Facharbeit im Fach Biologie Können Menschen mit Asperger

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Facharbeit im Fach Biologie
Können Menschen mit Asperger-Syndrom sich gut und
kompetent in neuen sozialen Umfeldern zurechtfinden?
Betreuende Lehrkraft:
Abgabetermin: 16.03.2012
Rebekka Ruscher
-2-
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
3
2. Darstellung des Behinderungsbildes
4
2.1 Definition
4
2.2 Ursachen und Häufigkeit
5
2.3 Symptome
6
2.4 Diagnostik
8
2.5 Therapie
8
3. Vorstellung der Fragestellung
10
4. Hypothesenbildung
10
5. Praktischer Teil
10
6. Auswertung
12
7. Fazit
12
Literaturverzeichnis
13
-3-
1 Vorwort
Mit großer Begeisterung und aus persönlichem Interesse habe ich mich mit dem Thema
Asberger-Aautismus auseinandergesetzt und es hat mir Spaß gemacht aus der
umfangreichen Literatur einige Bücher auszuwählen und diese zu lesen.
Leider stellte sich im Laufe der Erarbeitung heraus, dass ich etwas zu naiv in die Arbeit
gegangen bin, mit der Vorstellung ohne Probleme Kontakt zu Menschen mit dieser
Einschränkung zu finden, die bereit wären, sich mit meiner Fragestellung auseinander
zusetzen. Wie im praktischen Teil noch näher dargestellt, gelang es mir nicht, einen
persönlichen Kontakt zu betroffenen Menschen herzustellen.
Über eine Internetrecherche konnte ich jedoch Kontakt zu dem Leiter einer
Selbsthilfegruppe für Menschen mit autistischen Beeinträchtigungen aufnehmen und
möchte an dieser Stelle Herrn Bernd Lochstedt für die Hilfe und Unterstützung bei dem
praktischen Teil dieser Facharbeit ganz herzlich danken. Herr Lochstedt war
telefonisch, als auch per E-Mail offen für meine Fragestellung, hat meinen Fragebogen
in der Gruppe verteilt und anschließend dafür gesorgt, dass ich die ausgefüllten
Exemplare erhalte.
-4-
2 Darstellung des Behinderungsbildes
2.1 Definition
Das Asperger-Syndrom gehört zu einer Gruppe autistischer und tiefgreifender
Entwicklungsstörungen. Im ICD 101 werden in diese Gruppe noch der frühkindliche
Autismus und der atypische Autismus eingeordnet.
Der Begriff Autismus wird von dem griechischen Wortstamm „autos“ abgeleitet und
bedeutet „selbst“ oder „in sich selbst zurückgezogen“. Autismus ist keine Krankheit, die
geheilt werden kann, sondern eine Behinderung, die sich lebenslang auf alle
Lebensbereiche auswirkt.2
Das Asperger-Syndrom wurde das erste Mal 1944 von Hans Asperger beschrieben.
Asperger stellt in seiner Habilitationsschrift3 an der Universität Wien vier intelligenten
und sprachlich gut entwickelten Jungen mit geringer emphatischer Fähigkeit, geringer
Kommunikationsteilnahme und auffälliger Motorik vor. Beim Lesen dieser
Primärliteratur fällt die sehr eigene Terminologie der psychiatrischen Fachliteratur der
vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf, die aus heutiger Sicht sehr tendenziös
und abwertend ist, wie den Begriff der „abartigen Kinder“4 und die Bezeichnung deren
unberechenbaren Verhaltens als „Bosheiten“5. Trotzdem ist es spannend dort erstmals
umfassend und wissenschaftlich fundiert vier Fallbeispiele zum Asperger Autismus
beschrieben zu lesen.
In der Klassifikation autistischer Störungen nach Kusch & Petermann 6 ist das Syndrom
eingeordnet unter sozial aktiv, aber sonderbar, mit einem hohen Funktionsniveau.
