Pathogenetische Bedeutung von intrazellulären

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Neurologische Klinik und Poliklinik
der Technischen Universität München
Klinikum rechts der Isar
(Direktor: Univ.-Prof. Dr. B. Conrad)
Pathogenetische Bedeutung von intrazellulären Huntingtinaggregaten
beim Morbus Huntington
Immun- und enzymhistochemische Untersuchung menschlichen post-mortem-Gehirngewebes
zu Vorkommen und Verteilung pathologischer Huntingtinaggregate beim Morbus Huntington
Stefan Kümmerle
Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Medizin
der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines
Doktors der Medizin
genehmigten Dissertation.
Vorsitzender:
Univ.-Prof. Dr. D. Neumeier
Prüfer der Dissertation:
1. apl. Prof. Dr. A. Weindl, Ph.D.
2. Univ.-Prof Dr. B. Conrad
Die Dissertation wurde am 22.02.2002 bei der Technischen Universität München
eingereicht und durch die Fakultät für Medizin am 13.11.2002 angenommen.
Diese Arbeit widme ich meinen Großeltern
1
ABKÜRZUNGEN:
Abb.
Abbildung
AK
Antikörper
bzw.
beziehungsweise
ca.
zirka
DAB
Diaminobenzidin
DNA
Desoxiribonukleinsäure
et al.
et alii
etc.
et cetera
g
Gramm
GABA
Gamma-Amino-Buttersäure
h
Stunde/Stunden
Htt
Huntingtin
L
Liter
M
Mol
MH
Morbus Huntington
min
Minuten
mg
Milligramm
ml
Milliliter
µm
Mikrometer
NADPH
Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid-Hydrogen-Phosphat
NADPH-d
NADPH-Diaphorase
N-terminal
„Stickstoff-endig“ = am Stickstoffende gelegen
resp.
respektive
SBMA
Spinobulbäre Muskelatrophie
SCA
Spinozerebelläre Ataxie
Tab.
Tabelle
usw.
und so weiter
z.B.
zum Beispiel
ZNS
zentrales Nervensystem
2
INHALTSVERZEICHNIS
Seite:
1. Einführung
6
1.1 Einleitung
6
1.2 Klinisches Bild
6
1.3 Epidemiologie
7
1.4 Neuropathologie
7
1.4.1 Striatum
8
1.4.1.1 Selektiver Nervenzellverlust im Striatum
10
1.4.1.2 Calbdindin-D28k-positive Nervenzellen sind besonders betroffen
11
1.4.1.3 NADPH-Diaphorase-haltige Neurone bleiben vermeintlich verschont
11
1.4.2 Zerebraler Kortex und subkortikale weiße Substanz
12
1.4.2.1 Laminare und zelluläre Pathologie der Großhirnrinde
12
1.4.2.2 Subkortikale weiße Substanz
13
1.4.3 Beteiligung weiterer Strukturen
13
1.5 Genetik
13
1.6 Genprodukt Huntingtin
14
1.6.1 Pathogenetische Überlegungen
15
1.6.2 Charakterisierung der Huntingtin-Expression
15
1.6.3 Interaktionen mit anderen Proteinen
16
1.6.4 Aggregationen von Huntingtin – Intrazelluläre Eiweißablagerungen
16
1.6.5 Pathogenetische Bedeutung der Huntingtinaggregate
18
1.6.6 Mechanismus der Proteinaggregation
18
1.7 Vergleich mit anderen CAG-Repeat-Krankheiten
19
1.8 Pathogenetische Rolle der Huntingtinaggregate ist weiterhin unklar
20
2.
Problemstellung
21
3.
Material und Methoden
22
3.1 Material
22
3.1.1 Gewebeproben
22
3.1.1.1 Untersuchtes Gehirngewebe
22
3.1.2 Verbrauchsmaterial
23
3.1.2.1 Antikörper
23
3.1.2.2 Lösungen für Immun- und Enzymhistochmie
24
3
3.2 Methoden
26
3.2.1 Gewebeaufbereitung
26
3.2.1.1 Immunhistochemie
26
3.2.1.2 Enzymhistochemie
27
3.2.1.3 Doppelfärbetechnik
28
3.2.1.4 Fertigstellung der Präparate
28
3.2.2 Auswertung
4.
28
Ergebnisse
30
4.1 EM48-Färbung
30
4.1.1 Darstellung und Charakterisierung von Huntingtinaggregaten
30
4.1.2 Topographische Verteilung der Huntingtinaggregate
31
4.1.3 Akkumulationen multipler kleiner Huntingtinaggregate
34
4.1.4 In Kontrollgehirnen sind keine Huntingtinaggregate nachweisbar
35
4.2 NADPH-Diaphorase-Neuronen und EM48-Färbung
4.2.1 Huntingtinaggregationen in NADPH-d-positiven Nervenzellen
36
4.2.2 NADPH-d- und EM48-Kombinationsfärbung in Kontrollen
36
4.3 Calbindin-Neuronen und EM48-Färbung
39
4.3.1 Calbindin-positive Nervenzellen enthalten nur selten Htt-Aggregate
39
4.3.2 Calbindin- und EM48-Kombinationsfärbung in Kontrollen
41
4.4 Kombinierte SMI32- und EM48-Färbung
5.
36
42
Diskussion
43
5.1 Kritische Beurteilung von Material und Methodik
43
5.1.1 Gewebeproben
43
5.1.2 Antikörper
43
5.1.3 Labortechniken
44
5.1.4 Auswahl der untersuchten Nervenzelltypen
45
5.2 Interpretation der Ergebnisse
45
5.2.1 Topographische Verteilung von Htt-Aggregaten
45
5.2.2 Mögliche pathogenetische Bedeutung von Neuropil-Htt-Aggregaten
47
5.2.3 Intrasomale Htt-Aggregate sind nicht auf vulnerable Nervenzellsubpopulationen
beschränkt
47
5.2.3.1 Überraschend viele NADPH-d-Neurone enthalten Htt-Aggregate
48
5.2.3.2 Nur relativ wenige Calbindin-Neurone enthalten Htt-Aggregate
49
4
5.3 Zusammenfassung und Einordnung der Erkenntnisse in
die vorhandene Literatur
49
5.3.1 Intrazelluläre Proteinaggregationen wurden lange als toxisch angesehen
50
5.3.2 Neuere in-vitro-Untersuchungen
50
5.3.3 Möglicherweise ist vor allem nicht-aggregiertes Huntingtin im Zellkern toxisch
51
5.3.4 Huntingtinaggregate per se sind wahrscheinlich nicht toxisch –
vermutlich sind andere Faktoren für die Neurodegeneration verantwortlich
52
5.4 Andere wichtige potentielle Pathomechanismen
53
5.5 Ausblick
54
6.
Zusammenfassung
56
7.
Literaturverzeichnis
58
8.
Danksagung
65
9.
Lebenslauf
66
5
1. Einleitung
1.1 Einführung
Unter den zahlreichen Krankheiten, die mit choreatischen Bewegungsstörungen einhergehen, ist der
Morbus Huntington (Synonyma: Chorea Huntington, Chorea major, erbliche Chorea, erblicher
Veitstanz) wahrscheinlich das bekannteste und wichtigste Leiden. Seinen Namen verdankt diese
Krankheit George Huntington, einem damals auf Long Island/New York tätigen praktischen Arzt, der in
einer weithin bekannt gewordenen Veröffentlichung 1872 durch eine äußerst sorgfältige und
treffsichere, zugleich aber auch sehr anschauliche Beschreibung das Bild der erblichen Chorea
charakterisiert hat (Huntington, 1872). Seine erste Begegnung mit „dieser Krankheit“ hatte Huntington
jedoch schon im Alter von 8 Jahren, als er mit seinem ebenfalls als Arzt tätigen Vater auf Hausbesuch
war. Seine Erinnerung daran beschrieb er später mit den folgenden Worten:
„Over 50 years ago in riding with my father on his professional rounds, I saw my first
cases of ‚that disorder‘. We suddenly came upon two women, mother and daughter, both
bowing, twisting, grimacing. What could it mean? My father paused to speak with them
and we passed on. From that point, my interest in the disease has never wholly ceased.“
(Huntington, 1910)
Auch nach seinem Tod wurde dieser Krankheit viel Beachtung geschenkt, und sie rückte zunehmend
in den Mittelpunkt zahlreicher, intensiver Forschungsbemühungen. Unter anderem diente der Morbus
Huntington (MH) jahrelang als das Paradebeispiel für ein autsomal-dominantes Erbleiden schlechthin.
Erstmals bei einer Erkrankung überhaupt, gelang es Forschern später durch Benutzung anonymer,
genetischer Marker den für den MH verantwortlichen Gendefekt auf eine bestimmte Region innerhalb
eines Chromosomes einzugrenzen (Gusella et al., 1983). Ein gutes Jahrzehnt danach konnte
schließlich das eigentliche Gen, sowie das dazugehörige Protein identifiziert werden (Huntington’s
Disease Collaborative Research Group, 1993). Doch trotz vieler, erstaunlicher Erkenntnisse und
Fortschritte auf dem Gebiet des MH seither, kennt man bis heute nicht die eigentliche Ursache bzw.
die pathophysiologischen Zusammenhänge, die dem stattfindenden Nervenzellverlust, und den damit
einhergehenden, klinischen Symptomen zu Grunde liegen.
1.2 Klinisches Bild
Der MH ist eine autosomal-dominante neurodegenerative Erkrankung, die durch choreatische
Bewegungsstörungen,
psychiatrische
Auffälligkeiten,
Abbau
intellektueller
Fähigkeiten
und
progrediente Demenz gekennzeichnet ist. Bei der weitaus häufigeren adulten Form manifestiert sich
die Erkrankung für gewöhnlich um das 35.-50. Lebensjahr. Psychische bzw. kognitive Veränderungen
6
gehen dabei der neurologischen Symptomatik öfter voraus; doch entsteht der spezifische Verdacht
auf MH zumeist erst dann, wenn choreatische Hyperkinesien hinzukommen.
Die mentalen Störungen und neurologischen Beeinträchtigungen verschlechtern sich bei den
Erkrankten gewöhnlich progredient und führen innerhalb von 10 bis 15 Jahren bis hin zu vegetativem
Siechtum.
Meist
versterben
die
Betroffenen
schließlich
infolge
von
Schluckstörungen,
Aspirationspneumonie und körperlicher Auszehrung.
In 5-10% aller Fälle beobachtet man dagegen eine juvenile Manifestationsform mit einem
Krankheitsbeginn vor dem 20. Lebensjahr. Im Gegensatz zur adulten Form ist bei diesem
sogenannten juvenilen MH eine akinetisch-rigide Symptomatik, Dystonie mit dementivem Abbau und
zerebralen Anfällen vorherrschend. Außerdem zeichnen sind diese Fälle durch eine raschere
Progredienz aus (Weindl und Conrad, 1996; Adams et al., 1997).
1.3 Epidemiologie
Epidemiologische Untersuchungen aus den USA und den meisten westeuropäischen Ländern
ergaben eine Prävalenz der Erkrankung von ca. 4-8/100.000 Einwohner (Harper, 1992). Vergleichbare
Prävalenzen finden sich auch in Deutschland, was unter anderem Untersuchungen aus dem
südbayerischen Raum bestätigen (Knöbel, 1995). Damit zählt der MH in hiesigen Universitätskliniken
zu den am häufigsten beobachteten hereditären Erkrankungen des zentralen Nervensystems.
Relativ selten dagegen wird der MH in Finnland (0,1/100.000) und Japan (0,5/100.000) beobachtet,
während die weltweit höchsten Prävalenzen vor allem in jenen Regionen zu finden sind, in denen
betroffene Familien über Generationen hinweg ortsständig waren (ein bekanntes Beispiel hierfür ist
die Gegend um den Maracaibosee in Venezuela (Penney et al., 1990)) Diese Abweichungen nach
unten bzw. oben liegen somit wahrscheinlich hauptsächlich in der unterschiedlichen Abstammung und
Vermischung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Kulturen begründet. Davon jedoch
abgesehen ist der MH eine weder durch Rasse, Geschlecht noch geographisch begrenzte Entität
(Marshall und Shoulson, 1997).
1.4 Neuropathologie
Der MH geht mit einer generalisierten Atrophie des Gehirnes einher, die jedoch in den verschiedenen
Hirnregionen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Besonders stark von der Degeneration betroffen
sind die Basalganglien (siehe Abb. 1.1). Das Gesamtgewicht eines MH-Gehirnes ist bei Autopsie um
ca. 30% geringer als das eines Kontrollgehirns. Der neurodegenerative Prozeß scheint im Neostriatum
zu beginnen und führt in fortgeschrittenen Fällen bis zu einer 50-65 prozentigen Verringerung dessen
Querschnittsfläche. Doch auch beim Kortex beobachtet man eine Reduzierung um ca. 20-30%,
ebenso wie bei der weißen Substanz (29-34%) (de la Monte et al., 1988).
7
C
P
3cm
Abb. 1.1
Makroskopischer Vergleich zweier fixierter Gehirnhälften in koronarer Schnittebene auf Höhe
des rostralen Striatums: Rechts die Hemisphäre einer 49-jährigen Frau mit Morbus
Huntington (pathologisches Stadium 3-4), links die Hemisphäre eines altersentsprechenden
normalen Kontrollgehirns.
Auffällig ist im MH-Gehirn die ausgeprägte Atrophie des Neostriatums (Nucleus caudatus, C
und Putamen, P) mit konsekutiver Vergrößerung des Seitenventrikels, sowie eine deutliche
Atrophie der Hirnrinde und ein markanter Verlust an weißer Substanz.
1.4.1 Striatum
Das markanteste Charakteristikum des MH ist die auffallende, überdurchschnittlich stark ausgeprägte
Atrophie des Neostriatums (Nucleus caudatus und Putamen). Während zu Beginn der Erkrankung in
anderen
Hirnregionen
oft
lange
Zeit
nur
subtile,
uncharakteristische
neuropathologische
Veränderungen zu beobachten sind, finden sich im Neostriatum meist schon deutliche Zeichen der
Neurodegeneration.
Die Degeneration schreitet dabei nach einer zeitlichen und topographischen Gesetzmäßigkeit voran.
Besonders früh finden sich degenerative Veränderung in den caudo-dorsalen Anteilen des Nucleus
caudatus, während der rostrale Caudatumkopf oft zunächst noch verschont zu bleiben scheint.
Parallel dazu beobachtet man auch im Putamen die ersten Veränderungen in dessen caudalen
Anteilen beginnend. Mit Fortschreiten der Krankheit breitet sich der neurodegenerative Prozeß
zunehmend entlang einer Achse in dorso-ventraler, caudo-rostraler und medio-lateraler Richtung aus
und involviert schließlich das gesamte Neostriatum. Lediglich der Nucleus accumbens bleibt bis in
späte Stadien hinein relativ verschont (Vonsattel et al., 1985; Hersch und Ferrante, 1997).
8
Auf der Basis dieser charakteristischen neuropathologischen Veränderungen innerhalb des Striatums
entwickelten Vonsattel et al. ein Schema bzw. ein Klassifikationssystem, nach welchem der
Schweregrad der neuropathologischen Veränderungen in Stadien von 0-4 eingeteilt werden kann. Als
Kriterien hierfür dienen sowohl makroskopische Aspekte des Striatums (siehe Abb. 1.2), als auch
mikroskopische Einschätzungen des Nervenzellverlustes, sowie das Ausmaß der Gliose (Zunahme
der Gliazelldichte) (Vonsattel et al., 1985).
c1
c2
P
A
NA
B
C
D
Abb. 1.2 A-D
Koronare Schnitte durch rostrale Striata verschiedener pathologischer Stadien des
Morbus Huntington (Hämatoxylin/Eosin/Luxol-Fast-blue-Färbung). Abb. (A) zeigt ein
normales Striatum eines Kontrollgehirns: Nucleus caudatus (c), dorso-medialer (c1) und
ventro-lateraler Anteil (c2), Nucleus accumbens (NA) und Putamen (P). In den Stadien 0
und 1 sind keine makroskopischen Veränderungen zu erkennen (Abb. A). Ab Stadium 2
(Abb. B) ist eine beginnende striatale Atrophie zu beobachten, doch bleibt die
Caudatumtaille medialwärts konvex ausgebuchtet. In Stadium 3 (Abb. C) ist die Atrophie
schon soweit fortgeschritten, daß das Caudatum plan abgeflacht erscheint, und in
Stadium 4 (Abb. D), dem Stadium schwerster Degeneration, nach medial hin eine
konkave Oberfläche aufweist.
Anmerkung: Neben makroskopischen Aspekten müssen für eine korrekte Stadieneinteilung ebenso auch mikroskopische Veränderungen berücksichtigt werden (siehe
hierzu Text und Vonsattel et al., 1985).
Zu Stadium 0 zählen die wenigen Fälle, in welchen trotz typischer, klinischer und familiärer Anamnese
keine pathologischen Veränderungen bei der Autopsie entdeckt werden konnten. In Stadium 1 finden
sich mikroskopische Veränderungen, mit bis zu 50 prozentigem Schwund striataler Neurone, ohne
daß
eine
makroskopisch
auffallende
Atrophie
zu
beobachten
ist.
Durch
zunehmenden
Nervenzellverlust, einhergehend mit Astrogliose, wird jedoch ab Stadium 2 schon bei grober
Betrachtung die atrophische Degeneration des Neostriatums erkennbar. Die Astrogliose entsteht
dabei wahrscheinlich nicht durch eine primäre Astrozytose, sondern spiegelt lediglich ein relatives
9
Überleben der Astrozyten in einem ansonsten schrumpfenden Striatum wieder (Lange et al., 1976). Im
Stadium 3 sind die oben beschriebenen pathologischen Veränderungen noch stärker ausgeprägt.
Zunehmend ist auch das Pallidum von der Degeneration betroffen. Im schwersten Stadium 4 ist neben
einer schon makroskopisch sehr eindrücklichen Atrophie des Striatums (siehe Abb. 1.2 D), ein Verlust
striataler Nervenzellen von bis zu 90% mit fast ausschließlichem Übrigbleiben von Astrozyten zu
beobachten (Vonsattel et al., 1985, 1998; Hersch und Ferrante, 1997).
1.4.1.1 Selektiver Nervenzellverlust im Striatum
Morphologische, biochemische und immunhistologische Untersuchungen, speziell im Striatum,
ergaben
schon
früh
Hinweise
dafür,
daß
auch
auf
zellulärer
Ebene
verschiedene
Nervenzellsubpopulationen in unterschiedlichem Ausmaße von der Degeneration betroffen sind
(Kowall et al., 1987).
Striatale Nervenzellen können morphologisch in bedornte und unbedornte Neurone, sowie zusätzlich
ihrer Größe nach in verschiedene Gruppen bzw. Nervenzellsubpopulationen unterteilt werden. Mit 7080% bilden mittelgroße bedornte Neurone den Hauptanteil aller striataler Nervenzellen, während 1020% zu den mittelgroßen bis großen unbedornten Neuronen zählen. Noch spezifischer lassen sich die
verschiedenen Nervenzelltypen weiterhin durch diverse Neurotransmitter
und Neuropeptide
charakterisieren, welche in ihnen in unterschiedlichen Kombinationen lokalisiert zu finden sind
(Übersicht, siehe Beal und Martin, 1986).
