Massage als Möglichkeit der Entspannung im Sportunterricht

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Tina Westphal
Massage als Möglichkeit der Entspannung im Sportunterricht - eine
Hinführung in einer 1. Grundschulklasse.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
S. 1
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Entspannung
2.1.1. Begriffsbestimmung / Bedeutung für den Menschen
2.1.2 Verschiedene Entspannungsverfahren
2.1.3 Entspannung mit Kindern
2.1.3.1. Brauchen Kinder Entspannung?
2.1.3.2. Auswirkung von Entspannung auf Kinder
2.1.3.3. Für Kinder geeignete Entspannungsverfahren
2.1.3.4. Entspannungsübungen im Grundschulsport
2.2. Massage als Möglichkeit der Entspannung
2.2.1. Begriffsbestimmung „Massage”
2.2.2. Auswirkungen von Massage
2.2.2.1. Physiologische Auswirkungen von Massage
2.2.2.2. Psychologische Auswirkungen von Massage
2.2.3. Grundsätze zur Durchführung von Massagen
2.2.4. Massage mit Kindern
2.2.4.1. Warum Massage mit Kindern?
2.2.4.2. Zur Umsetzung in die Praxis
S. 13
S. 14
3. Zur Planung der Unterrichtseinheit
3.1. Klassensituation / Lernausgangslage
3.2. Didaktische Vorüberlegungen und Entscheidungen
3.3. Lehr- und Lernziele
3.4. Methodische Vorüberlegungen und Entscheidungen
3.5. Gliederung / Ablauf der Unterrichtseinheit
S. 16
S. 18
S. 21
S. 22
S. 26
S. 3
S. 4
S. 5
S. 5
S. 7
S. 8
S. 10
S. 10
S. 11
S. 11
4. Dokumentation des Verlaufs der Unterrichtseinheit
4.1. Erste Stunde der Einheit: „Partner- / Vertrauensübungen / erste Massage”
4.1.1. Methodische Vorüberlegungen / Ziele
S. 27
4.1.2. Geplanter Stundenverlauf
S. 30
4.1.3. Unterrichtsverlauf und -auswertung
S. 30
4.2. Zweite Stunde: „Kooperative Spielformen / Massagegeschichte”
4.2.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
S. 33
4.3. Dritte Stunde: „Massage mittels eines Mediums”
4.3.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
S. 35
4.4. Vierte Stunde: „Ort und Art der Massage frei gewählt”
4.4.1. Methodische Vorüberlegungen / Ziele
S. 37
2
4.4.2. Geplanter Stundenverlauf
S. 41
4.4.3. Unterrichtsverlauf und -auswertung
S. 41
4.5. Fünfte Stunde: „Zeitpunkt, Dauer und Art der Massage frei gewählt”
4.5.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
S. 45
4.6. Sechste Stunde: „Herstellung und Erprobung eines Massageballs“
4.6.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
S. 48
5. Reflexion der Unterrichtseinheit
S. 50
6. Literaturverzeichnis / Musikangabe
S. 54
Anhang
1. Einleitung
Schon seit mehreren Jahren beschäftige ich mich mit der Thematik „Entspannung“ und
hierbei vor allem mit dem Bereich der Massagen.
Durch meine Ausbildung zur Gymnastiklehrerin, meine langjährige Übungsleitertätigkeit
(Kinder- und Erwachsenengruppen in verschiedenen Vereinen) und meine Tätigkeit als
Referentin beim Deutschen Turnerbund (Forum „50 plus“ / Angebote für Ältere) konnte ich
zahlreiche praktische Erfahrungen zu diesem Themenbereich sammeln.
Diese Erfahrungen beziehen sich jedoch hauptsächlich auf den Erwachsenenbereich. Zwar
habe ich auch schon mit einigen Kindergruppen Entspannungsübungen durchgeführt, doch
waren dies Vereinsgruppen und bestanden ausschließlich aus Mädchen. Wie nun aber Jungen
sich auf derartige Übungen einlassen, konnte ich bisher nicht erfahren. Deshalb interessiert es
mich in besonderem Maße, wie eine geschlechtlich gemischte, relativ große Gruppe (26
Kinder), nämlich eine 1. Grundschulklasse, diese Thematik annehmen wird.
Das Thema „Entspannung“ gewinnt in unserer schnelllebigen Zeit und oft leistungsorientierten Umwelt des Menschen (auch des Kindes) immer mehr an Bedeutung. Der Begriff
„Wellness“ prägt zur Zeit die Medienlandschaft, in Vereinen und Fitnessstudios werden z.B.
„Feldenkrais-“ und „Qi-Gong-Kurse“ angeboten, Entspannungsverfahren aller Art gewinnen
vermehrt an Bedeutung. In meiner Arbeit mit Erwachsenen konnte ich beobachten, dass
Entspannungsangebote dankbar angenommen und auch gefordert werden. Es fällt jedoch
vielen schwer, sich „fallen zu lassen“, der Spannung nachzugeben und somit zur
Entspannung zu gelangen. Hier könnte eine möglichst frühe Konfrontation (bereits im
Kindesalter) mit derartigen Übungen eventuell von Nutzen sein.
Auch für Kinder haben Stresssituationen in Kindergarten, Schule und / oder privatem Umfeld
zugenommen (Stichwort „Veränderte Kindheit“). So ist es kaum verwunderlich, dass
vermehrt Fachleute aus Pädagogik und Wissenschaft die Durchführung von Entspannungsübungen bereits im Kindesalter empfehlen. Die Entspannungsliteratur auch für die Arbeit mit
Kindern „boomt“ geradezu (vgl. Erscheinungsjahre (!) der angegebenen Literatur, S. 54 ff.).
Gerade auch die (Grund-) Schulen werden zunehmend aufgefordert, derartige Angebote
vermehrt in den Schulalltag zu integrieren (z.B. Projekt „Bewegte Schule - Lernen mit Kopf,
Herz und Hand“ des Nds. KM und der Techniker Krankenkasse).
Aufgrund meiner eigenen positiven Erfahrungen mit Entspannungsübungen möchte ich in der
im Folgenden dokumentierten Einheit versuchen, die von mir im Fach Sport unterrichtete 1.
Grundschulklasse an die Entspannungsthematik, und hierbei speziell den Bereich „Massage“,
heranzuführen. Die Beantwortung der Fragestellung, ob und in welcher Form dieses möglich,
erfolgreich und sinnvoll ist, soll das Ziel dieser Arbeit sein.
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Nach einem Theorieteil, der die Begriffe „Entspannung“ und „Massage“ definiert und
Grundsätze für die Praxis, auch speziell für die Arbeit mit Kindern, aufzeigt, folgen die
Vorstellung der Lerngruppe, die Darstellung der von mir getroffenen didaktischen und
methodischen Vorüberlegungen zur gesamten Einheit und eine kurze Übersicht über ihren
Verlauf. Im Anschluss folgt die Dokumentation und Auswertung der einzelnen
Unterrichtsstunden, am Ende steht eine Gesamtreflexion, in der die gesammelten
Beobachtungen und Erfahrungen zusammengefasst werden, um die obige Fragestellung zu
beantworten. Der Anhang enthält die Texte der Massagegeschichten (der ersten und zweiten
Stunde der Einheit) sowie Fotos, die eine zusätzliche Dokumentation der einzelnen Stunden
darstellen.
Ich bin gespannt, wie die Kinder das Angebot dieser Einheit (die verschiedenen
Massageformen), das ich selbst für sehr wichtig (und angenehm) halte, annehmen werden.
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Entspannung
2.1.1. Begriffsbestimmung / Bedeutung für den Menschen
Ein Wechsel von Anspannung und Entspannung ist in der Natur ein gängiges Prinzip. In allen
organismischen Systemen sind diese wechselnden Phasen zwischen erhöhter und
verminderter Aktivität, zwischen Anspannung und Lockerung, Systole und Diastole
vorzufinden (z.B. Herztätigkeit, Atemsystem). Entscheidend für die Funktionstüchtigkeit
eines Organsystems ist die Balance des Wechsels dieser beiden Phasen (vgl. Vaitl /
Petermann 1993, S. 15).