Neben diesen Gruppierungen wird auch der Nachweis geführt, dass das gestörte soziale
und kommunikative Verhalten entwicklungsgestörter Kinder ein breites Spektrum
aufweist, unabhängig von der mitbeteiligten geistigen oder autistischen Behinderung.7
Ferner bestehen ungewöhnliche Spezialinteressen und eine Tendenz zu ritualisierten
Handlungen. 8
Das Asperger-Syndrom ist eine unspezifische, also nicht klar umrissene, Störung, die
durch dieselbe Form qualitativer Abweichungen der wechselseitigen sozialen
Interaktionen, wie sie auch für den Autismus typisch ist, darstellt, zusammen mit einem
eingeschränkten, stereotypen, sich wiederholenden Repertoire von Interessen und
Aktivitäten.9
1
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, ICD-10-GM Version 2012.
Prof. Dr. Nicklas-Faust, Jeanne; Scharringhausen, Ruth: Heilerziehungspflege, S.636.
3
Asperger, Hans: Die „Autistischen Psychopaten“ im Kindesalter.
4
Ebd, S.9.
5
Ebd. S.15
6
Petermann, Franz (Hrsg.): Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, S.330.
7
Ebd.
8
Roy, Mandy; Dillo, Wolfgang; Emrich, Hinderk M.; Ohlmeier, Martin D.: Das Asperger Syndrom im
Erwachsenenalter, Deutsches Ärzteblatt 2009; 106(5): S. 59-64.
9
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information.
2
-5-
Das Asperger-Syndrom unterscheidet sich vom Kanner-Autismus, auch bekannt als
„frühkindlicher Autismus“, der sich vor dem dritten Lebensjahr vor allem durch eine
allgemeine Entwicklungsstörung äußert, dadurch, dass neben den für den Autismus
typischen Störungen Symptome ein relativ flüssiger Sprachgebrauch beobachtet wird
der aber durch die Unfähigkeit, sich an soziale Kontexte oder Bedürfnisse des
Gesprächspartners anzupassen, behindert wird. Ferner eine Auffallende
Ungeschicklichkeit in der Motorik, und idiosynkratrische, aber fesselnde Interessen
und eine Beeinträchtigung des nonverbalen Ausdrucks und der Mimik und Gestik .
2.2 Ursachen und Häufigkeit
Heutzutage ist man sich weitestgehend sicher, dass genetische Faktoren die Ursache
sind, auch wenn dies noch nicht vollständig nachgewiesen ist. Auch Asperger vermutete
dies bereits 1943: „Angesichts der Geschlossenheit und der Konstanz dieses Typus
psychopathischer Kinder muss auch die Frage nach der Erblichkeit auftauchen. Längst
ist die Frage entschieden, das auch psychopathische Zustände konstitutionell verankert
und darum auch vererbbar sind.“10
Um die Frage nach der Ursache zu beantworten, muss man klären, welche
neurobiologischen und Umweltfaktoren für die Entstehung der Störung verantwortlich
sind.
Kusch und Petermann11 gehen von einer multifaktoriellen Genese aus und geben als
Ursachen biologische, psychogenetische und entwicklungsbezogene Faktoren an,
welche sie durch verschiedene neurobiologische Studien zu belegen versuchen. Diese
geben aber alle keinen eindeutigen Hinweis auf eine autismusspezifische, neurologische
oder neurophysiologische Beeinträchtigung.
Zwar zeigen neurologisch-neuroanatomische Untersuchungen bei 14 von 18
autistischen Kindern eine Organvergrößerung in zwei Bereichen des Kleinhirns sowie
eine Verkleinerung einer Kleinhirnhälfte, was in diesem Sinne von Bedeutung ist, da
die Fortsätze des Kleinhirns eng mit dem Hirnstamm und limbischen Regionen
verbunden sind und komplexe Verhaltensabläufe und Affekte kontrollieren, allerdings
sind abnorme Hirnstrukturen in vielen Hirnbereichen vorzufinden, somit ist es
unwahrscheinlich, dass gerade die spezielle Veränderung der Hirnstruktur eine direkte
Rolle in der Entstehung einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung spielt. Weiterhin
begrenzen sich die neurologischen Korrelate stets nur auf Einzelaspekte autistischen
Verhaltens.