Graveland et al. (1985) beobachteten mit Hilfe der Silberimprägnationstechnik nach Golgi, daß
selektiv mittelgroße bedornte striatale Neurone („medium spiny neurons“) früh und in insgesamt
stärkerem Maße pathologische Veränderungen aufweisen als mittelgroße bis große unbedornte
Neurone („medium/large aspiny neurons“).
Mittelgroße, bedornte Nervenzellen sind inhibitorische Projektionsneurone, die vom Neostriatum zu
Pallidum und Substantia nigra projizieren und GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) als primären
Neurotransmitter benutzen. Neben GABA sind in ihnen zum Teil diverse Neuropeptide wie z.B.
Substanz P, Enkephalin, Dynorphin und Calbindin D28k lokalisiert, durch die sich die Neuronen weiter
subtypisieren lassen (Hersch und Ferrante, 1997). So fand man z.B. heraus, daß mittelgroße bedornte
Neurone, welche Enkephalin enthalten, vornehmlich zum externen Segment des Globus pallidus
projizieren, während Substanz P enthaltende Neurone vor allem zum internen Pallidumsegment hin
ziehen. Das ist insbesondere interessant, weil sich darstellen ließ, daß in frühen Stadien des MH
überproportional jene Nervenzellen degenerieren, die zum externen Pallidumsegment projizieren
(Reiner et al., 1988). Man vermutet, daß es durch diesen differenzierten Verlust striataler
inhibitorischer Projektionsneurone zu einer unausgeglichenen Aktivität zwischen den direkten und
indirekten Bahnen des extrapyramidal-motorischen Systems kommt, was klinisch eine Chorea zur
Folge haben kann (Albin et al., 1990; Wichmann und Delong, 1997).
10
1.4.1.2 Calbindin-D28k-positive Nervenzellen sind besonders betroffen
Wie oben erwähnt, enthalten mittelgroße, bedornte Nervenzellen größtenteils auch Calbindin D28k
(Gerfen et al., 1985; DiFiglia et al., 1989; Celio et al., 1990). Calbindin D28k ist ein Kalzium-bindendes
Protein, von welchem angenommen wird, daß es eine Rolle in der neuronalen Kalziumpufferung
spielt. Gerade diese Calbindin-D28K-immunreaktiven Neurone scheinen beim MH besonders
vulnerabel zu sein und degenerieren unverhältnismäßig früh und insgesamt am stärksten (SetoOshima et al., 1988; Kiyama et al., 1990). Speziell in frühen pathologischen Stadien (Stadium 1-2) der
Erkrankung
fanden
sich
in
dieser
Nervenzellsubpopulation
gelegentlich
noch
proliferative
Veränderungen. So beobachtete man unter anderem ein anormales Dendritenwachstum mit teilweise
sich rückwärts orientierenden distalen Dendritensegmenten („recurving“), sowie eine markante
Zunahme der dendritischen Dornendichte. In weiter fortgeschrittenen Stadien (Stadium 3-4) hingegen
waren neben einem massiven Zellverlust von bis zu 90% aller Calbindin-D28k-Neurone, vor allem
auch degenerative Veränderungen, wie Verkürzung und Verplumpung der Dendriten, mit fokal
irregulären Anschwellungen und deutlichem Dornenverlust zu finden. Über alle Stadien hinweg fiel
den Autoren dabei jedoch das vermeintliche Verschontbleiben unbedornter Nervenzellen auf.
(Ferrante et al., 1991).
1.4.1.3 NADPH-Diaphorase-haltige Neurone bleiben vermeintlich verschont
Abgesehen von den zahlenmäßig überwiegenden „medium spiny neurons“ (siehe 1.4.1.1) gibt es im
Striatum sowie auch in der Hirnrinde zusätzlich eine Vielfalt verschiedener Interneurone, mit
unterschiedlichen Charakteristika und entsprechend auch verschiedenen neuroaktiven Substanzen.
Diese Interneurone sind mittelgroß bis groß, besitzen unbedornte bis nur sehr spärlich bedornte
Dendriten („aspiny“ bis „sparsly spiny neurons“), und scheinen gegenüber der Neurodegeneration
beim MH relativ resistent zu sein. Zu ihnen zählen vor allem große cholinerge Neurone, Substanz-Pexprimierende Neurone und solche, die Somatostatin und Neuropeptid Y enthalten und zusätzlich
über eine NADPH-Diaphorase (NADPH-d) verfügen (Hersch und Ferrante, 1997). Durch diese
NADPH-d lassen sich letztere Nervenzellen sehr leicht mittels einer enzymhistochemischen Reaktion
darstellen.
Diese NADPH-d-positiven Interneurone sind von mittlerer Größe, unbedornt, und machen ca. 3-4%
aller striataler Nervenzellen aus. Speziell dieser Nervenzelltyp scheint beim MH sowohl im Striatum
als auch in der Hirnrinde von der Degeneration relativ verschont zu bleiben (Ferrante et al., 1985;
Albin et al., 1990; Cudkowicz und Kowall, 1990). Während sich die totale Anzahl striataler Neurone im
Verlauf des pathologischen Prozesses stark verringert, nimmt die Dichte dieser NADPH-d-positiven
Neuronen bei mikroskopischer Betrachtung um das 4- bis 5-fache zu. Dieses Phänomen ist auf einen
kombinierten Effekt einer selektiven Resistenz dieser Nervenzellen, sowie auf das Schrumpfen des
umliegenden Gewebes zurückzuführen (Ferrante et al., 1985, 1987). Entsprechende biochemische
11
und immunhistochemische Untersuchungen für Somatostatin und Neuropeptid Y bestätigen das
Überleben gerade diesen Zelltyps (Dawbarn et al., 1985; Beal et al., 1988a).
1.4.2 Zerebraler Kortex und subkortikale weiße Substanz
Der degenerative Prozeß ist keineswegs auf das Striatum begrenzt. Auch die Großhirnrinde atrophiert
zunehmend im Krankheitsverlauf und ist klinisch wahrscheinlich maßgeblich an den kognitiven
Defiziten und psychischen Störungen beteiligt. Doch sind die neuropathologischen Veränderungen der
Hirnrinde bei weitem nicht so charakteristisch und einheitlich, wie das im Striatum der Fall ist. De la
Monte et al. (1988) berichteten von einem durchschnittlich 21-29 prozentigen Gewebsverlust der
Großhirnrinde, der von einer 29-34 prozentigen Reduktion an subkortikaler weißer Substanz begleitet
wird. Das Ausmaß der kortikalen Atrophie korreliert dabei, ebenso wie die striatale Pathologie, mit
dem klinischen Voranschreiten der Erkrankung (Vonsattel et al., 1985; de la Monte et al., 1988).
Manche Autoren beschrieben, daß bestimmte kortikale Areale stärker degenerieren als andere, doch
herrscht darüber im Detail noch Uneinigkeit (Hersch und Ferrante, 1997).
1.4.2.1 Laminare und zelluläre Pathologie der Großhirnrinde
Die degenerativen Veränderungen der Großhirnrinde finden vor allem in Laminae III, V und VI statt.
Eine Reduktion der Nervenzellen von 30-40% wurde für Lamina V resp. VI beschrieben. Der
Zellverlust geht dabei proportional mit einem Volumenverlust einher, weshalb sich die Neuronendichte
bei einfacher mikroskopischer Betrachtung nicht unbedingt ändern muß (Sotrel et al., 1991; Hedreen
et al., 1991). Morphometrische Untersuchungen ergaben, daß die Durchschnittsgröße aller kortikaler
Nervenzellen zusammengenommen beim MH abnimmt. Die Ursache hierfür mag zum einen in einem
Schrumpfen der überlebenden Neuronen liegen. Andererseits konnte aber auch gezeigt werden, daß
bevorzugt große pyramidale Nervenzellen, markierbar durch Antikörper für nicht-phosphorylisiertes
Neurofilament (siehe 3.1.2.1), zu Grunde gehen (Sotrel et al., 1991; Cudkowicz und Kowall, 1990).
Weiterhin konnte nachgewiesen werden, daß sich der kortikale Zellverlust nicht auf die Neurone
beschränkt, die bevorzugt mit dem Striatum in Verbindung stehen. Diese Tatsache macht eine
einfache retrograde Degeneration als Ursache für den kortikalen Zellverlust sehr unwahrscheinlich
(Hersch und Ferrante, 1997). Ähnlich wie im Striatum scheinen auch im Kortex vor allem Interneurone,
einschließlich der enthaltenen Substanzen, verschont zu bleiben (Beal et al., 1988b; Cudkowicz und
Kowall, 1990).
12
1.4.2.2 Subkortikale weiße Substanz
Auch die weiße Substanz bleibt nicht von der Atrophie verschont. Wie oben erläutert wird hier ein
morphometrischer Gewebeverlust von ca. 30% beobachtet, der für einen beträchtlichen Anteil am
gesamten Größen- bzw. Gewichtsverlust des Gehirnes verantwortlich ist. Doch erstaunlicherweise
lassen sich trotz dieser markanten Gewebereduktion mikroskopisch, zumindest mit konventionellen
Methoden, keine pathologischen Veränderungen erkennen (Vonsattel et al., 1998).
1.4.3 Beteiligung weiterer Strukturen
Neben der Degeneration von Striatum und Hirnrinde wurden für den MH zahlreiche weitere
pathologische Veränderungen anderer Hirnstrukturen beschrieben. Mitunter sehr stark ist oft auch das
Pallidum betroffen. Ähnlich dem Neostriatum ist auch hier ist ein markanter Nervenzellverlust zu
beobachten, der zu einer ausgeprägten Atrophie führen kann. Pathologische Veränderungen
vergleichbaren Ausmaßes wurden unter anderem auch für die Substantia nigra, den Thalamus und
Hypothalamus, und die Kleinhirnrinde beschrieben (Übersicht über die Neuropathologie beim MH,
siehe Hersch und Ferrante, 1997).
1.5 Genetik
Genetisch ist der MH ein autosomal-dominantes Erbleiden mit nahezu vollständiger Penetranz. Der
dafür verantwortlich gemachte Gendefekt wurde auf Chromosom 4p16.3 lokalisiert und als Expansion
einer meiotisch instabilen (CAG)n-Trinukleotid-Sequenz (Cytosin-Adenin-Guaninidin) identifiziert
(Huntington’s Disease Collaborative Research Group, 1993).
Während die entsprechenden Allele bei normalen Individuen zwischen 10 und 35 sich wiederholende
CAG-Einheiten aufweisen, enthalten die Allele Betroffener von 36 bis über 100 dieser „CAG-Repeats“
(CAG-Wiederholungen). In einem Übergangsbereich von 36 bis 39 CAG-Repeats beobachtet man
eine inkomplette Penetranz, mit Individuen, die dem klassischen Krankheitsbild erliegen und mit
solchen, die bis ins Senium hinein symptomfrei bleiben. Doch ab einer Anzahl von 40 Basen-Tripletts
und mehr manifestiert sich die Huntington-Krankheit zu 100 Prozent innerhalb einer normalen
Lebensspanne (Rubinsztein et al., 1996; McNeil et al., 1997). Trotz einer teilweise erheblichen
Streubreite, besteht zwischen der Länge der CAG-Repeats und dem Manifestations- bzw. Sterbealter
eine eindeutige Korrelation. Je größer dabei die Anzahl der CAG-Tripletts ist, desto früher manifestiert
sich die Erkrankung bzw. desto früher versterben die Betroffenen. Ab einer Anzahl von ca. 60 CAGEinheiten muß mit juvenilem Auftreten gerechnet werden (Gusella et al., 1997).
13
Aufgrund der meiotischen Instabilität kann sich die Länge der Trinukleotid-Sequenz bei der Ei- bzw.
Samenzellbildung ändern; allerdings tut sie dies meist nur um eine kleine Anzahl (<6 CAG-Tripletts).
Doch vor allem bei der Spermatogenese werden teilweise auch Expansionen erheblich größeren
Ausmaßes beobachtet. Diese Erkenntnis stimmt mit der Tatsache überein, daß juvenile MH-Fälle
praktisch immer von väterlich expandierten Allelen verursacht werden (paternale Transmission)
(Zühlke et al., 1993).
Für sporadisch auftretende Erkrankungen sind für gewöhnlich intermediäre Allele mit weniger als 36
CAG-Repeats verantwortlich, die selbst nicht krankheitsauslösend sind, aber aufgrund ihrer
meiotischen Instabilität in den pathologischen Bereich hineinexpandieren und bei den Nachkommen
zur MH-Manifestation führen können (Epplen et al., 1998).
Eine erstaunliche Tatsache ist, daß Individuen mit homozygoter Anlage für den MH-Gendefekt klinisch
nicht von typischen, heterozygoten Gendefekt-Trägern zu unterscheiden sind (Wexler et al., 1987;
Myers et al., 1989). Das läßt zum einen vermuten, daß bei MH-Heterozygoten das verbleibende
normale Allel den Krankheitsprozeß weder hinauszögert noch die Manifestierung wesentlich
beeinflußt, und zum anderen, daß ein Defekt in beiden Allelen des MH-Gens nicht signifikant mehr
Schaden anrichtet als eine heterozygote Anlage.
1.6 Genprodukt Huntingtin
Beim MH befindet sich der mutierte Genabschnitt innerhalb einer kodierenden Sequenz für ein
Protein, welches Huntingtin (Htt) genannt wird (Huntington’s Disease Collaborative Research Group,
1993). Auf Proteinebene wird die (CAG)n-Trinukleotid-Sequenz in eine entsprechend verlängerte
(Glutaminsäure)n-Kette am N-terminalen, also Stickstoff-seitigen Ende des Huntingtins überschrieben.
Doch welche pathogenetischen Auswirkungen dieser verlängerte sogenannte Polyglutamintrakt mit
sich bringt, ist nicht bekannt.
Bislang ist auch die physiologische Funktion von Htt weitestgehend ungeklärt. Eine Verwandtschaft
mit anderen Proteinen wurde nicht entdeckt, doch findet man bei Homologen von z.B. Mäusen und
Ratten, sowie bei anderen Arten, einen hohen Grad an Übereinstimmung (evolutionäre
Konservierung) (Gusella et al., 1997).
Htt wird weit verbreitet in den unterschiedlichsten Gewebetypen neuronalen wie nicht-neuronalen (z.B.
in Nieren-, Leber-, Lymphoblasten-, Lungen-, Herzgewebe etc.) Ursprungs exprimiert. Auch innerhalb
des Gehirns kann eine heterogene Genexpression beobachtet werden. So wird das Htt relativ stark in
Nervenzellen exprimiert, während es in der Glia nicht oder nur in geringer Menge nachzuweisen ist (Li
et al., 1993; Strong et al., 1993).
14
Auf ultrastruktureller Ebene ist Htt ein somatodendritisch lokalisiertes Protein und vor allem in
Zellkörpern, Dendriten, Axonen und Nervenendigungen zu finden, normalerweise aber nicht innerhalb
des Zellkerns. Eine Assoziation mit Mikrotubuli und synaptischen Vesikeln legt eine Rolle im Transport
von Zellorganellen nahe (DiFiglia et al., 1995; Sapp et al., 1997; Velier et al., 1998).
1.6.1 Pathogenetische Überlegungen
Beim Menschen konnte beobachtet werden, daß Individuen, die durch eine balancierte Translokation
ein komplettes Htt-Allel verloren haben, und somit nur noch über 50% der normalen Htt-Produktion
verfügen, keinen MH-Phänotypen entwickeln (Ambrose et al., 1994). Dementsprechend zeigen auch
Mäuse, bei denen durch gezielte Mutagenese lediglich ein Huntingtin-Gen-Homologon inaktiviert
wurde, ebenfalls keine Anomalien (Duyao et al., 1995). Diese Erkenntnisse sprechen dafür, daß nicht
ein einfacher Funktionsverlust des Huntingtins für die Pathogenese verantwortlich sein kann. Dagegen
führt eine komplette Inaktivierung beider Allele in Mäusen noch vor Entstehung des Nervensystems zu
einem frühen embryonalen Tod (Duyao et al., 1995; Zeitlin et al., 1995). So scheint Htt, zumindest bei
Mäusen, eine entscheidende Rolle in der ontogenetischen Entwicklung zu haben. Berücksichtigt man
zusätzlich, daß es auch erwachsene Individuen mit homozygoter Anlage für die MH-Mutation gibt
(siehe 1.5), darf angenommen werden, daß die Mutation an sich die normale Aktivität von Htt nicht
entscheidend beeinträchtigt. Statt dessen wird wahrscheinlich dem Protein durch seinen verlängerten
Polyglutamintrakt eine neue, toxische Eigenschaft zu Teil („toxic gain of function theory“) (Huntington’s
Disease Collaborative Research Group, 1993; Ambrose et al., 1994; Ross, 1995; Sisodia et al., 1998)
1.6.2 Charakterisierung der Huntingtinexpression
Es wurde gezeigt, daß Htt in verschiedenen Hirnregionen unterschiedlich stark exprimiert wird. Doch
läßt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Intensität der Genexpression und jenen
Regionen, die besonders von der Neurodegeneration betroffen sind (siehe 1.4), herstellen. So wurden
gleichermaßen in Kontroll- wie auch in MH-Gehirnen z.B. innerhalb des Striatums lediglich mittlere HttNiveaus beobachtet (Li et al., 1993; Landwehrmeyer et al., 1995), während z.B. in der relativ
verschont bleibenden Kleinhirnrinde das Htt auf vergleichsweise hohem Niveau exprimiert wird
(Strong et al., 1993). Die unterschiedlich starke Degeneration diverser Hirnregionen läßt sich also
nicht durch ein unterschiedlich hohes Htt-Vorkommen erklären.
Auch auf zellulärer Ebene läßt eine unterschiedlich starke Genexpression keine Aussage über die zu
beobachtende unterschiedliche Vulnerabilität der diversen Nervenzelltypen (siehe 1.4) zu. Die
Ergebnisse und Interpretationen verschiedener Autorengruppen divergieren hierzu jedoch beachtlich.
Während manche innerhalb des Striatums von überdurchschnittlich viel Htt in anfälligen „medium
15
spiny neurons“ und relativ wenig Htt in den vergleichsweise resistenten mittelgroßen und großen
„aspiny neurons“ beobachteten (Ferrante et al., 1997), berichteten andere von einer gerade
entgegengesetzten Relation (Gutekunst et al., 1995). Recht einhellig weisen die verschiedenen
Autoren allerdings darauf hin, daß speziell in mittelgroßen striatalen Nervenzellen stets eine sehr
große Variabilität an Htt-Immunreaktivität zu finden war. So färbten sich manche von ihnen intensiv
an, während in anderen das Htt kaum nachzuweisen war (Ferrante et al., 1997; Sapp et al., 1997).
