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Boris Chavkin
Eine Widerstandsbewegung ist vor allem eine Äußerung der aktiven Ablehnung
eines aggressiven, terroristischen, autoritären oder totalitären Regimes, das der
Gesellschaft und dem Staat die Ideologie der rassen- oder klassenmäßigen
Ausschließlichkeit aufzwingt, die demokratischen Rechte und Freiheiten mit Füßen
tritt und den Frieden gefährdet. Der Widerstand ist der Kampf der Bevölkerung der
okkupierten Gebiete gegen eine ausländische Aggression; er ist eine offene oder
geheime, persönliche oder kollektive, moralisch-ethische, religiöse, ideologische,
wirtschaftliche, politische, militärische Auflehnung gegen das herrschende System,
das von den Widerstandsteilnehmern als verbrecherisch aufgefaßt wird. Die
Teilnahme am Widerstand ist eine hochmoralische Tat, die jedoch von dem
politischen Regime, gegen welches sich der Widerstand richtet, als
Staatsverbrechen beurteilt wird.
Selbstverständlich verlief und verläuft in Deutschland und Rußland, den Ländern,
die im 20. Jahrhundert die furchtbarsten Diktaturen ihrer Geschichte – den
Nationalsozialismus beziehungsweise den Stalinismus – durchlebt haben, die
Überwindung der Vergangenheit unterschiedlich. Dennoch weisen die historischen
Erfahrungen des Widerstands in beiden Ländern viele Gemeinsamkeiten auf: Das
sowjetische kommunistische und das deutsche nationalsozialistische Modell des
Totalitarismus waren, bei all ihren Unterschieden, eng miteinander verbunden.
Deshalb ist die Geschichte des deutschen Widerstands gegen das NS-Regime für
Rußland aktuell von Bedeutung: denn darin spiegeln sich akute Probleme nicht nur
der deutschen, sondern auch der russischen Sicht auf die Vergangenheit.
Die Verschwörung der Deutschen gegen Hitler umfaßte weite Kreise. Daran
beteiligten sich die Träger von verschiedenen politischen und religiösen
Überzeugungen, Beamte, Militärs, Industrielle und Wissenschaftler. Sie wollten das
verbrecherische NS-Regime und seine Anführer beseitigen, um die Rechtsnormen,
die Freiheit und Demokratie wiederherzustellen.
Die Widerstandsbewegung gegen die NS-Diktatur war nie einheitlich, stark und
massenhaft. Doch war sie weit größer, aktiver und vielfältiger, als früher
angenommen. Daran nahmen Konservative, Pazifisten, Kommunisten,
Sozialdemokraten, Liberale, Geistliche, Juden u.a. teil. Aber das war stets der
Widerstand von Minderheiten. Wie der deutsche Historiker Hans Mommsen treffend
sagte, sei es ein „Widerstand ohne Volk“[1] gewesen.
Seit Ende der 30er Jahre hätte Hitler nur auf militärischem Wege gestürzt werden
können; von realer militärisch-politischer Bedeutung war deshalb, bei allem
Respekt vor dem Widerstand der Minderheiten, der Widerstand deutscher Militärs
allein, die mit der konservativen politischen Opposition verbunden waren. Zu dieser
gehörte auch Graf Friedrich-Werner von der Schulenburg (1875–1944).
Ende der 30er bis Anfang der 40er Jahre bildeten sich in Deutschland die
wichtigsten Kerne der Opposition gegen Hitler heraus:
– eine Gruppe von Militärs mit Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben und
Generaloberst Ludwig Beck an der Spitze;
– eine Gruppe in der Abwehrführung unter dem Stabschef der Abwehr Hans Oster;
– eine Gruppe von konservativen Politikern unter Carl Friedrich Goerdeler;[2]
– eine Gruppe von Diplomaten mit Ulrich von Hassel an der Spitze;
– eine Gruppe junger Adliger unter Graf Helmuth von Moltke und Peter Graf Yorck
von Wartenburg („Kreisauer Kreis“);
– andere Vereinigungen des deutschen Widerstands.
Friedrich-Werner von der Schulenburg war sowohl mit der Fronde der Diplomaten
verbunden als auch (durch seinen Neffen Fritz-Dietlof von der Schulenburg,
stellvertretender Polizeipräsident von Berlin) mit dem Kreisauer Kreis, dem
intellektuellen Oppositionszentrum, das in gewissem Maße der prowestlichen
Orientierung Goerdelers kritisch gegenüberstand.
Die Verschwörer beabsichtigten, Hitler noch vor Deutschlands militärischer
Niederlage zu beseitigen. „Wir werden Hitler vernichten müssen, bevor er
Deutschland endgültig ins Verderben stürzt“, sagte Schulenburg im Juni 1943.[3]
Somit untergruben die Verschwörer durch ihre Versuche, das eigene Land vor der
Zerschlagung zu retten, de facto das Fundament der Anti-Hitler-Koalition. Das
notgedrungene Bündnis der westlichen Demokratien mit Stalin beruhte darauf, daß
Hitler ihr gemeinsamer Feind war. Es ist kein Zufall, daß die gegen das Dritte
Reich und seine Satelliten gerichtete Koalition der UdSSR, Großbritanniens, der
USA und anderer Staaten nicht antideutsch und nicht einmal antifaschistisch,
sondern Anti-Hitler-Koalition hieß. Bis zum vollen und endgültigen Sieg brauchte
Stalin, um die Einheit der Alliierten zu erhalten, einen lebendigen Hitler als Symbol
Nazideutschlands. Generalleutnant Pavel Sudoplatov, ehemaliger Leiter der
Verwaltung Aufklärung und Diversion von NKVD-NKGB der UdSSR, schrieb:
„1943 gab Stalin seinen ursprünglichen Plan eines Attentats auf Hitler auf, weil er
befürchtete: Sobald Hitler beseitigt sei, würden die nazi-stischen Kreise und
Militärs versuchen, mit den Alliierten einen separaten Friedensvertrag ohne die
Teilnahme der UdSSR abzuschließen.“[4]
Doch nach dem Überfall Deutschlands auf die UdSSR fielen die militärischen Ziele
der UdSSR, Großbritanniens und der USA einerseits und des deutschen AntiHitler-Widerstands andererseits in vielem zusammen. Die deutschen NS-Gegner
bildeten einen Bestandteil der europäischen Widerstandsbewegung. Die
Verschwörung der Deutschen gegen Hitler trug, objektiv gesehen, zum Sieg der
Anti-Hitler-Koalition bei.
