Das kosmische Netz – Rätsel der Strukturbildung Zum Titelbild: Ausschnitt aus dem Supernova-Überrest im Sternbild Vela. Entfernung: 750 Lichtjahre, Alter: 11 400 Jahre. Skala: 2 cm = 4.2 Bogenminuten = 1 Lichtjahr. Durchmesser des gesamten Überrests: 7.3 Grad oder 100 Lichtjahre. Das LRGB-Komposit entstand aus Aufnahmen mit einer Kamera SBIG STL11000 am 60-cm-Hypergraphen Ganymed (f = 1800 mm) in Amani Lodge, Namibia. Belichtunszeit insgesamt: 110 Minuten. (Stefan Binnewies und Josef Pöpsel) Rudolf Kippenhahn Es ist der Traum der (Astro-) Physiker, die Welt aus ihrem Ursprung heraus im Ganzen und bis in die kleinsten – und damit auch fundamentalen – Einzelheiten zu begreifen. Es wäre naiv zu glauben, dass dies jemals abschließend gelingen kann, aber was Volker Springel auf S. 30–40 über die neuesten Schritte in dieser Richtung schildert, ist wirklich eindrucksvoll: Mit ihren numerischen Simulationsrechnungen gelingt den Forschern heute ein realistischer Brückenschlag vom Anfang der Zeit (oder jedenfalls kurz danach) bis zur heutigen Epoche, die konsistente Beschreibung der größten Strukturen im kosmischen Netz bis hin zur Vielfalt der einzelnen Galaxien, ihren Formen und Farben, ihren zentralen Schwarzen Löchern und Aktivitätsausbrüchen. Dabei geht so gut wie unsere gesamte Physik in die Modellrechnungen ein und hat sich zu bewähren. Eine entscheidende Rolle spielt dabei unser Verständnis von der Entstehung und Entwicklung der Sterne. Werner Pfau beschreibt in seinem Beitrag über das HertzsprungRussell-Diagramm (S. 45–52), wie dieses Verständnis im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden und gewachsen ist: Heute kennen wir das Leben der Sterne in seinem Ablauf und in der Vielfalt seiner Formen, von der Geburt aus dem kalten interstellaren Medium bis hin zum Tod, der ganz selten zur spektakulären Erscheinung einer Supernova führt. Auf die Suche nach den Spuren, die ein solches Begräbnis erster Klasse vor tausend Jahren hinterließ, haben sich Stefan Binnewies und Josef Pöpsel begeben: So ist ihnen die erste Amateuraufnahme des Überrests der historischen Supernova von 1006 gelungen (Wolfgang Steinicke und Stefan Binnewies, S. 68–72). Und ihre sorgfältige Auswertung förderte manches interessante Detail zutage. Einen weiteren Knotenpunkt im kosmischen Netz untersucht der 15jährige Timo Stein an der Wilhelm-Foerster-Sternwarte mitten in Berlin, wo er sich seit Jahren mit der Beobachtung naher Galaxien und ihrer aktiven Kerne befasst. Seine Analyse der gesammelten Daten (S. 76–81) ergab grundlegende Zusammenhänge zwischen Helligkeit und Morphologie der Galaxien und der Aktivität ihrer »zentralen Maschine«. Die Arbeit an diesem klug angelegten und mit großem Einsatz durchgeführten Projekt wurde zu Recht bereits zweimal bei »Jugend forscht« ausgezeichnet. Ein ganz spezielles kosmologisches Modell haben unsere Leserinnen und Leser im Laufe der Jahre besonders lieb gewonnen – ich meine Kippenhahns Kosmos: Diese Rubrik wurde zu einer Abbildung der Welt durch die wissende, menschliche, oft auch kritische und stets humorvolle Optik des großen Meisters der populären Astronomie. Herr Kippenhahn möchte sich nun befreien vom Termindruck einer festen Rubrik – das ist mehr als verständlich. Wir danken Herrn Kippenhahn, auch im Namen unserer Leserschaft, von ganzem Herzen, behalten uns jedoch vor, weiterhin ohne jeden Termindruck auf seine spontanen Beiträge zu hoffen. Unser eigener Beitrag zur »Strukturbildung im Netz« soll nicht unerwähnt bleiben: Wir haben unsere Homepage neu gestaltet! Dies geschah aus dem Bedürfnis heraus, Sie, liebe Leserin und lieber Leser, stärker am Geschehen in der Redaktion zu beteiligen. Bitte schauen Sie nach (www.suw-online.de), ob wir unser Ziel erreicht haben, und teilen Sie uns Ihre Meinung mit. Besten Dank und herzliche Grüße Sterne und Weltraum November 2006 E d i to ri a l November 2006 SuW 45 Nr. 11