Weitere Publikationen heben hervor, weder bei normalen noch bei MH-Gehirnen signifikante
Unterschiede hinsichtlich des Htt-Gehalts bezüglich unterschiedlicher Nervenzelltypen gefunden zu
haben (Landwehrmeyer et al., 1995).
1.6.3 Interaktion mit anderen Proteinen
Auf molekularem Niveau interagiert Htt mit vielen verschiedenen Proteinen, deren Funktionen
ebenfalls größtenteils unbekannt sind. Eines dieser Proteine ist z.B. das speziell im Gehirn
angereicherte HAP1 (huntingtin-associated protein 1), welches interessanterweise je nach
unterschiedlicher Länge des Polyglutamintrakts von Htt ein unterschiedlich starkes Bindungsverhalten
aufweist. Obwohl bislang die genaue Funktion von HAP1 unbekannt ist, ließen sich durch solche
Interaktionen mit spezifischen Proteinen trotz des ubiquitären Vorhandenseins von Htt z.B. eine
selektive Hirnpathologie erklären (Li et al., 1995, 1996). Ähnliche Wechselwirkungen wurden auch für
andere Proteine beschrieben. So z.B. für die GAPDH (Glycerinaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase),
ein zentrales Enzym der Glykolyse (Burke et al., 1996). Doch konnte beim MH bislang keine
konsekutiv anomale GAPDH-Aktivität belegt werden. Als anderer möglicher Kandidat zählt auch die
Caspase 3, ein humanes Enzym, welches mit einem Apoptose-Gen (ced-3) von Nematoden verwandt
ist. Es konnte gezeigt werden, daß Htt je nach Polyglutaminlänge spezifisch durch diese Caspase 3
gespalten wird. Als Folge davon könnte möglicherweise ein für bestimmte Zellen toxisch wirkendes
Fragment von Htt entstehen (Goldberg et al., 1996). Ähnliche vielversprechende Beobachtungen
wurden auch für zahlreiche andere Proteine beschrieben, doch welchen pathogenetischen Stellenwert
Interaktionen mit diesen oder anderen Proteinen haben, ist noch nicht bekannt.
1.6.4 Aggregationen von Huntingtin – Intrazelluläre Eiweißablagerungen
Mit der Kenntnis um die genetische Ursache, wurden diverse transgene Tiermodelle entwickelt. In
einem Mausmodell (Stammlinie R6/2), bei welchem das humane Exon 1 von Htt inklusive einem
expandierten (CAG)n-Abschnitt in das Mausgenom eingeschleust wurde, konnte ein dem MH
ähnelnder progredienter neurologischer Phänotyp, mit charakteristischen Bewegungsstörungen,
Gewichtsverlust
und
frühem
Tod
beobachtet
werden
(Mangiarini
et
al.,
1996).
Weitere
Untersuchungen an dieser Linie ergaben, daß der klinischen Symptomatik die Formation neuronaler
16
intranukleärer
Zelleinschlüsse
(„neuronal
intranuclear
inclusions“)
vorausgeht.
Diese
Zellkerneinschlüsse wurden durch immunhistochemische Untersuchungen mit Antikörpern (AK) gegen
das N-terminale Ende von Htt entdeckt (Davies et al., 1997).
Auf Grundlage dieser Erkenntnis wurden mit entsprechenden, gegen N-terminales Htt gerichteten AK
auch in menschlichem MH-Gehirngewebe ähnliche intranukleäre Einschlußkörperchen entdeckt
(DiFilgia et al., 1997; Becher et al., 1998). Diese Zellkerneinschlüsse wurden vor allem in den tieferen
Hirnrindenschichten (Laminae V und VI) beobachtet. In juvenilen MH-Fällen wurden sie in bis zu 52%
aller kortikalen Neurone aufgefunden, in Gehirnen adulter MH-Patienten hingegen lediglich in 3-6%
(DiFilgia et al., 1997). Weiterhin wurde berichtet, sie im Striatum bevorzugt in Zellkernen mittelgroßer
Neurone angetroffen zu haben; nicht jedoch in Zellkernen der großen Nervenzellen, die
typischerweise, wie oben schon erwähnt, vom pathologischen Prozeß relativ verschont bleiben
(DiFilgia et al., 1997; Becher et al., 1998).
Die Proteinaggregate waren signifikant größer als Nukleoli und befanden sich frei, ohne eine sie
begrenzende Membran, innerhalb der Zellkerne. Auch extrazellulär wurden gelegentlich intensiv
gefärbte Strukturen beobachtet, die an dystrophe Neuriten erinnerten (DiFilgia et al., 1997).
Eine fehlende Immunreaktivität für AK gegen innere Epitope, sowie entsprechende Western-BlotUntersuchungen wiesen darauf hin, daß jene Proteinpräzipitationen lediglich N-terminale Bruchstücke
von Htt enthalten, und sich kein normales Htt bzw. kein Htt voller Länge im Zellkern befindet. Dadurch
ließe sich auch erklären, warum das Protein in den Zellkern gelangen kann. Denn Htt besitzt kein
„nuclear localization signal“ (NLS), wäre aber in seiner vollen Länge zu groß, um frei in den Zellkern
hinein zu diffundieren. Es wäre jedoch z.B. denkbar, daß das pathologische Htt durch ein Enzym, wie
z.B. Caspase 3 (siehe 1.6.3), gespalten wird, und anschließend kleinere Bruchstücke davon passiv in
den Zellkern wandern und dort akkumulieren könnten (Ross, 1997).
In-vitro-Experimente zeigten, daß die Transfektion von Zellen mit N-terminalen Htt-Fragmenten
inklusive einer verlängerten Polyglutaminkette sowohl im Zytoplasma als auch im Zellkern zu
Aggregationen führen kann. Je kürzer dabei die Länge des Fragmentes war, desto häufiger bildeten
sich Aggregationen im Zellkern aus. Weiterhin gab es Hinweise dafür, daß vor allem von kurzen HttFragmenten bzw. von den Zellkerneinschlüssen eine auf die Zellen toxische Wirkung ausgeht, die mit
Länge der Polyglutaminsequenz zunimmt (Cooper et al., 1998; Hackam et al., 1998; Martindale et al.,
1998).
Bei post-mortem-Gewebe von MH-Patienten und transgenen Tiermodellen, sowie auch in Zellen aus
in-vitro-Experimenten, ist den Proteinaggregationen Ubiquitin angelagert (Davies et al., 1997; DiFiglia
et al., 1997; Cooper et al., 1998). Ubiquitin selbst ist ein kleines stabiles Protein, mit der Aufgabe
andere nicht mehr benötigte Proteine zu markieren und der Degradation bzw. dem proteolytischen
Abbau zuzuführen (Jentsch und Schlenker, 1995). Dies legte die Vermutung nahe, daß das anomale
Htt bzw. dessen Bruchstücke zwar als pathologisch erkannt, jedoch in Form dieser Aggregate nicht
oder nur inkomplett dem proteolytischen Abbau zugänglich sind.
17
1.6.5 Pathogenetische Bedeutung der Huntingtinaggregate
Trotz intensiver Forschungsbemühungen ist es bis heute nicht gelungen, die beim MH
verantwortlichen pathogenetischen Mechanismen gänzlich aufzuklären und eine schlüssige kausale
Erklärung für den selektiven Nervenzellverlust zu finden. Mit Entdeckung der neuronalen
Zellkerneinschlüsse, sowie den anfangs vermeintlich eindeutigen Hinweisen auf deren Assoziation mit
Nervenzelldegeneration
und
deren
neurotoxische
Potenz,
glaubte
man
nun
endlich
das
pathogenetische Korrelat für den Zellverlust gefunden zu haben (DiFiglia et al., 1997; Becher et al.,
1998; Cooper et al., 1998). So wurde spekuliert, die intranukleären Proteineinschlüsse könnten zu
Störungen intranukleärer Transportvorgänge oder auch zu subtilen Auswirkungen auf die
Transkription führen (Davies et al., 1997; DiFiglia et al., 1997; Cha, 2000). Das könnte wiederum zur
Folge haben, daß z.B. die Expression spezieller, für Nervenzellen zentraler Elemente, wie z.B.
Rezeptoren, mitochondriale Proteine oder andere essentielle Moleküle entscheidend beeinflußt
werden (Ross, 1997).
Obwohl diese Meinung, daß Zellkerneinschlüsse maßgeblich für den Nervenzelluntergang
verantwortlich sind, zunächst weithin Akzeptanz fand, wies unter anderem Ordway et al. (1997) auf die
Möglichkeit hin, daß diese Eiweißaggregate eventuell lediglich ein Beiprodukt bzw. ein unschuldiges
Kennzeichen anderer toxischer Vorgänge darstellen, und selbst nicht für den Zelltod verantwortlich
sein könnten.
Neuere Experimente weisen ebenfalls in diese Richtung. So berichten Saudou et al. (1998), daß in
vitro intranukleäre Einschlüsse weder den Zelltod auslösen noch ihn voraussagen. Nach Transfektion
von in-vitro-Zellen mit mutantem Htt, entwickelten striatale gleichermaßen wie hippokampale Zellen
intranukleäre Proteinablagerungen. Doch während sich die Degenerationsrate bei den striatalen
Zellen verdoppelte, blieb sie bei hippokampalen Zellen unverändert. Genauere Betrachtung ergab
zudem, daß speziell Enkephalin-haltige mittelgroße Striatumzellen, die beim MH ganz besonders stark
betroffen sind (siehe 1.4.1.1), bevorzugt degenerieren. Weiterhin war es durch Blockierung Ubiquitinkonjugierender Enzyme möglich, die Bildung von Proteinaggregaten größtenteils zu unterbinden,
gleichzeitig aber die Expression von mutantem Htt unbeeinflußt zu lassen. Und obwohl nun als Folge
davon weitaus weniger intranukleäre Einschlußkörperchen ausgebildet wurden, erhöhte sich die Rate
der Zelldegeneration erheblich (Saudou et al., 1998).
1.6.6 Mechanismus der Proteinaggregation
Über die Ursache der eigentlichen Aggregation von mutantem Htt wurden verschiedene Hypothesen
vorgeschlagen. So beobachteten z.B. Perutz et al. (1994), daß lange Polyglutaminstränge selbst oder
im Verbund mit anderen Polyglutamin-haltigen Molekülen durch starke Wasserstoffbrückenbildung
eine β-Faltblattstruktur ausbilden und unter Umständen präzipitieren können. Das ist insbesondere
deshalb
interessant,
da
bekannt
ist,
daß
auch
18
zahlreiche
Transkriptionsfaktoren
lange
Polyglutaminsequenzen enthalten. So wäre es z.B. denkbar, daß essentielle Transkriptionsfaktoren
durch die Einbindung in Aggregationen möglicherweise aus dem Verkehr gezogen werden und somit
ihrer Funktion nicht mehr nachgehen könnten.
Scherzinger et al. (1997) bestätigten in einem in-vitro-Modell, daß N-terminale Htt-Fragmente für sich
genommen ab einer bestimmten Schwellenlänge des Polyglutamintrakts unlösliche Aggregate
ausbilden. Diese Aggregate setzen sich aus fibrillären, β-Amyloid-artigen Strukturen zusammen.
Ein anderer möglicher Aggregationsmechanismus leitet sich aus der Tatsache ab, daß Proteine mit
zunehmender Polyglutaminlänge bessere Substrate für Transaminasen darstellen, und dadurch unter
Umständen zahlreiche kovalente Verbindungen mit anderen essentiellen Peptiden eingehen könnten,
bis die immer größer werdenden Moleküle schließlich ihre Löslichkeit verlieren, ausfällen und so nicht
mehr ihre eigentliche Aufgabe erfüllen können (Kahlem et al., 1996).
Ob diese oder andere Mechanismen für die Präzipitation bzw. Ausbildung von Aggregaten wirksam
sind, ist noch nicht abschließend geklärt.
1.7 Vergleich mit anderen CAG-Repeat-Krankheiten
Außer für den MH sind für mindestens 7 weitere neurodegenerative Erkrankungen ähnliche
Expansionen einer instabilen CAG-Trinukleotid-Sequenz verantwortlich. Im einzelnen konnte dies bis
heute unter anderem für die Spinobulbäre Muskelatrophie (SBMA oder auch Kennedy-Erkrankung),
die Dentatorubropallidoluysiane Atrophie (DRPLA), Spinozerebelläre Ataxie 3 (SCA3, MachadoJoseph-Krankheit), sowie für die Spinozerebellären Ataxien 1, 2, 6 und 7 (SCA1, 2, 6 bzw. 7)
nachgewiesen werden (Young, 1998; Schöls et al., 2001). Diese Erkrankungen werden auch unter
dem Begriff der CAG-Repeat- bzw. Polyglutaminkrankheiten zusammengefaßt. Die jeweils davon
betroffenen, strukturell sehr verschiedenen Gene sind untereinander nicht verwandt, und kodieren für
ganz verschiedenartige Proteine, deren Funktionen bislang größtenteils unbekannt sind. Eine
Ausnahme davon bilden lediglich die SBMA und die SCA6, bei welchen die Gene für einen AndrogenRezeptor bzw. einen spannungsabhängigen Kalziumkanal kodieren.
Obwohl die verschiedenen neurodegenerativen CAG-Repeat- bzw. Polyglutaminkrankheiten jeweils
für sich, hinsichtlich Neurodegeneration und klinischer Ausprägung, recht spezifische Charakteristika
aufweisen, findet man doch auch viele Gemeinsamkeiten unter ihnen: z.B. sind sie alle (mit Ausnahme
von SBMA) autosomal-dominant, haben einen bilateralen symmetrischen Nervenzellverlust zur Folge,
manifestieren sich für gewöhnlich erst im mittleren Lebensalter und entwickeln einen fatalen
progredienten neurologischen Phänotyp (Young, 1998).
Doch
noch
eine
weitere
frappierende
Gemeinsamkeit
verbinden
diese
verschiedenen
Polyglutaminkrankheiten miteinander: Wie oben für den MH beschrieben, konnten inzwischen für fast
alle Polyglutaminkrankheiten (ausgenommen für SCA2) pathologische Aggregationen der mutanten
Proteine innerhalb von Nervenzellen gefunden werden (Sieradzan und Mann, 2001). Das führte schon
19
bald zu der naheliegenden Hypothese, daß, so unterschiedlich die Krankheiten und ihre jeweils
mutierten Proteine auch sein mögen, diese intranukleären Einschlußkörperchen in Nervenzellen ein
gemeinsames, zentrales Element der Pathogenese darstellen (Ross, 1997; Davies et al., 1998;
Becher et al., 1998)
Inwieweit die Eigenschaften der jeweils betroffenen Proteine hinsichtlich der Pathogenese von
Bedeutung sind, ist noch unklar. Einen Hinweis dazu gibt jedoch ein Experiment, in welchem Mäusen
eine lange CAG-Sequenz in ein ektopes, vermeintlich unbeteiligtes Gen eingeschleust wurde. Dabei
handelte
es
sich
um
das
Gen
für
die
Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase.
Erstaunlicherweise entwickelten auch diese Mäuse einen progredienten neurologischen Phänotyp mit
Ataxien,
Krampfanfällen,
und
frühem
Tod.
Außerdem
wurden
ebenfalls
intranukleäre
Einschlußkörperchen beobachtet (Ordway et al., 1997). Diese Tatsache legt deshalb die Vermutung
nahe, daß die Polyglutaminsequenzen an sich zum einen für die Zellkerneinschlüsse und zum
anderen für die Neurotoxizität verantwortlich sind, und das betroffene Protein eventuell lediglich die
Verteilung der Eiweißaggregate und das selektive Muster der Neurodegeneration bestimmen.
1.8 Pathogenetische Rolle der Huntingtinaggregate ist weiterhin unklar
Wie oben angedeutet sprechen viele Argumente für die Vermutung, daß sowohl beim MH, als
möglicherweise auch bei diversen anderen neurodegenerativen Erkrankungen, die pathologischen
Eiweißaggregationen zumindest mitverantwortlich für den Zelluntergang
sind. Trotz dieser
verlockenden und vermeintlich naheliegenden These, konnten dafür bislang keine eindeutigen
Beweise erbracht werden.
In der vorliegenden Untersuchung soll nun mit Hilfe von immun- und enzymhistochemischen
Methoden versucht werden, auch an menschlichem post-mortem-Gehirngewebe von MH-Patienten
die oft postulierte pathogenetische Bedeutung von Htt-Aggregationen für den Nervenzelluntergang zu
überprüfen.
20
2. Problemstellung
Es ist allgemeinhin anerkannt, daß beim MH ein selektiver Nervenzellverlust stattfindet. Bislang ist
jedoch unklar, welche pathogenetischen
Mechanismen für
die differenzierte Degeneration
verantwortlich sind. Seit Entdeckung von pathologischen Htt-Aggregationen innerhalb der Zellkerne
bzw. dem Zytoplasma von Nervenzellen, wurde weithin vermutet, daß diese Zelleinschlüsse die
eigentliche Ursache für den Nervenzelluntergang sind.
Die hier vorliegende Disserations-Arbeit soll eine mögliche Beziehung zwischen der Ausbildung von
Htt-Aggregaten und einer konsekutiven Degeneration bzw. dem Nervenzelluntergang untersuchen.
Dazu sollen folgende Überlegungen angestellt werden:
•
Sollten Htt-Aggregationen tatsächlich direkt für den Nervenzelluntergang verantwortlich sein, dann
sollte erwartet werden können, die Htt-Aggregate im Verlauf der Erkrankung bevorzugt in den
Hirnregionen und in den Nervenzellsubpopulationen anzutreffen, die besonders früh bzw. stark
von der Degeneration betroffen sind.
•
Hirnareale bzw. Nervenzellsubpopulationen die von der Degeneration verschont bleiben, sollten
dagegen entsprechend keine bzw. weniger pathologische Htt-Aggregationen enthalten.
Um dies zu überprüfen soll in dieser Studie Gehirngewebe von MH-Patienten immun- und
enzymhistochemisch aufbereitet und mikroskopisch ausgewertet werden. Im Speziellen soll hierfür
das Vorkommen und die Verteilung von Htt-Aggregationen in Striatum und Hirnrinde bzw. in
Calbindin-D28k-positiven Nervenzellen und NADPH-d-haltigen Neuronen untersucht und miteinander
verglichen werden.
21
3. Material und Methoden
3.1 Material
3.1.1 Gewebeproben
Die für diese Untersuchungen verwendeten menschlichen Gewebeproben stammen aus dem Bedford
VA Medical Center Brain Tissue Archive (Bedford/USA), der Harvard Brain Bank (Cambridge/USA),
und von der Emory University (Atlanta/USA).
3.1.1.1 Untersuchtes Gehirngewebe
Für die Untersuchung werden striatale und kortikale Gewebeproben von 12 klinisch bzw. genetisch
diagnostizierten MH-Patienten verwendet. Die Diagnose MH wurde jeweils post mortem durch die
neuropathologische Untersuchung bestätigt und in ihre pathologischen Stadien nach Vonsattel et al.