Sowjetische Historiker sperrten sich lange dagegen, diesen offensichtlichen
Sachverhalt zuzugeben:[5] In den Köpfen spukten noch die stereotypen
Einschätzungen der Ereignisse vom 20. Juli 1944: als „Ergebnis der Tätigkeit der
westlichen Geheimdienste“, als „Opposition der massiven Reaktion“ und als
„Versuche, den deutschen Imperialismus vor einer völligen Niederlage zu retten“,
schließlich als „militärisches Komplott nicht nur gegen die UdSSR, sondern auch
gegen das deutsche Volk“.[6]
Dennoch bricht sich die objektive Sicht auf das Problem des deutschen
Widerstands gegen das NS-Regime in der russischen Historiographie Bahn.[7] Die
Ereignisse vom 20. Juli 1944 werden in Rußland immer öfter als Bestandteil des
europäischen antifaschistischen Widerstands gesehen. Hi-storiker betonen, daß
„für die Widerstandsteilnehmer die Situation in Nazideutschland besonders
kompliziert war“, daß „sich die Teilnehmer des innerdeutschen Widerstands einem
dramatischen Dilemma gegenübersahen: entweder zur Niederlage des eigenen
Landes im Krieg beizutragen, um den Sturz des Hitlerismus herbeizuführen, oder
selbständig den Sturz der faschistischen Regierung zu versuchen, um den Frieden
zu schließen und eine nationale Katastrophe abzuwenden“[8].
Was die oft diskutierte Frage nach der „prowestlichen“ (das heißt
„antisowjetischen“) politischen Orientierung der Teilnehmer am 20. Juli 1944
betrifft, so muß man hervorheben, daß sich die an der Verschwörung gegen Hitler
beteiligten deutschen Militärs (ihr bekanntester Vertreter war Claus Schenk Graf
von Stauffenberg), im Unterschied zum sogenannten „zivilen Sektor“ der
Opposition, zu einem großen Teil für die östliche Orientierung einsetzten: für den
Abschluß des Friedens mit der UdSSR und die Wiederaufnahme der deutschsowjetischen Beziehungen. Für sie war das Stalin-Regime kein Hindernis für eine
deutsche Nachkriegs-Demokratie: Schließlich hatte die Weimarer Republik
erfolgreich mit der UdSSR zusammengearbeitet, insbesondere im militärischen
Bereich.
Der „zivile Sektor“ der Organisation, in der Carl-Friedrich Goerdeler die führende
Rolle spielte, orientierte sich an England.[9] Seine prowestliche Position wurde
von dem Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht, dem Reichskommissar des
preußischen Finanzministeriums Johannes Popitz und vielen anderen geteilt. Eine
Ausnahme bildete Graf von der Schulenburg, ein konsequenter Anhänger der
Zusammenarbeit mit der UdSSR. Seine Position zu dieser Frage wurde
hauptsächlich von den Angehörigen des Kreisauer Kreises unterstützt.
Einer von ihnen, Theodor Steltzer, schildert in seinen Erinnerungen die
außenpolitischen Ansichten der meisten Mitglieder dieses Kreises und ihre
Meinungsverschiedenheiten mit Goerdeler wie folgt: „Die nächste Differenz betraf
die Einstellung zu Rußland. Wir in unserem Kreis vertraten die Auffassung, daß es
zu Europa gehört. Bei einer friedlichen Regelung hätte es sein gewichtiges Wort
sagen sollen, und daher ergibt sich die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit
ihm ... Wir vertraten einmütig den Standpunkt, daß Rußland ein unerläßlicher
Faktor der künftigen europäischen Ordnung sein muß.“[10]
Diese Position entsprach voll und ganz Schulenburgs Ansichten. 1934–1941
lavierte dieser, als Botschafter Deutschlands in Moskau, „zwischen der Szylla des
Stalin-Systems und der Charybdis der Hitler-Diktatur“.[11] Der Botschafter
verteidigte die Interessen seiner Heimat (wie er sie verstand) und trug zur deutschsowjetischen Annäherung bei, darunter zur wirtschaftlichen Kooperation und zur
Unterzeichnung des Nichtangriffsvertrags.[12] „Schulenburg und seine Mitarbeiter
haben nicht wenig getan, um unter Berufung auf die widrigenfalls unvermeidlichen
Folgen die Sowjetregierung in ihrem Befriedungskurs zu stärken“, stellte die
deutsche Historikerin Ingeborg Fleischhauer fest.[13]
Vor seiner Ernennung nach Moskau galt der Berufsdiplomat Graf von der
Schulenburg als ein „farbloser“ Beamter, von dem keine selbständigen politischen
Initiativen zu erwarten seien. Ebendeshalb wurde er in die UdSSR entsandt: Hitler
beabsichtigte, die deutsch-sowjetischen Beziehungen auf ein Minimum zu
reduzieren und „auf Eis“ zu legen, bis er seinen Raubkrieg gegen die UdSSR
entfesseln konnte, worauf keinerlei diplomatische Beziehungen mehr nötig sein
würden. Der ausgezeichnet gebildete,[14] in seinen Ansichten konservative,
vielerfahrene und vorsichtige, nicht mehr junge, beinahe schon rentenreife Adelige
schien die passendste Kandidatur dafür zu sein. Der ehrenvolle Posten des
deutschen Botschafters in Rußland hätte ein würdiger Abschluß des langjährigen
diplomatischen Dienstes sein können. Aus Karrieremotiven trat Schulenburg am 1.
Oktober 1934 „auf Weisung von oben“ der NSDAP bei, wenn er auch die
politischen Ansichten der Partei nicht teilte.[15]
Aber Hitler und Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop irrten sich bei der
Einschätzung Schulenburgs, „er erwies sich als ein Mensch mit eigener Meinung,
die er jedoch viel zu oft verbarg, wenn es sich um die Befolgung der Weisungen
des Reichsaußenministers handelte“.[16]
Schulenburg, der Rußland kannte und schätzte,[17] strebte danach, das 1922 in
Rapallo gelegte Fundament der deutsch-sowjetischen Beziehungen zu erhalten
und, als 1939 eine Grundlage für ihre Normalisierung entstand, zu ihrer
Verbesserung beizutragen. Schulenburg tat alles in seinen Kräften Stehende, um
einen Krieg zwischen Deutschland und der UdSSR nicht zuzulassen.
Anfang 1941 ... befand ich mich mehrere Tage in der Botschaft in Moskau. Mit
Schulenburg sprachen wir viel von der Einstellung zu Rußland. Schulenburg und
ich waren Anhänger der Politik der Freundschaft mit der UdSSR und äußerten
Befürchtungen für Deutschland, falls sich diese Politik ändern würde. Schulenburg
wußte wahrscheinlich von dem in Vorbereitung befindlichen Überfall auf die
UdSSR, weil er mich beauftragte, meine Beziehungen im Generalstab zu nutzen,
um die Gefährlichkeit einer Veränderung der UdSSR-Politik für Deutschland zu
beweisen. Ich versprach, diesen Auftrag Schulenburgs auszuführen,
erzählte Generalmajor Oskar Ritter von Niedermayer im August 1945.[18]
Im April 1941 unternahm Schulenburg den letzten Versuch, Berlin von den
friedlichen Absichten Moskaus gegenüber Deutschland und von der Unmöglichkeit
eines militärischen Sieges über die UdSSR zu überzeugen.
