E-MOBILITY EIN ZUKUNFTSFÄHIGES KONZEPT? VON ELEKTROMOTOREN DER ZUKUNFT BIS HIN ZU ERFOLGREICHEN UMSETZUNGSPROJEKTEN Univ.Prof. Dr. Manfred Schrödl Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe TU Wien Im Rahmen der Veranstaltung „Mobilität“ an der TU Wien 14. Oktober 2014 Inhalt 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Statements von Experten zu Technologien Lernkurven von Technologien (PV und Li-Ionen-Akkus) „Hype Zyklus“ des Elektroautos Der Antriebsstrang eines Elektroautos Elektro-Motorkonzepte Das Problem der Seltenen Erden Einige Antriebslösungen Zusammenfassung und Ausblick Einfach zum Nachdenken.. Statements von Experten „640 KB sollten genug für jedermann sein.“ Bill Gates, 1981 "Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt." Thomas Watson, Vorsitzender von IBM, 1943 "Auf das Fernsehen sollten wir keine Träume vergeuden, weil es sich einfach nicht finanzieren lässt.“ Lee De Forest, Vater des Radios, 1926 "Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten - allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren." Gottlieb Daimler, 1901 Experten denken oft linear, Technologieänderungen sind aber exponentiell Großmann: Photovoltaikförderung so sinnvoll „wie Ananas züchten in Alaska“ 19.01.2012 RWE-Chef Jürgen Großmann. Bild: RWE. Der Chef des Energieversorgers RWE, Jürgen Großmann, hat seinem Unmut über den Photovoltaikausbau Luft gemacht. Bei einer Tagung der Energiewirtschaft in Berlin bezeichnete er die Förderung von Solarenergie in Deutschland als so sinnvoll „wie Ananas züchten in Alaska“ RWE-Chef* Jürgen Großmann. Bild: RWE. (*..2012) Anmerkung: Die PV-Förderung in Deutschland hat das Voranschreiten auf der Lernkurve massiv beschleunigt. Eindringen neuer Technologien – Prognosen anhand von Lernkurven Beispiel: Lernkurve der Photovoltaik Installierte Leistung PV 1993: 100 MW 2003: 3000 MW 2013: 100.000 MW Faktor 30 pro Jahrzehnt oder Faktor 1000 in den letzten 20 Jahren Lernkurve: PV-Preise fallen um 20% pro Verdopplung der installierten Leistung Das Elektroauto durchläuft einen sogenannten Hype-Zyklus („The Microsoft System Software Hype Cycle Strikes Again“, Jackie Fenn, 1995) Das Elektroauto durchläuft einen sogenannten Hype-Zyklus Bleibatterie war KOKriterium Produkteinführung Tesla Model S Auslöser: IGBTLeistungselektronik und DrehstromAntriebstechnik 1990 Technologiesprung: Lithium-Ionen-Batterie Für das Elektroauto bedeutet dies: 1990-1995: Überzogene Erwartungen an die E-Mobilität, jede Elektrofirma baute ein Elektrofahrzeug. 1995-2005: Tal der Enttäuschungen, aber Lithium-Batterie löst Technologiesprung aus. Derzeit: Pfad der Erleuchtung, ab 2020: Produktivität Aus der Frühzeit des Hype-Zyklus (1993): Erfahrungen des ESEA mit Asynchronmaschinen in der Traktion Diese reichen zurück bis 1993. ESEA entwickelte damals gemeinsam mit einem österr. Unternehmen einen Antrieb mit Asynchronmotor für einen VW T4.*) Antrieb funktionierte gut, Problem: Gewicht, Wirkungsgrad, Zyklenzahl und Reichweite der Bleibatterie. *) Schrödl, M. (Elin Verkehrstechnik, Vienna): „Electric Vehicle with Robust Sensorless Induction Motor Drive“. ICEM, Paris, 1994, pp. 338ff. Neuer Anlauf ab 2005: Lithium-Ionen Batterie und Permanentmagnet-Synchronmotor Hauptkomponenten: Antriebsunabhängig .. 40 % Batterie .. 40 % Elektroantrieb .. 5% Rest .. 15 % Zyklenwirkungsgrad Li-Batterie: 90 % z.B. E-Auto 45 kWh, 5.000 Zyklen..200 km x 5.000 = 1.000.000 km..ok! Danach Sekundärnutzung im Haus als PV-Puffer Wirkungsgrad des E-Antriebs: 90% -> Verbesserungspotenzial des Antriebs: 5% der Gesamtenergie, 2-3% des Gesamtpreises am Fahrzeug -> Verbesserungspotenzial der Batterie: 5 % der Gesamtenergie, 30% des Gesamtpreises. Höchster Wirkungsgrad, kompaktester Aufbau: Permanentmagneterregte Synchronmaschine Vorteile: Höchste Drehmomentdichte, höchster Wirkungsgrad. Nachteile: Teure Magnete auf Basis Seltene Erden (Neodym, Samarium-Kobalt, etc.) Reference motor voltage 250 V (rms) Reference motor current 220 A (rms) Reference power 90 kW Reference/maximum speed 3500 /8000 rpm Motor diameter 250 mm Beispiel: ESEA baute einen 90 kWAntrieb für ein Hybridprojekt (2010) Links: CAD Design Mitte: Motor am Prüfstand Rechts: Stator mit Wasserkühlung Vergleich der Wirkungsgrade von Verbrennungskraftmaschinen und Elektromotoren Typisches Drehmoment-DrehzahlKennfeld eines PermanentmagnetSynchronmotors (TU Wien). Wirkungsgrad in weitem Bereich über 90%. Sehr guter Wirkungsgrad auch im Teillastbereich. Typisches Kennfeld eines Ottomotors. Wirkungsgrad im Bestpunkt etwa 35%. Rasches Absinken im Teillastbereich. Blick unter die Fronthaube .. .. eines konventionellen PKWs Hohe mechanische Komplexität Jede Menge Nebenaggregate Vergleich des Aufbaus eines Elektroautos mit einem konventionellen Verbrenner-PKW Blick unter die Fronthaube .. .. eines konventionellen PKWs Hohe mechanische Komplexität Jede Menge Nebenaggregate … und eines Elektroautos Geringe Komplexität des Antriebs bei konsequenter „elektro-orientierter“ Konstruktion Front und Heck sind frei für Stauraum-Nutzung Fazit: Der vollelektrische Antrieb reduziert die mechanische Komplexität des Fahrzeugs drastisch Front und Heck sind frei für Stauraum-Nutzung Fazit: Der vollelektrische Antrieb reduziert die mechanische Komplexität des Fahrzeugs drastisch Wo ist eigentlich der Antrieb? Wo ist eigentlich der Antrieb? Energiespeicher in die Bodenplatte integriert, Antrieb nahe am Rad ohne Schaltgetriebe und Kupplung. Lithium-Ionen-Speicher Lernkurve Installierte Kapazität und Lernkurve von Lithium-Ionen Speichern Installierte Kapazität Lithium Speicher Etwa Verdopplung pro Jahr erwartet Preise für Li-Akkus: 2011: 500 EUR/kWh 2012: 350 2013: 200 Lernkurve: Li-Batteriepreise fallen um 15% pro Verdopplung der installierten Kapazität (Bild: W. Hoffmann) Verdopplung der weltweiten Produktionskapazität: Teslas „Gigafactory“ für Lithium-Ionen Akkus Produktionskapazität der „Gigafactory“ (Tesla/Panasonic, Nevada, USA) ab 2020 Geplante Fabrik verdoppelt die weltweit installierte Kapazität von 2013 Konservative Schätzung: Kostenreduktion um 30% in der „Gigafactory“ ab 2017 (Bild: Tesla) Schock auf der Antriebsseite: Neodym-Preisexplosion 2011 Durch die gezeigten Vorteile der PM-Maschine (Wirkungsgrad, Kompaktheit): Nachfrage nach Seltenen Erden steigt ab 2009 stark an. Durch die Monopolstellung Chinas: Preis explodiert (Bild). Preis steigt um Faktor 10 Innerhalb von einem Jahr. Hersteller suchen Alternativen: Kupferläufer – Asynchronmaschinen (Tesla) Elektrisch erregte Synchronmaschinen (Continental) Reluktanzmaschinen (ABB im Industriebereich) Neue Antriebe für die Mobilität (ab 2011): Motto: Raus aus den Seltenen Erden Aufgrund der Preisexplosion wurden 2 Faktoren ausgelöst: Minen für Seltene Erden außerhalb Chinas werden wirtschaftlich (Australien, USA, Kanada, etc.) Die Fahrzeughersteller führen alternative Antriebskonzepte ein, die ohne Seltene Erden auskommen. Effekt: Preis für Seltene Erden hat sich wieder stabilisiert. Alternative zu Seltenen Erden: Beispiel Kupferläufer-Asynchronmaschine Symbolischer Kupferrotor Asynchronmaschine mit Kupferläufer und Flüssigkeitskühlung (Tesla) Durch Kupferkäfigläufer werden die Verluste gegenüber konventionellem Aluminiumkäfigläufern deutlich reduziert. Durch Flüssigkeitskühlung steigt die Leistungsdichte stark an. Alternative zu Seltenen Erden: Elektrisch erregter Synchronmotor (Continental) Beispiel: Serienanwendung des Synchronmotors im Renault ZOE Alternative zu Seltenen Erden: Synchron-Reluktanzmotor Beispiel: Reluktanzantrieb am ESEAPrüfstand – Sehr gute Wirkungsgrade in weitem Betriebsbereich gemessen (verglichen mit Asynchronmotor), sehr einfacher und robuster Motoraufbau, geringe Materialkosten, sensorlose Regelung implementiert. Oder doch wieder Permanentmagnet-Maschinen, womöglich in der Variante „Radnabenmotor“? Beispiel: PM-Synchron-Antriebsmotor mit Übersetzung auf das Rad (Michelin). Motorgewicht: 7 kg, Leistung 30 kW Rechts: Anwendung im Venturi Volage (4 Radnabenmotoren) Zusammenfassung Elektromobilität steht einige Jahre vor der breiten Marktdurchdringung Bei elektrischen Antrieben kann die eingesetzte Technologie an ökonomische Einflussfaktoren (Preise, Verfügbarkeit,..) angepasst werden Die Batterietechnik ist in absehbarer Zeit ausreichend preiswert und kompakt. Elektrofahrzeuge passen hervorragend zu Photovoltaik (konsequenterweise sollte ein Elektrofahrzeug nicht über fossil erzeugten Strom versorgt werden). Die TU Wien hat breite Kompetenz in antriebstechnischen Fragestellungen und steht der Industrie als Partner zur Verfügung. Gestalten wir gemeinsam die Mobilität von morgen! Manfred Schrödl, Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe Technische Universität Wien [email protected]