(1985) eingeteilt (siehe Tab. 3.1). Als Kontrollen dienen entsprechende Gewebeproben von 4
Patienten vergleichbaren Alters ohne bekannte neurologische Leiden, sowie Hirnschnitte von 6
Patienten mit bekannten neurologischen Erkrankungen (siehe Tab 3.1).
Nach einem mittleren post-mortem-Intervall von 9,2h (siehe Tab. 3.1) wurden alle Gehirne frisch
seziert und in 4°C kalter 2%iger Paraformaldehyd-Lysin-Periodat-Lösung über 24-36h fixiert.
Anschließend wurden die Gewebeblöcke mit 0,1M „phosphate buffered saline“ (= PBS-Puffer) gespült
und über 36h in Frostschutzmittel mit einer ansteigenden Konzentration von 10% Glycerol / 2%
Dimethylsufoxid (DMSO)-Lösung bzw. 20% Glycerol / 2%DMSO-Lösung eingelegt. Von den Striata
wurden mit einem Gefriermikrotom (Zeiss) Serienschnitte in koronarer Schnittebene mit einer Dicke
von 50µm angefertigt. Vom Neostriatum werden aufgrund der differenzierten Pathologie vorwiegend
Schnitte in Höhe des Nucleus accumbens septi (Abb. 1.2) untersucht. Entsprechend wurden kortikale
Schnitte gleicher Dicke vertikal zur Hirnoberfläche angefertigt. Die in dieser Studie untersuchte
Hirnrinde stammt dafür aus insulären sowie temporalen Kortexarealen. Für die nachfolgende
histochemische Bearbeitung wurden die Gewebeschnitte in 0,1M PBS-Puffer / 0,08% Natriumazid bei
4°C aufbewahrt.
22
Verwendetes Gehirngewebe:
(Gehirne der Einfachheit halber durchnumeriert)
Gehirn
MH1
MH2
MH3
MH4
MH5
MH6
MH7
MH8
MH9
MH10
MH11
MH12
Mittelwert
CT1
CT2
CT3
CT4
Mittelwert
NK1
NK2
NK3
NK4
NK5
NK6
Mittelwert
Alter
(Jahre)
29
40
53
66
62
71
74
68
n.b.
73
17
22
52,3
68
31
60
64
55,8
67
78
71
77
69
53
69,2
Geschlecht
w
w
m
w
m
m
w
w
m
m
m
m
w
m
m
m
m
m
m
m
m
m
-
PMI
(Stunden)
6
17,4
12
20
12,5
2
10
13
7
3,5
5
3
9,2
3
26
20
11
15
16
14
5
10
14
7
11
CAGrepeats
Pathologie
48
MH Stadium 1
42
MH Stadium 1
44
MH Stadium 1
44
MH Stadium 2
n.b.
MH Stadium 2
46
MH Stadium 3
45
MH Stadium 3-4
47
MH Stadium 3-4
45
MH Stadium 4
47
MH Stadium 4
(89)
JMH Stadium 4
n.b.
JMH Stadium 4
45,3
n.b.
Kontrolle
n.b.
Kontrolle
n.b.
Kontrolle
n.b.
Kontrolle
n.b.
M. Alzheimer
n.b.
M. Alzheimer
n.b.
M. Parkinson
n.b.
Multiple Sklerose
n.b.
Multiinfarktdemenz
n.b.
Schizophrenie
-
Tab. 3.1 Erklärungen: PMI = post-mortem-Intervall; w = weiblich, m = männlich;
n.b. = nicht bekannt; MH = Morbus Huntington; JMH = juveniler Morbus
Huntington, CT = normales Kontrollgehirn, NK = neurologisches Kontrollgehirn.
3.1.2 Verbrauchsmaterial
3.1.2.1 Antikörper
•
EM48 – Antikörper gegen N-terminales Huntingtin
Erhalten in Kooperation von Dr. Xiao-Jiang Li, Emory University School of Medicine, Atlanta/USA;
verwendet in einer Verdünnung in PBS von 1:500.
EM48 ist ein polyklonales Kaninchen-Antiserum, welches spezifisch gegen das N-terminale Ende
von Htt gerichtet ist. Eine Kreuzreaktivität gegen andere Proteine ist nicht bekannt. EM48 markiert
vorwiegend aggregierte N-terminale Htt-Fragmente, wohingegen es mit nicht aggregiertem bzw.
normalem Htt nicht reagiert. Die Affinität von EM48 ist von der Länge des Polyglutamintrakts
unabhängig.
Ausgewählte Literaturstellen: Li und Li (1998); Gutekunst et al. (1999).
23
•
Calbindin D28k – Antikörper gegen Kalzium-bindendes Protein
Bezogen von Swiss Antibodies, Bellinzona/Schweiz; verwendet in einer Verdünnung in PBS von
1:3000.
Calbindin D28k erkennt als monoklonaler Maus-Antikörper ein neuronales Kalzium-bindendes
Protein, welches in einer Untergruppe von mittelgroßen bedornten Neuronen im Striatum
vorkommt. Dabei konnte gezeigt werden, daß diese Calbindin-D28k-positive Nervenzellen zu
einer beim MH bevorzugt degenerierenden Nervenzellsubpopulation gehören.
Ausgewählte Literaturstellen: Gerfen et al. (1985); DiFiglia et al. (1989); Celio et al. (1990);
Ferrante et al. (1991).
•
SMI32 – Antikörper gegen nicht-phosphoryliertes Neurofilament H
Bezogen von Sternberger Monoclonals Inc, Lutherville/USA; verwendet in einer Verdünnung in
PBS von 1:1000.
SMI32 ist ein monoklonaler Maus-Antikörper gegen nicht-phosphoryliertes Neurofilament H der
meisten Säugetiere, inklusive das des Menschen. SMI32 markiert neuronale Zellkörper, Dendriten
und (vornehmlich dicke) Axone im zentralen wie peripheren Nervensystem. Andere Gewebe- und
Zelltypen dagegen sind nicht reaktiv. Besondere Affinität weist SMI32 gegenüber einer
Untergruppe kortikaler Neuronen auf, die beim MH vorzugsweise degenerieren.
Ausgewählte Literaturstellen: Sternberger und Sternberger, 1983; Morrison et al., 1987;
Cudkowicz und Kowall, 1990.
3.1.2.2 Lösungen für Immun- und Enzymhistochemie
•
2%ige Paraformaldehyd-Lysin-Periodat-Lösung
1L Aqua dest. auf 60°C erhitzen und darin lösen:
5ml einer 10M NaOH = Natronlauge
60g Paraformaldehyd
33g dibasisches Na2PO4 = Dinatriumhydrogenphosphat
auf Raumtemperatur abkühlen lassen und darin lösen:
9g monobasiches NaHPO4 = Natriumhydrogenphosphat
6,45g Na-m-Periodat
41,1g Lsyin-Salzsäure-Salz
filtrieren, mit Aqua dest. auf 3L auffüllen, und mit 10M Natronlauge auf pH7,4 einstellen
•
10% (bzw. 20%) Glycerol / 2% DMSO-Lösung
(DMSO = Dimethylsulfoxid)
zu 2,7L (bzw. 2,4L) 0,1M Phosphat-Puffer (pH7,4) hinzufügen
300ml (bzw. 600ml) Glycerol
60ml DMSO-Lösung
24
•
PBS-Puffer 0,1Mol, pH7,35
(PBS = phosphate buffered saline)
in 1L Aqua dest. lösen:
11g dibasisches Na2PO4 = Dinatriumhydrogenphosphat
3g monobasiches NaHPO4 = Natriumhydrogenphosphat
8,5g NaCl = Kochsalz
mit Salzsäure auf pH7,35 einstellen
•
Methanol / 0,3% Wasserstoffperoxid- Lösung
100ml reines Methanol
1ml 33%iges H2O2 = Wasserstoffperoxid
•
Tris-HCl-Puffer 50mM (bzw. 0,1M), pH7,4
in 1L Aqua dest. lösen:
6,1g (bzw. 12,2g) Tris-(Trishydroxymethylaminomethan)-Base
3ml konzentrierte HCl = Salzsäure (37%ig)
mit Salzsäure auf pH7,4 einstellen
•
Primär-Antikörper-Lösung (für 100ml)
90ml PBS-Puffer (0,1M, pH7,35)
10ml normales Ziegen-Serum (GIBCO, Grand Island, NY/USA)
0,3ml Triton X-100 (Sigma Chemicals, St. Louis, MO/USA)
1,25ml 8%iges Natriumazid (zur Haltbarmachung)
dazu in entsprechender Verdünnungen (siehe 3.1.2.1) die Primär-AK-Seren
•
Sekundär-Antikörper-Lösung (für 100ml mit 1:300 Verdünnung)
90ml PBS-Puffer (0,1M, pH7,35)
10ml normales Ziegen-Serum (GIBCO, Grand Island, NY/USA)
0,33ml Peroxidase-konjugierte Ziegen-anti-Kaninchen- bzw. Ziegen-anti-Maus-IgG
(Boehringer Mannheim, Indianapolis, IN/USA)
•
NADPH-Diaphorase-Färbe-Lösung
10ml Tris-HCl-Puffer (0,1M, pH7,4)
4mg NADPH (Sigma Chemicals, St. Louis, MO/USA)
10mg Nitroblau Tetrazoliumsalz (Sigma Chemicals, St. Louis, MO/USA)
0,08ml Triton X-100
•
DAB-Färbe-Lösung
110ml Tris-HCl-Puffer (50mM, pH7,6)
70mg Natrium-Imidazol (Sigma Chemicals, St. Louis, MO/USA)
1mg DAB = 3,3‘-Diaminobenzidin (Sigma Chemicals, St. Louis, MO/USA)
4 Mikrotropfen H2O2= Wasserstoffperoxid (abgemessen per Insulinspritze)
25
3.2 Methoden
3.2.1 Gewebeaufbereitung
3.2.1.1 Immunhistochemie
Für die immunhistochemische Färbung wird die indirekte Methode (siehe Abb. 3.1) mit Peroxidasekonjugiertem zweitem Antikörper (AK) verwendet (Polak et al., 1987). Alle folgenden Färbeschritte
werden bei Raumtemperatur durchgeführt, sofern nicht explizit anderweitig erwähnt.
Dazu werden die Hirnschnitte zunächst zur Unterdrückung gewebeständiger (=endogener) Peroxidase
für 30 min in eine Methanol / 0,3% Wasserstoffperoxid-Lösung gegeben. Überschüssiges Wasserstoffperoxid wird durch dreimaliges zehnminütiges Waschen in PBS-Puffer eliminiert.
Um unspezifische Bindungsstellen zu blockieren, erfolgt eine einstündige Vorinkubation in 10%igem
normalem Ziegen-Serum.
Anschließend werden die Gewebsschnitte freischwimmend mit Primär-AK-Lösung (Primär-Antikörper
= EM48, Calbindin D28k, SMI32) bei Raumtemperatur für 12-18h inkubiert. Dabei enthalten alle
Primär-AK-Lösungen 0,3% Triton X-100 (zur besseren Gewebepenetration durch Zerstören von
Zellmembranlipiden),
sowie
10%iges
normales
Ziegen-Serum
(um
eine
unspezifische
Hintergrundfärbung zu vermindern). Daran schließt sich wiederum dreimaliges zehnminütiges
Waschen in PBS-Puffer an.
Nachfolgend werden die Präparate für 3-5h mit Peroxidase-konjugierten Sekundär-AK (Ziegen-antiKaninchen-AK im Falle von EM48 bzw. Ziegen-anti-Maus-AK für Calbindin D28k und SMI32) inkubiert.
Die Sekundär-AK werden dazu in einer Verdünnung von 1:300 verwendet. Bei diesem Schritt
fungieren die Fc-Fragmente der Primär-AK als Antigen für die Enzym-konjugierten Sekundär-AK
(siehe Abb. 3.1).
26
konjugierte Peroxidase
Sekundärantikörper
DAB-Färbereaktion
Primärantikörper
Durch Fixierung
demaskierte Epitope
Abb. 3.1 Indirekte immunhistochemische Färbemethode mit
Peroxidase-konjugiertem Sekundärantikörper
Zur
Sichtbarmachung
der
gebundenen,
Peroxidase-konjugierten
Sekundär-AK
werden
die
Gewebsschnitte in eine Lösung von DAB (3,3‘-Diaminobenzidin 1mg/ml) in Tris-HCl-Puffer (50mM,
pH7,6) mit 0,005% Wasserstoffperoxid gegeben. Dabei reduziert die Peroxidase Wasserstoffperoxid
zu freiem Sauerstoff, welcher wiederum das zunächst farblose DAB oxidiert und als braunes Polymer
präzipitieren läßt. Durch vorheriges hinzufügen von 0,01M Imidazol kann die Peroxidase-Reaktion bei
Bedarf intensiviert werden (Straus, 1982). Die gewünschte Färbeintensität wird nach 2-5min erreicht.
Um die unspezifische Hintergrundfärbung, sowie die Spezifität der AK bzw. Antiseren zu beurteilen,
werden einige Kontrollschnitte unter Weglassen der Primär-AK bzw. nach vorheriger Absorption jener
mit bekanntem Antigen / Protein dem gleichen Färbeprozeß unterzogen. Dabei wird lediglich eine
homogene,
unspezifische
und
diffuse
Hintergrundfärbung
des
gesamten
Gewebsschnittes
beobachtet.
3.2.1.2 Enzymhistochemie
Um in Schnitten das gewebeständige Enzym NADPH-Diaphorase (NADPH-d) nachweisen zu können,
wird bei ausgewählten Hirnschnitten auf eine vorige Inkubation mit Methanol / Wasserstoffperoxid
verzichtet, um eine Enzym-Denaturierung zu verhindern.
Zur Darstellung NADPH-d-haltiger Neuronen wird eine an den direkten NADPH-d-Enzm-Nachweis
(Vincent et al., 1983) angelehnte Methode (Ferrante et al., 1987) verwendet. Dazu werden die
Präparate frei schwimmend bei 37°C je nach gewünschter Färbeintensität zwischen 0,5 und 3
Stunden lang in einer Lsg. von 4mg NADPH, 10mg Nitroblau-Tetrazolium, 0,8% Triton X-100 in 10ml
0,1M
Tris-HCl-Puffer
(pH7,4)
gefärbt.
Bei
dieser
Methode
wird
das
farblose
Nitroblau-
Tetrazoliumchlorid NADPH-abhängig reduziert und dadurch in das unlösliche blauviolette Formazan
umgewandelt, welches dann präzipitiert.
27
Um die Spezifität der NADPH-d-Reaktion nachzuweisen, werden Kontrollschnitte nach Enzyminaktivierung (Denaturierung durch Überhitzung des Gewebes 60°C für 2h) gefärbt, sowie unversehrte
Präparate lediglich alleine mit Nitroblau-Tetrazoliumsalz inkubiert. In beiden Fällen wurde keine
Färbung beobachtet.
3.2.1.3 Doppelfärbetechnik
Für die Doppelfärbung eines Präparates mit EM48-AK und Calbindin-D28k- bzw. SMI32-AK werden
die gewünschten Hirnschnitte einer doppelten immunhistochemischen Färbung unterzogen. Dazu
werden die Gewebeproben zuerst komplett für EM48 gefärbt (wie unter 3.2.1. beschrieben), dann
dreimalig (x10min) in PBS-Puffer gewaschen, und anschließend einem kompletten zweiten
immunhistochemischen Färbeprozeß unterzogen. Da EM48 nur eine geringe Hintergrundfärbung
aufweist (siehe unten), gibt es hinsichtlich einem unspezifischen „Nachdunkeln“ des Präparates keine
Probleme.
Um eine Kombination von Immun- und Enzymhistochemie durchführen zu können, wird eine gewisse
Hintergrundfärbung in Kauf genommen und an ausgewählten Gewebeschnitten zur Verhinderung
einer Enzymdenaturierung auf eine Vorinkubation in Methanol / Wasserstoffperoxid verzichtet. Zuerst
werden die Präparate nach der enzymhistochemischen Methode für den NADPH-d-Nachweis gefärbt
(siehe 3.2.2), anschließend dreimalig (x10min) in PBS-Puffer gewaschen, und dann dem zweiten
Färbeschritt, der Immunhistochemie für EM48, unterzogen.
3.2.1.4 Fertigstellung der Präparate
Die Schnitte werden nach Abschluß der Färbeprozesse nochmals in PBS-Puffer gewaschen und
anschließend in nassem Zustand auf Gelatine-beschichtete Objektträger aufgetragen. Nach Trocknen
an freier Luft über Nacht werden den Präparaten mit ParaMount® als Medium Deckgläser aufgelegt
und dadurch versiegelt.
3.2.2 Auswertung
Die mikroskopische Auswertung der Hirnschnitte erfolgt mit einem Leitz-Lichtmikroskop. Benutzt
werden Objektive mit Vergrößerungsfaktor 4x, 10x, 20x und 40x. Für Interferenzkontrastuntersuchungen nach Nomarski wird das Videomikroskop (MicroVideo Instruments, Avon, MA/USA)
eingesetzt. Fotografische Aufnahmen werden mit einem Nikon Labophot-2 Mikroskop angefertigt.
28
Für die quantitative Auswertung werden pro MH-Fall, wann immer möglich, jeweils 10-15
Serienschnitte eingescannt (MicroVideo Instruments, Avon, MA/USA), und mit einer speziellen
Histologiebildbearbeitungssoftware (NIH Image, W. Rasband, NIH, Bethesda, MD) ausgewertet. Von
dem extrem seltenen MH-Gehirngewebe der frühen pathologischen Stadien 1 und 2 stehen teilweise
lediglich 6-10 Serienschnitte zur Verfügung.
Um die Anzahl an Htt-Aggregaten annähernd festzustellen, werden per Zufallsraster 2500µm² große
Ausschnitte aus dem Zielgebiet (dorsales / ventrales Neostriatum bzw. Kortex Laminae V-VI)
ausgewählt und anschließend alle EM48-immunreaktiven Aggregate ausgezählt.
Zur Quantifikation und Beurteilung perikaryaler bzw. intranukleärer Htt-Aggregate wird das
Vorhandensein von EM48-immunreaktiven Aggregaten innerhalb von immunhistochemisch bzw.
enzymhistochemisch differenziert angefärbten Nervenzellsubpopulationen computerunterstützt geprüft
und in Bezug zur absoluten Anzahl der jeweils untersuchten Nervenzellen ausgewertet.
29
4. Ergebnisse
4.1 EM48-Färbung
4.1.1 Darstellung und Charakterisierung von Huntingtinaggregaten
Nach alleiniger immunhistochemischer Färbung der Gehirnschnitte mit EM48 beobachtet man
makroskopisch, sowohl bei Kontrollen als auch bei MH-Präparaten, lediglich eine unspezifische,
schwache Hintergrundfärbung. Doch schon unter geringer lichtmikroskopischer Vergrößerung werden
in
den
MH-Präparaten
zahlreiche
intensiv
markierte
punkt-
bis
ovalförmige
Strukturen
unterschiedlicher Größe und Lokalisation sichtbar (Abb. 4.1). Es handelt sich hierbei um EM48immunreaktive Htt-Aggregate, welche zumindest teilweise aus pathologischen Htt-Fragmenten
zusammengesetzt sind. Mit Hilfe der Nomarski-Optik läßt sich ein reliefartiger Bildkontrast herstellen,
durch welchen die Konturen der Nervenzellkörper verdeutlicht werden können (Abb. 4.1 A). Dadurch
läßt sich erkennen, daß sich der bei weitem größte Anteil an Htt-Aggregaten (>98%) außerhalb der
Zellkörper befindet, und gleichzeitig auch nur sehr wenige Nervenzellen pathologische HttAggregationen enthalten.