Am 28. April 1941 sagte der Botschafter Hitler bei einer Audienz, er könne nicht
glauben, daß Rußland jemals Deutschland angreifen würde. Hitler schloß das
Gespräch ab: „Und noch eins, Graf Schulenburg, einen Krieg gegen Rußland
beabsichtige ich nicht ... Die deutschen Botschafter sind immer gegen Kriege in
ihren Gastländern.“[19]
Inzwischen rüstete Deutschland mit Volldampf für den Krieg: Schulenburg wußte
das von seinen zuverlässigen Freunden in Berlin. „Der Krieg ist eine beschlossene
Sache ... Hitler hat mich absichtlich betrogen“, sagte der Botschafter seinen
vertrauten Mitarbeitern, als er am 30. April 1941 nach Moskau zurückkehrte.[20]
Schulenburg empfand es als eine Schande, die diplomatische Deckung für die
Vorbereitung des hitlerschen Überfalls auf die UdSSR abzugeben. Gerhard Kegel,
Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Moskau und sowjetischer Agent, der
Schulenburg persönlich kannte, schrieb: „Ich bin davon überzeugt, daß ein so
ruhiger, ausgeglichener Mensch wie Schulenburg, der eigene politische
Überzeugungen und moralische Prinzipien besaß und überdies bald in Rente zu
gehen beabsichtigte, alle erwähnten Umstände als eine persönliche Erniedrigung
aufnahm, und auch das bewog ihn zu der nicht leichten Entscheidung, auf seine
Weise und trotz seines Alters am Kampf gegen Hitler teilzunehmen.“[21]
Im Mai 1941, als die Hitlersche Aggression nicht mehr abzuwenden war, warnte
der Botschafter die sowjetische Führung dreimal, daß der deutsche Überfall auf die
UdSSR bevorstehe.
Am 5. Mai 1941 lud Schulenburg den sowjetischen Bevollmächtigten Vertreter in
Deutschland Vladimir Dekanozov[22] zu einem Frühstück auf seine Datscha bei
Moskau ein. Im Beisein des deutschen Legationsrates Gustav Hilger[23] und des
sowjetischen Dolmetschers Vladimir Pavlov teilte Schulenburg Dekanozov mit,
daß „die Gerüchte von einem bevorstehenden Krieg der Sowjetunion mit
Deutschland ein ‚explosiver Stoff’ [...] seien [...]. Die Quelle der Gerüchte habe
keine Bedeutung. Den Gerüchten müsse man Rechnung tragen wie einer
Tatsache.“ Beim nächsten Treffen mit Dekanozov, das am 9. Mai im
Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten stattfand, betonte
Schulenburg, daß es gelte, rasch zu handeln, weil die Sache sehr dringend sei. Am
12. Mai fand ein drittes Gespräch Schulenburgs mit Dekanozov statt. In Gustav
Hilgers Anwesenheit erwähnte der deutsche Botschafter zweimal den Umstand,
daß er „privat gesprochen und seine Vorschläge gemacht hat, ohne jegliche
Vollmachten zu haben“. Mehr noch, der Botschafter bat, „ihn in Berlin nicht zu
verraten“. Dekanozov hatte sogar den Eindruck, daß „Schulenburg und Hilger auf
Schulenburgs Abgang vom politischen Tätigkeitsfeld anspielten“[24].
Stalin ignorierte jedoch Schulenburgs „Warnung“.[25] Der sowjetische Führer
konnte sich nicht vorstellen, daß der deutsche Botschafter auf eigene Faust
handelte. Im Kreml sah man in Schulenburgs Worten nicht einen verzweifelten
Versuch des deutschen Diplomaten, den Frieden zu retten, sondern eine
Provokation. „Stalin tat einfach auch diese wichtige Mitteilung ungeprüft ab, er hielt
sie für eine abermalige deutsche Desinformation“, wie sich daran Anastas Mikojan,
Volkskommissar für Außenhandel, später erinnerte, der Schulenburgs Tat „in der
Geschichte der Diplomatie präzedenzlos“ nannte.[26]
Um 5.30 Uhr des 22. Juni 1941 überreichte Schulenburg dem Volkskommissar für
Auswärtige Angelegenheiten, Vjačeslav Molotov, eine Note der deutschen
Regierung. Auf Molotovs Frage, was diese Note bedeute, antwortete der
Botschafter, seiner Ansicht nach sei das der Kriegsbeginn. Schulenburg sagte, er
habe „sechs Jahre lang auf freundschaftliche Beziehungen zwischen der UdSSR
und Deutschland hingewirkt, könne jedoch gegen das Schicksal nicht
ankämpfen“.[27]
Nach der Evakuation der deutschen Botschaft aus Moskau 1941 war Schulenburg
formell der Leiter des „russischen“ (13. politischen) Referats und Vorsitzender des
„russischen Kollegiums“ im Reichsaußenministerium. Auf diesem Posten hatte
Schulenburg weder reale Vollmachten noch einen politischen Einfluß: Nach dem
Kriegsbeginn befaßten sich nicht Diplomaten, sondern Militärs mit Rußland.
Zuständig für die von der Wehrmacht okkupierten Territorien der UdSSR war Alfred
Rosenbergs Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete.
Nach der Niederlage der Heeresgruppe Mitte bei Moskau im Winter 1941/1942 und
dem kompletten Scheitern des „Blitzkrieges“ richtete Schulenburg eine Denkschrift
an Hitler mit dem Vorschlag, mit der UdSSR Separatverhandlungen aufzunehmen.
