Baustoffchemie

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Bauwesen
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Baustoffchemie
In dieser neuen Auflage des bewährten Klassikers „Baustoffchemie“ werden die
wichtigsten Grundzüge der Chemie für Bauingenieure und Architekten so beschrieben, dass sich dieses so wichtige Feld für den Leser einfach und systematisch
erschließt.
Durch eine Vielzahl von Grafiken und Fotos werden die Zusammenhänge verständlich erklärt und veranschaulicht. So lernt der Leser gut strukturiert und auf das
Wesentliche konzentriert die Herstellung, die Eigenschaften und die Anwendung der
wichtigsten Baustoffe und bauchemischen Produkte kennen.
Über die materialtechnischen Eigenschaften hinaus werden die Baustoffe dabei
auch hinsichtlich ihrer ökonomischen und ökologischen Aspekte behandelt.
Besonders zu empfehlen ist dieses Buch all denjenigen, die die Grundzüge der
Baustoffkunde und Bauchemie während ihres Bachelor- oder Masterstudiums erstmals kennenlernen.
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Henning/Knöfel/Stephan Baustoffchemie
Bauchemie anschaulich und verständlich. Wer Bauschäden diagnostizieren, beseitigen oder von vornherein vermeiden möchte, muss die chemischen Zusammenhänge
der Baustoffkunde verstehen.
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Begründet von Otto Henning und
Dietbert Knöfel
Weitergeführt von Dietmar Stephan
Baustoffchemie
Eine Einführung für Bauingenieure
und Architekten
7., vollständig überarbeitete Auflage
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22.10.2013 13:43:59
Inhalt
1
Allgemeine Grundlagen für die
Baustoffchemie ..................................... 1
3
Chemie der metallischen Baustoffe ...... 53
3.1
Eisen und Stahl .................................... 53
1.1
Stoffe .................................................... 2
3.2
Nichteisenmetalle ................................ 57
1.2
1.2.1
1.2.2
1.2.3
1.2.4
Atombau und chemische Bindung .......... 2
Bau der Atome....................................... 2
Periodensystem der Elemente ................ 5
Bindungsarten und Wertigkeiten............ 7
Festigkeit chemischer Bindungen ........ 13
3.3
3.3.1
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
Zustand der Stoffe ............................... 13
Gasförmiger und flüssiger Zustand ...... 13
Fester Zustand .................................... 14
Phasengleichgewichte ......................... 20
Mischphasengleichgewichte................ 21
Grundlagen der Elektrochemie ............. 58
Elektrolytische Dissoziation und
Elektrolyse ........................................... 58
Elektrische Leitfähigkeit ....................... 60
Elektrochemische Potenziale und
Spannungsreihen ................................ 61
1.4
1.4.1
1.4.1.1
1.4.1.2
1.4.1.3
Chemisches Reaktionsverhalten .......... 24
Arten chemischer Reaktionen .............. 24
Säure-Base-Reaktionen ....................... 24
Redoxreaktionen ................................. 26
Weitere Einteilungen chemischer
Reaktionen .......................................... 26
Stöchiometrie chemischer
Reaktionen .......................................... 27
Konzentrationsangaben....................... 29
Chemische Gleichgewichte .................. 32
Geschwindigkeit chemischer
Reaktionen .......................................... 33
1.4.2
1.4.3
1.4.4
1.4.5
2
Chemie des Wassers ........................... 35
2.1
Struktur des Wassers .......................... 35
2.2
Bildung des Wassers ........................... 36
2.3
Wasser in Natur und Technik ................ 37
2.4
Härte des Wassers ............................... 37
2.5
Dissoziation und pH-Wert .................... 38
2.6
Dampfdruck von Wasser und
Lösungen ............................................ 43
2.7
Oberflächenspannung von Wasser
und Lösungen ..................................... 44
2.8
Hydratation und Lösung....................... 46
2.9