Noch deutlicher zeigt sich diese Beobachtung nach einer Kombinationsfärbung von EM48 mit SMI32
(Abb. 4.1 B). SMI32 markiert ein neuronales Filament, wodurch die einzelnen Strukturen wie
Zellkörper, Zellkern und größere Dendriten bzw. Axone der Nervenzellen differenzierbar werden. Und
auch hier bestätigt sich, daß die meisten Htt-Aggregate außerhalb der Nervenzellkörper lokalisiert
sind, sowie daß nur sehr wenige Neuronen Htt-Aggregationen enthalten.
Aggregate, die weder im Zellkern, noch im somalen Zytoplasma lokalisiert werden können, werden im
Weiteren als Neuropilaggregate definiert.
30
A
B
75µm
100µm
Abb. 4.1 A,B
A zeigt einen Ausschnitt aus dem EM48-gefärbten Insel-Kortex eines MH-Gehirnes
(pathologisches Stadium 4). Man erkennt deutlich die intensiv dunkelbraun bis schwarz
gefärbten punkt- bis ellipsoidförmigen Htt-Aggregate mit einer Größe von durchschnittlich 250µm. Gelegentlich werden auch tubuläre Formen beobachtet, die teilweise bis über
mehrere 100µm Länge aufweisen. Durch Nomarski-Optik stellen sich die Zellkörper in A
reliefartig dar. Dadurch kann man erkennen, daß sich die meisten Aggregate außerhalb der
Zellkörper befinden, und außerdem nur wenige der Nervenzellen Htt-Aggregate in ihrem
Soma enthalten (Pfeil). Diese Beobachtung wird durch eine kombinierte Färbung mit EM48
und SMI32 in B verdeutlicht. Auch hier zeigt sich, daß die meisten Aggregate außerhalb der
Nervenzellkörper lokalisiert sind.
4.1.2 Topographische Verteilung der Huntingtinaggregate
EM48-immunreaktive Htt-Aggregate sind heterogen über das gesamte Gehirn verteilt zu beobachten.
Dabei befinden sich weitaus mehr dieser pathologischen Proteinkomplexe innerhalb der grauen
Substanz als z.B. in Marklager und anderen nervenzellarmen Strukturen. Doch sind die Htt-Aggregate
auch innerhalb einer definierten Hirnregion ungleich verteilt. So kann man selbst innerhalb eines
einzigen Präparates, z.B. der Hirnrinde, direkt neben Bereichen mit scheinbar lokal angehäuften
Aggregaten, Bereiche finden, die vermeintlich frei von Aggregaten sind.
31
In der Hirnrinde läßt sich keine eindeutige Relation zwischen verschiedenen Kortexarealen (frontal,
temporal, parietal usw.) und unterschiedlicher Aggregatdichte feststellen. Einheitlich finden sich jedoch
stets mehr Htt-Aggregate innerhalb der in der Tiefe liegenden Kortexschichten gegenüber mehr
oberflächlich gelegenen Schichten. So sieht man auch in Abb. 4.2 deutlich mehr Htt-Aggregate in
Laminae V und VI, gegenüber sehr viel weniger und kleineren Aggregaten in Lamina III.
A
300µm
B
125µm
C
125µm
Abb. 4.2 A-C
Die Abbildungen zeigen ein EM48-immunhistochemisch gefärbtes Präparat vom Insel-Kortex
eines fortgeschrittenen Huntington-Falles (pathologisches Stadium 3). In A erkennt man bei
4-facher lichtmikroskopischer Vergrößerung zahlreiche EM48-immunreaktive HttAggregationen, die sich vor allem in den tieferen kortikalen Schichten befinden. Bei 20facher Vergrößerung erkennt man nur wenige, meist vereinzelt vorkommende EM48immunreaktive Strukturen in Lamina III (B) gegenüber deutlich mehr pathologischen
Proteinaggregaten in Lamina V-VI (C).
32
Im Neostriatum (Abb. 4.3) markiert EM48 signifikant (p≤0,001) weniger immunreaktive Htt-Aggregate
als im Kortex. Auch hier beobachtet man eine ungleichmäßige Verteilung der Htt-Ablagerungen. So
finden sich signifikant (p≤0,01) mehr Htt-Aggregate in ventralen als in dorsalen Bereichen des Nucleus
caudatus. Dieser Verteilungsgradient bleibt über die verschiedenen pathologischen Stadien hinweg
erhalten (Tab. 4.1).
A
B
C
D
125µm
Abb. 4.3 A-D
Die EM48-Immunhistochemie im dorsalen (A) und ventralen (C) Nucleus caudatus eines
MH-Patienten im frühen Stadium (Stadium 1), sowie im dorsalen (B) und ventralen (D)
Nucleus caudatus eines fortgeschrittenen Falles (Stadium 4) macht deutlich, daß sich
unabhängig vom Stadium zum einen bedeutend weniger Htt-Aggregate im Neostriatum
befinden als z.B. in tiefen Hirnrindenschichten (siehe zum Vergleich hierzu Abb. 4.1), und
zum anderen innerhalb des Neostriatums ein Gradient mit mehr Aggregaten in ventralen und
weniger Aggregaten in dorsalen Aspekten zu beobachten ist. In frühen Stadien sind HttAggregate im Striatum zahlreicher und deren durchschnittliche Größe geringer als in späten
Stadien (siehe dazu Tab. 4.1). (Maßstab in A-D gleich)
33
Insgesamt sind im Neostriatum in frühen Stadien mehr Htt-Aggregate nachweisbar als in
fortgeschritteneren Fällen, während dagegen im Kortex mit zunehmender Pathologie auch die Anzahl
der Aggregationen anzusteigen scheint (Tab. 4.1). Unabhängig von der Hirnregion nimmt die
Durchschnittsgröße der einzelnen immunreaktiven Proteinkomplexe mit Fortschreiten der Pathologie
zu. So beträgt die Größe der Aggregate im Insellappenkortex im Stadium 1 durchschnittlich noch
10,8µm, im Stadium 4 hingegen durchschnittlich ca. 24µm.
Kortex
(insulär/temporal)
Nucleus caudatus
dorsal
ventral
MH Stadium 1 & 2
172 ± 10,9
12,6 ± 3,2
65 ± 6,2
MH Stadium 3 & 4
203 ± 12,1
3,1 ± 0.8
29,4 ± 5,6
Tab. 4.1 Die angegebenen Zahlen verstehen sich als die Anzahl immunreaktiver HttAggregate pro 2500µm² ± mittlere Standardabweichung. Dazu wurden jeweils nach
einem Zufallsraster 2500µm²-große Felder ausgesucht, und die immunreaktiven HttAggregate innerhalb der Laminae V-VI von insulärem (n=76) bzw. temporalem Kortex
(n=65), sowie in dorsalen (n=130) und ventralen (n=127) Bereichen des Nucleus
caudatus auf Höhe des Nucleus accumbens ausgezählt.
4.1.3 Akkumulationen multipler kleiner Huntingtinaggregate
Unter stärkerer lichtmikroskospischer Vergrößerung fällt das Augenmerk unter anderem auf
Akkumulationen zahlreicher, kleiner punktförmiger EM48-immunreaktiver Aggregate (Abb. 4.4 A, B).
Mit Hilfe von Nomarski-Optik kann man erkennen, daß sich diese Aggregatanhäufungen innerhalb von
Zellkörpern befinden, und dabei vermeintlich den Zellkern aussparen. Das Zytoplasma einer einzigen
Zelle kann so von einigen wenigen bis zu über fünfzig, durchschnittlich 0,1-1µm große Htt-Aggregate
enthalten. Man beobachtet sie sowohl in striatalen als auch in kortikalen Bereichen. Deutlich mehr
dieser intrazellulären Htt-Aggregatanhäufungen finden sich in frühen MH-Stadien (Stadium 1 bzw. 2),
verglichen mit pathologisch fortgeschritteneren Fällen (Stadium 3 bzw. 4).
34
4.1.4 In Kontrollgehirnen sind keine Huntingtinaggregate nachweisbar
In keinem der untersuchten Kontrollgehirne (siehe Tab. 3.1) werden oben beschriebene EM48immunreaktive Aggregate bzw. Strukturen beobachtet. Lediglich eine sehr schwache, diffuse Färbung
neuronalen Zytoplasmas ist zu sehen.
Interessanterweise werden bei neurologischen Kontrollpräparaten von Alzheimer-Gehirnen auch
einige der sogenannten Alzheimer-Plaques durch die EM48-Immunhistochemie angefärbt. Die
Anfärbung ist allerdings sehr unregelmäßig und bei weitem nicht so intensiv wie die der Htt-Aggregate.
35
4.2 NADPH-Diaphorase-Neuronen und EM48-Färbung
4.2.1 Huntingtinaggregationen in NADPH-d-positiven Nervenzellen
Wie in anderen Studien schon berichtet wurde (siehe 1.4.1.3), beobachtet man in MH-Präparaten eine
Zunahme der Dichte vermeintlich verschont bleibender NADPH-d-positiver Nervenzellen. Kombinierte
NADPH-d-Enzymhistochemie und EM48-Färbung offenbart, daß die bei alleiniger EM48-Färbung
gefundenen punktförmigen Htt-Aggregatanhäufungen (siehe 4.1.3) ausnahmslos in eben diesen
NADPH-d-positiven Nervenzellen anzutreffen sind (Abb. 4.4 C-F). Dabei enthalten in frühen Stadien
(pathologisches Stadium 1 und 2) annähernd alle kortikalen (>96%) und knapp die Hälfte (49,2%) der
striatalen NADPH-d-Neuronen einzelne bis multiple perikaryal gelegene Htt-Aggregationen. Relativ
selten hingegen (<2%) finden sich in frühen Stadien in den NADPH-d-positiven Zellen intranukleäre
Htt-Einschlußkörperchen.
Mit fortschreitender Pathologie nimmt die Häufigkeit der multiplen perikaryal gelegenen HttAggregationen deutlich ab, die Häufigkeit intranukleärer Aggregationen hingegen deutlich zu. So
finden sich in MH-Präparaten der pathologischen Stadien 3 und 4 nur noch in knapp 60% aller
kortikalen und 20% aller striataler Nervenzellen einzelne bis multiple perikaryal gelegenen HttAggregationen. Dagegen enthalten in diesen fortgeschrittenen Fällen durchschnittlich 6,3% aller
NADPH-d-positiven Nervenzellen im Striatum und in 8% aller kortikalen NADPH-d-Zellen intranukleäre
Einschlußkörperchen (Abb. 4.5).
Beide
untersuchten
juvenilen
MH-Fälle
entsprechen
diesbezüglich
Gewebeproben
vom
pathologischen Stadium 4 (siehe Tab. 3.1). Hier werden bis auf gelegentliche einzelne, größere
zytoplasmatische Htt-Aggregate keine dieser perikaryalen Htt-Aggregatanhäufungen in NADPH-dZellen beobachtet. Dagegen enthalten ca. 10-12% aller NADPH-d-Nervenzellen, sowohl im Striatum
als auch im Kortex, intranukleäre Htt-Aggregate.
4.2.2 NADPH-d- und EM48-Kombinationsfärbung in Kontrollen
In Kontroll-Präparaten mit kombinierter Färbung für NADPH-d und EM48 werden keine vermeintlichen
immunreaktiven Aggregationen sichtbar. Zu differenzieren sind gelegentliche intensiv-dunkelblaue
Formazankristalle als Artefakte der Enzymhistochemie, die sich jedoch eindeutig vom braunen DABFärbeendprodukt der Htt-Aggregate unterscheiden lassen.
36
A
B
C
D
E
F
25µm
Abb. 4.4 A-F
In allein für EM48 immunhistochemisch gefärbten MH-Präparaten können sowohl im Kortex
(A), als auch im Striatum (B) intrazelluläre Akkumulationen bzw. Anhäufungen zahlreicher,
punktförmiger Htt-Aggregate beobachtet werden (Pfeile).
Kombinierte
EM48und
NADPH-d-Enzym-Färbung
zeigt,
daß
sich
diese
Aggregatakkumulationen ausnahmslos innerhalb NADPH-d-positiver Nervenzellen befinden.
In frühen pathologischen Stadien enthalten fast alle kortikalen (C), sowie annähernd 50%
aller striatalen (D) NADPH-d-Neurone einzelne bis multiple punktförmige, perikaryal
gelegene Htt-Aggregate (Maßstab in A-D gleich). E und F zeigen Ausschnittsvergößerungen
aus C resp. D.
37
A
50µm
B
50µm
C
25µm
D
25µm
Abb. 4.5 A-D
Kombinierte EM48-Immunhistochemie und NADPH-d-Enzymhistochemie des Nucleus
caudatus eines MH-Patienten im pathologischem Stadium 1 (A und C) und eines MHPatienten im pathologischem Stadium 4 (B und D). Beide NADPH-d-positive Neurone in A
enthalten Anhäufungen zahlreicher punktförmiger Htt-Aggregate innerhalb des Perikaryon.
Außerdem sieht man kleine und große Htt-Aggregate innerhalb des Neuropils (Pfeilspitzen).
In frühen Stadien scheinen die Zellkerne jedoch meist frei von Htt-Aggregationen zu bleiben
(C). In MH-Hirnschnitten der Stadien 3 und 4 beobachtet man signifikant weniger perikaryale
Htt-Aggregationen, dagegen eine Tendenz zu mehr intranukleären EM48-immunreaktiven
Aggregaten (B und D) (Pfeile).
38
4.3 Calbindin-Neuronen und EM48-Färbung
4.3.1 Calbindin-positive Nervenzellen enthalten nur selten Htt-Aggregate
Durch Calbindin-D28k-Immunhistochemie wird eine repräsentativ vulnerable Nervenzellsubpopulation
sichtbar gemacht. Wie zuvor berichtet, beobachtet man über die verschiedenen pathologischen
Stadien hinweg einen progredienten Verlust Calbindin-positiver Neuronen, mit deutlich ausgeprägterer
Degeneration im dorsalen als im ventralen Striatum. In den MH-Hirnschnitten werden nach alleiniger
Calbindin-D28k-Färbung keine Htt-Aggregate bzw. aggregatähnlichen Strukturen beobachtet. Nach
Kombinationsfärbung für Calbindin D28k und EM48 werden jedoch die Htt-Aggregate wie zuvor
deutlich sichtbar (Abb. 4.6 und 4.7). Obwohl gleichermaßen für Calbindin D28k als auch für EM48 die
immunhistochemische Sichtbarmachung durch die DAB-Färbereaktion erfolgt, lassen sich die EM48immunreaktiven
Htt-Aggregate
eindeutig
durch
ihre
Morphologie
und
weitaus
intensivere
Immunreaktivität, und somit intensiveres Färbeverhalten, von der Calbindin-Immunreaktivität
unterscheiden. Durch Manipulation der Lichtquelle, sowie durch unterschiedliches Fokussieren zum
Erlangen eines räumlichen Eindruckes, lassen sich die Htt-Aggregate außerdem leicht dem
Perikaryon bzw. dem Zellkern zuordnen.
Auch unter Calbindin- und EM48-Doppelfärbung erkennt man, daß sich das Gros der Htt-Aggregate
im Neuropil befindet; unabhängig davon ob im Striatum oder Kortex, sowie über alle pathologischen
Stadien hinweg.
In frühen Stadien des MH (pathologisches Stadium 1 und 2) enthalten weniger als 4% aller Calbindinpositiver Nervenzellen im Striatum intranukleäre oder perikaryale Htt-Aggregationen (Abb. 4.6 A+C).
Bei genauer Betrachtung zeigt sich, daß jeweils ungefähr die Hälfte dieser Htt-Aggregationen im
Zellkern bzw. im Perykaron lokalisiert sind. Somit enthalten also insgesamt nur weniger als 2% aller
Calbindin-Neuronen intranukleäre Htt-Aggregate.
Akkumulationen kleiner punktförmiger Htt-Aggregate wie sie in NADPH-d-Zellen gefunden wurden
(siehe 4.2.1), werden in Calbindin-Neuronen nicht beobachtet. Um ein mögliches Übersehen kleinster
Aggregationen in Calbindin-positiven Zellen auszuschließen, werden probeweise einige Präparate
einer Doppelfärbung mit EM48/Hämatoxylin resp. EM48/Nissl-Färbung unterzogen. Durch die
unterschiedlichen Farbqualitäten dieser Methoden, lassen sich die EM48-immunreaktiven HttAggregate noch leichter von zellulären Strukturen unterscheiden (hierzu keine Abbildung gezeigt).
Anhand morphologischer Kriterien (vor allem Kernmembrancharakteristika) lassen sich ebenfalls,
wenn auch mit bedeutend mehr Aufwand, bedornte von unbedornten Neuronen unterscheiden. Und
auch in diesen Kontrolluntersuchungen bestätigt sich, daß in frühen Stadien weniger als 4% aller
mittelgroßen bedornten Neurone, die bekanntermaßen zum großen Teil Calbindin-positiven
Nervenzellen entsprechen, Htt-Aggregate enthalten, und weniger als die Hälfte davon sich in den
Zellkernen befinden. In fortgeschritteneren
Fällen (pathologisches Stadium
39
3 und 4)
ist
erwartungsgemäß der massive Verlust Calbindin-positiver Nervenzellen zu beobachten. Vor allem in
dorsalen Bereichen des Nucleus caudatus finden sich nur noch äußerst spärlich übriggebliebene
Calbindin-Neurone (Abb. 4.6 B+D). In diesen späteren Stadien werden nur noch äußerst selten
intranukleäre bzw. perikaryale Htt-Aggregationen beobachtet.
Eine weitere bemerkenswerte Beobachtung ist, daß in allen Präparaten zahlreiche Calbindin-haltige
Nervenzellen mit eindeutig degenerativen Veränderungen zu finden sind, die weder perikaryale noch
intranukleäre Htt-Aggregationen aufweisen.
A
B
C
D
50µm
Abb. 4.6 A-D
Kombinierte Färbung für EM48 und Calbindin D28k in dorsalem (A) und ventralem (C)
Nucleus caudatus eines Stadium 1 MH-Gehirnes, und in dorsalem (B) und ventralem (D)
Nucleus caudatus eines MH-Gehirnes im pathologischem Stadium 4. Sowohl in frühen als
auch in späten Stadien der Degeneration finden sich in weniger als 4% der bedornten,
Calbindin-positiven Striatumneurone EM48-immunreaktive Aggregate in deren Zellkörpern
(Pfeile in C und D). Auch hier sieht man den Großteil der Htt-Aggregate im Neuropil
lokalisiert (Pfeilspitzen in A-D). (Maßstab in A-D gleich)
EM48-markierte Htt-Aggregate können leicht durch ihre Morphologie und ihr intensiveres
DAB-Färbeverhalten von der Calbindin-Färbung unterschieden werden.
