49 GRAFIK 11. November 2010 DIE ZEIT No 46 No 74 Unser Mikrobenzoo daheim THEMA: HYGIENE Der unhygienischste Ort im Hauhalt ist nicht die Toilette, sondern die Küche. Dort finden gesundheitsgefährdende Mikroorganismen mehr Nahrung. Unsere Übersicht zeigt die beliebtesten Brutstätten unwillkommener Mitbewohner Die Themen der letzten Grafiken: 73 Atommüll 72 Ruder-Achter Die Ekel-Top-Ten 71 Gigaliner 1 DER KÜCHENSCHWAMM Weitere Grafiken im Internet: Er ist meist feucht und enthält Essensreste – optimale Bedingungen für die Vermehrung von Kleinstlebewesen wie Hefe- und Schimmelpilzen, Pseudomonaden, Colibakterien und Salmonellen. Deren Population verdoppelt sich etwa alle sieben Tage. Gegenmittel: Häufig durch neue ersetzen! www.zeit.de/grafik 2 DER BIO-ABFALLEIMER Die Produktmengen von Mikroorganismen verdoppeln sich, wenn es einen eigenen Bio-Eimer gibt. Dann finden sich im Hausstaub Ausscheidungen von Schlauchpilzen und Gießkannenschimmel. Liegt daneben ein Teppich, wird alles noch schlimmer. Also: Häufig den Eimer leeren! 3 DER KÜHLSCHRANK Kälte killt keine Mikroben. Listerien (Bakterien), Salmonellen und Schimmel, vor allem in Fleisch- und Milchprodukten, vermehren sich im Kühlschrank. Besonders viele Winzlinge sitzen an der Türinnenseite – der am seltensten geputzten Fläche im Haushalt. 4 DIE COMPUTERTASTATUR Die Tasten vieler Computer sind belasteter als Klobrillen – denn auf Toiletten essen und trinken wir nicht. Es finden sich Staphylococcus-aureus-Bakterien, Schimmel- und Hefepilze, bei Händewaschmuffeln auch Fäkalbakterien. Gemeinsam genutzte Computer, etwa in Büros, sind Mikrobendschungel. 5 DER KÜCHENWASSERHAHN Putznarren fürchten Griffe aller Art – zu Recht. Der Küchenwasserhahn ist besonders problematisch, weil man sich etwa nach dem Arbeiten mit rohem Fleisch zwar die Hände wäscht, aber selten den Griff, mit dem man das Wasser aufgedreht hat. 6 DER ABFLUSS IM BAD Der Abfluss des Waschbeckens ist, weil immer feucht, ein ideales Brutbecken für Bakterien. Hier sind hohe Konzentrationen von E.-coli-Bakterien zu finden. 7 DIE SCHMUTZIGE WÄSCHE Heute wird generell kälter, mit weniger Wasser und weniger aggressiven Waschmitteln gewaschen als früher. Das macht Bakterien das Überleben leichter. In schmutzigen Unterhosen befindet sich durchschnittlich ein zehntel Gramm von dem, was eigentlich in die Toilette gehört. 8 DIE SILIKONFUGEN IM BAD Hier fühlen sich vor allem Pilze wohl. Es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit, und es gibt häufig genug organische Materie, von der sie sich ernähren. Pilzhemmendes Silikon für Nassräume löst das Problem. 9 DIE KATZE Stubentiger sind regelrechte Mikrobenschleudern. An den Krallen befinden sich Bakterien, im Fell verstecken sich Pilze, und im Kot der Tiere finden sich Spulwürmer und Toxoplasmose-Erreger. 10 DIE TOILETTE Das stille Örtchen genießt unter LaienHygienikern einen schlechten Ruf, zu Unrecht. Denn hier wird meist vorbildlich und mit kräftigen Mitteln geputzt. Auf trockenen Brillen fällt Bakterien die Vermehrung schwer. Allerdings werden beim Spülen Fäkalbakterien in Wassertröpfchen aus der Toilette geschleudert. Das lässt sich einfach verhindern: Deckel zu beim Spülen! Schnellkurs in Mikrobenkunde Ohne Mikroorganismen könnte der Mensch nicht existieren: Bakterien wehren auf unserer Haut andere, schädliche Mikroorganismen ab, im Darm sind sie unentbehrlich für die Verdauung, und in unserem Mund tummeln sich zum Beispiel Amöben und Hefen. Die häufigsten Mikroorganismen im Haushalt sind Bakterien und Pilze, die meist nur rund ein tausendstel Millimeter messen. Einige von ihnen können durchaus gefährlich werden. Escherichia coli (E. coli) zum Beispiel sind nützliche Darmbakterien, die außerhalb ihres Lebensraumes Schaden anrichten können, etwa im Harnleiter, in Wunden und im Gallengang. Das Bakterium Staphylococcus aureus kommt auch auf der Haut und in den menschlichen Atemwegen vor. Wenn es auf einen immungeschwächten Organismus trifft, kann es zu Hautentzündungen, in seltenen Fällen auch zu Blutvergiftungen und Lungenentzündungen kommen. Salmonellen (eine Art von Stäbchenbakterien) kommen hauptsächlich über Lebensmittel wie Eier, Fleisch und Milchprodukte mit Menschen in Kontakt. Sie können Übelkeit, Erbrechen und Fieber verursachen. Hefen sind einzellige Pilze. Neben der in Brot und alkoholischen Getränken vorkommenden Hefe finden sich im Haushalt noch viele andere Vertreter: Candida albicans zum Beispiel kann zu Lungeninfektionen führen. Schimmelpilze sind im Gegensatz zu Hefen mehrzellig. Die Sporen von Aspergillusarten (Gießkannenschimmel) können allergische Reaktionen auslösen und bei immungeschwächten Menschen die Lunge infizieren. Illustration: Martin Burgdorff Recherche: Benjamin Reuter Quellen: Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn, Bundesgesundheitsblatt, Applied and Environmental Microbiology, Internet Journal of Food Safety, Food Control, Journal of Antimicrobial Chemotherapy, Applied Microbiology