Eine Antwort bekam er nicht. Darauf suchte Schulenburg nach anderen Wegen
zum Frieden: Ab 1942 nahm er Kontakte mit Vertretern der Anti-Hitler-Opposition
auf.[28]
Im Dezember 1942 trafen sich Schulenburg und Adam von Trott zu Solz, Rat im
Reichsaußenministerium, mit dem Ostreferenten in Ribbentrops Büro Bruno Peter
Kleist, der eine Verbindung mit der sowjetischen Botschaft in Stockholm herstellen
sollte, um die Möglichkeit von Friedensverhandlungen mit dem Kreml zu
sondieren.[29]
Doch weder dieser noch die späteren Versuche der deutschen Anti-HitlerOpposition, über die Kanäle Ribbentrops (und möglicherweise der Abwehr) via
Stockholm Kontakte mit Moskau herzustellen, waren von Erfolg gekrönt. Vladimir
Semenov, sowjetischer Botschaftsrat in Schweden 1942–1945, schrieb später:
All das schließt nicht aus, daß einzelne deutsche Vertreter, die gegen das
Hitlerregime eingestellt waren, tatsächlich Kontakt zur sowjetischen Mission
suchten und dabei aufrichtig hofften, zu einem baldigen Ende des Krieges
beitragen zu können. Klar ist aber auch, daß die führenden Kreise Deutschlands,
die Stalin bereits einmal wortbrüchig betrogen hatten, nicht darauf hoffen konnten,
sein Vertrauen zurückzugewinnen. Deshalb konnte jeder Versuch in dieser
Richtung nur als Provokation aufgefaßt werden, die das hinterhältige Ziel verfolgte,
Mißtrauen in die Reihen der Antihitlerkoalition zu tragen.[30]
Den letzten dieser Versuche unternahm Trott zu Solz im Juni 1944. Er wollte sich
mit der sowjetischen Botschafterin in Schweden Aleksandra Kollontaj treffen, um
„den Kontakt Schulenburg – Moskau zu erleichtern“.[31] Moskaus Reaktion war
schnell und kategorisch: „Sie dürfen die anonymen Briefe, die deutsche
Provokateure Ihnen von Zeit zu Zeit zuspielen, nicht länger beachten. Wenn die
sowjetische Mission diese weiterhin annimmt, kann das zu unerwünschten
Gerüchten führen“, hieß es in einem chiffrierten Brief Molotovs, der am 22. Juni
1944 nach Stockholm abging.[32]
Der Mißerfolg der Kontakte der deutschen Hitler-Gegner mit der So-wjetunion wird
gelegentlich auch durch andere Ursachen erklärt. Franz von Sonnleithner,
Ribbentrops Vertreter im Führerhauptquartier, meinte, die Sache habe mit der
Position Schulenburgs selbst zu tun gehabt. Nach Sonnleithners Ansicht habe der
ehemalige deutsche Botschafter in Moskau der Anti-Hitler-Opposition mißtraut, weil
er geglaubt habe, sie wolle mit Rußland ein unfaires Spiel spielen, in dem er,
Schulenburg, nur eine kleine Schachfigur abgeben werde. Schulenburg habe sich
für eine Mittellage Deutschlands zwischen Ost und West eingesetzt und nicht die
Absicht gehabt, Stalin an der Nase herumzuführen.[33]
Schulenburg wollte die sowjetische Führung tatsächlich nicht irreführen, was die
Absichten des Reichs anging: Schließlich diente er 1941 ungewollt als
diplomatische Deckung für die Vorbereitung der Hitlerschen Aggression gegen die
Sowjetunion. Doch ging es jetzt nicht um Hitlers Politik, deren unbedingter Gegner
Schulenburg nach dem Überfall Deutschlands auf die UdSSR wurde, sondern um
einen Friedensschluß zwischen Rußland und einer neuen deutschen Regierung,
die durch einen Staatsstreich und nach Hitlers Beseitigung hätte an die Macht
kommen sollen. Hätte Schulenburg der Anti-Hitler-Opposition wirklich mißtraut,
hätte er nie Kontakt mit ihr aufgenommen und erst recht nicht die Teilnahme an
einer neuen deutschen Regierung akzeptieren können.
Ab 1943 galt von der Schulenburg (neben von Hassel und von Weizsäcker) als
Kandidat für den Posten des Reichsaußenministers in der Regierung des
Reichskanzlers Goerdeler, die nach der Beseitigung des NS-Diktators sowie der
am meisten belasteten Personen und Strukturen des Nationalsozialismus hätte
gebildet werden sollen. Trotz seiner „prowestlichen“ Orientierung unterstützte
Goerdeler Schulenburgs Kandidatur.[34]
In bezug auf die Länder der Anti-Hitler-Koalition plante die neue deutsche
Regierung einen sofortigen Abschluß des Waffenstillstandes an allen Fronten und
den Beginn von Friedensverhandlungen. Schulenburg hätte bei den
Verhandlungen mit der UdSSR eine besondere Rolle spielen sollen, denn er war
in Moskau gut bekannt. Er sah seine Hauptaufgabe in der neuen Regierung nach
Hitler in baldigster Kriegsbeendigung sowie der Wiederherstellung und
Entwicklung der Beziehungen zur UdSSR. Schulenburg sympathisierte
keineswegs mit den Bolschewiki: Der alte Diplomat war sich allerdings darüber im
klaren, daß der Krieg gegen die Sowjetunion, die ein kolossales Menschen- und
Waffenpotential und dazu ein Riesenterritorium hatte, Deutschland sehr teuer zu
stehen kommen werde und sich zu einer nationalen Katastrophe für sein Land
entwickeln könnte. Schulenburg erinnerte sich genau an die Warnung des
„eisernen Reichskanzlers“ Otto von Bismarck: Die beiden größten Fehler der
deutschen Außenpolitik wären ein Zweifrontenkrieg und ein Krieg gegen Rußland.
Anhänger der Politik Bismarcks, der gegen einen Krieg mit Rußland auftrat, waren
viele deutsche Berufsdiplomaten. Nicht von ungefähr nahmen nicht wenige von
ihnen später an der Verschwörung vom 20. Juli 1944 teil.[35]
Die Verschwörer waren sich, gleich ob Militärs oder Zivilisten, trotz ihrer
Differenzen darin einig, daß es nach der Beseitigung Hitlers notwendig sei: sofort
einen Kompromißfrieden zu schließen; die deutschen Truppen auf das Territorium
des Reichs zurückzuführen; eine provisorische deutsche Regierung zu bilden; den
Deutschen die verbrecherische Rolle Hitlers und seiner Clique deutlich zu machen;
allgemeine demokratische Reichstagswahlen durchzuführen und erst danach die
wichtigsten Verwaltungsformen für das Land und die Richtungen in der Politik zu
bestimmen.
Die Haupttriebkraft des Staatsstreichs waren Militärs. Schulenburg hatte einige von
ihnen, die „bekanntesten Rußland-Experten“, die im weiteren mit den
Verschwörern verbunden waren, schon in der deutschen Botschaft zu Moskau
kennengelernt. Gemäß den Aussagen des Teilnehmers an der Anti-HitlerOpposition Major Joachim Kuhn, die er 1944 in sowjetischer Gefangenschaft
machte, waren das der Kavallerie-General Ernst Köstring, Militärattaché und Leiter
der Moskauer Residentur der Abwehr, sowie der Legationssekretär Rittmeister
Hans Herwarth von Bittenfeld. Bittenfeld war persönlicher Referent und seine Frau
die Sekretärin Schulenburgs. Während des Kriegs wurde von Bittenfeld zu
Köstrings Adjutanten ernannt. Dieser diente 1944 als Generalinspekteur der
„Freiwilligenformationen des Grenzschutzes im Osten“. Der mit Kuhn befreundete
Bittenfeld war sowohl mit Köstring als auch mit Schulenburg eng verbunden.[36]
Auf diese Weise wurde Schulenburg indirekt ins Projekt der Gründung einer
sogenannten „russischen Befreiungsbewegung“ auf seiten Deutschlands
einbezogen.
In der Wehrmacht wirkten zumindest drei Verschwörergruppen, hauptsächlich
Generalstabsoffiziere. Kraft ihrer Dienststellung waren diese Offiziere besser als
die anderen über die reale Sachlage informiert und verstanden, daß Hitler
Deutschland und seine Streitkräfte einer unvermeidlichen Katastrophe
entgegentrieb. Was Land und Heer hätte retten können, war also einzig und allein
die Beseitigung Hitlers.
Verschwörer gab es im Generalstab beim OKH in Zossen (die Generäle Wagner
und Lindemann), im Stab des Befehlshabers des Ersatzheeres in der
Bendlerstraße in Berlin (General Olbricht,[37] Oberst Graf von Stauffenberg) und im
Stab der Heeresgruppe Mitte an der Ostfront in Smolensk (General von Tresckow,
Oberstleutnant Graf Hardenberg[38]).