40
Innerhalb der Insellappen- bzw. Temporallappenhirnrinde enthalten nur sehr wenige Calbindin-positive
Nervenzellen Htt-Aggregate (Abb. 4.7 A). Die meisten EM48-immunreatkiven Htt-Aggregate befinden
sich auch hier, in frühen wie in späten Stadien im Neuropil. Gelegentlich werden sie dabei in einer
linearen bzw. perlschnurartigen Anordnung (Abb. 4.7 B) angetroffen, die die Vermutung nahelegt, daß
diese Aggregationen mit Nervenfasern bzw. Dendriten assoziiert sind.
A
40µm
B
40µm
Abb. 4.7 A,B
A und B zeigen eine doppelimmunhistochische Färbung für EM48 und Calbindin D28k
innerhalb der Inselhirnrinde eines fortgeschrittenen (Stadium 4) MH-Gehirnes. Die HttAggregate sind von der Calbindin-Immunreaktivität morphologisch sowie durch ihr
intensiveres DAB-Färbeprodukt leicht differenzierbar. Intranukleäre (Pfeil in A) sowie
perikaryale Htt-Aggregate sind in Calbindin-positiven kortikalen Neuronen nur sehr selten zu
beobachten. Aggregatakkumulationen wie in NADPH-d-Zellen (siehe Abb. 4.4) sind in ihnen
nicht zu finden. Gelegentlich kann man EM48-immunoreaktive Htt-Aggregate linear
aneinandergereiht beobachten (B), was die Vermutung nahelegt, daß diese Htt-Aggregate
mit Dendritenstämmen bzw. Nervenfasern assoziiert sein könnten (siehe 4.4).
4.3.2 Calbindin- und EM48-Kombinationsfärbung in Kontrollen
Weder in den neurologischen noch den normalen Kontrollgehirnen wurden nach kombinierter Färbung
für Calbindin D28k und EM48 vermeintliche immunreaktive Aggregationen von Htt beobachtet. Das
Calbindin-Färbeverhalten der mittelgroßen bedornten Neurone scheint jedoch im Vergleich zu MHPräparaten etwas homogener zu sein, was wahrscheinlich auf die bessere Integrität dieser hier nicht
degenerativ veränderten Zellen zurückzuführen ist.
41
4.4 Kombinierte SMI32- und EM48-Färbung
Um letztere Vermutung zu überprüfen, werden einige Präparate kombiniert für EM48 und SMI32
gefärbt. SMI32 markiert nicht-phosphoryliertes Neurofilament und färbt dadurch Zellkörper, Axone und
Dendriten von Nervenzellen an, die beim MH bevorzugt degenerieren (siehe 3.1.2.1). In Abb. 4.8 sieht
man linear angeordnete EM48-immunreaktive Htt-Aggregate die scheinbar in enger Beziehung zu
Dendritenstämmen bzw. dendritischen Strukturen stehen. Obwohl lichtmikroskopisch kein eindeutiger
Aufschluß über deren Lokalisation auf feinstruktureller Ebene möglich ist, vermittelt es den Eindruck,
als ob sie sich innerhalb geschwollener Dendritendornen oder innerhalb von Axonendknöpfen
befinden.
A
40µm
B
40µm
Abb. 4.8 A,B
A und B stammen aus dem Insellappenkortex eines MH-Patienten (Stadium 4). Die
Präparate sind kombiniert immunhistochemisch für EM48 und SMI32 gefärbt. SMI32Antikörper erkennen dabei das Neurofilament von Nervenzellen, die beim MH besonders
vulnerabel sind. Wie in beiden Abb. zu sehen ist, stehen die Htt-Aggregate, zumindest
teilweise, in enger Beziehung zu dendritischen Strukturen. Möglicherweise sind sie innerhalb
von Axonendknöpfen oder angeschwollenen Dendriten bzw. Dornen lokalisiert.
42
5. Diskussion
5.1 Kritische Beurteilung von Material und Methodik
5.1.1 Gewebeproben
Für eine Studie dieser Art ist offensichtlich das Vorhandensein von ausreichend, gut erhaltenem postmortem-Gehirngewebe eine unabdingbare Voraussetzung. Dazu wurde Gehirngewebe aus drei
verschiedenen
neuropathologischen
Zentren
rekrutiert.
Während
Gewebeproben
von
fortgeschrittenen MH-Fällen (pathologische Stadien 3 bzw. 4) in uneingeschränkt ausreichender
Menge vorhanden waren, konnten von MH-Fällen in frühen Stadien (pathologische Stadien 1 bzw. 2)
teilweise nur weniger Gehirnschnitte untersucht werden, als wünschenswert gewesen wäre. Der
Grund hierfür ist, daß besonders Gewebeproben von frühen pathologischen MH-Stadien äußerst rar
sind. Das liegt daran, daß der MH zum einen generell eine relativ seltene Erkrankung ist; zum anderen
erliegen Betroffene in präsymptomatischen Stadien bzw. Individuen mit Gehirnen mit noch nicht weit
fortgeschrittener Neurodegeneration nicht direkt der Erkrankung, sondern versterben nur dann, wenn
zusätzliche Begebenheiten, wie z.B. Unfall, Suizid, Begleiterkrankungen etc. hinzukommen. Weiterhin
spielen post mortem oft logistische Probleme eine Rolle, die dazu führen, daß die Verstorbenen nicht
adäquat einer Obduktion zugeführt werden. Das trifft insbesondere dann zu, wenn die MH-Patienten
bzw. -Betroffenen außerhalb des Krankenhauses versterben. Aus mangelnder Aufklärung und
Unwissen liegt zum Zeitpunkt des Todes oft auch keine Einwilligung des Patienten bzw. der
Angehörigen für eine wissenschaftliche Untersuchung des Gehirnes vor. Stimmen die Angehörigen
dann doch zu, so geht zumindest oft wertvolle Zeit bis zur Entnahme des Gehirnes verloren, durch die
die Qualität der Gewebeproben stark beeinträchtigt wird. Nicht selten wird die Spende des Gehirns für
die Forschung gänzlich abgelehnt. Um diesen Engpaß an essentiellem Untersuchungsmaterial zu
beseitigen, bedarf es einer intensiven Aufklärung Betroffener und Angehöriger, sowie die
Sicherstellung einer schnellen und für die Forschung adäquaten Entnahme der Gehirne vor allem
auch präsymptomatischer bzw. ambulanter MH-Patienten, die außerhalb des Krankenhauses
versterben. Denn gerade in frühen pathologischen Stadien, solange die Degeneration noch nicht allzu
weit fortgeschritten ist, ist es wahrscheinlich noch am ehesten möglich, Erkenntnisse über die
pathogenetischen Vorgänge herausfinden zu können.
5.1.2 Antikörper
Diese Arbeit basiert auf dem Nachweis der pathologischen Htt-Aggregate in den Gewebeproben von
MH-Patienten. Für die immunhistochemische Darstellung wurde hierfür das Antiserum EM48
43
verwendet, welches für uns in Kooperation mit Wissenschaftlern der Emory University, Atlanta/USA
hergestellt wurde (siehe 3.1.2.1). Dies stellt jedoch vor allem hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit
anderen Studien ein Problem dar, da die unterschiedlichen Forschergruppen jeweils mit
verschiedenen Antiseren bzw. Antikörpern arbeiten, die teilweise sehr unterschiedliche Charakteristika
aufweisen. Diese Tatsache liegt darin begründet, daß für die Herstellung der Antikörper
unterschiedliche DNA-Sequenzen bzw. Fusionsproteine verwendet wurden, die verschiedene Epitope
des Huntingtins repräsentieren. So scheint das EM48-Antiserum im Vergleich zu den zuvor benutzten
Antikörpern (Davies et al., 1997; DiFiglia et al., 1997; Becher et al., 1998) sensitiver Htt-Aggregationen
beim MH zu erkennen und dadurch weitaus mehr und auch kleinere Htt-Aggregate zu markieren (Li
und Li, 1998; Gutekunst et al., 1999). Außerdem werden auch die weitaus häufigeren im Neuropil
lokalisierten Htt-Aggregate sichtbar, die bislang nur sehr wenig Beachtung gefunden haben.
Wie unter 4.1.4 erwähnt, wurden mittels EM48-Immunhistochemie auch einige Alzheimer-Plaques
angefärbt. Da die Färbung allerdings sehr unregelmäßig, relativ schwach und wenig einheitlich war,
legt das die Vermutung nahe, daß es sich hierbei lediglich um ein unspezifisches Artefakt handelt. So
könnten sich mutante Htt-Moleküle oder eventuell die EM48-Antikörper selbst in den fibrillären
Strukturen der Alzheimer-Plaques verfangen, und somit für eine unspezifische Färbung verantwortlich
sein. Trotzdem sollte man nicht ausschließen, daß Htt auch beim Morbus Alzheimer eine Rolle spielen
könnte, und möglicherweise an der Ausbildung von Alzheimer-Plaques bzw. Fibrillen beteiligt ist.
Weitere Experimente und die Herstellung neuer AK gegen verschiedene Epitope des Huntingtins
werden es sicherlich ermöglichen, viele neue Erkenntnisse über die Verteilung, Funktion und
potentielle pathogenetische, aber natürlich auch physiologische Bedeutung von aggregiertem bzw.
nicht-aggregiertem Htt zu erlangen. Mit zunehmendem Wissen wird es dann auch möglich sein noch
sensitivere bzw. spezifischere AK für den jeweils gewünschten Nachweis herzustellen.
5.1.3 Labortechniken
Hinsichtlich Fixierungstechnik und immun- bzw. enzymhistochemischen Färbemethoden wurde
versucht, nach den weithin gängigsten Laborprotokollen vorzugehen. Doch aufgrund mangelnder
Standardisierung findet man bei näherer Betrachtung der Literatur je nach Autorengruppe teilweise
deutliche Variationen innerhalb der Versuchsanordnung bzw. Laborprotokolle. So werden teilweise
z.B. unterschiedliche Fixierungstechniken (Formalin oder Azeton in verschiedenen Konzentrationen),
andere Puffersysteme (TBS, PBS, o.a.), abweichende physikalische Parameter (Temperatur,
Osmolarität, pH-Wert etc.) sowie verschiedene Antikörper bzw. Antiseren in uneinheitlichen
Konzentrationen eingesetzt. Um diese Variabilität einzuschränken und dadurch eine bessere
Vergleichbarkeit
von
Ergebnissen
verschiedener
Forschergruppen
zu
erreichen,
wünschenswert, wann immer möglich, eine Standardisierung der Methodik voranzutreiben.
44
wäre
es
5.1.4 Auswahl der untersuchten Nervenzelltypen
Es sind zahlreiche verschiedene neuroaktive Substanzen und entsprechende Nachweismöglichkeiten
bekannt, durch die unterschiedliche Nervenzelltypen differenziert werden können. Wir entschieden
uns in dieser Studie dafür, Calbindin-D28k-positive Neuronen repräsentativ für eine vulnerable
Nervenzellsubpopulation zu untersuchen, und jene mit den als resistent geltenden NADPH-dNeuronen zu vergleichen. Die Entscheidung fiel auf diese zwei Nervenzelltypen, da sie beide zum
einen beim MH sehr gut untersucht und beschrieben wurden (siehe 1.4.1.2-3), und zum anderen weil
es sich dabei um jeweils relativ einfache, gängige Nachweisverfahren handelt, die sich gut mit der
EM48-Immunhistochmie kombinieren ließen. Trotzdem gäbe es noch zahlreiche andere Subtypen mit
unterschiedlicher bzw. gegensätzlicher Vulnerabilität (wie z.B. Enkephalin-haltige versus cholinerge
Neuronen), die in weiteren Studien zu untersuchen sicherlich sehr interessant wären.
5.2 Interpretation der Ergebnisse
5.2.1 Topographische Verteilung von Htt-Aggregaten
Die neurodegenerativen Veränderungen beim MH schreiten nach einem charakteristischen
topographischen Muster voran. Ein besonders früher und der insgesamt stärkste Gewebs- und
Nervenzellverlust ist im Striatum zu beobachten. Erste degenerative Veränderungen finden sich vor
allem in dorso-medialen Bereichen des Striatums, um sich dann im Verlauf der Erkrankung immer
mehr in ventro-lateraler Richtung auszuweiten (Vonsattel et al., 1998). Parallel dazu findet sich auch
im Neokortex ein signifikanter Zellverlust, der jedoch weniger stark ausgeprägt ist und insgesamt
variabler zu sein scheint (Cudkowicz und Kowall, 1990; Hersch und Ferrante, 1997).
Diese Untersuchungen zeigen nun, daß sich in Gebieten bevorzugter Degeneration keineswegs mehr
Htt-Aggregate befinden als in Gebieten relativer Aussparung. Stattdessen sind im Striatum nur
außerordentlich wenige Htt-Aggregate zu beobachten, während deutlich mehr Htt-Aggregate im
vergleichsweise weniger stark atrophierenden Neokortex zu finden sind. Und auch im Striatum selbst
werden im überproportional stark degenerierenden dorsalen Anteil des Nucleus caudatus signifikant
weniger Htt-Aggregate beobachtet, als in weniger stark betroffenen ventralen Bereichen (siehe Tab.
4.1).
Diese Diskrepanz zwischen Regionen mit nur spärlichem Htt-Aggregataufkommen und starker
Degeneration, sowie gleichzeitig das vermeintliche Verschontbleiben von Hirnarealen trotz hoher
Aggregatdichte, sprechen gegen eine ausschlaggebende direkt wirkende Toxizität dieser HttAggregationen bzw. gegen einen direkten Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Htt-Aggregate
und dem Zelluntergang.
45
Für diese Überlegung muß jedoch auch der stattfindende Nervenzellverlust berücksichtigt werden. So
kann es offensichtlich keine intraneuronalen Htt-Aggregate geben, wenn gar keine Nervenzellen mehr
vorhanden sind. Ein einzelnes Präparat stellt gewissermaßen lediglich eine Momentaufnahme in
einem langdauernden pathologischen Prozeß dar. So wäre es denkbar, daß im untersuchten Gewebe
zu einem früheren Zeitpunkt einmal mehr intrazelluläre Htt-Aggregate vorhanden waren, aber durch
eine konsekutive Nervenzelldegeneration die Nervenzelldichte abgenommen hat, und parallel dazu
auch die Htt-Aggregate wieder verschwunden sind bzw. sich aufgelöst haben. So sind in weit
fortgeschrittenen MH-Fällen gerade im dorsalen Striatum nur sehr wenige Htt-Aggregate zu
beobachten; gleichzeitig ist in dieser Region aber auch der Nervenzellverlust so stark ausgeprägt, daß
eine quantitative Korrelation zwischen Htt-Aggregaten und Neuronen nicht mehr sinnvoll erscheint.
Dennoch läßt sich die Dissoziation zwischen regionalem Htt-Aggregataufkommen und Ausmaß der
Nervenzelldegeneration nicht allein durch einen Nervenzellverlust erklären. Von entscheidender
Bedeutung hierfür ist die Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs der Degeneration. Bei der
Untersuchung von Gewebeproben präsymptomatischer Patienten bzw. von MH-Gehirnen in frühen
pathologischen Stadien (Stadium 1-2) finden sich ausreichend, noch gut erhaltene Gewebsabschnitte
mit annähernd normaler Nervenzelldichte. Je nach der topographischen Lage darf, unter der
Annahme die Erkrankung ginge ihren normalen Weg, davon ausgegangen werden, daß diese
Gewebsabschnitte im weiteren Verlauf der Erkrankung zunehmend degeneriert wären. Und gerade
auch in diesen frühen Stadien, zu Beginn der Neurodegeneration zeigt sich, daß nur sehr wenige HttAggregate in den prädestiniert degenerierenden Regionen, wie z.B. im Striatum, anzutreffen sind. Zur
gleichen Zeit sind in scheinbar verschont bleibenden Regionen teilweise außerordentlich viele HttAggregate zu finden.
Ein weiterer Hinweis dafür, daß sich Htt-Aggregate im Verlauf des MH mit zunehmendem
Nervenzellverlust nicht einfach auflösen bzw. verschwinden, ist die Beobachtung, daß mit
Fortschreiten der Krankheit und der damit einhergehenden Degeneration, die Anzahl der HttAggregationen zumindest in der Hirnrinde ansteigt und gleichzeitig deren Durchschnittsgröße
insgesamt zunimmt. So hat es also den Anschein, daß, wenn sich Htt-Aggregate einmal ausgebildet
haben, diese dann im weiteren Verlauf der Degeneration größtenteils erhalten bleiben und
zunehmend größer werden.
Die topographische Verteilung der Htt-Aggregate läßt also nicht direkt auf den zu beobachtenden
Nervenzellverlust schließen. So sind diese pathologischen Proteinaggregationen möglicherweise nur
Merkmale oder unschuldige Nebenerscheinungen, die zumindest nicht auf direkte Weise ursächlich
mit dem Nervenzelluntergang verknüpft bzw. für ihn verantwortlich sind.
46
5.2.2 Mögliche pathogenetische Bedeutung von Neuropil-Htt-Aggregaten
Es hat sich bestätigt, daß der bei weitem größte Anteil an Htt-Aggregaten (>98%) außerhalb der
Nervenzellkörper
im
Neuropil
lokalisiert
ist.
Durch
ultradünne
Gewebsschnitte
und
elektronenmikroskopische Untersuchungen hat unsere Arbeitsgruppe schon an anderer Stelle zeigen
können, daß sich diese Neuropil-Htt-Aggregate hauptsächlich intrazellulär innerhalb von dendritischen
Strukturen befinden (Gutekunst et al., 1999). Durch Markierung von Neurofilamenten (siehe Abb. 4.8)
erkennt man die enge Assoziation vieler dieser Htt-Aggregate mit Dendriten. Lichtmikroskopisch läßt
sich nicht eindeutig feststellen, wo genau auf ultrastruktureller Ebene diese Htt-Aggregate lokalisiert
sind. Doch macht es den Eindruck, daß sie sich innerhalb geschwollener Dendritendornen bzw.
innerhalb von Axonendknöpfen befinden. Interessanterweise wurden für den MH schon zuvor
markante degenerative wie proliferative Veränderungen der Dendriten im Kortex und Striatum
beschrieben (Graveland et al., 1985; Ferrante et al., 1991). Im einzelnen handelte es sich dabei um
fokale Dendritenanschwellungen, scheinbar abgeknickt bzw. rückwärts wachsende Dendritenstämme,
sowie Veränderungen von Anzahl und Größe der Dornen. Das Aufspüren zahlreicher im Neuropil
gelegener Htt-Aggregate legt nun die Vermutung nahe, daß diese Proteinaggregate für die Ausbildung
der pathologischen Veränderungen der Dendriten zumindest mitverantwortlich sind. Wie wir durch
Untersuchungen präsymptomatischer MH-Fälle zeigen konnten, bilden sich diese Neuropilaggregate
schon sehr früh im Verlauf des MH aus. Viele der beobachteten Htt-Aggregate sind dabei so groß,
daß
mechanische
Störungen
im
intrazellulären
bzw. intradendritischen
Stofftransport
sehr
wahrscheinlich sind, und es vermutlich noch vor dem eigentlichen Nervenzelluntergang zu
funktionellen Störungen der betroffenen Nervenzellen kommt.