Eine entscheidende Rolle bei diesen Vorgängen spielt das vegetative Nervensystem. Dieses
ist in die beiden Untersysteme des Sympathikus und des Parasympathikus unterteilt, welche
gleichzeitig aktiv sind, aber eine meist gegensätzliche Wirkung auf die von ihnen
beeinflussten Organe haben. Während bei einer Dominanz des Sympathikus der Organismus
eher auf Aktivität und Leistung ausgerichtet ist, was zu einer Beschleunigung der Herz- und
Atemfrequenz sowie einer Erhöhung von Blutdruck und Stoffwechsel führt, wird der
Organismus bei einer Dominanz des Parasympathikus eher auf Erholung und den Aufbau von
Reserven ausgerichtet, was zu einer Verlangsamung der Herz- und Atemfrequenz sowie einer
Absenkung von Blutdruck und Stoffwechsel führt (vgl. Friebel 1998, S. 16).
Das menschliche Leben besteht aus vielerlei Phasen erhöhter Anspannung, sowohl in
körperlicher als auch in geistiger Hinsicht. Der Mensch benötigt zwar ein gewisses Maß an
Stress, den aktivierenden, auch Eu-Stress genannten, um aktiv und lebensfähig zu bleiben.
Häufig wird die Belastung jedoch zur Überlastung, auch Negativ- oder Dis-Stress genannt
(vgl. Jaschiniok 1996, S. 7).
Wenn nun in der heute schnelllebigen Zeit keine ausreichenden Erholungsmöglichkeiten und
Phasen der Ruhe als Ausgleich gegeben sind, reagiert der menschliche Organismus häufig
mit Funktionsstörungen, wie z.B. muskulären Verspannungen, höherer Herzfrequenz,
Schwächung des Immunsystems. Hierbei ist ein enger Bezug zwischen Physis und Psyche
festzustellen, und diese Verbindung zwischen Stress- und Entspannungsreaktionen von
Körper und Psyche „wirkt offensichtlich in beiden Richtungen: Psychischer Stress führt zu
körperlichen Reaktionen; körperliche Entspannung führt zu einer Beruhigung des Geistes.”
(Friebel, 1998, S. 17)
Entspannung bewirkt u.a. eine Herabsetzung des Muskeltonus, eine tiefere Atmung, eine
Verlangsamung der Herzfrequenz, trägt ganz allgemein zum Wohlbefinden des Menschen bei
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(vgl. Jaschiniok 1996, S. 11) und ist somit sowohl als Prophylaxe vor belastenden Situationen
als auch als Möglichkeit des Zur-Ruhe-Kommens in akuter Stresssituation geeignet.
2.1.2. Verschiedene Entspannungsverfahren
Die wohltuenden Auswirkungen von Entspannung auf den menschlichen Organismus sind
seit jeher bekannt: „Das angeborene Wissen um die Notwendigkeit von Entspannung und
Ruhe hat in allen Kulturepochen und Bevölkerungsgruppen zur Entwicklung von Praktiken
geführt, die dem Körper Erholung gewähren und Schutz vor Überlastung bieten...” (Vaitl /
Petermann 1993, S. 15)
Zu unterscheiden sind hierbei die „unsystematischen”, „passiven” und auf der anderen Seite
die „aktiven”, „systematischen” Methoden bzw. Möglichkeiten. Als „unsystematische”,
„passive” Möglichkeiten werden z.B. Lesen, Baden, Musikhören genannt, alle Aktivitäten,
die zur Zufriedenheit führen und somit einen entspannenden Effekt haben. Zu den „aktiven”,
„systematischen” Entspannungsverfahren gehören u.a. die Progressive Muskelentspannung
nach Jacobsen, Autogenes Training nach Schultz, verschiedenste Massagetechniken, Eutonie,
Atemtherapie nach Middendorf, Yoga und konzentrative Techniken wie Meditation (vgl.
Pirnay 1993, S. 2).
Zum klinischen Standardrepertoire in der Therapie zählen: Hypnose, Autogenes Training,
Meditative Verfahren, Progressive Muskelentspannung und Biofeedback (vgl. Vaitl /
Petermann 1993, S. 16).
Alle Entspannungstechniken verfolgen das Ziel, Wohlbefinden zu erzeugen. Sie können
präventiv eingesetzt werden, womit eher unspezifische Wirkkomponenten angesprochen
werden. Die hierdurch erreichte Aktivitätsreduktion kann die psychische Gesundheit erhalten
und fördern, der Stressregulation dienen und darüber hinaus auch die Bewältigung akuter und
chronischer Belastungen erleichtern (vgl. Petermann / Petermann 1993, S. 321-322).
2.1.3. Entspannung mit Kindern
2.1.3.1. Brauchen Kinder Entspannung?
Kinder wachsen heute in einer oft spannungsträchtigen Umwelt auf, die insbesondere durch
Reizüberflutung gekennzeichnet ist (vgl. AOK / KM Nds. 1991, S. 39). Diese Spannungen
können sowohl psychischer als auch sozialer Art sein. Neben der Reizüberflutung durch
Fernsehen, Computer etc. sind die Kinder zudem auch Leistungsdruck und (Freizeit-)Stress
ausgesetzt. „Störungen im seelisch-geistigen Bereich führen zu Spannungszuständen, die sich
in Form von Unruhe, Aggressivität, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und Ängsten
zeigen können.” (Erkert 1998, S. 9)
Ärzte und Psychologen werden vermehrt wegen Einschlafproblemen, Bettnässen,
Ängstlichkeit der Kinder etc. konsultiert. Die Ursachen hierfür sind zwar verschieden, doch
ist unbestritten, „daß die momentane Situation des Kindes in unserer Gesellschaft dazu
beiträgt.” (Köckenberger / Gaiser 1996, S. 9)
Kinder haben oft nur wenig Möglichkeiten, Ruhe und Stille zu finden und genießen zu
können. Somit ist oft schon im Elementar- und Primarbereich das Gleichgewicht zwischen
Anspannung und Entspannung, Aktivität und Ruhe, Stress und Erholung gestört und damit
auch das naturgegebene Harmonieprinzip (vgl. Pirnay 1993, S. 2).
Entspannungsübungen können auch bei Kindern zur Aufrechterhaltung bzw. zur
Wiederherstellung der „gesunden” Balance zwischen An- und Entspannung (vgl. auch Kap.
2.1.1.) beitragen.
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2.1.3.2. Auswirkung von Entspannung auf Kinder
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Kinder in der Lage sind, Entspannung zu Wege
zu bringen, spezielle Entspannungsinstruktionen umzusetzen und zwar schon ab einem Alter
von ca. 4 Jahren. Ab dem Schulalter können Kinder das Geübte auf ihren Alltag übertragen,
während jüngere Kinder sich lediglich bei der jeweiligen Übung entspannen (vgl. Friebel
1998, S. 20).
Wissenschaftliche Studien belegen positive Auswirkungen bei Ängsten,
Konzentrationsschwierigkeiten, Hyperaktivität, Tics, psychosomatischen Problemen,
Asthma, Migräne, Schmerzzuständen etc. Über eventuelle negative Auswirkungen von
Entspannungsübungen herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Während Friedrich betont:
„Ausdrücklich schlechte Erfahrungen mit Entspannung liegen nirgendwo vor. Belege für
Kontraindikationen der Entspannung gibt es keine.” (Friedrich / Friebel 1998, S. 205-208),
nennen Petermann und Petermann Nebenwirkungen wie u.a. „unangenehmes Empfinden von
Schwere und Wärme,...,Ansteigen der Herzfrequenz, paradoxer Anstieg der
Muskelspannung,...Ängste. Im Blickpunkt der Diskussion stehen seit einigen Jahren die
durch Entspannung induzierten Ängste und Panikattacken.” (Petermann / Petermann 1993, S.
330) Bei einem verant-wortungsvollen Umgang mit Entspannungsübungen überwiegen
jedoch deutlich die positiven Auswirkungen von Entspannungsübungen bei Kindern. Das
Immunsystem insgesamt wird durch Entspannungsübungen gestärkt und die
Leistungsfähigkeit, Phantasie und Kreativität des Kindes gesteigert (vgl. Erkert 1998, S. 12).