Die psychogenetischen Modelle entstammen der Psychoanalyse und gehen von dem
Grundsatz aus, dass die Kinder gesund zur Welt kommen und erst während der frühen
Entwicklung die Symptomatik des Asperger-Syndroms zeigen, welche sie durch
schädliche Umwelteinflüsse erlangen.
10
11
Asperger, Hans: Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter, S. 56.
In: Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie; Kusch, Michael; Petermann, Franz.
-6-
Besonders die Bindungsstörung zwischen Mutter und Kind wurde lange Zeit als ein
spezifischer Grund für die Entstehung einer autistischen Störung angesehen, doch auch
wenn autistische Kinder eine Mutter-Kind-Störung aufweisen, so ist dies nicht die
Ursache des Autismus. Schon seit den 70er Jahren gilt als erwiesen, das die
Persönlichkeit der Eltern und deren Umgang mit ihren autistischen Kindern nichts mit
der tiefgreifenden Entwicklungsstörung zu tun hat.
Entwicklungsbezogene Faktoren sind keine direkte Ursache für eine tiefgreifende
Entwicklungsstörung.
Es wird davon ausgegangen, dass eine Störung in der sozialen Interaktion zwischen dem
Kind und den Eltern die Erwartung und das Erziehungsverhalten der Eltern verändert.
Somit weicht auch die Sozialisation des Kindes vom normalen Verlauf ab. So muss man
bemerken, dass eine frühe Eltern-Kind-Interaktion kompensierend oder noch zusätzlich
schädigend auf die Entwicklung wirken kann, und zwar nicht die grundlegende Störung,
aber zumindest weitere Verhaltensprobleme autistischer Kinder beeinflussen kann.
Dies belegen verschiedene Studien, zu denen Untersuchungen zur Imitation (Kusch&
Petermann, 1991a), Neuheit und Vorhersehbarkeit in der Informationsverarbeitung
(Cohen et al., 1978), Emotionale Reaktionen während der Interaktion (Hobson, 1990),
Aufmerksamkeitslenkung (Mundy et al., 1990) und soziale Bezugsname (Mundy et al.,
1992) gehören.12
Die Prävalenz des Asperger-Syndroms im Kindesalter wird auf 0,02 bis 0,03 %
geschätzt. Das männliche Geschlecht ist mit einem Anteil von 8:1 zwischen Jungen und
Mädchen deutlich häufiger betroffen. Repräsentative Untersuchungen zur Häufigkeit im
Erwachsenenalter gibt es bisher nicht, doch da die Kernsymptome autistischer
Störungen trotz einer Veränderung des klinischen Erscheinungsbildes im Laufe des
Lebens bestehen bleiben, lässt sich davon ausgehen, dass die Prävalenz im
Erwachsenenalter nicht wesentlich geringer ist.13
2.3 Symptome
Das Verhalten des betroffenen Kindes ist im Allgemeinen in den ersten Lebensjahren
unauffällig. Es verhält sich altersgemäß neugierig, selbstständig und kommunikativ.
Nach etwa dem dritten Lebensjahr manifestieren sich die Symptome des AspergerAutismus, bestehend aus funktionalem und symbolischem Spielen, Entwicklung
selektiver sozialer Zuwendung und qualitativen Auffälligkeiten der gegenseitigen
sozialen Interaktion. Diese äußern sich in der Unfähigkeit, Blickkontakt, Mimik und
Gestik zur Regulation sozialer Interaktion zu verwenden, der Unfähigkeit, Beziehungen
zu Gleichaltrigen aufzunehmen und einem Mangel an sozio-emotionaler
12
Petermann, Franz (Hrsg.): Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, S.336-338.