Disperse Systeme................................ 47
3.3.2
3.3.3
3.4
3.4.1
3.4.2
Metallkorrosion ................................... 64
Chemische Korrosion von Metallen ....... 65
Elektrochemische Korrosion von
Metallen .............................................. 69
3.4.2.1 Grundlagen .......................................... 69
3.4.2.2 Metallkorrosion an der Atmosphäre ...... 71
3.4.2.3 Metallkorrosion im Boden .................... 78
3.4.3
Galvanische Korrosion und
Spannungskorrosion ............................ 81
3.5
3.5.1
3.5.2
Korrosionsschutz ................................. 81
Aktiver Korrosionsschutz...................... 82
Passiver Korrosionsschutz ................... 83
4
Chemie der nichtmetallischanorganischen Baustoffe ..................... 87
4.1
4.1.1
4.1.2
4.1.3
4.1.4
Grundlagen der Chemie der Silikate
und Aluminate ..................................... 87
Siliciumdioxid ...................................... 87
Kieselsäuren und Silikate ..................... 88
Aluminiumoxide und -hydroxide ........... 95
Aluminiumsalze und Aluminate ............ 96
4.2
4.2.1
4.2.2
Chemie der Gesteinsbaustoffe.............. 97
Festgesteine ........................................ 98
Lockergesteine .................................. 100
4.3
Chemie der anorganischen
Bindemittel ........................................ 101
4.3.1
Verfestigungsprozesse....................... 101
4.3.2
Portlandzement ................................. 103
4.3.2.1 Bildung und Zusammensetzung von
Portlandzement ................................. 104
4.3.2.2 Hydratation von Portlandzement ........ 110
4.3.2.3 Betonzusatzmittel .............................. 118
VIII
Inhalt
4.3.4
4.3.5
4.3.6
4.3.7
4.3.8
4.3.9
4.3.10
Zemente mit Zusatzstoffen
(CEM II und CEM III) ............................ 119
Tonerdezemente ................................ 123
Kalke ................................................. 124
Kalksandsteine .................................. 128
Gips und Anhydrit .............................. 128
Magnesiabinder ................................. 132
Wasserglasbinder .............................. 133
Phosphatbinder ................................. 133
5.4
5.4.1
5.4.2
4.4
Chemie der keramischen Baustoffe .... 134
4.5
Chemie der Baugläser ........................ 137
4.6
Chemische Einflüsse auf nichtmetallisch-anorganische Baustoffe
und Korrosionsschutz ........................ 138
GesteinsbaustoffeI Natursteine ........... 138
Betonkorrosion .................................. 141
Lösende Betonkorrosion .................... 143
Treibende Betonkorrosion .................. 146
Beurteilung der Korrosionsmedien ..... 153
Korrosionsschutz des Betons ............. 155
Keramische Baustoffe ........................ 159
Bauglas ............................................. 160
Ausblühungen auf nichtmetallischanorganischen Baustoffen.................. 161
5.6.1
5.6.2
5.6.3
4.3.3
4.6.1
4.6.2
4.6.2.1
4.6.2.2
4.6.2.3
4.6.2.4
4.6.3
4.6.4
4.6.5
5
Chemie der organischen Baustoffe ..... 163
5.1
Grundlagen der Chemie der
Kohlenstoffverbindungen ................... 163
5.2
Chemie der Holzbaustoffe .................. 163
5.3
Chemie der bituminösen Baustoffe ..... 169
5.4.3
Chemie der Kunststoffe...................... 170
Einteilung der Kunststoffe .................. 172
Herstellung, Zusammensetzung
und Anwendung ................................ 172
Beständigkeit der Kunststoffe ............ 177
5.5
Chemie der siliciumorganischen
Baustoffe .......................................... 179
5.6
Chemie der Beschichtungsstoffe,
Klebstoffe und Kitte ........................... 181
Zusammensetzung und Aufgaben ...... 181
Härtung ............................................. 183
Haftung ............................................. 184
6
Bearbeitung baustoffchemischer
Aufgaben .......................................... 187
6.1
Grundlagen der Bearbeitungsprozesse ........................................... 187
6.2
