraismus und Christentum
Von manchen Religionswissenschaftlern werden Parallelen zwischen dem Mithraismus und dem Christentum,
und insbesondere zwischen der Figur des Mithras und
Jesus Christus aufgeführt.
• Roger Beck: Ritual, Myth, Doctrine, and Initiation in
the Mysteries of Mithras: New Evidence from a Cult
Vessel”, In: Journal of Roman Studies 90 (2000), S.
145–180.
• Michael Schütz: Hipparch und die Entdeckung der Präzession. Bemerkungen zu David
Ulansey, Die Ursprünge des Mithraskultes, in:
ejms = Electronic Journal of Mithraic Studies,
Volltext
• David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults.
Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart
1998, ISBN 3-8062-1310-0.
• Reinhold Merkelbach: Mithras. Ein iranischrömischer Mysterienkult. Weinheim 1994², ISBN
3-89547-045-7.
• Gerd Gropp (Hrsg.). Zarathustra und die MithrasMysterien. Katalog der Sonderausstellung des Iran
Museum im Museum Rade. Reinbek bei Hamburg
(31. März–27. Juni 1993). Edition Temmen. Bremen 1993, ISBN 3-86108-500-3.
• Roger Beck: Mithraism since Franz Cumont, In:
Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Bd. II
17, 4 Berlin 1984, S. 2002–2115
• R. A. Turcan: Mithra et le mithriacisme, 1981.
• Elmar Schwertheim: Mithras. Seine Denkmäler und
sein Kult. Feldmeilen 1979. (Antike Welt, Sondernummer 10)
6
10 WEBLINKS
• J. P. Kane: The Mithraic cult meal in its Greek and
Roman environment, in: John R. Hinnells (Hrsg.):
Mithraic Studies. Proceedings of the First International Congress of Mithraic Studies. 2 Bände. Manchester 1975, Bd. 2, S. 313–351.
• Maarten J. Vermaseren: Mithriaca I. The Mithraeum at S. Maria Capua Vetere, Leiden 1971.
• Maarten J. Vermaseren: Mithras. Geschichte eines
Kultes. Stuttgart 1965.
• Maarten J. Vermaseren: Corpus inscriptionum et monumentorum religionis Mithriacae. Den Haag 1956–
1960.
• St. Wikander: Études sur les mysthères de Mithra,
1950.
• Franz Cumont: Les religions orientales dans le paganisme romain, 1929
• Franz Cumont: Les mystères de Mithra, 1913
• Franz Cumont: Textes et monuments figurés relatifs
aux mystères de Mithra, I–II, 1896–1899.
10
Weblinks
Commons: Mithraismus – Sammlung von Bildern,
Videos und Audiodateien
• Mithraismus. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.):
Encyclopædia Iranica (englisch, inkl. Literaturangaben)
• Zentrale für Unterrichtsmedien: Mithras, der persische Lichtgott
• Astronomische Vereinigung Karlsruhe: Astronomische Grundlagen des Mithraskults (PDF-Datei; 34
kB)
• Javad Parsay: Mithrakult in Iran und in Europa
• David Ulansey:The Cosmic Mysteries of Mithras
(englisch)
• Maria Weiß: Mithras, der Nachthimmel. Eine Dekodierung der römischen MIthras-Kultbilder …
(deutsch)
• Manuchehr Jamali und Gita Yegane Arani-May:
Mithras, Hintergründe des Mithraismus und seiner
persischen Wurzeln: Was bedeutet das mithraistische Symbol des erhobenen Stierschwanzes mit der
dreiteiligen Ährenkrone? … (deutsch)
• Ecole initiative: Mithraism (englisch)
• David Fingrut: Mithraism, The Legacy of the Roman Empire’s Final Pagan State Religion (englisch)
• Salomon Reinach, La morale du Mithraïsme, Cultes,
mythes et religions, t. II, Éd. Ernest Leroux, Paris,
1906
7
11
11.1
Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen
Text
• Mithraismus Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mithraismus?oldid=144073500 Autoren: Wst, Weitbrecht, Jed, Aka, DF5GO, Irmgard, Crux, Seewolf, Robodoc, Maclemo, Dominik~dewiki, Geof, Zwobot, D, Southpark, Robbot, Thomas Ihle, Robert Huber, Rdb,
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