Eine Steigerung des Wohlbefindens und der Ausgleich von Stresssituationen sind wie auch
beim Erwachsenen die gemeinsamen Ziele.
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die soziale Komponente. Entspannung wird oft in der
Gruppe vermittelt, was zu einem gesteigerten Gemeinschaftsgefühl, einem Wohlfühlen in
dieser Gemeinschaft beitragen kann. „Wir haben den Eindruck, daß das problembezogene
soziale Lernen in der Gruppe einen ebenfalls nicht gering zu veranschlagenden Beitrag zu
den für ihre Einfachheit doch erstaunlich hohen Erfolgen der Entspannungstherapie liefert.”
(Friedrich / Friebel 1998, S. 209)
Durch Entspannungsübungen besteht außerdem die Chance, das für das gesamte menschliche
Leben bedeutsame Körpergefühl zu verbessern. Durch Entspannung wird eine Beschäftigung
mit dem eigenen Körper induziert. Die Konzentration wird auf den eigenen Körper und
dessen Funktionen gelenkt. Die Kinder werden angeleitet, ihren Körper bewusst
wahrzunehmen, zu erleben und zu verstehen. Sie können somit eine bessere Kontrolle über
ihren Körper erlangen. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, in bestimmten Situationen ihre
Unruhe und Erregung wahrzunehmen und evtl. abzubauen (vgl. Liebrich / Schubert 1994, S.
12). Zudem können sie sich besser in andere Menschen hineinversetzen, was wiederum zum
sozialen Lernen beiträgt, denn nur „wer sich selbst spüren kann, ist auch in der Lage,
nachzuempfinden, was im anderen vorgeht.” (Kugelmann 1999, S. 32)
Somit wird das Kind durch die von Kugelmann auch als „Körperarbeit” bezeichnete
Beschäftigung mit dem eigenen Körper - in diesem Falle die Entspannung - für seine soziale,
dingliche und natürliche Mitwelt sensibilisiert (vgl. Kugelmann 1999, S. 32).
Das Kind erhält die Möglichkeit, selbst die Balance der An- und Entspannungsphasen zu
beeinflussen, die Stressphasen auszugleichen. Auf diese Fähigkeit wird es in seinem weiteren
Leben stets zurückgreifen und mit Problemen wie Leistungsdruck, Krankheit oder Ängsten
besser umgehen können (vgl. Erkert 1998, S. 13). Werden Entspannungsübungen zudem
schon in frühester Kindheit durchgeführt, werden diese zur Normalität und erleichtern später
das Erlernen und Durchführen weiterer Entspannungstechniken. Entspannung ist also nicht
nur eine Möglichkeit zu entspannen, auszuruhen und innezuhalten, sondern auch ein
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Verfahren zur Stärkung der Selbstkompetenz von Kindern. Es geht um die Möglichkeit der
Selbstkontrolle des Kindes. „Nicht immer entspannt zu sein, sondern sich dann entspannen
zu können, wenn es erforderlich ist: Das ist unser Ziel.” (Friebel 1998, S. 18)
2.1.3.3. Für Kinder geeignete Entspannungsverfahren
Entspannungsverfahren für Kinder müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit eine
erfolgreiche Durchführung ermöglicht wird. Für Erwachsene ist die Notwendigkeit und
wohltuende Wirkung von Entspannungsübungen schon im Vorfeld deutlich erkennbar.
Kinder müssen durch bestimmte Gegebenheiten zunächst zur Teilnahme an
Entspannungsübungen motiviert werden. „Das Erlebnis der Ruhe ist häufig eine wahre
Sensation, doch um es genießen zu können, muß es erst vorbereitet werden.” (Liebrich /
Schubert 1994, S. 11)
Den Kindern sollten zunächst Entspannungsspiele mit hohem Aufforderungscharakter und
großer Imaginationskraft angeboten werden. Der Spielcharakter ist hierbei von zentraler
Bedeutung. Die Übungen für Erwachsene werden in Spiele für Kinder verwandelt, „ohne
dass das eigentliche Übungsziel aus den Augen verloren geht.“ (Köckenberger / Gaiser 1996,
S. 10) Die Motivation entsteht zunächst aus der Neugier des Kindes auf das Spiel, erhalten
bleibt sie im weiteren Verlauf der Übung durch die Freude am Spiel selbst. Vor Beginn der
Entspannungsübung sollten die Kinder zunächst spielerisch zur Ruhe gebracht werden, um
einen zu krassen Übergang zwischen Aktivitäts- und Ruhephase zu vermeiden, weil dieser
ein Einlassen auf die ungewohnte Ruhesituation erschweren würde. Dennoch kann es Kinder
geben , die aus verschiedensten Gründen an der im Anschluss folgenden Entspannungsübung
nicht teilnehmen wollen. Da eine freiwillige Teilnahme als Voraussetzung für einen
möglichen Erfolg der Durchführung unerlässlich ist, darf kein Kind zur Teilnahme
gezwungen werden, „aber es muss lernen, die anderen, die sich entspannen wollen, zu
akzeptieren.” (Liebrich / Schubert 1994, S. 11) Diesen Kindern sollte man erlauben, sich
ruhig anderweitig zu beschäftigen oder einfach zuzuschauen. Je länger das Kind die positiven
Reaktionen der anderen, teilnehmenden Kinder beobachtet, desto eher wird es einen eigenen
Versuch zur Teilnahme an den Entspannungsübungen unternehmen.
Ist die Übungszeit zu lang oder sind die Kinder in anderer Hinsicht mit der jeweiligen
Entspannungsübung überfordert, kann sich Angst oder Langeweile einstellen.
„Vermeidungsverhalten oder „Blödeleien”, die jede Entspannungssituation zunichte machen,
sind die Folge.” (Petermann / Petermann 1993, S. 316)
Die Anleitung spielt bei Entspannungsübungen eine zentrale Rolle. Der Erwachsene sollte
selbst ruhig sein, da sich seine Anspannung ansonsten auf die Kinder übertragen könnte. Ihm
kommt die Aufgabe zu, eine insgesamt ruhige Atmosphäre, die Entspannung ermöglicht,
herzustellen, eventuell auch mit Hilfe von gedämpftem Licht (z.B. Kerzen), einer
angenehmen Raumtemperatur (oder entsprechender Kleidung) und ruhiger Musik.
Grundsätzlich sind alle Entspannungmethoden in „kindgerechter Verpackung” mit Kindern
durchführbar. Wie auch bei Erwachsenen fördern Entspannungsspiele und Phantasiereisen
eher die Imaginations- und Konzentrationsfähigkeit, während Massage und körperliche
Übungen (z.B. Qui Gong) muskuläre Verspannungen lösen, dadurch eine bessere
Körperhaltung bewirken und so für eine optimale Atemtätigkeit sorgen. Bei der Auswahl der
Entspannungsübung sollten diese unterschiedlichen Ziele / Auswirkungen der jeweiligen
Methode im Voraus bedacht und die altersbedingte Entwicklungsstufe und der Spieltrieb der
Kinder berücksichtigt werden. Aus den im Kindesalter durchgeführten Entspannungsspielen
entwickeln sich mit der Zeit die „klassischen” Entspannungsmethoden. Sie „sind als
„Vorläufer” systematischer Entspannung zu betrachten.” (Pirnay 1993, S. 2) Sie dienen der
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Hinführung zur Entspannungsthematik und ermöglichen somit bereits Kindern den Zugang
zur Entspannung und deren wohltuenden Auswirkungen.
2.1.3.4. Entspannungsübungen im Grundschulsport
Der Sportunterricht eignet sich in besonderem Maße für die Durchführung von
Entspannungsübungen in der Grundschule.
Zwar lassen sich auch im Klassenraum Übungen zur Auflockerung, Entspannung und
Erholung einflechten (wie z.B. Phantasiereisen), der Sportunterricht ermöglicht jedoch
zahlreiche Einsatzmöglichkeiten und weist noch weitere Vorteile auf: So bietet sich der
Schulsport als besonders geeignetes Lernfeld im Umgang mit dem Problem des
Angespanntseins an, da der ständige Wechsel von Spannungsauf- und Spannungsabbau ein
charakteristisches Merkmal sportlichen Bewegens ist (vgl. AOK / KM Nds. 1991, S. 39).