Die Stabsoffiziere der Heeresgruppe Mitte organisierten mehrere Attentate auf den
NS-Diktator. Am 13. März 1943 schmuggelte General von Tresckow eine
Zeitbombe in Form von zwei Cognacflaschen in das Flugzeug hinein, mit dem
Hitler von Smolensk nach Berlin fliegen sollte. Ein begleitender Offizier hatte sich
bereit erklärt, diese Flaschen als Geschenk für General Olbricht nach Berlin
mitzunehmen. Doch der Zündmechanismus versagte.
Am 21. März 1943 hätte Rudolf-Christoph von Gersdorff, Stabsoffizier der
Heeresgruppe Mitte, ein Selbstmordattentat auf Hitler verüben sollen, als dieser
eine von der Heeresgruppe Mitte im Berliner Zeughaus veranstaltete Ausstellung
der sowjetischen Beutewaffen besuchte. Der Zündmechanismus in Gersdorffs
Uniformtasche war auf 10 Minuten eingestellt worden, Hitler aber verbrachte nur
zwei Minuten in der Ausstellung. Gersdorff hatte gerade noch Zeit, den Zünder auf
der Toilette aus dem Mechanismus zu entfernen.
Die Attentate scheiterten eines nach dem anderen. Darauf besuchte von Tresckow
Ende August 1943 auf Empfehlung von General Olbricht Schulenburg in dessen
Berliner Wohnung. Bei einer freundschaftlichen Unterhaltung erzählte Tresckow
Schulenburg von der kritischen Lage der Wehrmacht an der Ostfront und legte im
Namen der Hitler-Gegner in den Truppen einen Plan für einen baldigsten
Namen der Hitler-Gegner in den Truppen einen Plan für einen baldigsten
Kompromißfrieden mit der Sowjetunion dar. Nach Tresckows Ansicht war das die
einzige Chance, Deutschlands totale Niederlage abzuwenden.
Schulenburg war bei der Umsetzung des Plans die entscheidende Rolle
zugedacht: Er hätte persönlich einen Kontakt mit der Sowjetregierung herstellen
und die Ziele der Anti-Hitler-Opposition erläutern sollen. Es bestand die Absicht,
mit Hilfe Tresckows und anderer Stabsoffiziere der Heeresgruppe Mitte
Funkverbindung zum Gegner herzustellen, um mit ihm alle Parameter der
Operation zu vereinbaren, Schulenburg über die Frontlinie zu politischen
Verhandlungen mit der sowjetischen Seite zu befördern.
Schulenburg stimmte diesem riskanten Vorhaben unter der Bedingung zu, daß es
von Goerdeler gebilligt werde. Anfang September 1943 traf sich Tresckow mit
Goerdeler und legte ihm ausführlich den Inhalt des Gesprächs mit Schulenburg dar.
Tresckows Plan fand bei Goerdeler nur eine recht kühle Aufnahme: Er hoffte immer
noch auf eine Einigung mit dem Westen. Doch die Tatsache, daß Goerdeler den
Tresckow-Plan ablehnte, bedeutete nicht, daß er Schulenburg mißtraut hätte: Im
weiteren setzte Goerdeler Schulenburg auf die Liste als Anwärter auf den
Außenministerposten in seiner Regierung, weil Graf Schulenburg „noch heute hofft,
eine Verständigung mit Stalin herbeizuführen“.[39]
In den Berichten des Chefs des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner
(sie faßten die Aussagen zusammen, die aus den Verschwörern nach ihrer
Verhaftung herausgepreßt wurden) heißt es u.a.:
Im Herbst 1943 besprachen Goerdeler und Tresckow die Möglichkeit, den ExBotschafter Graf von der Schulenburg über die Linie der Ostfront zu schleusen.
Tresckow vertrat ungefähr folgende Idee: Schulenburg sei einer der wenigen
Deutschen, die Stalin persönlich kannten, und müsse deshalb erneut einen Kontakt
mit ihm herstellen. Falls Schulenburg bei Stalin ein positives Ergebnis erziele, sei
in Deutschland eine militärische Aktion (zwecks Sturzes des Hitler-Regimes)
durchzuführen. Von Bedeutung war der Umstand, daß Schulenburg schon immer
von einem Krieg gegen die Sowjetunion abgeraten hatte. Ein solcher Plan des
Friedensschlusses wurde ohne jeden Zweifel von Tresckow dargelegt.[40]
Einige Tage vor dem schicksalhaften 20. Juli 1944 wurde Schulenburg unerwartet
zu Hitler bestellt. Prinzessin Marija Vasil’čikova, die im Reichsaußenministerium
tätig und mit den Verschwörern eng verbunden war, hielt in ihrem Tagebuch fest:
Mittwoch, den 12. Juli. Graf Schulenburg aus Salzburg zurück, wohin ihn
Ribbentrop bestellte. Ihm wurde vorgeschrieben, sich mit einem Bericht zu Hitlers
Hauptquartier in Ostpreußen zu begeben. Endlich wird sein qualifizierter Ratschlag
gebraucht. Etwas spät, doch Gerüchte gehen um, daß irgendeine
Separatabmachung im Osten vorbereitet werde. /Erst jetzt, drei Jahre nach seiner
Rückkehr aus Moskau, hat Hitler erstmalig das Bedürfnis verspürt, Schulenburg zu
empfangen/.[41]
Schulenburgs Ratschlag, im Osten Frieden zu schließen, wurde wieder einmal
ignoriert.
Kurz vor den Ereignissen vom 20. Juli 1944 waren die Verschwörer einmütig der
Meinung, nach Hitlers Beseitigung seien unverzüglich Verhandlungen sowohl mit
den Westmächten als auch mit der UdSSR zu führen. In den KaltenbrunnerBerichten lesen wir über die letzte Beratung der Verschwörer am Sonntag, den 16.
Juli 1944:
Von Trott vertrat den Standpunkt, daß die Gegnerseite zu Verhandlungen bereit
sein werde, wenn ihre Voraussetzung der vollständige Regimewechsel sei. In der
darauffolgenden Diskussion wurde die Meinung geäußert, daß die Verhandlungen
zwischen Militärs und Militärs zu führen seien, und zwar nicht nur mit den Feinden
im Westen, sondern auch mit den Sowjets. Schulenburg sen. [Friedrich-Werner von
der Schulenburg – B. Ch.] und der ehemalige Militärattaché in Moskau [General
Köstring – B. Ch.] hätten sich als Fachkenner in die Verhandlungen einschalten
sollen. Was die Verhandlungen mit der englisch-amerikanischen Seite betrifft, so
wollte sie von Trott übernehmen. Die Kandidatur eines einflußreicheren deutschen
Politikers, der in bezug auf den Westen hätte eingesetzt werden können, konnten
die Verschwörer nicht finden.[42] (Rückübers.!)
Am 20. Juli 1944 geschah das Attentat auf Hitler: Stauffenbergs Bombe explodierte,
aber Hitler blieb wie durch ein Wunder unversehrt. Der Staatsstreich scheiterte.