Roy, Mandy; Dillo, Wolfgang; Emrich, Hinderk M.; Ohlmeier, Martin D.: Das Asperger Syndrom im
Erwachsenenalter.
13
-7-
Gegenseitigkeit, die sich in einer Beeinträchtigung oder devianten Reaktion auf die
Emotionen anderer äußert. Weiterhin mangelt es daran, spontane Freude, Interessen
oder Tätigkeiten mit anderen zu teilen.
Ein weiterer Punkt sind qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation in einer
relativen Unfähigkeit, Kontakt zu beginnen und aufrecht zu erhalten, eine stereotype
und repetitive Verwendung der Sprache und einem Mangel an verschiedenen spontanen
sozialen Imitationsspielen.
Die Betroffenen beschäftigen sich mit gewöhnlich mehreren stereotypen, begrenzten
und repetitiven Interessen, deren Inhalt und Schwerpunkt spezialisiert ist und sie haben
eine zwanghafte Anhänglichkeit an Rituale und Gewohnheiten. Kinder beschäftigen
sich vorherrschend mit Teilobjekten oder nicht funktionalen Elementen des
Spielmaterials, wie ihren Geruch, die Oberflächenbeschaffenheit oder das Geräusch,
was sich mit ihnen hervorbringen lässt.14
Diese Kriterien entsprechen dem Autismus an sich, gelten also sowohl für den Kanner
als auch den Asperger Autismus. Das Asperger-Syndrom zeichnet sich dadurch aus,
dass im Gegensatz zum Kanner-Syndrom eine klinisch eindeutige allgemeine
Verzögerung der gesprochenen oder rezeptiven Sprache oder der kognitiven
Entwicklung fehlt. Die Symptome treten erst nach dem dritten Lebensjahr auf. Auch
hier besteht ein gewöhnlich intensives, umschriebenes Interesse oder begrenzte,
repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten, allerdings sind
motorische Manierismen, ein besonderes Beschäftigtsein mit Teilobjekten oder mit
nicht-funktionalen Elementen vom Spielmaterial ungewöhnlich. Die Kinder sind
auffallend ungeschickt und haben den Wunsch nach sozialem Kontakt, dieser wird aber
nicht umgesetzt, da auf Kontaktangebote unangemessen reagiert wird. 15
Zurzeit wird intensiv debattiert, inwieweit die Diagnose Asperger-Syndrom schlüssig
und sinnvoll ist, da die heutigen Beschreibungen in führenden Manualen wie dem ICD10 von der Originalbeschreibung Aspergers deutlich abweichen. Nach heutigen
Kriterien wäre in keinem der Fälle, die Asperger in seiner Habilitationsschrift
beschreibt, die Diagnose einer Asperger-Störung angemessen. Laut dem ICD-10
unterscheidet sich das Asperger-Syndrom beinahe ausschließlich durch das Fehlen einer
klinisch bedeutsamen Verzögerung der gesprochenen und rezeptiven Sprache vom
infantilen Autismus. Somit ist es fraglich, ob die Einteilung von Autismus und
Asperger-Syndrom gerechtfertigt ist.
2.4 Diagnostik
Auf der körperlich-organischen Ebene sind keine Befunde zum Nachweis eines
Asperger-Syndroms bekannt. Bei Kindern sind die ersten Symptome oft nach dem
14
Poustka, F.; Bölte, S.; Feineis-Matthews, S.; Schmötzer, G.: Autistische Störungen. Leitfaden der Kinderund Jugendpsychotherapie, S.10-11.
15
Petermann, Franz: Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie, S.328.