Auch der Ablauf einer Sportstunde insgesamt sollte von diesem Wechsel von An- und
Entspannung, Aktivitäts- und Ruhephasen geprägt sein. Nach sportlicher Belastung ist ein
Gelingen der Absenkung des Aktivitätsniveaus, ein Zur-Ruhe-Kommen, für die Kinder
wesentlich einfacher zu vollziehen, da sie eine Erholung dann von sich aus anstreben. „Der
Wechsel von Ruhe und Bewegung, Konzentration und körperlicher Anstrengung trägt zu der
Bereitschaft bei, sich auf anfangs ungewohnte Übungen einzulassen.” (Liebrich / Schubert
1994, S. 12) Der Wechsel von Belastungs- und Entspannungsphasen lässt die Kinder ihren
Körper sowohl in Ruhe als auch in der Bewegung genauer wahrnehmen, hilft ihnen, bewusst
zur Ruhe zu kommen und Entspannungsübungen als erholsam zu empfinden (vgl. AOK /
KM Nds. 1991, S. 41).
Die räumlichen Gegebenheiten und die Ausstattung der Turnhalle bieten weitere Vorteile.
Ausgreifende Bewegungsaktivitäten sind ebenso gut durchführbar wie
Entspannungsübungen. Für letztere stehen ausreichend Platz und sowohl Sitz- (kleine Kästen
und Bänke) als auch Liegemöglichkeiten (Matten) zur Verfügung. Eine (akustische) Störung
durch andere Klassen ist meist nicht zu befürchten. Lediglich eine der Entspannung
förderliche Abdunklung des Raumes ist meist nicht möglich.
Im Sport steht der Körper, die eigene Körperlichkeit im Vordergrund. Der Körper wird
hierbei meist „instrumentalisiert”. Was häufig zählt, sind Leistungen (vgl. Kugelmann 1999,
S. 25). Entspannungsübungen können helfen, diese Instrumentalisierung des Körpers im
Sport zu verhindern. Eine Sensibilisierung in Bezug auf den eigenen Körper kann hierdurch
erreicht werden. So können auch dem Sport eher negativ gegenüberstehende Kinder ihren
Körper einmal ohne Leistungsdruck und ohne festgelegte Normen frei kennenlernen und
erfahren, was dem Verständnis für die eigene Körperlichkeit zuträglich ist, eine Erweiterung
ihrer Handlungskompetenz zur Herstellung und Erhaltung ihres Wohlbefindens darstellt (vgl.
KM / AOK 1992, S. 71) und somit auch der Gesundheitserziehung dient.
Auch die Bestimmungen für den Schulsport sehen ein Heranführen an und die Durchführung
von Entspannungsübungen vor: „Ferner sind Möglichkeiten aufzugreifen, spezielle
Entspannungstechniken zu lernen und Zugänge hierzu zu erschließen.” (KM Nds. 1998, S. 8)
2.2. Massage als Möglichkeit der Entspannung
2.2.1. Begriffsbestimmung “Massage”
Der Begriff „Massage” bezeichnet die „mechanische Einwirkung auf die Haut und die unter
ihr liegenden Gewebe ... unter Anwendung verschiedener Handgriffe wie Streichung,
Reibung ... Knetung, Klopfung, Hackung, Klatschung, Schüttelung usw....” (Brockhaus 1991,
S. 284) Schon seit der Antike dient die „Massage” sowohl der Therapie, der Erhaltung der
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Gesundheit, als auch dem körperlichen Wohlbefinden des Menschen. Vor allem im Bereich
der Physiotherapie erlangte die Massage im 19. Jh. wachsende Bedeutung (vgl. Brockhaus
1991, S. 284).
Sie wird hauptsächlich zur Entspannung der Muskeln, aber auch zum Auftragen heilender
Salben und Öle eingesetzt. Auch heute noch ist sie eine gängige Methode, dennoch gilt sie
häufig als Luxus (vgl. Cassar 1998, S. 5). Massage findet ihren Einsatz hauptsächlich im
therapeutischen Bereich, aber auch im (Leistungs-)Sport ist sie vor allem als
Regenerationsmaßnahme nach körperlicher Anstrengung sinnvoll und präsent.
Spezielle Massagegriffe ermöglichen einen Einsatz nahezu am gesamten menschlichen
Körper. So können Menschen jeden Alters (vom Säugling (Babyheilmassage) bis zum
Senior) die zahlreichen positiven Auswirkungen einer Massage für ihre Gesundheit und ihr
Wohlbefinden nutzen.
2.2.2. Auswirkungen von Massage
2.2.2.1. Physiologische Auswirkungen von Massage
Durch das mechanische Einwirken mittels spezieller Massagegriffe kommt es in den
betreffenden Körperregionen vornehmlich zu einer Anregung der Durchblutung. Dies führt
zu einer verbesserten Blutversorgung der Muskulatur und der Organe, wodurch Schadstoffe,
die sonst länger im Körper (in Muskulatur und Gelenken) eingelagert werden und Schäden
hervorrufen können, rascher abtransportiert werden (vgl. Cassar 1998, S. 6). Zudem kommt
es bei der Massage zu einer Dehnung der Muskulatur. Die aufgrund einer schlechten
Körperhaltung, einer Überbeanspruchung und / oder einer psychischen Belastung
verkrampften Muskelgruppen werden hierbei entkrampft und gelockert.
Infolge der Massagestreichungen wird außerdem das Gewebe erwärmt, was den Abbau von
Fetteinlagerungen fördert. Die Tätigkeit von Nieren und Darm wird angeregt, wodurch eine
zusätzliche Schadstoffausscheidung unterstützt wird. Neben diesen Aspekten und einer
Stärkung des Immunsystems insgesamt (vgl. Cassar 1998, S. 6) sind jedoch auch zahlreiche
psychologische Auswirkungen zu konstatieren.
2.2.2.2. Psychologische Auswirkungen von Massage
Eine Massage fördert das allgemeine Wohlbefinden nicht nur in körperlicher Hinsicht. Schon
während der Vorbereitung dient sie der Entspannung, indem man sich die Zeit dafür nimmt,
sich bequem hinsetzt oder -legt und sich „verwöhnen“ lässt. Allein durch diese Aspekte wird
eine Lockerung erzielt, die Spannung lässt nach.
Die Berührung der Haut, der in jeder Hinsicht entscheidende Aspekt einer Massage, beruhigt
zusätzlich, ein eventuell durch Stress oder Angst beschleunigter Herzschlag verlangsamt sich,
die Atmung wird tiefer, die Ausschüttung von Endorphinen wird verstärkt (vgl. Cassar 1998,
S. 5-6).
Physiologische und psychologische Auswirkungen der Massage greifen direkt ineinander,
führen zu einer Entkrampfung von Körper und Geist und somit zum Loslassen von
Alltagsstress und Anspannung und somit zur Entspannung.
2.2.3. Grundsätze zur Durchführung von Massagen
Menschen jeden Alters können von den positiven Auswirkungen von Massagen profitieren.
Unerlässlich ist, wie auch bei allen anderen Entspannungsverfahren, die freiwillige
Teilnahme sowohl des „Massierten” als auch des „Masseurs” (vgl. Klein 1998, S. 41).
Nahezu der gesamte Körper kann massiert werden, wie z.B. der Rücken, die Beine, Füße, der
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Bauch. Eine einfache, nicht einer Therapie dienende, Entspannungsmassage ist ohne spezielle
Vorkenntnisse durchführbar. Es gilt jedoch, verschiedene Grundsätze bei der Durchführung
zu beachten.
Die Person, die massiert werden soll, liegt (z.B. bei der meist durchgeführten Massage des
Rückens) auf dem Bauch auf einer weichen, jedoch nicht zu weichen, Unterlage. Der Kopf ist
zur Seite gedreht, die Hände liegen, wenn möglich, neben den Oberschenkeln, die Arme
entspannt nahe am Körper. Eventuell werden der Bauch und die Fußgelenke leicht erhöht
gelagert (z.B. auf einem zusammengelegten Handtuch), um einer zu starken lordotischen
Haltung des Rückens entgegenzuwirken. Da der Körper durch seine Ruhestellung leicht
abkühlt, sollte der Raum entsprechend temperiert sein bzw. Körperteile abgedeckt werden, da
ein eventuelles Frieren der angestrebten Entspannung entgegenwirkt. Auch die massierende
Person muss auf eine angenehme (rückenfreundliche) Körperhaltung achten, da sich sonst
ihre Spannungen auf die zu massierende Person übertragen könnten (vgl. Cassar 1998, S. 78).