Am 21. Juli 1944 berief der Reichsführer SS Heinrich Himmler eine Art
Untersuchungskommission unter Gestapo-Chef Heinrich Müller ein. An die 400
Mitarbeiter der Gestapo und des Sicherheitsdienstes SD fahndeten nach den
Verschwörern. Zunächst wurden lediglich an die zehn Personen aus dem
Heeresamt in der Bendlerstraße verhaftet. Einige Tage später, als es den
Gestapoleuten gelang, Verschwörerlisten zu finden, setzten Massenverhaftungen
ein. Aber selbst dann konnten viele Leiter der Anti-Hitler-Opposition der Verhaftung
entgehen.
Da aber kam, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, eine Stimme aus London.
Prinzessin Marija Vasil’čikova trug am 8. August 1944 entsetzt in ihr Tagebuch ein:
„Das Radio der Alliierten macht etwas Undenkbares: Sie nennen die Namen der
Menschen, die, wie sie behaupten, an der Verschwörung beteiligt gewesen seien.
Dabei werden viele von ihnen offiziell bisher nicht zu den Verschwörern
gezählt.“[43]
Der Geheimdienstchef Otto Skorzeny, der an der Unterdrückung der Meuterei
teilnahm, betonte in seinen Erinnerungen, daß die englische BBC über Gruppen
von Verschwörern berichtet habe, die versucht hätten, mit den Regierungen der
Länder der Anti-Hitler-Koalition Kontakte herzustellen.[44] Neben Friedrich-Werner
von der Schulenburg wurden Carl Goerdeler, Adam von Trott zu Solz und andere
genannt.
Schulenburg wurde verhaftet und des Hoch- und Landesverrats beschuldigt. Vor
Gericht verneinte er alles: „... Dann wußte ich doch nichts ... Von der Verschwörung
wußte ich nichts ... Ich kannte diese ganzen Leute vom Militär nicht, nichts, gar
nicht.“ Zugleich gab er zu, daß die Verschwörer ihn als Rußland-Kenner geschätzt
hätten: Für sie
galt ich als der Mann, der bis zum letzten Augenblick in Moskau gesessen hatte,
der in Moskau am besten Bescheid wußte, der Rußland am besten kannte ... Ich
kam also dahin, und da wurde mir gesagt: Hör’n Sie mal, vielleicht könnte man den
Militärs dadurch zu Hilfe kommen ... Ich konnte ja immer nur für den Osten
reden.[45]
Am 23. Oktober 1944 fällte Roland Freisler, Präsident des „Volksgerichtshofs“
(„unser Wyschinski“, wie Hitler ihn nannte[46]), „im Namen des deutschen Volkes“
das Urteil: „Sie, Schulenburg, haben an den vorbereitenden Beratungen der
Verräter am 20. Juli teilgenommen. Dadurch haben Sie sogleich – für immer ehrlos
– unseren Kriegsfeinden Vorspann geleistet. Sie werden mit dem Tode
bestraft.“[47]
Am 10. November 1944 wurde Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg im
Gefängnis Berlin-Plötzensee durch den Strang hingerichtet.
Im Januar 1946 erzählte Gotthold Starke, ehemaliger Legationsrat an der
deutschen Botschaft in Moskau, in seinen in der Lubjanka gegebenen
„eigenhändigen Aussagen“ über die letzte Botschaft von Graf Schulenburg:
Am 13. oder 14. August 1944, an das genaue Datum erinnere ich mich jetzt nicht,
bestellte Schulenburg mich zu sich und erklärte, im Zusammenhang mit den
Ereignissen vom 20. Juli sei jede Minute seine Verhaftung zu erwarten ... Vor der
Verhaftung wünsche er, mir mitzuteilen, daß er seiner Politik der „Ostorientierung“
treu sei und sich bemüht habe, seine Verschwörungskameraden von der
Richtigkeit seiner politischen Linie zu überzeugen. Mehr noch, er habe ihnen seine
Bereitschaft bekanntgegeben, mit einer weißen Fahne in der Hand über die
Frontlinie zu gehen und von den Russen die Waffenstillstandsbedingungen zu
erflehen, um so den letzten Schritt zur Rettung des deutschen Volkes zu tun. Dann
wandte sich Schulenburg an mich mit der Bitte, im Falle seiner Hinrichtung und
wenn ich selbst am Leben bliebe, nach der Beendigung des Krieges, der
wahrscheinlich mit der Kapitulation Deutschlands enden werde, dem
Volkskommissar der Sowjetunion für Auswärtige Angelegenheiten Herrn Molotov
seine letzte Botschaft zu übergeben. Schulenburg sagte mir damals buchstäblich
Folgendes:
„Teilen Sie Herrn Molotov mit, daß ich für die Sache gestorben bin, der ich mein
Leben in Moskau gewidmet hatte, das heißt für die sowjetisch-deutsche
Zusammenarbeit ... Übermitteln Sie Herrn Molotov, daß ich in der tragischen
Morgenstunde des 22. Juni sicher war: Die Hoffnungen der deutschen Regierung,
sich und dem deutschen Volk seine Hegemonie in Europa und in der Sowjetunion
zu sichern, zum Scheitern verurteilt sind. Mein Tod für die Sache der
Zusammenarbeit zwischen dem sowjetischen und dem deutschen Volk wird mir
immerhin das Recht geben, die Führung der sowjetischen Außenpolitik um eine
weise und tolerante Einstellung zum deutschen Volk inständig zu bitten, weil seine
breitesten Schichten, nicht zuletzt die Intellektuellen, den Wahnsinn des Krieges
gegen die Sowjetunion verurteilten.“[48]
Das war Schulenburgs politisches Testament.
(Übersetzung: Nina Letneva)
[1] Mommsen, H.: Oppozicija Gitleru i nemeckoe obščestvo v 1933–1945 gg., in:
Vtoraja mirovaja vojna. Diskussii. Osnovnye tendencii. Rezul'taty issledovanij.
Moskau 1977, S. 263–276.
[2] Carl-Friedrich Goerdeler, 1930–1937 Oberbürgermeister von Leipzig, 1934–
1935 Reichspreiskommissar in der Regierung Hitler. 1935 Rücktritt wegen ernster
Differenzen mit den NS-Behörden. Seit Ende der 30er Jahre im Mittelpunkt der
bürgerlich-zivilen Opposition gegen das NS-Regime. In seinen zahlreichen
Berichten und Entwürfen wurden Pläne einer Umgestaltung von Deutschlands
politischem Leben nach dem Staatsstreich ausgearbeitet. Nach Hitlers Sturz hätte
Goerdeler Reichskanzler werden sollen. Als das Attentat auf Hitler vom 20. Juli
1944 scheiterte, wurde Goerdeler verhaftet und am 8. September 1944 vom
„Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt. Hingerichtet am 2. Februar 1945.
[3] Stolypin, A.P.: Na službe Rossii. Frankfurt am Main 1986, S. 109.
[4] Sudoplatov, P.A.: Specoperacii. Lubjanka i Kreml’ 1930–1950 gody. Moskau
1997, S. 173. Siehe u.a.: Bezymenskij, L.A.: Razgadannye zagadki Tret’ego rejcha
(1940–1945). Smolensk 2001, S. 303.