Chemische Untersuchung nichtmetallisch-anorganischer Baustoffe ... 188
Chemisch-analytische Methoden ....... 188
Wässer und Böden ............................. 190
Bindemittel, Mörtel und Betone ......... 193
Natursteine und Betonzuschläge........ 196
6.2.1
6.2.2
6.2.3
6.2.4
6.3
Chemische Untersuchung
organischer Baustoffe........................ 197
6.4
Physikalisch-chemische Untersuchung von Baustoffen .................... 199
Literaturverzeichnis......................................... 203
Stichwortverzeichnis ....................................... 205
24
Allgemeine Grundlagen für die Baustoffchemie
1.4 Chemisches Reaktionsverhalten
H2 O 
H
H 3 O
Chemische Reaktionen sind Vorgänge, die von stofflichen Veränderungen begleitet sind. Unter chemischen Eigenschaften versteht man das Verhalten
eines Stoffes gegenüber anderen Stoffen, d. h. sein
Verhalten bei chemischen Vorgängen. Chemische
Reaktionen sind häufig mit physikalischen Vorgängen, z. B. der Wärmeentwicklung, verknüpft. Chemische Vorgänge werden durch chemische Gleichungen
in abstrakter Form dargestellt, wobei die umgesetzten Wärmemengen wie folgt angegeben werden (hier
frei werdende Wärmemenge; exotherme Reaktion):
Wasser
Proton
Oxoniumion
CaO  H2O a Ca(OH)2 ; H  –67
Da die hier auftretenden Bindungskräfte unterschiedlich stark sind, kommt es zu einem Protonenaustausch (protolytische Reaktionen, Protolyse), der das
Wesen der Säure-Base-Reaktionen ist. Nach
BRØNSTED und LOWRY sind Säuren Verbindungen,
die in ihre wässrigen Lösungen H+-Ionen (Protonen)
abgeben (Protonendonatoren) und damit zur Bildung
von Oxonium-Ionen H3O+ führen, z. B.:
kJ
mol
1.4.1 Arten chemischer Reaktionen
Die chemischen Umsetzungen zwischen den anorganischen Stoffen lassen sich im Wesentlichen in folgende Grundtypen einteilen:
 Säure-Base-Reaktionen
 Redoxreaktionen
 Fällungsreaktionen
 Komplexreaktionen
1.4.1.1 Säure-Base-Reaktionen
Der Typ der Säure-Base-Reaktion beruht auf der Sonderstellung, die das Proton als das kleinste Kation
einnimmt. Die außerordentliche Kleinheit und die
daraus resultierende hohe Ladungsdichte machen
das Proton zu einem chemisch sehr aktiven Teilchen,
das jedoch nie frei existiert, sondern immer an andere Teilchen gebunden ist, z. B.:
Weitere Eigenschaften der Säuren sind: Sie färben
Säure-Base-Indikatoren (Tabelle 1.16), bilden mit
Metallen, Metalloxiden und Metallhydroxiden Salze
(beachte die Ausnahmen!) und bewirken durch ihre
Dissoziation die elektrische Leitfähigkeit ihrer wässrigen Lösungen (meist saurer Geschmack).
Wichtige Beispiele für wässrige Lösungen: HCI Salzsäure, H2SO4 Schwefelsäure, HNO3 Salpetersäure,
H3PO4 Phosphorsäure, H2CO3 Kohlensäure, HF
Flusssäure.
Die kennzeichnende Wirkung von Basen beruht darauf, dass sie aus dem Wasser Protonen aufnehmen
(Protonenakzeptoren) und dadurch einen Überschuss
von Hydroxid-Ionen OH– im Wasser bewirken, z. B.:
Tabelle 1.16 Säure-Base-Indikatoren
Indikatorlösung
0,05 M.-% Methylviolett in H2O
0,04 M.-% Thymolblau in NaOH
0,01 M.-% Methylorange in H2O
0,20 M.-% Lackmus in Ethanol
0,01 M.-% Alizarin in H2O
0,02 M.-% Methylrot in 60 Vol.-%igem Ethanol
0,04 M.-% Bromthymolblau in NaOH
0,04 M.-% Thymolblau in NaOH
0,05 M.-% Phenolphtalein in 50 Vol.-%igem Ethanol
Farbumschlag
zwischen pH-Wert
von–nach
0,0–1,6
1,2–2,8
3,2–4,4
4,4–6,2
4,6–6,0
4,8–6,0
6,0–7,6
8,0–9,6
8,2–10,0
gelb–blau, violett
rot–gelb
rot–gelb
rot–blau
gelb–rot
rot–gelb
gelb–blau
gelb–blau
farblos–rot
25
1.4 Chemisches Reaktionsverhalten
Beispiele:
1. (H3O+ + Cl–)
 (Na  OH–)
a NaCI
Salzsäure
 Natronlauge
a Natrium- + Wasser
chlorid
+ 2 H2O
2. H2CO3  Ca(OH)2 a CaCO3  2 H2O
(Baukalkerhärtung)
2 HNO3  Ca(OH)2  2 H2O
a Ca(NO3)2 4 H2O
(Mauersalpeterbildung)
Die wässrigen Lösungen von Basen werden auch als
Laugen bezeichnet. Weitere Eigenschaften von Laugen sind: Sie färben Säure-Basen-Indikatoren, bilden
mit Säuren Salze und bewirken durch ihre Dissoziation die elektrische Leitfähigkeit ihrer wässrigen
Lösungen, meist seifiger Geschmack.