Die Massage beginnt, egal welche Körperregion massiert werden soll, mit einer leichten
Streichung zur Einstimmung und Erwärmung, die auch einer ersten Kontaktaufnahme beider
beteiligten Personen dienen soll. Die Verwendung von Ölen bzw. speziellen Massagecremes
unterstützt die Geschmeidigkeit der zu massierenden Hautregionen und erleichtert somit die
Massage.
Mit leichtem Druck ausgeführte Massagegriffe, die meist von „Massage-Laien” angewendet
werden, dienen vorrangig der Entspannung, während bei mittelstarkem und starkem Druck
eine Anregung der Durchblutung im Vordergrund steht. (Bei einer Rückenmassage ist
unbedingt darauf zu achten, den Bereich der Wirbelsäule und der Nierengegend auszusparen).
Normalerweise wird jeder Massagestrich ca. drei- bis fünfmal ausgeführt, was jedoch im
nichttherapeutischen Bereich keine zwingende Rolle spielt, um das angestrebte Ziel, das
Erwirken einer Entspannung, zu erreichen. Die Dauer einer Massage richtet sich nach den
Bedürfnissen der massierten Person. So kann sie von 5 Minuten bis zu einer Stunde andauern
(vgl. Cassar, S. 7).
Die Durchführung einer Massage ist auch für den Laien an sich unbedenklich, unter
bestimmten gesundheitlichen Bedingungen ist jedoch davon abzuraten, so z.B., wenn die
betreffende Person durch eine Erkältung, Migräne oder Entzündungen gesundheitlich
angegriffen ist. Schmerzzustände jeder Art und Ursache, die auf Krankheiten hindeuten,
offene Wunden, Hautinfektionen, Herz- und Kreislauferkrankungen sind grundsätzlich
Kontraindikationen für eine vom Laien durchgeführten Massage. In diesen Fällen sollte eine
Massage, wenn überhaupt, nur von ausgebildeten Fachkräften vorgenommen werden.
Lediglich bei Schmerzzuständen der Muskulatur in Folge sportlicher Anstrengung ist eine
Massage durchaus empfehlenswert, jedoch nur, wenn keine Muskelzerrungen oder –risse
vorliegen. „Als Faustregel gilt, daß eine Massage besser unterbleiben soll, wenn Sie nicht
sicher sind, ob sie wirklich ungefährlich ist.” (Cassar 1998, S. 6)
2.2.4. Massage mit Kindern
2.2.4.1. Warum Massage mit Kindern?
Die Haut als größtes Sinnesorgan des Menschen spielt die entscheidende Rolle bei der
Entspannung durch Massage. Die früheste Sinneserfahrung, die der Mensch macht, ist die,
berührt zu werden. Wenn diese Berührung ausbleibt, verkümmert die Sensibilität unserer
Haut „...und wir mit ihr...Junge Säugetiere, auch wir Menschen, sterben, wenn sie nicht
berührt wird. Berührung lehrt, heilt, belebt uns.” (Kugelmann 1999, S. 26)
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Der den Kindern seit der Geburt bekannte und direkte Körperkontakt bei einer Massage bietet
sowohl den zappeligen, unruhigen als auch den ruhigen, mehr zurückhaltenden Kindern eine
angenehme, wohltuende Pause und führt zur Entspannung (vgl. Aschebrock et al. 1998, S.
39). Fast alle Kinder empfinden die Berührung ihrer Haut als angenehm und beruhigend.
Auch wenn das Kind dem Säuglingsalter schon entwachsen ist, greift es bei Störungen seiner
Befindlichkeit, seien es Schmerzen oder psychische Probleme, von sich aus auf die ganz
frühe Erfahrung von Sicherheit durch Hautkontakt zurück (vgl. Klein 1998, S. 37). Diese
zumeist positiven Empfindungen des Kindes durch das Einwirken auf die Haut mittels
Massage erleichtert diesem, an Spannung nachzulassen und zu entspannen, indem es sich auf
die bewusst gespürten Wahrnehmungen konzentrieren kann. Bei Phantasiereisen, der
Progressiven Muskelentspannung oder z.B. meditativen Verfahren ist diese unterstützende
Hilfe nicht gegeben, was eine angestrebte Entspannung erschweren könnte. Kinder mit einer
Überempfindlichkeit im taktilen Abwehrsystem werden zudem durch Körperkontaktübungen
desensibilisiert, wodurch ihre Angst vor Körperkontakt abgebaut werden kann (vgl. Liebrich /
Schubert 1994, S. 12). Auch erfährt das Kind bei einer Massage eine besondere Zuwendung
einer anderen Person, welches ebenfalls bei anderen Entspannungsverfahren nicht gegeben
ist.
Wenn die Kinder nicht von einem Erwachsenen, z.B. einem Elternteil, sondern von einem
anderen Kind massiert werden, kommt eine Intensivierung der Erfahrungen der sozialemotionalen Ebene als positive Auswirkung hinzu. Das zu massierende Kind lernt,
Körperberührungen des anderen Kindes zuzulassen (vgl. AOK / KM Nds. 1991, S. 41), diese
Berührung zu genießen und dem anderen Kind hierbei zu vertrauen. Das massierende Kind
lernt, Verantwortung für das Wohlbefinden des anderen Kindes zu übernehmen und sich
daher der Situation angemessen zu verhalten. Es kann direkt die muskulären Spannungen am
Körper anderer ertasten und erkennen. Es muss zudem seine Massagehandlungen dem
Befinden des anderen Kindes anpassen, indem es dessen Gefühle und Gefühlsäußerungen bei
der bzw. im Anschluss an die Massage akzeptiert und respektiert und diese in der Massage
umsetzt (vgl. AOK / KM Nds. 1991, S. 41). Das Selbstwertgefühl des massierenden Kindes
wird zudem gestärkt. „Kinder zeigen gern ihre Kompetenz, und es unterstützt ihr
Selbstbewusstsein, einer anderen Person eine Massage zu geben: „Ich bin eine Person, die
anderen guttun kann.” ” (Klein 1998, S. 40)
Die Massage bietet sich somit nicht nur als Entspannungsmöglichkeit für Kinder an, sondern
zugleich als Möglichkeit der Kompetenzerweiterung im sozialen Bereich. Während das zu
massierende Kind eine Entspannung erfährt, stärkt das massierende Kind sein
Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl. Die Kinder erfahren, „dass ein sorgsames
Miteinander-Umgehen die Grundlage für ein angenehmes und schönes Erlebnis ist.”
(Aschebrock et al. 1998, S. 39)
2.2.4.2. Zur Umsetzung in die Praxis
Schon ab dem Vorschulalter können Kinder einfache Massagetechniken lernen, und sie
führen diese meist mit Begeisterung auch aneinander aus (vgl. Klein 1998, S. 40). Während
eine Massage des Kopfes bei schon bei Kindern auftretenden Verspannungen im Nacken und
dem Schulterbereich Linderung verschafft, ist eine leichte klopfende und knetende Massage
von den Schultern bis hinunter zum Becken für den vom Sitzen belasteten Rücken angenehm
(vgl. Klein 1998, S. 42). Wie auch bei allen anderen Entspannungsverfahren müssen auch bei
der Massage mit Kindern bestimmte Aspekte beachtet werden. So unterstützen auch hierbei
eine ruhige Atmosphäre, gedämpftes Licht und ruhige Musik die angestrebte Entspannung.