[5] Siehe darüber: Finkler, K.: Die Stellung der Sowjetunion und der sowjetischen
Geschichtsschreibung zum 20. Juli 1944, in: Der 20. Juli 1944. Bewertung und
Rezeption des deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime. Köln 1994, S. 38–
54.
[6] Brodskij, E.A.: Zagovor 20 ijula i social’no-političeskij charakter gerdelevskoj
oppozicii. Moskau 1949; Maiskij, I.M.: K vozroždeniju germanskogo militarizma, in:
Voprosy istorii, Nr. 5/1955; Deborin, G.A.: Vtoraja mirovaja vojna. Voennopolitičeskij očerk. Moskau 1958, S. 290; Koval’, V.S.: Pravda o zagovore protiv
Gitlera 20 ijula 1944 g. Kiew 1961, S. 26, 65, 77, 88. „Das Scheitern der
‚Verschwörung vom 20. Juli bedeutete den Zusammenbruch der weitgehenden
Pläne der englisch-amerikanischen Reaktion sowie eines bestimmten Teils der
deutschen Monopolbourgeoisie und Generalität. Ihr Versuch, die militärische und
politische Zerschlagung des deutschen Faschismus abzuwenden, scheiterte“
(Rozanov, G.L.: Konec „tret’ego rejcha“. Moskau 1990, S. 70). Den ersten Versuch
eines sachlichen Herantretens an die Geschichte der Ereignisse vom 20. Juli 1944
unternahm in den Jahren des Chruščevschen „Tauwetters“ der sowjetische
Historiker D. E. Mel’nikov. Der Wissenschaftler ging von der These aus, daß die
Bewegung vom 20. Juli ein „komplizierter politischer Komplex“ gewesen sei, daß
sich die Einstellungen des Grafen Claus von Stauffenberg und seiner
Gesinnungsgenossen „durch einen bedeutenden Realismus und die Erkenntnis
der wahren Interessen Deutschlands ausgezeichnet“ hätten. Wie Mel’nikov
betonte, sei die Verschwörung vom 20. Juli 1944 „nicht einfach eine Angelegenheit
von einer ‚Handvoll von Offizieren, nicht bloß ein ‚Generalsputsch“ gewesen,
sondern „ein Versuch eines bestimmten Teils der deutschen Bourgeoisie, aus dem
verlorenen Krieg einen Ausweg zu finden“. Die militärischen und wirtschaftlichen
Kreise des „Dritten Reichs“ seien, hob der Historiker hervor, von einer doppelten
Angst befallen gewesen: „vor einer unausweichlichen militärischen Katastrophe
und vor dem heranreifenden inneren Zusammenbruch des Hitler-Regimes“
(Mel'nikov, D.E.: Zagovor 20 ijula 1944 g. v Germanii. Legenda i dejstvitel’nost’.
Moskau 1962, S. 4, 56, 200, 235). Wie wichtig im deutschen Anti-Hitler-Widerstand
nicht die Klasseninteressen, sondern allgemein menschliche moralische Faktoren
waren, zeigte überzeugend der Historiker N. S. Čerkasov. Er ging davon aus, daß
„es unter den Teilnehmern an der Verschwörung gegen Hitler, in den bourgeoisen
und militärischen Kreisen viele Menschen gab, die aufrichtig über die Verbrechen
des Faschismus empört waren und deshalb in den Kampf gegen ihn eintraten“
(Čerkasov, N.S.: Istoriografija FRG o patriotičeskom napravlenii v zagovore 20 ijula
1944 v Germanii, in: Metodologičeskie i istoriografičeskie voprosy istoričeskoj
nauki. Folge 5. Tomsk 1967, S. 137, 145).
[7] Chavkin, B.: Der deutsche Widerstand gegen Hitler aus Sicht der russischen
Historiographie, in: Forum für osteuropäische Ideen- und Zeitgeschichte, Nr.2/2008,
S. 55-78
[8] Komolova, N.P. / Brovko, L.N. / Savina, I.S.: Idei i programmy Soprotivlenija, in:
Dviženie Soprotivlenija v Zapadnoj Evrope 1939–1945. Obščie problemy. Moskau
1990, S. 72.
[9] Doch weigerte sich der britische Premier Winston Churchill, der danach strebte,
nicht nur den Nationalsozialismus, sondern auch den sogenannten „preußischen
Militarismus“ auszurotten, kategorisch, Botschaften der deutschen Opposition zu
empfangen, und erklärte, er sei absolut gegen auch noch so unbedeutende
Kontakte. – Ritter, G.: Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung.
München 1964, S. 551.
[10] Steltzer, Th.: Sechzig Jahre Zeitgenosse, S. 154. – Zitiert nach: Finkler, K.:
Zagovor 20 ijula 1944 g. Delo polkovnika Stauffenberga. Moskau 2004, S. 141.
[11] Fleischhauer, I.: Pakt. Gitler, Stalin i iniciativa germanskoj diplomatii. 1938–
1939. Moskau 1991, S. 48.
[12] Lexikon des Widerstandes 1933–1945. Peter Steinbach und Johannes Tuchel
(Hrsg.): München 1998, S. 166.
[13] Fleischhauer, I.: Pakt. Gitler, Stalin i iniciativa germanskoj diplomatii, S. 359.
[14] Schulenburg studierte Jura an den Universitäten von Lausanne, Berlin und
zuletzt in München, wo er zum Dr. jur. promovierte.
[15] Auswärtiges Amt. Gedenkfeier für Botschafter Friedrich-Werner von der
Schulenburg. Bonn, 10. Dezember 1975, S. 7–8.
[16] Kegel, G.: V burjach našego veka. Moskau 1987, S. 154.
[17] Das Geschlecht der Grafen von der Schulenburg war seit Ende des 18.
Jahrhunderts mit Rußland verbunden, als Ludwig von der Schulenburg, Sohn des
Reichsgrafen Heinrich Moritz von der Schulenburg, in russische Dienste trat und es
bis zum Generalmajor brachte. Das Adelsgeschlecht der von der Schulenburg
wurde in Rußland 1854 durch eine allerhöchste Ordre in der Grafenwürde bestätigt
und ins genealogische Register des Gouvernements Černigov eingetragen.
[18] Generaly i oficery vermachta rasskazyvajut ... Dokumenty sledstvennych
<st1:place w:st="on"> <st1:State w:st="on"> del </st1:State> </st1:place>
nemeckich voennoplennych. 1944–1951. Moskau 2009, S. 359–360.
[19] Fleischhauer, I.: Diplomatischer Widerstand gegen „Unternehmen
Barbarossa“. Die Friedensbemühungen der Deutschen Botschaft Moskau 1939–
1941. Berlin–Frankfurt a. M. 1991, S. 309–310.
[20] Kegel, G.: op. cit., S. 154.
[21] Ebenda, S. 156.