-8-
dritten Lebensjahr zu erkennen, doch da die Differenzialdiagnosen oft schwer
abzugrenzen sind, sollte das Asperger-Syndrom durch einen Facharzt für Psychiatrie
und Psychotherapie beziehungsweise im Kindesalter durch einen Facharzt für Kinderund Jugendpsychiatrie diagnostiziert werden.
Die Diagnose bei Erwachsenen wird durch eine sorgfältige Anamnese, einschließlich
einer Kindheitsanamnese, und anhand des psychopathologischen Befunds gestellt.
Probleme bei der Kindheitsanamnese sind allerdings eine teilweise nur lückenhafte
Kindheitserinnerung
Schwierig kann die Abgrenzung zur schizoiden Persönlichkeitsstörungen zur
schizophrenen Psychose sein, da auch diese mit einem Mangel an Empathie und einem
sozialen Rückzug einhergehen.
Es gibt einige Fragebogenverfahren, die man zur Stellung der Diagnose heranziehen
kann. Das „Adult Asperger Assessment“ wurde speziell für die Diagnose im
Erwachsenenalter entwickelt und beinhaltet zwei Screening-Verfahren, dem AQ
(Autismus-Spektrum-Quotienten) und dem EQ (Empathie-Quotienten).
Der AQ besteht aus 50 Fragen zu den Bereichen soziale Fertigkeiten, Schwankungen
der Aufmerksamkeit, Detailgenauigkeit, Kommunikation und Vorstellungsvermögen.
Der EQ erfragt mit 40 Fragen das Empathievermögen.16
2.5 Therapie
Nicht jedes Asperger-Syndrom besitzt einen so hohen Krankheitswert, dass es behandelt
werden muss. Die klinische Ausdrucksdeutlichkeit des autistischen Syndroms variiert
zwischen schwerster Behinderung zur Grenzverhaltensstörungen, die in einem intakten
sozialen System aufgefangen werden können, vielleicht sogar unbemerkt bleiben.
Früher nannte man sie Eigenbrötler.
Obwohl es sich bei autistischen Störungen um organisch bedingte und vor allem
genetische Symptome handelt, gibt es keine medikamentöse Therapie, die die
Kernsymptome des Autismus behandelt. Die Therapie der Wahl sind
verhaltenstherapeutische Maßnahmen. Die therapeutischen Strategien verfolgen im
Allgemeinen das Ziel, die soziale Interaktionsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und
Selbstständigkeit zu verbessern und Rituale, Zwänge, Unruhe und Hyperaktivität sowie
grob- und feinmotorische Defizite und Isolation zu reduzieren.
Dazu gibt es viele, auch umstrittene und zweifelhafte Methoden. Einige empirisch gut
abgesicherte Methoden sind eine frühe intensive globale Verhaltenstherapie (nach
LOVAAS), eine Verhaltensmodifikation einzelner Symptome mit Verhaltenstherapie
16
Roy, Mandy; Dillo, Wolfgang; Emrich, Hinderk M.; Ohlmeier, Martin D.: Das Asperger Syndrom im
Erwachsenenalter.
-9-
und das Treatment and Education of Autistic and Related Communication Handicapped
Children (TEACCH).
Weitere empirisch moderat abgesicherte Methoden sind ein simples Training sozialer
Fertigkeiten, und das Theory of Mind-Training.17
Die LOVAAS-Therapie wurde Anfang der 60er Jahre von Dr. Ivar Lovaas entwickelt
und hat in den letzten 30 Jahren bedeutende Fortschritte auf dem Gebiet der
Autismusherapie gemacht. Die Therapie bringt Kindern in kleinen Schritten bestimmte
Fähigkeiten bei, unter anderem Sprache zu verstehen und kommunikative Sprache
aufzubauen, was im Fall des Asperger-Syndroms durch ein Fehlen der klinischen
Verzögerung der gesprochenen oder rezeptiven Sprache nicht notwendig ist; die
Spielfähigkeiten dem Altersbereich gemäß zu entwickeln, abstrakten Konzepte
aufzubauen, schulische Fähigkeiten zu verbessern und die Perspektiven anderer zu
verstehen, auf Interaktionen zu reagieren, sie zu initiieren und aufrecht zu erhalten.