Eine Massage kann nur mit der Zustimmung des zu massierenden Kindes erfolgen. Hierfür
11
ist es wichtig, dass die Kinder ihren Partner oder ihre Partnerin selbst auswählen. Denn von
jemandem, den sie nicht mögen, möchten sie sich schon gar nicht berühren lassen. Die Sitzbzw. Liegeposition hängt von der zu massierenden Körperregion ab. Am günstigsten sind,
wie auch beim Erwachsenen, die Bauchlage oder das Sitzen auf einem Stuhl mit auf den
verschränkten Armen liegendem Kopf. Auch Massage über nicht zu dicker Kleidung ist
möglich. Den Rücken, die Hände und den Kopf lassen sich Kinder am ehesten ohne Abwehr
massieren. Gesicht und Bauch benötigen mehr Erfahrung und Vertrauen, eine Massage der
Füße kitzelt häufig (vgl. Klein 1998, S. 43).
Die Massage sollte mit leichten und langsamen Bewegungen beginnen. Ein Zulassen des hier
nun folgenden Körperkontakts wird den Kindern erleichtert, wenn die Massage in einer
Spielidee verpackt ist. So können z.B. bei einer Rückenmassage auf dem Rücken
„Geschichten” erzählt werden. „Das Hören der Worte und das gleichzeitige Fühlen schaffen
so eine ganzheitliche Erfahrung für das Kind, sprechen viele seiner Sinne an.” (Klein 1998, S.
41). Zentral ist nicht die Durchführung spezieller Massagegriffe. Bei der Massage mit
Kindern durch Kinder steht die eher oberflächliche Berührung des Körpers im Vordergrund
und somit die Entspannungswirkung (vgl. Kap. 2.2.3.). Die Massage sollte keinesfalls eine
Dauer von 10 bis 15 Minuten überschreiten, da sich ansonsten Ungeduld und Langeweile
einstellen könnten (vgl. Klein 1998, S. 43). Grundsätzlich gilt auch hier, die Kinder darauf
aufmerksam zu machen, dass die Wirbelsäule und die Nierengegend unbedingt auszusparen
sind und das zu massierende Kind behutsam „behandelt“ werden muss. Wenn die Kinder
schon erfahrener im Umgang mit Massagen sind, kann das einzelne Kind in bestimmten
Massagespielen auch selbst über Qualität und Quantität der Berührung entscheiden. „Damit
ist es nicht einer Situation ausgesetzt, sondern selbst in der Lage, seine Bedürfnisse zu
erkennen und das Spiel entsprechend diesen Bedürfnissen zu steuern.” (Aschebrock et al.
1998, S. 13)
Es kann vorkommen, dass einzelne Kinder die Berührung anderer ablehnen. Sie empfinden
die Situation als unangenehme Überschreitung intimer Grenzen. Die Begründung könnten
negative oder sogar traumatische Vorerfahrungen (insbesondere in Folge sexueller Gewalt)
dieser Kinder sein, aber auch eine persönliche Abneigung gegenüber dem Massierenden oder
eventuell Schwierigkeiten im Umgang mit dem anderen Geschlecht (vgl. Kugelmann 1999,
S. 34). Den betreffenden Kindern muss gestattet werden, der Massage der anderen Kinder
zuzuschauen. Eventuell wächst ihr Interesse, so dass sie zu einem späteren Zeitpunkt doch
teilnehmen. Auch könnte bei Kindern, die den Körperkontakt ablehnen, ein Medium (z.B. ein
Ball) zur Massage verwendet werden (vgl. Köckenberger / Gaiser 1996, S. 67).
Es gilt insgesamt, sensibel mit der Entspannungsmethode „Massage“ umzugehen. Generell
wird in der Literatur deutlich überwiegend von guten Erfahrungen berichtet: „Kinder mögen
Massage” (Klein 1998, S. 36). Wenn sich mehrere Kinder in einem Raum befinden, ist nicht
immer gewährleistet, dass die der Entspannung förderliche ruhige Atmosphäre gegeben ist.
Doch Klein sagt dazu: „Wenn eine Massage einmal in großes Gelächter umschlägt: Lachen
ist gesund, es ist gleichsam eine Massage von innen.” (Klein 1998, S. 43)
3. Zur Planung der Unterrichtseinheit
3.1 Klassensituation / Lernausgangslage
Allgemeine Lehr- und Lernvoraussetzungen
Seit September 1998 unterrichte ich die Schülerinnen und Schüler der Klasse 1 c eigenverantwortlich drei Stunden in der Woche im Fach Sport. Da dieser Zeitpunkt mit der
12
Einschulung der Kinder einherging, war mir die Einführung eigener, von mir ausgewählter
Regeln und Rituale für die Zeit des Sportunterrichts möglich.
Die Kinder (11 Mädchen, 15 Jungen) sind während der Sportstunde stets sehr motiviert und
nehmen auch ihnen neue Bewegungsangebote besonders gerne an. Das „Klassenklima“ kann
insgesamt als sehr harmonisch und kooperativ bezeichnet werden. Deutlich in Erscheinung
tretende Differenzen zwischen Mädchen und Jungen oder „sportstärkeren“ und
„sportschwächeren“ Kindern sind nicht vorhanden. Es gibt jedoch einige Kinder, die durch
zeitweilig unangemessenes Verhalten auffallen und den Stundenablauf dadurch
beeinträchtigen.
Zwei Jungen (M., A.) fallen durch mangelnde Konzentrationsfähigkeit (vor allem bei
Gesprächsphasen im Sitzkreis) auf. Ihnen gelingt es oft nicht, einen Arbeitsauftrag (z.B.
Erklärung eines neuen Spiels) oder eine Reflexion durch die Kinder leise und angemessen zu
verfolgen. (Dieses Verhalten lässt sich jedoch meist durch Ermahnungen meinerseits gut
einschränken.) Während der Bewegungsphase sind sie jedoch höchst motiviert. Zwei weitere
Jungen (M. und M.) sind oft aus schon geringem Anlass schnell gekränkt, werden dann
manchmal aggressiv oder verweigern die weitere Teilnahme für einen kurzen Zeitraum. Auch
diese Situationen lassen sich durch ein kurzes Gespräch mit mir meist schnell lösen. Ein stark
übergewichtiger Junge (D.), dem einige sportmotorische Aufgaben nicht oder nur
eingeschränkt gelingen, ist trotz seines hohen Körpergewichts motiviert dabei, wird in die
Gruppe voll integriert und von den anderen Kindern nicht gehänselt (was speziell beim
Sportunterricht passieren könnte).
Aufgabenspezifische Lehr- und Lernvoraussetzungen
Massage als Möglichkeit zur Entspannung haben die Kinder der Klasse 1 c im bisherigen
Sportunterricht noch nicht kennengelernt. Phasen, die sich der Bezeichnung
„Entspannungsphasen“ annähern, wurden lediglich in der Form von mir durchgeführt, dass
sich die Kinder am Ende der Stunde auf einem von ihnen frei gewählten Platz niederlegen
und dann von mir (zu ruhiger Musik) einzeln „entzaubert“ werden und in die Umkleide
schleichen. Im Unterricht der Klassenlehrerin wurden jedoch seit der Einschulung in
unregelmäßigen Abständen kleine „Phantasiereisen“ durchgeführt, während derer die Kinder
im Klassenraum einzeln am Boden auf dem Rücken lagen und der von der Klassenlehrerin
erzählten Geschichte „lauschten“. Im Anschluss daran wurde eine Glaskugel herumgegeben.
Das Kind, welches diese in der Hand hielt, durfte von seinen Erlebnissen während der
„Reise“ erzählen. Zudem wurde vereinzelt eine an die Lehre Maria Montessoris angelehnte
„Stilleübung“ durchgeführt: das Tragen eines mit Flüssigkeit gefüllten und auf einem Tablett
befindlichen Glases bei gleichzeitigem Gehen auf einer auf dem Boden aufgezeichneten
Kreislinie.
Gewisse Vorerfahrungen im Hinblick auf das Einlassen auf eine „Ruhesituation“ ist somit bei
den Kindern vorhanden, wobei jedoch der bei der Massage entscheidende Aspekt der
„Körperberührung“ bei den bisherigen Situationen fehlte und für die Kinder eine ganz neue
Situation darstellt. Generell ist zu erwarten, dass die Kinder Übungen der Thematik
„Massage“ motiviert annehmen werden. Fast alle Kinder dieser Altersstufe sind Berührungen
ihres Körpers (vor allem durch die Eltern) gewöhnt und genießen diese (vgl. auch Kap.