[22] Vladimir Georgievič Dekanozov (eigentlich Dekanozišvili) war ab Dezember
1938 stellvertretender Leiter der Hauptverwaltung Staatssicherheit des NKVD,
Leiter der Gegenaufklärungs- und der Auslandsabteilung des NKVD. Gehörte zu
den aktivsten Organisatoren der „Säuberungen“ in den Aufklärungs- und
Gegenaufklärungsorganen. Ab Mai 1939 stellvertretender Volkskommissar für
Auswärtige Angelegenheiten. Im November 1940 zum Bevollmächtigten Vertreter
(Botschafter) in Deutschland (unter Beibehaltung des Postens des stellvertretenden
Volkskommissars) ernannt. Nach dem Überfall Deutschlands auf die UdSSR am
22. Juni 1941 interniert und an der sowjetisch-türkischen Grenze gegen den
deutschen Botschafter in der UdSSR Graf von der Schulenburg ausgetauscht.
Verhaftet am 30. Juni 1953. Am 23. Dezember 1953 laut Urteil des Obersten
Gerichts der UdSSR als Mitglied der „Berija-Bande“ erschossen.
[23] G. Hilger schilderte diese Unterredung in seinen Erinnerungen: Hilger, G.: Wir
und der Kreml. Deutsch-sowjetische Beziehungen 1918–1941. Erinnerungen eines
deutschen Diplomaten. Frankfurt a. M. 1959, S. 308.
[24] Dokumenty vnešnej politiki SSSR, Bd. XXIII, Buch 2, Teil 2. Moskau 1998, S.
654–657, 664–667, 675–677.
[25] Ueberschär, G. / Bezymenskij, L.: Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion
1941. Darmstadt 1988, S. 135; Bonwetsch, B. / Kudrjašov, S.: Sovetskij Sojuz,
Stalin i Germanija v 1933–1941 gg, in: Vestnik archiva Prezidenta Rossijskoj
Federacii. SSSR-Germanija 1933–1941. Moskau 2009, S. 40.
[26] Kumanev, G.A.: Govorjat stalinskije narkomy. Smolensk 2005, S. 50.
[27] Aufzeichnung in Molotovs Tagebuch über Schulenburgs Empfang am 22. Juni
1941, in: Vestnik archiva Prezidenta Rossijskoj Federacii. SSSR-Germanija 1933–
1941, S. 341–342.
[28] „Der Plan von Hitlers Gegnern, Schulenburg für Kontakte mit der Sowjetunion
zu nutzen, entstand Ende Dezember 1942.“ – Kegel, G.: op. cit., S. 156.
[29] Kleist, B.P.: Zwischen Stalin und Hitler. <st1:City w:st="on"> <st1:place
w:st="on"> Bonn </st1:place> </st1:City> 1950; Ribbentrop, J.: Meždu Londonom i
Moskvoj. Vospominanija i poslednie zapisi. Moskau 1996, S. 198–199; Martin, B.:
Deutsch-sowjetische Sondierungen über einen separaten Friedensschluß im
Zweiten Weltkrieg. Bericht und Dokumentation, in: Auerbach, Inge (Hrsg.): Felder
und Vorfelder russischer Geschichte. Freiburg 1985, S. 284; Wuermeling, H.:
„Doppelspiel“. Adam von Trott zu Solz im Widerstand gegen Hitler. München 2004,
S. 168–169.
[30] Semjonow, W.S.: Von Stalin bis Gorbatschow. Ein halbes Jahrhundert in
diplomatischer Mission 1939–1991. Berlin 1995, S. 149.
[31] Finkler, K.: Zagovor 20 ijula 1944 g., S. 143; Fleischhauer, I.: Die Chancen des
Sonderfriedens. Deutsch-sowjetische Geheimgespräche 1941–1945. Berlin 1986.
[32] Semjonow, W.S.: op. cit., S. 146.
[33] Siehe: Hoffmann, Peter: Widerstand. Staatsstreich. Attentat. Der Kampf der
Opposition gegen Hitler. München 1979, S. 310.
[34] Der 20. Juli 1944. Bewertung und Rezeption des deutschen Widerstandes
gegen das NS-Regime. Gerd R. Ueberschär (Hrsg.). Köln 1994, S. 140.
[35] Fleischhauer, I.: Pakt. Gitler, Stalin i iniciativa germanskoj diplomatii. Vorwort
von Lev Bezymenskij, S. 16.
[36] Köstring „verurteilte scharf die in Deutschland entstandene Lage ...,
behauptete, daß das Fehlen klarer politischer Ziele in den Freiwilligenformationen
mit Notwendigkeit ihre Zersetzung bewirke und seine Arbeit somit jeden Sinn
verliere“. – Kalganov, A.M. / Chavkin, B.L.: Novyj istočnik po istorii zagovora protiv
Gitlera 20 ijula 1944 g. Sobstvennoručnye pokazanija voennoplennogo majora
vermachta Joachima Kuna ot 2 sentjabrja 1944 g, in: Novaja i novejšaja istorija, Nr.
3/2002, S. 176–177.
[37] Infanteriegeneral Friedrich Olbricht war Leiter des Wehrersatzamts beim OKW.
Als einer der Leiter der Verschwörung gegen Hitler und Miturheber des
Staatsstreichplans wurde er am 20. Juli 1944 im Hof des OKH in Berlin
erschossen.
[38] Graf Carl-Hans von Hardenberg. Odna iz sudeb nemeckogo Soprotivlenija.
Moskau 2007.
[39] Venohr, W.: Stauffenberg: Symbol der deutschen Einheit. Frankfurt a. M./Berlin
1990, S. 208–210, 349.
[40] Kaltenbrunner-Berichte, S. 308, 492–495, zitiert nach: Finkler, K.: Zagovor 20
ijula 1944 g. Delo polkovnika Stauffenberga. Moskau 2004, S. 173.
[41] Vasil’čikova, M.I.: Berlinskij dnevnik 1940–1945. Moskau 1994, S. 198.
[42] Kaltenbrunner-Berichte, S. 201, zitiert nach: Finkler, K.: Zagovor 20 ijula 1944
g.; Venohr, W.: op. cit., S. 364.
[43] Vasil’čikova, M.I.: op. cit., S. 230.
[44] Skorzeny, O.: Sekretnyje zadanija RSHA, in: Koroli diversij. Moskau 1997, S.
117.
[45] Deutsches Rundfunkarchiv, Ffm B004627584.
[46] Freisler sei „ein scheußlicher böser Psychopath, der, als er im Ersten
Weltkrieg in die russische Gefangenschaft geriet, zu einem fanatischen
Bolschewiken und später, nach dem Eintritt in die Nazipartei 1924, zu einem
ebenso fanatischen Nazi wurde. Hierbei blieb er ein heißer Anhänger des
sowjetischen Terrors. Er studierte speziell die Methoden Andrej Vyšinskijs,
Oberstaatsanwalt bei den Moskauer Prozessen der dreißiger Jahre“. – Schirer, W.:
Vzlet i padenie tret’ego rejcha, Bd. 2. Moskau 1991, S. 463.
[47] Deutsches Rundfunkarchiv, Ffm 2894949/20.
[48] Central’nyj archiv FSB Rossii, Akte R-49170, Bl. 26–28; Kalganov, A. M.:
Pokušenie na Gitlera 20 ijula 1944 g, in: Tajnye stranicy istorii. Moskau 2000, S.
319–320.
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