Wie oben erläutert, sind im Striatum selbst nur wenige Htt-Aggregate lokalisiert, im Kortex dagegen
relativ viele. Mit dem Wissen, daß das Striatum jedoch Zielgebiet zahlreicher, meist exzitatorischer,
kortikostriataler Projektionen ist, wäre es denkbar, daß Htt-Aggregate im Kortex indirekt für eine
striatale Pathologie verantwortlich sind. So könnten z.B. Neuropilaggregate im Kortex zu einem
veränderten Erregungsmuster bzw. einer anomalen Aktivität kortikaler Nervenzellen und ihrer
Efferenzen führen, und somit konsekutiv den striatalen Input verändern. Ein alterierter Input, wie z.B.
eine
erhöhte
exzitatorische
Aktivität,
könnte
dann
im
weiteren
Verlauf
über
andere
Pathomechanismen (siehe 5.4) zu einer striatalen Neurodegeneration führen. So gibt es unter
anderem zahlreiche Hinweise und Experimente dafür, daß exzitotoxische Phänomene bei der
Pathogenese des MH eine zentrale Rolle spielen könnten (siehe 5.4).
5.2.3 Intrasomale Htt-Aggregate sind nicht auf vulnerable Nervenzellsubpopulationen
beschränkt
Über alle pathologischen Stadien hinweg enthalten insgesamt nur relativ wenige Nervenzellen
intranukleäre bzw. perikaryale Htt-Aggregationen. Um jedoch die pathogenetische Bedeutung dieser
intrasomalen Htt-Aggregate weiter zu beurteilen, sollen verschiedene Nervenzellsubpopulationen, die
beim MH unterschiedlich stark degenerieren, differenziert betrachtet werden.
47
Folgende Überlegung sollte in dieser Untersuchung im Speziellen überprüft werden: Sollten, wie in der
gegenwärtigen Literatur häufig postuliert, die pathologischen intranukleären bzw. perikaryalen HttAggregate direkt toxisch wirken und für den Zelltod verantwortlich sein, dann sollte man erwarten
können, diese Htt-Aggregate vor allem in jenen Nervenzellsubpopulationen anzutreffen, die dem
Untergang geweiht sind; repräsentativ für einen vulnerablen Nervenzelltypen werden hierfür Calbindinpositive Neurone untersucht. Nervenzellen die beim MH jedoch der Degeneration trotzen können und
vom Untergang relativ verschont bleiben, sollten entsprechend keine bzw. weniger Htt-Aggregate
aufweisen; stellvertretend für einen solchen resistenten Nervenzelltypen werden NADPH-d-Neurone
näher betrachtet.
5.2.3.1 Überraschend viele NADPH-d-Neurone enthalten Htt-Aggregate
Es ist inzwischen gut belegt, daß NADPH-d-Neurone zu einer Nervenzellgruppe gehören, die beim
MH vom degenerativen Prozeß relativ verschont bleibt. Entgegen der Erwartung finden sich aber
scheinbar gerade in diesem Nervenzelltyp außerordentlich häufig intrasomale Htt-Aggregate. Vor
allem in frühen pathologischen Stadien werden in fast allen kortikalen und in annähernd 50% aller
striatalen NADPH-d-Neuronen Aggregationen pathologischen Huntingtins gefunden. Meist handelt es
sich hierbei um multiple, kleinste, perikaryal gelegene Htt-Aggregate (Aggregatanhäufungen) unter
Aussparung des Zellkerns. Relativ selten (<2%) sind zu diesem Zeitpunkt dagegen eindeutig
intranukleäre Htt-Aggregate zu beobachten. Mit Fortschreiten der Erkrankung und zunehmender
Pathologie nimmt die Anzahl perikaryaler Htt-Aggregationen deutlich ab, die Zahl intranukleärer
Aggregate jedoch leicht zu. Mit dem Wissen, daß die absolute Anzahl an NADPH-d-Zellen im Verlauf
des MH annähernd unverändert bleibt, spricht diese Beobachtung dafür, daß ein Großteil der Zellen
mit zytoplasmatischen Htt-Aggregatanhäufungen überlebt und anscheinend einen Mechanismus zur
Entfernung zumindest der zytoplasmatischen Aggregationen besitzt. Vor allem in späteren
pathologischen Stadien werden zunehmend auch Htt-Aggregate, mit teils beträchtlicher Größe, in den
Zellkernen beobachtet, ohne daß jedoch die betroffenen NADPH-d-Zellen besondere Zeichen der
Degeneration aufweisen. Das zeigt, daß auch bei diesem Nervenzelltypen Htt-Fragmente in den
Zellkern gelangen und sich intranukleäre Htt-Aggregate ausbilden können.
Diese Beobachtungen sprechen somit dafür, daß zumindest bei diesem Nervenzelltyp von den
intrasomalen Htt-Aggregationen per se keine maßgebliche Toxizität ausgeht. Vielmehr scheint es
sogar so, daß möglicherweise gerade die Ausbildung von Htt-Aggregaten diese Nervenzellen vor der
Degeneration bewahren kann.
48
5.2.3.2 Nur relativ wenige Calbindin-Neurone enthalten Htt-Aggregate
Mittelgroße Calbindin-haltige Nervenzellen im Striatum zählen zu den Neuronen, die beim MH
besonders früh Zeichen der Degeneration aufweisen und im Verlauf des pathologischen Prozesses
insgesamt am stärksten vom Zelluntergang betroffen sind. In diesen Calbindin-positiven Nervenzellen
werden allerdings weder in frühen noch in fortgeschrittenen Stadien auffallend viele intranukleäre HttAggregationen beobachtet. Vielmehr befinden sich in frühen pathologischen Stadien, prozentual
gesehen, annähernd gleich häufig intranukleäre Htt-Aggregationen in vulnerablen CalbindinNervenzellen wie in resistenten NADPH-d-Neuronen. So werden zu Beginn des degenerativen
Prozesses auch in Calbindin-positiven Striatumneuronen in nur weniger als 2% von ihnen
intranukleäre Htt-Aggregate gefunden. Mit anderen Worten enthält diese prädestiniert degenerierende
Nervenzellsubpopulation nicht mehr intranukleäre Htt-Aggregate als resistente NADPH-d-Neuronen.
In fortgeschrittenen Stadien beobachtet man in Calbindin-Zellen prozentual gesehen noch seltener
Zellkerneinschlußkörperchen als zu Beginn der Degeneration, wobei der massive Zellverlust dieses
Nervenzelltyps eine quantitative Korrelation problematisch macht. Über alle pathologischen Stadien
hinweg findet man in diesen Calbindin-Neuronen nur sehr selten perikaryale bzw. zytoplasmatische
Htt-Aggregate, worin sie sich von NADPH-d-Neuronen unterscheiden. So sind auch die zuvor
beschriebenen Anhäufungen von multiplen Htt-Aggregaten in ihnen überhaupt nicht anzutreffen.
Diese Erkenntnisse legen die Vermutung nahe, daß für den Zelluntergang dieser speziell vulnerablen
Nervenzellsubpopulation das Auftreten von perikaryalen bzw. intranukleären Htt-Aggregate nicht von
entscheidender Bedeutung sein kann. Bestärkt wird diese Überlegung auch durch die Beobachtung,
daß zahlreiche eindeutig degenerativ veränderte Nervenzellen scheinbar frei von intrasomalen HttAggregaten sind.
5.3 Zusammenfassung und Einordnung der Erkenntnisse in die vorhandene Literatur
Aus den Ergebnissen dieser Untersuchungen an menschlichem post-mortem-Gehirngewebe lassen
sich nochmals zusammenfassend für den MH folgende zentrale Aussagen ableiten:
Das Auftreten von Htt-Aggregaten in einer bestimmten Hirnregion bedeutet nicht, daß diese Hirnregion
im weiteren Verlauf des MH degenerieren wird. Gleichzeitig bleiben die Hirnareale, in denen keine
bzw. nur wenige Htt-Aggregate zu beobachten sind, nicht von der Neurodegeneration verschont. Die
topographische Verteilung von Htt-Aggregaten läßt also keinen Rückschluß über das Ausmaß der
regional unterschiedlich starken Degeneration zu. Entsprechend geht, auf zellulärer Ebene betrachtet,
beim MH scheinbar ein Großteil der Nervenzellen zu Grunde, ohne daß sich je in ihnen perikaryale
bzw.
intranukleäre
Htt-Aggregationen
ausgebildet
hätten.
Insbesondere
die
am
stärksten
degenerierende Nervenzellsubpopulation enthält nur sehr wenige Htt-Aggregationen. Zudem hat sich
gezeigt, daß Nervenzellen, die intrasomale Htt-Aggregationen enthalten, nicht automatisch dem
Untergang geweiht sind. So wurden gerade in resistenten Nervenzelltypen auffallend häufig Htt-
49
Aggregationen beobachtet. Das legt die Vermutung nahe, daß von den Htt-Aggregationen
möglicherweise sogar eine zytoprotektive Wirkung ausgeht.
5.3.1 Intrazelluläre Proteinaggregationen wurden lange als toxisch angesehen
Beim MH wurden erstmals 1997 intranukleäre Proteinaggregationen in Nervenzellen entdeckt und
beschrieben (siehe 1.6.4). In den darauffolgenden Jahren fand man auch bei den meisten anderen
Polyglutaminkrankheiten ähnliche, neuropathologisch charakteristische Aggregationen der mutanten
Proteine innerhalb von Nervenzellen bzw. deren Zellkernen (Sieradzan und Mann, 2001). Die
pathogenetische Bedeutung dieser Proteinaggregationen war und ist bislang jedoch noch weitgehend
ungeklärt. Zunächst wurde mit deren Entdeckung allgemein vermutet, daß sie für den
Nervenzelluntergang verantwortlich sind; so auch beim MH. Es wurde spekuliert, daß die Ausbildung
von intranukleären Proteinablagerungen bzw. Aggregationen z.B. zu mechanischen Störungen im
Stoffwechsel führen könnte, oder daß funktionell wichtige Proteine, wie z.B. Transkriptionsfaktoren
sequestriert werden, und dadurch möglicherweise die Gentranskription entscheidend beeinflußt wird
(Davies et al., 1997; DiFiglia et al., 1997; Ross, 1997). Erste in-vitro-Experimente diesbezüglich
ergaben, daß sich mit abnehmender Gesamtgröße der Htt-Fragmente, sowie mit zunehmender Länge
des Polyglutamintraktes, die Tendenz zur Ausbildung von Htt-Aggregaten erhöht und gleichzeitig
damit die Überlebensfähigkeit der Zellen sinkt. Weiterhin konnte gezeigt werden, daß mit mutantem
Htt transfizierte Zellen, die intranukleäre Htt-Aggregate enthalten, weniger überlebensfähig sind und
empfindlicher auf Apoptose-induzierende Reize („apoptotic stress“) reagierten, als Zellen ohne
Aggregationen (Martindale et al., 1998; Cooper et al., 1998; Hackam et al., 1998). Trotz dieser
zunächst vermeintlich eindeutigen Erkenntnisse wurde schon früh der ursächliche Zusammenhang
zwischen Htt-Aggregation und Nervenzelltod in Frage gestellt. So stellte Ordway et al. (1997) die
provokative Überlegung an, daß die Htt-Aggregate für den Zelltod nicht verantwortlich sind, sondern
unter Umständen einen Mechanismus der Zelle darstellen mutantes Htt zu sequestrieren, damit
dessen toxische Wirkung zu blockieren, und somit sogar eventuell zytoprotektiv wirken. Neuere
Untersuchungen sowohl zum MH als auch zu anderen Polyglutaminkrankheiten scheinen diese These
zu bekräftigen.
5.3.2 Neuere in-vitro-Untersuchungen
Bemerkenswerte Erkenntnisse dazu erlangten Saudou et al. (1998) anhand von in-vitroUntersuchungen. Verschiedene Nervenzelltypen wurden mit unterschiedlichen Htt-Genkonstrukten
transfiziert. Die Expression eines Htt-Fragmentes mit verlängerter Polyglutaminsequenz resultierte
erwartungsgemäß in der Ausbildung von intranukleären sowie zytoplasmatischen Htt-Aggregaten.
Doch in dieser Versuchsanordnung war das Vorhandensein von Htt-Aggregaten für die Zellen nicht
50
gleichbedeutend mit Neurodegeneration bzw. Zelltod. Bestimmte Nervenzelltypen blieben von den HttAggregationen scheinbar unbeeinflußt, während andere, insbesondere striatale Projektionsneurone,
verstärkt zu Grunde gingen. Weiterhin stellte sich heraus, daß durch Ausschleusen des mutanten
Huntingtins aus dem Zellkern (mit Hilfe eines „nuclear export signal“), dessen neurotoxische Potenz
vollkommen verloren geht. Durch Transfektion mit verschieden langen N-terminalen Htt-Fragmenten
konnte außerdem gezeigt werden, daß mit abnehmender Fragmentlänge die Anzahl an HttAggregaten in den Nervenzellen zwar ansteigt, die Absterberate der Nervenzellen davon jedoch
unbeeinflußt bleibt. Mit dem Wissen darum, daß Ubiquitin ein Bestandteil der Htt-Aggregate ist (siehe
1.6.4) und möglicherweise zentral an der Formation von Aggregaten beteiligt ist, untersuchten Saudou
et al. (1998) zusätzlich was geschieht, wenn das Ubiquitin-konjugierende Enzym blockiert wird.
Tatsächlich konnte dadurch die Ausbildung von Htt-Aggregaten massiv reduziert werden; doch
überraschenderweise stieg gleichzeitig die Absterberate in diesen Zellkulturen deutlich an.
Diese in-vitro-Beobachtungen weisen somit recht eindeutig darauf hin, daß mutantes Htt vor allem im
Zellkern toxisch wirkt und dort vermutlich apoptotische Prozesse in Gang setzt. Der Zelltod scheint
jedoch von der Ausbildung von Htt-Aggregaten unabhängig zu sein; vielmehr hat es den Anschein,
daß das Unterbinden von Aggregationen mit einer erhöhten Toxizität assoziiert ist. Ungeklärt bleibt die
Tatsache, warum bestimmte Nervenzelltypen anfälliger zu sein scheinen als andere.
5.3.3 Möglicherweise ist vor allem nicht-aggregiertes Huntingtin im Zellkern toxisch
Schon zuvor wurde vermutet, daß das mutante Polyglutamin-haltige Htt erst nach Eintritt in den
Zellkern toxisch wirkt (Davies et al., 1997; Ross, 1997; DiFiglia et al., 1997; Ordway et al., 1997). Wie
oben
ausgeführt,
zytoplasmatische,
wurden
perikaryal
in
NADPH-d-Neuronen
gelegene
in
frühen
Htt-Aggregationen
Stadien
angetroffen,
zunächst
und
erst
vor
allem
spät
im
neurodegenerativen Prozeß vereinzelt auch intranukleäre Einschlußkörperchen. Ein Grund dafür, daß
viele NADPH-d-Neuronen vor allem zytoplasmatische Aggregate ausbilden, könnte z.B. darin liegen,
daß dieser Nervenzelltyp über andere bzw. weniger aktive Mechanismen der proteolytischen Spaltung
von Htt verfügt. Durch Aggregation der deshalb hypothetisch relativ gering anfallenden Menge von HttFragmenten im Zytoplasma, könnten toxisch wirkende Moleküle unter Umständen ausreichend
neutralisiert bzw. aus dem Verkehr gezogen werden, noch ehe sie in den Zellkern gelangen und dort
ihr Unheil anrichten könnten. Mit solch einer Überlegung ließe sich z.B. auch erklären, warum gerade
dieser Nervenzelltyp trotz bzw. gerade wegen der zahlreichen zytoplasmatischen Htt-Aggregationen
von der Neurodegeneration verschont bleibt. So spekulierte auch Sisodia (1998), daß die
unterschiedliche Vulnerabilität der einzelnen Nervenzelltypen möglicherweise nicht von den HttAggregationen abhängt, sondern von der Menge des nicht-aggregierten Huntingtins innerhalb der
Zellkerne.
51
Viele Hinweise sprechen dafür, daß mutantes Htt erst nach einer proteolytischen Spaltung in den
Zellkern gelangen, und damit erst toxisch werden kann. Es konnte gezeigt werden, daß intranukleäre
Htt-Aggregate
hauptsächlich
gespaltene
N-terminale
Htt-Fragmente
enthalten,
während
zytoplasmatische Aggregate sowohl aus Htt-Fragmenten als auch aus intakten Htt-Molekülen
bestehen (Kim et al., 1999). Es wurde vermutet, daß für die enzymatische Spaltung mutanten
Huntingtins, und somit folglich für die Ausbildung von Htt-Aggregaten, Caspasen verantwortlich sind
(siehe 1.6.3; Goldberg et al., 1996; Wellington et al., 1998). Caspasen sind Proteasen, die vor allem in
Zusammenhang mit apoptotischen Prozessen gebracht werden konnten. Durch Blockieren von
Caspasen mit verschiedenen Inhibitoren konnte in vitro an geklonten striatalen Nervenzellen eindeutig
eine differenzierte Dissoziation zwischen der Ausbildung von Aggregaten und dem neuronalem Zelltod
demonstriert werden (Kim et al., 1999). Außerdem gibt es auch Anzeichen dafür, daß intrazelluläre
Einschlußkörperchen bzw. Proteinablagerungen möglicherweise lediglich das Resultat einer
Überlastung der normalen Proteindegradation darstellen (Johnston et al., 1998). Die Aggregate sind
demnach vielleicht nur eine unspezifische Nebenerscheinung, die mit den pathogenetisch
bedeutsamen Vorgängen nichts zu tun hat.
5.3.4 Huntingtinaggregate per se sind wahrscheinlich nicht toxisch –
vermutlich sind andere Faktoren für die Neurodegeneration verantwortlich
Wie oben (siehe 1.7) kurz erläutert, weisen die diversen CAG-Repeat- bzw. Polyglutaminkrankheiten
zahlreiche Parallelen auf. Für die meisten unter ihnen konnten, entsprechend dem MH, pathologische
intrazelluläre
Proteinaggregationen
gefunden
werden;
so
auch
bei
fast
allen
bekannten
Spinozerebellären Ataxien (SCA). Eine Ausnahme hiervon stellt dabei lediglich die SCA vom Typ 2
dar. Hier geht die Neurodegeneration vonstatten, ohne daß pathologische Proteinaggregationen
gefunden werden konnten (Huynh et al., 1999). Unter der Annahme, daß die verschiedenen
Polyglutaminkrankheiten eine gemeinsame pathogenetische Ursache haben, legt diese Beobachtung
jedoch die Vermutung nahe, daß die Proteinaggregationen an sich nicht der eigentliche Auslöser für
den Nervenzelluntergang sein können, sondern möglicherweise lediglich ein sekundäres Phänomen
darstellen.