. Die LOVAAS-Therapie ist vorwiegend verhaltenstherapeutisch orientiert und ein
Schwerpunkt liegt in der positiven Verstärkung einer Verhaltensänderung des Kindes.
Jedes Kind arbeitet 35-40 Stunden die Woche alleine mit einem Therapeutenteam und
besonderer Wert wird auf die Generalisierung des gelernten Wissens auf verschiedene
Situationen gelegt. Die Informationen werden durch das Discret Trial Format
präsentiert. Es besteht aus SD (diskriminativer Reiz, Stimulus, Instruktion) – R
(Reaktion des Kindes) – SR (verstärkender Reiz, Konsequenz).
Zum Beispiel stellt der Therapeut eine Forderung wie: „Komm her!“(SD), das Kind
kommt (R) und wird gelobt (SR).
Das Ziel ist es, dem Kind in möglichst kurzer Zeit die fehlenden Fähigkeiten
beizubringen, um den Abstand zu gleichaltrigen Kindern möglichst gering zu halten. 18
Kinder, die über einen langen Zeitraum (ca. 3 Jahre) intensiv therapiert wurden, zeigten
im Vergleich zu unbehandelten Kontrollkindern Verhaltensbesserungen zwischen ein
und zwei Standardabweichungen auf diversen kognitiven und adaptiven
Verhaltensskalen. Die Effekte dieser Methode gehört im Bereich der
Autismusforschung zu den wissenschaftlich am besten untersuchten.19
Die TEACCH-Methode ist ein ganzheitlich pädagogisch-therapeutischer Ansatz, der die
Entwicklung individueller Hilfen zur Unterstützung des Lernens und zur selbstständigen
Bewältigung des Alltags in den Vordergrund stellt. Er wurde an der Universität von
North Carolina, USA, entwickelt und ist inzwischen weltweit anerkannt.
Das TEACCH-Konzept setzt sich zusammen aus den Punkten Fachkompetenz für
Autismus, Individualisierung, Perspektive der Entwicklung und Orientierung an den
17
Poustka, F.; Bölte, S.; Feineis-Matthews, S.; Schmötzer, G.: Autistische Störungen. Leitfaden der
Kinder- und Jugendpsychotherapie, S. 36.
18
Noller, Angela: Was ist die LOVAAS-Therapie.
19
Poustka, F.; Bölte, S.; Feineis-Matthews, S.; Schmötzer, G.: Autistische Störungen. Leitfaden der
Kinder- und Jugendpsychotherapie, S.37.
-10-
Stärken, Kontinuität von Diagnostik und Behandlung, Zusammenarbeit mit Eltern,
Strukturierung und Visualisierung, Methodenvielfalt, Kognitive Psychologie und
Verhaltenstheorie sowie Respekt, Mitbestimmung und Kommunikation und langfristig
angelegte Hilfen.20
Zum Bereich der medikamentösen Therapie lässt sich sagen, dass bis heute noch kein
Arzneimittel entwickelt wurde, das sich als effektiv in der Behandlung der
Kernsymptome des Autismus erwiesen hätte.
Allerdings lassen sich einzelne Symptome wie selbstverletzendes Verhalten, Zwänge,
Fremdaggression, hyperaktive und depressive Symptome pharmalogisch behandeln. 21
3 Vorstellung der Fragestellung
Die Fragestellung, mit der ich mich in dieser Facharbeit auseinandersetze, lautet:
Können Menschen mit Asperger-Syndrom lernen, sich gut und kompetent in neuen
sozialen Umfeldern zu bewegen und zurechtzufinden.