2.2.4.1.). Zudem sind sie schon in diesem Alter in der Lage, einfache Massagegriffe bei
einem Partner auszuführen. Auch meine eigenen Erfahrungen und Aussagen der Fachliteratur
lassen insgesamt ein Gelingen bei dieser Form der Entspannung vermuten.
Da es bei dem durchzuführenden Thema „Massage“ um „Körperlichkeit“ und
„Angefasstwerden“ geht, könnte dieser Umstand dem zuvor erwähnten stark übergewichtigen
13
Dennis H. eventuell Probleme bereiten. Seine uneingeschränkte Integration in die Gruppe
(s.o.) lässt die Wahrscheinlichkeit des Auftauchens derartiger Schwierigkeiten jedoch gering
erscheinen.
Da das soziale „Klima“ in der Klasse 1 c als sehr gut bezeichnet werden kann, sind auch
keine Probleme bei der für die Massage nötigen Partnerfindung zu erwarten.
Lediglich das „Aushalten“ einer „Stille-Situation“ könnte (vor allem) den zuvor erwähnten
vier Jungen schwer fallen. Wie sie sich während der Massage verhalten werden, bleibt
abzuwarten.
Und ob sich eventuell ein oder auch mehrere Kinder dieser Situation in einer oder mehreren
Stunden der Einheit entziehen werden, wird sich ebenfalls erst bei der Durchführung zeigen.
3.2. Didaktische Vorüberlegungen und Entscheidungen
Die Fähigkeit zu entspannen ist eine wichtige Strategie, um in jedem Lebensalter mit den
Stresssituationen des Alltags angemessen umgehen zu können. Obwohl Kinder im
Grundschulalter häufig noch von sich aus bei Bedarf Situationen zum Ausruhen und SichZurückziehen aufsuchen, geht diese Fähigkeit mit zunehmendem Alter und einhergehendem
verplanten Alltag meist immer mehr verloren. Es gilt, auch schon Kindern das Aufsuchen
von Ruhesituationen als ganz natürliche und für das menschliche „Gleichgewicht“ wichtige
Vorgehensweise zu verdeutlichen.
Grundsätzlich halte ich es deshalb für wichtig, mit Kindern schon möglichst früh mit einer
Hinführung zu Entspannungsübungen zu beginnen. Gerade die Grundschule, die alle Kinder
(!) erreicht (im Gegensatz z.B. zu Vereinsgruppen), hat die Chance, diese an die
Entspannungsthematik heranzuführen. Da heute auch schon viele Kindergärten
Entspannungsübungen anbieten und durchführen, kann die Schule an diese Vorerfahrungen
anknüpfen und sie ausbauen.
Für die Kinder der Klasse 1 c sehe ich hinsichtlich der Ein- und Durchführung von
Entspannungsübungen besonders günstige Voraussetzungen. Die von der Klassenlehrerin mit
den Kindern bereits durchgeführten Phantasiereisen und Stilleübungen bilden hierbei einen
günstigen Anknüpfungspunkt, da den Kindern die Voraussetzung für eine
Entspannungssituation, das Einlassen auf eine Ruhesituation, schon bekannt ist, was ein
Gelingen von Entspannungsphasen sicherlich begünstigen wird. Da die Kinder der Klasse 1 c
neuen (Bewegungs-) Angeboten meiner Erfahrung nach stets offen und interessiert
gegenüberstehen und das Sozialverhalten insgesamt ausgesprochen gut ist, sehe ich die
Möglichkeit, den Kindern die mit der für sie neuen Entspannungsform Massage
einhergehenden angenehmen Empfindungen vermitteln zu können.
Für die Entspannungsmethode „Massage“ habe ich mich aus verschiedenen Gründen
entschieden. Zunächst habe ich selbst durchweg sehr positive Erfahrungen sammeln können
(sowohl in Bezug auf mich selbst als auch auf zahlreiche Kinder- und
Erwachsenensportgruppen). Die für diese Entspannungsform nötige Berührung des Körpers
unterstützt den Entspannungsprozess (fast immer) hilfreich. Meditative Verfahren erfordern
hingegen eine gute Konzentrationsfähigkeit und können durch die Erzeugung „innerer Bilder
und Phantasien“ und ein Lenken des Bewusstseins auf die eigentlich unbewussten
Körperfunktionen Beklemmungen und Ängste erzeugen (vgl. Kap. 2.1.3.2.).
Die Körperberührung bei „Massagen“ wirkt vor allem bei sehr unruhigen Kindern meist sehr
beruhigend und unterstützt somit den angestrebten Entspannungsprozess. Gerade auch den in
Kap. 3.1. erwähnten Kindern wird diese Tatsache sicherlich entgegenkommen.
Die spielerische Einführung der Entspannung ist bei der „Massage“ in besonderem Maße
möglich. Zahlreiche „spielerische“ Formen von Taktilspielen / Massagen sind möglich, was
14
für die Aufrechterhaltung der Motivation, vor allem bei den unruhigeren Kindern, denen es
schwerfällt, sich zu konzentrieren (z.B. A., M.), entscheidend ist.
Der soziale Aspekt der Körperberührung ist ein weiterer zentraler Schwerpunkt, der mich
dazu bewogen hat, mit der Klasse „Massagen“ ein- und durchzuführen. Von einem anderen
Kind massiert zu werden, bedeutet, diesem Kind zu vertrauen, sich im wahrsten Sinne des
Wortes „in dessen Hände zu geben“. Ein anderes Kind zu massieren bedeutet, Verantwortung
zu übernehmen, dem anderen Kind nicht weh zu tun, sondern im Gegenteil dieses zu
verwöhnen. Dieser Aufbau sowohl von „Vertrauens-“ als auch „Verantwortungsgefühl“
gegenüber bzw. für andere Menschen sollte meiner Meinung ein wichtiges Anliegen des
Schulunterrichts insgesamt sein. In der Klasse 1 c gibt es einige Jungen, die gelegentlich
durch unvorsichtiges Verhalten anderen Kindern gegenüber auffallen. So ist M. z.B. bei
Fangspielen meist nur darauf bedacht, selbst nicht gefangen zu werden. Wer ihm dabei im
Weg steht, wird „angerempelt“. M. neigt dazu, ein anderes Kind zum Teil tätlich anzugreifen,
wenn er sich von diesem ungerecht behandelt fühlt. Zudem hat D. das Problem (laut
Klassenlehrerin nicht nur im Sportunterricht), dass er häufig andere Kinder (meist
unbeabsichtigt) „anrempelt“, wobei diese sich bedingt durch seine Größe und sein hohes
Körpergewicht zum Teil sehr weh tun. Gerade für diese Kinder könnte die Massage eine
Möglichkeit darstellen, sich in ein anderes Kind (oder einen anderen Menschen überhaupt)
hineinzuversetzen, diesem nicht wehzutun, sondern angemessen mit diesem umzugehen. Alle
übrigen Kinder der Klasse 1 c, die in diesem Bereich keine Probleme haben (vor allem die
eher ruhigen Mädchen), werden meinen Vermutungen nach dieses „Berührtwerden“ und
„Berühren“ in besonderem Maße genießen und somit sicherlich eine günstige Einstellung
gegenüber Massagen / Entspannung aufbauen.
Obwohl der Bereich „Entspannung“ in den Rahmenrichtlinien des Faches Sport für die
Grundschule nicht vertreten ist, sehen die Bestimmungen für den Schulsport eine Behandlung
/ Durchführung dieser Thematik vor (vgl. Kap. 2.1.3.4.).
Obwohl keine sportmotorischen Fähigkeiten / Fertigkeiten benötigt und trainiert werden,
gehören für mich Entspannungsphasen unbedingt zum Sportunterricht und Sporttreiben
insgesamt hinzu. Es geht hierbei nicht nur um wichtige Themen wie „Körperlichkeit“ oder
„Körperwahrnehmung“. Zu allen Sportarten gehört auch ein Entspannen des Körpers / der
Muskulatur. Während im Freizeit- und Leistungssport Entspannungsphasen meist fester
Bestandteil des Trainings sind, werden sie im schulischen Sportunterricht (meinen eigenen
Erfahrungen als Schülerin nach) zu Unrecht stark vernachlässigt.