Wie aus der Einleitung und der Diskussion ersichtlich wird, gehen die wissenschaftlichen Meinungen
und Hypothesen über die pathogenetische Bedeutung von zytoplasmatischen bzw. intranukleären
Proteinaggregationen beim MH, wie auch bei zahlreichen anderen Polyglutaminkrankheiten, deutlich
auseinander. Trotzdem scheint sich zunehmend die Vermutung zu erhärten, daß intrazelluläre
Einschlußkörperchen nicht ausschlaggebend für den Nervenzelluntergang verantwortlich sind,
sondern ganz im Gegenteil von ihnen möglicherweise eine zytoprotektive Wirkung ausgeht. Die
meisten Erkenntnisse hierzu stammen aus neueren in-vitro-Untersuchungen und aus transgenen
Tiermodellen. Die vorliegende Arbeit steht mit diesen neueren Erkenntnissen im Einklang und ergänzt
diese Hypothese durch Untersuchungen von post-mortem-Gehirngewebe von MH-Patienten.
52
Doch bleibt somit weiterhin die Frage offen, was die eigentliche Ursache für die Neurodegeneration
beim MH ist. Wie oben diskutiert, mehrt sich der Verdacht, daß möglicherweise gerade das nichtaggregierte Htt von größerer pathogenetischer Bedeutung ist, als die Aggregationen an sich. So
werden zukünftige Studien sicherlich vermehrt auch das Augenmerk auf die Untersuchung von freien,
nicht-aggregierten Htt-Molekülen bzw. Htt-Fragmenten richten.
5.4 Andere wichtige potentielle Pathomechanismen
Der MH steht seit geraumer Zeit im Mittelpunkt zahlreicher intensiver Forschungsbemühungen. Lange
noch vor Identifikation des Htt-Gens sind aus unterschiedlichsten Experimenten und Beobachtungen
Hinweise und Vermutungen für verschiedene potentielle Pathomechanismen hervorgegangen. Ohne
direkte Implikation mit dieser Studie, soll hier der Vollständigkeit halber eine der vermeintlich
bedeutendsten Hypothesen, nämlich die mögliche Rolle der Exzitotoxizität kurz angesprochen
werden.
Das Striatum erhält zahlreiche exzitatorische Afferenzen aus fast dem gesamten zerebralen Kortex.
Es konnte gezeigt werden, daß exzitatorisch wirkende Substanzen bzw. Aminosäuren (wie z.B.
Glutamat), sowie bestimmte Analoga davon auf Neuronen toxisch wirken und deren Zelltod initiieren
können. Dieses Phänomen wird „Exzitotoxizität“ genannt. Durch intrastriatale Injektion des
Glutamatagonisten Kaininsäure erzeugten McGeer und McGeer (1976), sowie Coyle und Schwarcz
(1976) erstmals in einem Tiermodell (Ratten) Läsionen im Gehirn, die an den MH erinnern ließen. In
den darauffolgenden Jahren wurden zahlreiche andere exzitatorisch wirkende Substanzen untersucht.
Es
stellte
sich
zunehmend
heraus,
daß
durch
Stimulation
eines
bestimmten
Glutamatrezeptorsubtypen, nämlich des N-methyl-D-Aspartat- (NMDA)-Rezeptors, in Ratten wie auch
in Affen eine für den MH noch ähnlichere charakteristische Neuropathologie mit vergleichbarem,
selektivem Nervenzellverlust induziert werden kann (Beal et al., 1986; 1989). Auch post-mortemUntersuchungen an Gehirnen von MH-Patienten deuteten darauf hin, daß an der Pathogenese auch
exzitotoxische Prozesse eine Rolle spielen könnten. So wurde z.B. festgestellt, daß bevorzugt gerade
jene Nervenzellen zu Grunde gehen, die normalerweise NMDA-Rezeptoren besitzen (Young et al.,
1988; Arzberger et al., 1997). Doch wie es im MH-Gehirn zu einer NMDA-Rezeptor-vermittelten
Toxizität kommen könnte, ist unklar. Denkbar wäre z.B., daß durch einen fehlerhaften Abtransport
oder eine ineffektive Inaktivierung exzitatorischer Aminosäuren, die Rezeptoren einer verlängerten
Stimulation ausgesetzt sind; eine andere Möglichkeit wäre, daß die Rezeptoren selbst überempfindlich
auf äußere Reize reagieren, oder daß sie eventuell auch in ihrer Anzahl verändert sind. Eine daraus
folgende Überstimulation der Rezeptoren könnte einen veränderten Ioneneinstrom nach sich ziehen,
der im weiteren durch eine gestörte Kalziumhomöostase bzw. einen gestörten Energiehaushalt im
Nervenzelluntergang enden könnte (Whetsell, 1996). Eine interessante mögliche Verbindung
zwischen dem mutantem Htt und einer NMDA-Rezeptor-vermittelten Toxizität stellten kürzlich Sun et
al. (2001) her. Sie fanden Hinweise dafür, daß normales Htt indirekt die Aktivität von NMDA53
Rezeptoren beeinflussen kann, indem es mit einem die Rezeptoren modulierenden Protein (PSD-95)
eine Bindung eingeht. Durch eine verlängerte Polyglutaminsequenz im Htt verändert sich das
Bindungsverhalten mit jenem PSD-95 derart, daß konsekutiv NMDA-Rezeptoren empfindlicher auf
exzitatorische Reize reagieren, und somit die Glutamat-vermittelte Exzitotoxizität erhöht wird.
Verstärkte Expression von normalem Htt hingegen vermindert deutlich die NMDA-Rezeptor-abhängige
Exzitotoxizität. So könnte demnach das normale Htt beim Gesunden eine Rolle bei der Regulation
bzw. Modulation von bestimmten Nervenzellrezeptoren spielen und eine Überstimulation bestimmter
Neuronen verhindern. Durch eine verlängerte Polyglutaminsequenz innerhalb des Proteins, könnte
das mutante Htt dieser Aufgabe möglicherweise nicht mehr gerecht werden.
Es gibt auch Hinweise dafür, daß primär Störungen im Energiehaushalt einer langsamen,
exzitotoxischen Nervenzelldegeneration zu Grunde liegen könnten (Albin und Greenamyre, 1992). So
wurde gezeigt, daß durch eine chemisch induzierte Störung in der Energiebereitstellung bzw. durch
Inhibition der Adenosintriphosphat- (ATP)-Produktion Nervenzellen sensibler auf exzitotoxische Reize
reagieren bzw. anfälliger sind und eher absterben. Diese erhöhte exzitotoxische Vulnerabilität ließ sich
durch Applikation von NMDA-Antagonisten blockieren (Zeevalk und Nicklas, 1990; Beal et al., 1993).
Interessanterweise konnten auch beim Menschen in vivo, vor allem durch radiologische und
nuklearmedizinische Methoden (Magnetresonanzspektroskopie, Positronenemissionstomographie)
Anzeichen für einen frühen striatalen Hypometabolismus bzw. Störungen im Energiehaushalt
gefunden werden (Kuwert et al., 1990; Jenkins et al., 1993).
(Für eine Übersicht über die diversen Hypothesen einer exzitotoxischen und metabolischen
Pathogenese siehe Massieu und Garcia, 1998).
5.5 Ausblick
Trotz gewaltiger Fortschritte in der MH-Forschung, ist es bis heute nicht gelungen die
pathophysiologischen Zusammenhänge, die für die Neurodegeneration verantwortlich sind, endgültig
zu klären. Ein entscheidender Durchbruch war sicherlich die Identifikation des genetischen Defektes
1993 und die daraus folgende Entdeckung des Htt-Proteins. Durch diese Errungenschaft war es
nunmehr nicht nur möglich einen direkten Gentest zu entwickeln, sondern auch grundlegend
neuartige,
experimentelle
Forschungsansätze
zu
entwerfen.
Doch
trotz
zahlreicher
neuer
histologischer, histochemischer Untersuchungsmöglichkeiten, Herstellung verschiedener transgener
Tiermodelle und in-vitro-Versuchsanordnungen seither, sind wir noch immer weit davon entfernt, die
Pathogenese des MH im einzelnen zu verstehen.
Für die Klinik bedeutet das, daß man heutzutage durch einen direkten Gentest die Diagnose MH bzw.
die Anlage dafür eindeutig und ohne großen, methodischen Aufwand feststellen kann. Doch gibt es
bislang keine wirklich wirksame, kausale Therapie, die in der Lage ist, dem Nervenzelluntergang
Einhalt zu gebieten oder ihn entscheidend zu verzögern. So steht auch heute noch, zumindest
54
außerhalb von experimentellen Studien, die symptomatische und supportive Behandlung im
Vordergrund (Übersicht, siehe Marshall und Shoulson, 1997). Nicht zuletzt auf diesem Hintergrund ist
die Durchführung eines solchen Gentests, speziell auch bei genetisch vorbelasteten aber noch
gesunden Individuen, aus ethischen und psychologischen Gründen äußerst kritisch zu bewerten und
anzuwenden (Epplen und Przuntek, 1998).
Mit zunehmender Aufklärung und dem Verstehen der fatalen, pathogenetischen Vorgänge beim MH,
eröffnen sich immer neue Ansätze und potentielle Möglichkeiten die Krankheit eines Tages wirksam
therapieren zu können. Vor allem auch im Hinblick auf die Gentherapie eröffnen sich ganz neue
Perspektiven. So wird es vielleicht einmal möglich sein, das defekte Gen zu reparieren,
auszutauschen bzw. zu neutralisieren, und dadurch die Krankheit komplett aufzuhalten oder gar zu
heilen. Doch bis zu diesem Schritt ist es sicherlich noch ein weiter Weg.
Eine interessante Studie im Hinblick auf eine generelle Therapierbarkeit soll hier noch kurz erwähnt
werden. Yamamoto et al. (2000) erzeugten ein transgenes Mausmodell, in welchem das Exon1 des
Htt-Gens mit einer verlängerten Polyglutaminsequenz in das Mausgenom eingeschleust wurde.
Zusätzlich wurde auch ein Regulatorgen miteingeschleust, durch welches es nun möglich war, durch
Zufütterung einer bestimmten Substanz zu einem beliebigen Zeitpunkt das Gen gewissermaßen
auszuschalten, und somit die Htt-Genexpression zu unterbinden. Entsprechend anderen Tiermodellen
(siehe 1.6.4), entwickelte auch diese transgene Mauslinie einen dem MH ähnelnden progredienten
neurologischen Phänotyp mit Ausbildung von pathologischen intrazellulären Proteinaggregaten.
Wurde nun zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu dem sich bei den Mäusen schon charakteristische
Symptome, neurologische Merkmale, sowie auch intrazelluläre Aggregationen ausgebildet hatten, das
Gen ausgeschaltet, konnte der Krankheitsprozeß gestoppt und zu einem großen Teil sogar
rückgängig gemacht werden. So bildeten sich die motorischen Störungen fast vollständig zurück.
Gleichzeitig verschwanden auch die intranukleären und zytoplasmatischen Proteinaggregationen
wieder. Dieses Tiermodell legt somit die Vermutung nahe, daß Nervenzellen beim MH nicht
automatisch dem Untergang geweiht sind, sondern erst durch den anhaltenden Einfluß des mutanten
Proteins zu Grunde gehen. Außerdem scheint es, daß zumindest die frühen Symptome
wahrscheinlich nicht auf einen Nervenzelltod, sondern ersteinmal auf funktionelle Störungen
zurückzuführen sind, und somit auch potentiell reversibel sind. Sollte es nun therapeutisch gelingen
auch beim Menschen die Expression des mutanten Proteins zu unterbinden bzw. zu reduzieren, oder
entscheidend in dessen pathogenetische Vorgänge einzugreifen, dann ließe sich die Krankheit
eventuell nicht nur verzögern, sondern in den frühen Stadien möglicherweise sogar heilen (Bates,
2000).
55
6. Zusammenfassung
Die pathogenetische Bedeutung von intranukleären bzw. zytoplasmatischen Htt-Aggregationen beim
MH ist bislang weitgehend unklar. Erste Berichte und Interpretationen hierzu stammten vor allem von
Beobachtungen aus in-vitro-Experimenten und von transgenen Tiermodellen, ohne daß jedoch
eindeutig ein direkter Zusammenhang zwischen den pathologischen Proteinaggregationen und der
Neurodegeneration hergestellt werden konnte. Vor allem jüngere in-vitro-Untersuchungen deuten
darauf hin, daß die Aggregationen an sich wahrscheinlich nicht ausschlaggebend für den
Nervenzelluntergang verantwortlich sind.
Die hier vorliegende Arbeit versucht nun, ergänzend zu den Erkenntnissen aus in-vitro-Experimenten
und von transgenen Tiermodellen anderer Forschergruppen, die pathogenetische Bedeutung von HttAggregationen beim MH auch in menschlichem post-mortem-Gewebe zu untersuchen.
Hierfür wurden Gewebeproben von 12 unterschiedlichen MH-Gehirnen, von 4 neuropathologisch
unauffälligen, sowie von 6 neuropathologisch vorbelasteten Kontrollgehirnen untersucht. Im einzelnen
sollte das Vorkommen und die Verteilung von Htt-Aggregaten in verschiedenen Hirnregionen, sowie
innerhalb verschiedener Nervenzellsubpopulationen beurteilt und dokumentiert werden, um damit eine
mögliche Korrelation zwischen Htt-Aggregatausbildung und Degeneration bzw. Zelltod zu überprüfen.
Dazu wurden von den Gewebeproben Gefrierschnitte angefertigt, die anschließend mit Hilfe
kombinierter immun- und enzymhistochemischer Färbemethoden aufbereitet und mikroskopisch
ausgewertet wurden. Zur Darstellung der Htt-Aggregationen wurde hierzu EM48, ein polyklonales
Antiserum gegen N-terminales Htt verwendet. Durch dieses Antiserum wurden deutlich mehr HttAggregationen sichtbar, als in anderen Publikationen zuvor beschrieben wurde. Das Gros dieser
Aggregationen ist dabei außerhalb der Nervenzellkörper im Neuropil lokalisiert anzutreffen. Außerdem
konnte eine deutliche Dissoziation zwischen bevorzugt degenerierenden Hirnregionen und Regionen
hoher Aggregatdichte aufgezeigt werden. Durch kombinierte Doppelfärbung wurde weiterhin
festgestellt, daß Htt-Aggregationen auch auf zellulärer Ebene nur relativ selten in den bevorzugt
degenerierenden Nervenzellsubpopulationen anzutreffen sind, dagegen in den als resistent geltenden
Nervenzelltypen überdurchschnittlich häufig gefunden werden können.
Schlußfolgernd weisen die Ergebnisse dieser histologischen Untersuchung menschlichen postmortem-Gewebes
darauf
hin,
daß
die
pathologischen
intranukleären
bzw.
perikaryalen
Proteinaggregationen nicht direkt für die Neurodegeneration verantwortlich zu machen sind. Vielmehr
hat es sogar den Anschein, daß die Ausbildung von Aggregaten die betroffenen Nervenzellen vor dem
Zelltod schützen können.
In der Diskussion wird erläutert, daß diese Schlußfolgerung durchaus im Einklang mit diversen
aktuellen Forschungsergebnissen und Publikationen zu sehen ist. Doch kritisch betrachtet ist
festzustellen,
daß
die
tatsächliche
pathogenetische
Bedeutung
der
intrazellulären
Proteinaggregationen noch immer weitgehend ungeklärt ist. Weiterführende Untersuchungen
56
menschlicher Gewebeproben, die Entwicklung neuer transgener Tiermodelle, sowie in-vitroVersuchsanordnungen werden jedoch in Zukunft sicherlich noch mehr Aufschluß darüber geben.
57
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8. Danksagung
Bedanken möchte ich mich besonders bei Herrn Prof. Dr. Adolf Weindl, Ph.D., der sich meiner als
Doktorvater an der Technischen Universität angenommen hat, und mir mit Rat und Tat beim
Schreiben und Fertigstellen der Dissertationsschrift zur Seite stand.
Für die Überlassung des Themas für meine Doktorarbeit, die zur Verfügungstellung des Labors und
der Gewebeproben, und die Einarbeitung und Betreuung bei der Durchführung der Untersuchungen
bin ich Herrn Robert J. Ferrante, Ph.D. zu großem Dank verpflichtet. Als Leiter des
neuropathologischen Labors in Bedford/Mass. und mein Betreuer vor Ort, konnte ich mir seiner Hilfe
und tatkräftigen Unterstützung stets sicher sein.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Godehard Oepen, M.D., Ph.D., dessen persönliche
Verbindungen und Engagement es mir ermöglicht hatte, ein Jahr als Research Fellow an der Boston
University zu verbringen und dort den experimentellen Teil meiner Doktorarbeit zu realisieren. Sein
Enthusiasmus für die Sache und seine großzügige Hilfsbereitschaft - auch in persönlichen Belangen half mir dabei über so manch schwierige Phase hinweg.
Außerdem möchte ich all den anderen Personen, Freunden und meiner Familie danken, die es mir
ermöglicht haben, dieses Projekt zu verwirklichen.
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9. Lebenslauf
Name:
Stefan Kümmerle
Geburtsdatum/-ort:
10. März 1973 in Freiburg im Breisgau
Schule:
Sept. 1983- Juni 1992
Gymnasium Schule Birklehof, Abitur im Juni 1992
Studium:
April 1994 - März 1996
Medizinstudium an der Universität Mainz (Vorklinik)
März 1996
Physikum / Ärztliche Vorprüfung (Gesamtnote: „gut“)
Mai 1996 - Mai 2001
Medizinstudium an der TU München (Klinik),
Universitätsklinikum Rechts der Isar
Mai 2001
Praktisches Jahr: April 2000 - März 2001
3. Staatsexamen / Ärztlichen Prüfung (Gesamtnote: „gut“)
am Universitätsklinikum „Evaristo Garcìa“
„Universidad del Valle“, Cali / Kolumbien,
jeweils 16 Wochen: Chirurgie, Innere Medizin und
Gynäkologie & Geburtshilfe (Wahlfach)
Arzt im Praktikum: Dez. 2001 – Feb. 2002
Parkklinik Weißensee, Berlin
in der Abteilung für Innere Medizin
seit Juni 2002
Vivantes Klinikum am Urban, Berlin,
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Research Fellowship /
Experimenteller Teil der Dissertation:
März 1998 - März 1999
1 Jahr Arbeit als Research Fellow in der Abteilung für
Experimentelle Neurologie und Neuropathologie,
Boston University Medical School, Boston / USA
Fremdsprachenkenntnisse:
Englisch (fließend in Wort und Schrift)
Spanisch (fließend in Wort und Schrift)
Französisch (Grundkenntnisse)
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