4 Hypothesenbildung
Ich denke, dass es für Menschen mit Asperger-Syndrom, die schon in ihrer Kindheit
Therapien gemacht haben und gut unterstützt und begleitet wurden, durchaus möglich
ist, nach außen hin den Anschein zu machen, dass sie sich gut in einer neuen Situation
zurechtfinden. Andererseits muss man sagen, dass es aufgrund der Störung
unwahrscheinlich ist, das sich ein Asperger-Betroffener in einem Umfeld voller neuer
Menschen wirklich wohl fühlt.
5 Praktischer Teil
Meine Arbeit basiert auf einer Fragebogenumfrage zu der oben genannten
Fragestellung, die ich an einer Stichprobe von Menschen mit Asperger-Syndrom
durchführen wollte. Schon zu einem ganz frühen Stadium meiner Recherchen und
Auseinandersetzungen mit diesem Thema musste ich feststellen, dass die
aspergerspezifischen Symptome der eingeschränkten sozialen Interaktion sich nicht
unbedingt förderlich auf die Gewinnung meiner Stichprobe darstellten.
Zu Beginn war meine Idee, die Fragen in einem strukturierten Interview und in
persönlichem Kontakt beantworten zu lassen. Es gelang mir, über persönliche
20
Häußler, Dr. Anne: TEACCH – mehr als eine Methode zur Förderung von Menschen mit Autismus.
Poustka, F.; Bölte, S.; Feineis-Matthews, S.; Schmötzer, G.: Autistische Störungen. Leitfaden der
Kinder- und Jugendpsychotherapie, S.42-43.
21
-11-
Beziehungen den Kontakt zu einer betroffenen jungen Frau (19) herzustellen, der aber
abrupt und ohne weitere Erklärung abbrach. Daraufhin bemühte ich mich, über eine
Selbsthilfegruppe interessierte Betroffene für meinen Fragebogen zu gewinnen.
Die Selbsthilfegruppe für Menschen mit Autistischen Beeinträchtigungen wird von
Bernd und Christa Lochstedt geleitet, die als Familie selbst vom Asperger-Syndrom
betroffen sind. Sie bietet Betroffenen einmal im Monat ein Gruppentreffen an.
Als ich telefonisch Kontakt mit Herrn Lochstedt aufnahm, bot dieser mir an, bei einem
Gruppentreffen die Fragebögen an Freiwillige zu verteilen. Zwei Betroffene waren dazu
bereit. Ich hatte mir einen größeren Rücklauf erhofft, um bei der Auswertung eine
größere Stichprobe zu haben. Mir ist bewusst das auch bei einer Stichprobengröße von
zehn bis 20 Personen das Ergebnis der Auswertung der Fragebögen weder valide noch
reliabel ist, aber es hätte mir zumindest eine tendenzielle Aussage ermöglicht. Aus dem
geringen Rücklauf ziehe ich die Vermutung, dass, wie bei dem ersten Kontakt, die
aspergerspezifische Problematik einen möglichen Einfluss auf die Bereitschaft zur
Teilnahme an dem Fragebogen gehabt haben könnte.
Meine Fragen22 beziehen sich auf den Umgang mit neuen sozialen Umfeldern, Personen
und inwieweit das Asperger-Syndroms darin einschränkt. Möglich war es, eine Antwort
auf einer Skala von 1 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft in hohem Maße zu), anzukreuzen.
Meine beiden Testpersonen waren männlich, der eine 51, der andere 38 Jahre alt.
Person A (51) schätzt sich selbst als sehr unsicher im Kontakt mit unbekannten
Umfeldern und Personen ein. Er befindet sich so gut wie nie in neuen sozialen
Umfeldern und meidet diese auch, genauso wie er es vermeidet, von sich aus Kontakt zu
fremden Menschen aufzunehmen. Er sagt von sich, dass das Asperger-Syndrom ihn sehr
stark in der Kontaktaufnahme mit fremden Menschen einschränkt.