Wichtige Beispiele für wässrige Lösungen: NaOH
Natronlauge, KOH Kalilauge, NH4OH Ammoniumhydroxid, Ca(OH)2 Calciumhydroxid/Kalkwasser.
Zur Kennzeichnung der Stärke von Säuren und Basen
dient der pH-Wert (Kap. 2.5), der auch mit Hilfe geeigneter Säure-Base-Indikatoren (organische Farbstoffe, die sich in Abhängigkeit vom pH-Wert unterschiedlich färben, s. Tabelle 1.16), gemessen werden
kann. Die Auswirkungen des Protonenaustausches
können sein: Neutralisation, Verdrängungsreaktion,
Hydrolyse.
3. H2SiO3  2 NaOH a Na2SiO3  2 H2O
(Alkali-Kieselsäure-Reaktion)
Verdrängungsreaktionen
Eine Verdrängungsreaktion liegt vor, wenn ein Reaktionspartner einen anderen Stoff durch chemische
Reaktion aus einer Verbindung drängt. Dieser Reaktionstyp tritt bei Säure-Base-Reaktionen häufig auf.
Erläuterung:
Salz einer schwachen Säure + starke Säure a Salz
der starken Säure + schwache Säure
CaCO3
+ 2 HCI a CaCl2 + H2CO3
(zerfällt in H2O + CO2)
Beispiele:
Gibt man so viel Säure zu Lauge (oder umgekehrt),
dass die OH–-Ionen mit den H3O+-Ionen vollständig
reagieren können
1. CaCO3 + H2SO4 + H2O a CaSO4 · 2 H2O + CO2
(Zersetzung von Kalkstein und kalkgebundenem
Sandstein in Industrieatmosphäre)
2. 3 CaCO3 + 2 H3PO4 a Ca3(PO4)2 + 3 H2O + 3 CO2
(Absäuern von Beton)
H3O+ + OH– a 2 H2O
Hydrolyse (Protolyse der Salze)
so bildet sich Wasser, das neutral ist (Neutralisation!) und gleichzeitig ein Salz (zunächst in Lösung).
Das Salz besteht aus dem Basenkation und dem
Säureanion. Salze sind feste Stoffe, die aus Ionen
bestehen und beim Auflösen direkt (ohne Protolyse)
in Ionen zerfallen.
Bezogen auf die Säure-Base-Reaktion ist die Hydrolyse die Umkehrung der Neutralisation und wird
deshalb auch Salzhydrolyse genannt. Sie tritt beim
Lösen von Salzen auf, deren Säuren- bzw. Basenreste sich von schwachen Säuren bzw. schwachen Basen ableiten.
Erläuterung:
Erläuterung:
Neutralisation
Säure
O+
+ Base
a Salz
+ Wasser
+ (Basenkation a (Basenkation + (H3O+
(H3
+ Säureanion)
+ Säureanion) + OH–)
+ OH–)
Salz vom Typ stark/schwach + Wasser a Säure + Base
26
Beispiele:
1. FeSO4 + 2 H2O a Fe(OH)2 + H2SO4
(Teilreaktion, die zur Rostförderung durch Sulfate
beiträgt)
2. CO32– + H2O a HCO3– + OH–
(Teilreaktion, die zur Kalkauflösung und damit
z. B. zu Ausblühungen auf Beton beiträgt)
Allgemeine Grundlagen für die Baustoffchemie
Die Bezeichnung Oxidations- oder Reduktionsreaktion richtet sich nach dem 1. Reaktionspartner. Für
den 2. Reaktionspartner sind dieselben Reaktionen
gerade umgekehrt Reduktions- bzw. Oxidationsreaktionen. Eine Oxidationsreaktion ist z. B.