Person B (38) befindet sich selten in neuen sozialen Umfeldern. Doch auch er fühlt sich
sehr unsicher. Es fällt ihm relativ schwer, sich in dem neuen Rahmen zurechtzufinden
und er nimmt eher selten von sich aus Kontakt zu fremden Menschen auf. Neue soziale
Umfelder meidet er weitestgehend und auch Person B ordnet sich selbst als sehr
unsicher im Kontakt mit unbekannten Umfeldern und Personen ein. Das AspergerSyndrom schränkt ihn dabei mittelmäßig bis stark ein.
6 Auswertung
22
S.Anhang
-12-
Aus diesen Auswertungen lässt sich kein Fazit ziehen, was die Fragestellung
hinreichend beantwortet. Es lässt sich sagen, dass die Einschränkungen durch das
Asperger-Syndrom genau wie die Ausprägung variieren, jedoch müsste man, um
genauere Schlussfolgerungen zu ziehen, mehr über die Hintergründe wissen. Wie
schwer ist das Asperger-Syndrom bei den Befragten ausgeprägt? Hat eine der Personen
A oder B eine Therapie gemacht? Wie verlief ihre Kindheit, ihr Leben, wurden sie
gefördert oder nicht? Weiterhin kann man aus einer Stichprobe von zwei Leuten kein
verallgemeinerndes Ergebnis ziehen.
7 Fazit
Der Versuch einer Fragebogenauswertung und die Schwierigkeiten, mit einem
Asperger-Patienten Kontakt aufzunehmen haben gezeigt, dass es für diese sehr schwer
ist, sich auf neue soziale Kontakte und Situationen einzulassen.
Es braucht viel Vorsicht und Behutsamkeit, bis ein Asperger-Autist Vertrauen zu einem
neuen Menschen fassen kann.
Ich denke, dass es gerade heute in einer sich dauernd verändernden Gesellschaft ohne
Konstanz schwierig für einen Asperger-Patienten ist, sich der Gesellschaft anzupassen
und sich sozial kompetent zu verhalten.
-13-
Literaturverzeichnis
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, ICD-10-GM
Version 2012, in:
http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlgm2012/block-f80-f89.htm
(Stand: 15.03.12).
Nicklas-Faust, Prof. Dr. Jeanne; Scharringhausen, Ruth (Hrsg.): Heilerziehungspflege.
In: Cornelsen Verlag, Berlin, 2011.
Asperger, Doz. Dr. Hans: Die „autistischen Psychopaten“ im Kindesalter, Wiener
Universitäts-Kinderklinik, 1943.
Petermann, Franz (Hrsg.): Lehrbuch der Klinischen KinderpsychologieErklärungsansätze und Interventionsverfahren. In: Hogrefe-Verlag, Göttingen³, 1998.
Roy, Mandy; Dillo, Wolfgang; Emrich, Hinderk M.; Ohlmeier, Martin D.: Das
Asperger Syndrom im Erwachsenenalter, In: Deutsches Ärzteblatt, 106 (2009).
Poustka, F.; Bölte, S.; Feineis-Matthews, S.; Schmötzer, G.: Autistische StörungenLeitfaden der Kinder- und Jugendpsychotherapie. In: Hogrefe-Verlag, Göttingen, 2004.
Noller, Angela: Was ist die LOVAAS-Therapie. In:
http://www.earlyautismprojekt.de/Lovaas/lovaas.html. (Stand: 15.03.12)
Häußler, Dr. Anne: TEACCH – mehr als eine Methode zur Förderung von Menschen
mit Autismus. In:
http://www.team-autismus.de/teatcch_ansatz/teacch_ansatz_2.pdf. (Stand: 15.03.12)
-14-
Ich erkläre, dass ich die Facharbeit ohne fremde Hilfe angefertigt
und nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und
Hilfsmittel benutzt habe.
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