Fe2+ a Fe3+ + e–
Ein Beispiel für eine Reduktionsreaktion ist z. B.
1.4.1.2 Redoxreaktionen
Cr6+ + 3 e– a Cr3+
Das Wesen der Redoxreaktionen beruht auf dem Austausch von Elektronen zwischen verschiedenartigen
Teilchen. Da das außerordentlich kleine Elektron unter
„chemischen Bedingungen“ nie frei existiert (ähnlich
dem Proton) und seine Bindung an andere Teilchen
unterschiedlich stark ist, kommt es in entsprechenden
Reaktionsmischungen zu Austauschvorgängen, erkennbar an der Änderung der Oxidationszahlen. In der
historischen Entwicklung der Begriffe ist die Oxidation:
 Aufnahme von Sauerstoff
 Abgabe von Wasserstoff
 Abgabe von Elektronen
 Erhöhung der Oxidationsstufe
Die nachfolgenden Beispiele zeigen, dass Redoxreaktionen auch im Bauwesen sehr verbreitet sind.
Der gegenläufige Prozess, die Reduktion, ist:
Abgabe von Sauerstoff
Aufnahme von Wasserstoff
Aufnahme von Elektronen
Erniedrigung der Oxidationsstufe




Wesentlich ist der Zusammenhang, dass das Oxidationsmittel und sein korrespondierendes Reduktionsmittel eine Einheit (Redoxpaar) bilden. Ein Redoxpaar besteht also aus zwei Stoffen, von denen
der eine Elektronen abgeben kann und der andere in
der Lage ist, diese Elektronen aufzunehmen. Bei
einer Redoxreaktion wird stets ein Stoff (Reduktionsmittel) oxidiert (gibt Elektronen ab) und ein anderer Stoff (Oxidationsmittel) reduziert (nimmt Elektronen auf). Oxidation und Reduktion laufen also stets
gleichzeitig ab. Ein Beispiel zeigt Bild 1.27.
4 AI + 3 O2 a 2 AI2O3 (Schutzschichtbildung auf AI an
der Atmosphäre)
4 Fe + 3 O2 + 2 H2O a 4 FeO(OH) (Rosten von Fe)
2 Cu + CO2 + H2O + O2 a Cu2(OH)2CO3 (Patinabildung
auf Kupferoberflächen)
2 FeO + C a 2 Fe + CO2 (eine Reaktion im Hochofenprozess)
CuS + O2 a Cu + SO2 (Rösten von Kupfererz im Verhüttungsprozess)
1.4.1.3 Weitere Einteilungen chemischer
Reaktionen
Unter einer Fällungsreaktion versteht man die Bildung einer im vorliegenden Lösungsmittel (meist
Wasser) schwerlöslichen Verbindung. Die Fällungsreaktion kann formal als die Umkehrung der Auflösung aufgefasst werden, da beide zur gesättigten
Lösung der Verbindung führen.
Beispiele:
Ca(OH)2 + CO2 a CaCO3f + H2O (Ausblühungen auf
Beton)
CI– + AgNO3 a AgClf + NO3– (Chloridnachweis)
Zur quantitativen Behandlung wird das Löslichkeitsprodukt verwendet.
Komplexreaktionen sind chemische Reaktionen, bei
denen Komplexverbindungen auf- oder abgebaut
werden, z. B.
 CuSO4 + 6 H2O a [Cu(H2O)6]2+ + SO42–
 3 CaO · AI2O3 + 6 H2O a Ca3[AI(OH)6]2
 AgCl + 2 NH3 a [Ag(NH3)2]+ + Cl–
Bild 1.27: Beispiel einer Redoxreaktion
27
1.4 Chemisches Reaktionsverhalten
Bild 1.28: Energielagendiagramme exothermer und
endothermer Reaktionen
A = Anfangszustand
E = Endzustand
E‘ = Aktivierungsenergie
Die chemischen Reaktionen werden hinsichtlich der
beteiligten Phasen in homogene Reaktionen (alle
Reaktionspartner in einem Aggregatzustand, insbesondere Lösungs- und Gasreaktionen), z. B.
 CO2 + H2 ⇌ CO + H2O
und heterogene Reaktionen (Reaktionspartner in
verschiedenen Aggregatzuständen), z. B.
 CaCO3 a CaO + CO2↑
eingeteilt. Alle Festkörperreaktionen sowie die meisten Baustoffreaktionen sind heterogene Reaktionen
(PZ-Klinkerbildung, PZ-Erhärtung u. a.). Hinsichtlich
des Wärmeumsatzes kann man chemische Reaktionen in exotherme und endotherme Reaktionen (genauer: exergonisch und endergonisch) einteilen,
d. h. in Reaktionen, bei denen Energie (meist in Form
von Wärme) frei wird, und solche, die während ihres
Ablaufs Energie verbrauchen (benötigen). Siehe dazu
auch Bild 1.28.
Beispiele:
Exotherme Reaktionen:
 CaO + H2O a Ca(OH)2
(Löschen von Branntkalk)
1.4.2 Stöchiometrie chemischer Reaktionen
Die Berechnung der bei chemischen Umsetzungen zu
verwendenden und entstehenden Stoffmengen ist
Gegenstand der Stöchiometrie. Die stöchiometrischen Berechnungen gründen sich auf die Tatsache,
dass jede chemische Gleichung quantitative Aussagen enthält. Durch die quantitative Erfassung chemischer Gleichungen wird es möglich, Ausbeuten zu
berechnen und Reaktionsabläufe rationell zu gestalten. Die Lösung stöchiometrischer Aufgaben geht im
Allgemeinen in drei Schritten vor sich:
 Aufstellung der chemischen Gleichung
 Aufstellung der Massengleichung
 Berechnung mit Hilfe von Verhältnisgleichungen.
Beispiel 5
Wie viel kg Branntkalk können aus 500 kg Kalkstein (als
100 M.-% CaCO3 gerechnet) gewonnen werden?
Lösung:
Aufstellen der dem Vorgang zugrunde liegenden chemischen Gleichung:
CaCO3 a CaO + CO2
H =
kJ
67,0 mol
 6 (3 CaO · SiO2) + 18 H2O a 5 CaO · 6 SiO2 · 5 H2O
+ 13 Ca(OH)2
(Hydratation von Alit)
ist unter einem bestimmten Aspekt, hinsichtlich
bestimmter gesetzmäßiger Zusammenhänge ein
chemischer Prozess. Unter anderen, ebenso objektiven Aspekten kann er aber ein thermischer, mechanischer, elektromagnetischer o. a. Vorgang sein.
Natürlich stehen diese Aspekte miteinander in Zusammenhang, aber das berechtigt nicht dazu, sie
sämtlich ausschließlich der Chemie zuzuordnen,
sondern begründet die notwendige Verbindung der
Chemie zu anderen Wissenschaften und umgekehrt.
kJ
H = 114,5 mol
Aufstellen der Massengleichung:
Zunächst werden die molaren Massen der beteiligten Stoffe
durch Multiplizieren der molaren Atommassen mit der
Anzahl der betreffenden Atome berechnet:
Ca
C
3·O
40,1
12,0
48,0
100,1
Ca
O
40,1
16,0
56,1
C
2·O
12,0
32,0
44,0
Endotherme Reaktionen:
kJ
 CaCO3 a CaO + CO2
H = +178,4 mol
(Brennen von Kalkstein)
kJ
 CaSO4 · 2 H2O a CaSO4 + 2 H2O H = + 30,0 mol
(Brennen von Gipsstein)
molare Massen: CaCO3 = 100,1 mol ; CaO = 56,1 mol ; CO2 =
g
44,0 mol
Wird ein beobachtbarer, konkreter Vorgang als chemische Reaktion identifiziert, so ist dieser damit
keineswegs erschöpfend und vollständig erfasst. Er
Zur Aufstellung der Massengleichung werden die in der
chemischen Gleichung stehenden Mole (z. B. bedeutet das
Symbol CaCO3 : 1 mol CaCO3) mit den dazugehörigen molaren Massen multipliziert:
g
g
28
Allgemeine Grundlagen für die Baustoffchemie
g
g
g
1 mol · 100,1 mol = (1 mol · 56,1 mol ) + (1 mol · 44,0 mol )
Daraus ergibt sich die Massengleichung:
100,1 g = 56,1 g + 44,0 g
Berechnungen mithilfe von Verhältnisgleichungen: in Worten: Aus 100,1 g CaCO3 bilden sich 56,1 g CaO, aus 500 kg
Kalkstein x kg Branntkalk oder
100,1 g : 56,1
g = 500 kg : x
x = 280,2 kg
Es können aus 500 kg Kalkstein 280,2 kg Branntkalk gewonnen werden.
1. Wie viel kg SO2 entstehen täglich in einer Stadt mit
250 000 Einwohnern?
Lösung:
Es werden 3 400 kg S täglich verbrannt [(250 000 · 1 000 ·
0,005) : 365].
S + O2 a SO2
32 g + 32 g = 64 g
32 g : 64 g = 3 400 kg : x kg
x = 6 800 kg SO2
2. Wie viel kg H2SO4 können aus 6 800 kg SO2 entstehen?
Beispiel 6
Lösung:
Wie viel Kilogramm Kalkstein (angenommen als reines
CaCO3) und wie viel Kilogramm Quarzsand (SiO2) sind zur
Bildung von 5 000 kg Tricalciumsilikat erforderlich?
SO2 + H2O + ½ O2 a H2SO4
64 g + 18 g + 16 g a 98 g
Lösung:
64 g : 98 g = 6 800 kg : x kg
3 CaCO3 + SiO2 a Ca3SiO5 + 3 CO2
x = 10 400 kg H2SO4
300,3 g + 60,1 g = 228,4 g + 132,0 g
228,4 g Ca3SiO5 : 300,3 g CaCO3 = 5 000 kg Ca3SiO5 : x
3. Wie viel kg CaCO3 (aus Kalkstein, Beton, Kalkputz,
Kalksandstein u. a.) können von 10 400 kg H2SO4 zersetzt werden?
x = 6 574 kg CaCO3
Lösung:
228,4 g Ca3SiO5 : 60,1 g SiO2 = 5 000 kg Ca3SiO5 : x
CaCO3 + H2SO4 + H2O a CaSO4 · 2 H2O + CO2
x = 1 316 kg Quarzsand
100 g + 98 g + 18 g a 172 g + 44 g
Zur Bildung von 5 000 kg Tricalciumsilikat sind 1 316 kg
Quarzsand und 6 574 kg Kalkstein erforderlich.
100 g : 98 g = x kg : 10 400 kg
Beispiel 7
Anmerkung:
Theoretisch könnten rund 10 000 kg Kalk (CaCO3) in einer
Stadt mit 250 000 Einwohnern täglich zersetzt werden. Der
tatsächliche Wert liegt deutlich niedriger, da z. B. nicht das
gesamte SO2 zu Schwefelsäure oxidiert wird und wesentliche Mengen SO2 weggetragen werden, er bleibt aber erheblich (Umweltverschmutzung – Baustoffzerstörung).
Wie viel kg Kalkhydrat können aus 50 kg Branntkalk gewonnen werden? Wie viel kJ werden dabei freigesetzt (H =
kJ
67 mol )?
Lösung:
CaO + H2O a Ca(OH)2
x = 10 600 kg CaCO3
Massengleichung:
Beispiel 9
56,1 g + 18,0 g = 74,1 g
x = 66 kg Kalkhydrat
1 kg Baugips (Halbhydrat, CaSO4 · ½ H2O) wird mit einem
halben Liter Wasser angemischt. Wie viel Prozent des Wassers werden bei vollständiger Hydratation (Bildung von
Dihydrat) nicht gebunden?
74,1 g : 67 kJ = 66 000 g : x
Lösung:
x = 59 757 kJ
2 (CaSO4 · ½ H2O) + 3 H2O a 2 (CaSO4 · 2 H2O )
56,1 g : 74,1 g = 50 kg : x
Beispiel 8
In einer Großstadt werden etwa 1 000 kg Heizöl pro Einwohner und Jahr (privat und industriell) verbrannt. Leichtes
Heizöl enthält etwa 0,5 M.-% S.
290,4 g Halbhydrat : 54,0 g Wasser = 1 000 g Halbhydrat : x
x = 186 g Wasser (gebunden)
0,5 kg : (0,5  0,186) kg = 100 % : x
x = 62,8 M.-% Wasser (nicht gebunden)
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