Die Kinder der Klasse 1 c sollen in der von mir geplanten Unterrichtseinheit erste
Erfahrungen mit der Entspannungsform „Massage“ sammeln. Neben dem ersten Erspüren der
angenehmen Auswirkungen von Massage am eigenen Körper sollen die Kinder Einsichten in
die wichtigsten „Massageregeln“ (z.B. Wirbelsäule und Nierengegend aussparen) erlangen,
womit sie befähigt werden, eine einfache Massage bei einem anderen Kind oder auch
Erwachsenen auszuführen. Es geht mir insgesamt jedoch nicht vorrangig um die Vermittlung
von Kenntnissen, sondern um die Erzeugung einer positiven, offenen Einstellung gegenüber
der Entspannungsthematik insgesamt.
Die Kinder sollen am Ende der Einheit nicht eine komplette, therapeutisch korrekte Massage
durchführen und z.B. Namen und Technik verschiedenster Massagegriffe nennen und
ausführen können. Wichtig ist mir, den Kindern aufzuzeigen und sie spüren zu lassen, wie
angenehm sich eine Entspannungsphase auf ihr Wohlbefinden auswirkt. Es handelt sich bei
dieser Einheit jedoch nur um eine Einführung in einen Teil der Entspannung. Es bleibt zu
hoffen, dass im nachfolgenden Sportunterricht und auch von der Klassenlehrerin weiterhin
Entspannungsphasen im Schulalltag integriert werden.
15
So würde die Chance bestehen, Entspannung zur Selbstverständlichkeit für die Kinder (auch
im späteren Erwachsenenalter) werden zu lassen, einem Bedürfnis, dem der Mensch in
Stresssituationen nachgeben muss, um das natürliche Gleichgewicht und damit letztendlich
die Gesundheit aufrechtzuerhalten bzw. zu schützen.
3.3. Lehr- und Lernziele
Groblernziel
Die Schülerinnen und Schüler sollen die positiven Auswirkungen von Entspannung - in
besonderem Maße von Massagen - erfahren und eine einfache Massage bei einer Partnerin /
einem Partner durchführen können.
Feinlernziele
• Die Kinder sollen die wichtigsten Regeln für die Durchführung einer Massage
kennenlernen, indem sie zunächst unter Anweisung, später nach Besprechung dieser
Regeln selbstständig ein anderes Kind massieren.
• Die Kinder sollen sich im verantwortungsvollen Umgang mit anderen Menschen üben,
indem sie bei der Massage eines anderen Kindes diesem nicht wehtun (Kräftedosierung!),
sondern angemessen und rücksichtsvoll mit ihm umgehen.
• Die Kinder sollen eventuell vorhandene Berührungsängste zunehmend abbauen und das
Vermögen des Aufbaus von Vertrauen verbessern, indem sie sich von einem anderen Kind
berühren / massieren lassen.
• Die Kinder sollen ihre sozialen Kompetenzen weiterentwickeln, indem sie die
Ruhesituationen und somit das „Entspannungsbemühen“ der gesamten Großgruppe nicht
durch unangemessenes Verhalten (vor allem akustischer Art) stören.
• Die Kinder sollen die wohltuenden Auswirkungen von Massagen (vor allem in Anschluss
an körperliche Belastungen) erfahren, indem sie sich nach vorherigen Phasen hoher
körperlicher Aktivität auf Massagen einlassen.
• Die Eigenständigkeit der Kinder und ihr Verantwortungsgefühl für ihren eigenen Körper
sollen gefördert werden, indem die Kinder in der Einheit in zunehmendem Maße die Art
und Weise und den Zeitpunkt der Massage frei wählen können.
• Die Kinder sollen motiviert werden, auch über den Sportunterricht hinaus
Entspannungssituationen aufzusuchen / Massagen durchzuführen, indem sie einen
Massageball selbst herstellen, diesen mit nach Hause nehmen und somit auch dort
Massagen durchführen können.
3.4. Methodische Vorüberlegungen und Entscheidungen
Die Stunden der Einheit finden jeweils freitags statt (bis auf die sechste, s. S. 26), also in
jeder dritten Sportstunde, da der Klasse nur an diesem Tag die gesamte Turnhalle zur
Verfügung steht. In den übrigen Stunden wird die Turnhalle von zwei Klassen gleichzeitig
genutzt (durch Trennvorhang unterteilt). Die hierdurch meist doch recht laute
Geräuschkulisse würde ein Entspannen erschweren. Zudem halte ich einen Abstand von einer
Woche für durchaus sinnvoll, da die Bewegungszeit ja durch die eingeplante
Entspannungszeit eingeschränkt wird, was bei zu häufiger Durchführung zu Unmut bei den
Kindern führen könnte.
Ich habe mich dafür entschieden, die Entspannungsphase jeweils am Ende einer Stunde
durchzuführen, da der Bewegungsdrang der Kinder zunächst sehr groß ist und befriedigt
werden muss und die Kinder im Anschluss an Bewegungsaktivitäten die Ruhesituation mehr
16
genießen und sich somit eher auf die ihnen neue Situation einlassen können. Zudem wird
ihnen die wohltuende Wirkung von Entspannung / Massagen nach körperlicher Belastung in
besonderem Maße deutlich. Für die Bewegungsphase und die Entspannungsphase werden
jeweils ca. 20 Minuten eingeplant. Die Entspannungsphase kann so ohne Hektik sowohl für
den Mattenaufbau, Erklärungen, Durchführung zweier Massagedurchgänge als auch eine
kurze Reflexion (Erfahrungsaustausch innerhalb der Gruppe oder zwischen den Partnern) und
anschließenden Mattenabbau genutzt werden. Auch habe ich die Stunden in der Art geplant,
dass die Entspannungsphase nicht isoliert am Ende der Stunde steht, sondern dass auch die
vorgeschalteten Bewegungsaktivitäten mit der Massage thematisch in Verbindung stehen
(was wiederum ein Einlassen auf die spätere Massage erleichtern soll), weshalb ich jeweils
kurz den gesamten Stundenverlauf und nicht nur die Entspannungsphase skizzieren werde.
Da bei einer Massage meist zwei Personen beteiligt sind und die Akzeptanz der
Massagepartnerin / des Massagepartners für ein angestrebtes Wohlbefinden entscheidend ist,
dürfen die Kinder ihre Massagepartnerin / ihren Massagepartner während der gesamten
Einheit jeweils frei wählen (vgl. Kap. 2.2.4.2.). Auch habe ich mich aus diesem Grund dafür
entschieden, in der ersten Stunde der Einheit, auch schon vor der ersten Massage, jeweils
zwei Kinder in verschiedenen Spielformen zusammenarbeiten zu lassen. Hierbei sollen ein
Abstimmen und Einlassen auf die Partnerin / den Partner sowie der Aufbau eines
Vertrauensverhältnisses angebahnt werden. Bei ungerader Anzahl an Kindern werde ich ein
Kind massieren. Im Anschluss soll dieses Kind bei einer anderen Zweiergruppe beim
Massieren mithelfen, da das Massieren an sich einer der entscheidenden Aspekte einer
Massage ist (s. Lernziele, S. 21).
Die erste „Massagegeschichte“, eine „Wettergeschichte“, wird durch eine Übung zunächst
auf dem Boden vorbereitet, im Anschluss unter meiner Anleitung paarweise ausgeführt. Die
spielerische „Verpackung“ nimmt eventuell auftretende Hemmungen. Da ich die Geschichte
erzähle und die auszuführenden Handgriffe demonstriere, werden Unsicherheiten bei den
Kindern vermieden, was gerade bei der ersten Konfrontation mit Massage wichtig ist. Die
massierten Kinder lauschen der Geschichte, die massierenden imitieren die gezeigten
Bewegungen.
Die Matten werden in der ersten bis dritten Stunde in Kreisform ausgelegt. Immer vier Kinder
befinden sich dann gleichzeitig auf einer Matte. Die massierten Kinder liegen auf dem Bauch
und schauen zur Mitte, die massierenden sitzen neben ihnen am jeweiligen Ende der Matte.
Die Kreisform unterstützt den Aspekt der „Gemeinsamkeit“ im Entspannungsprozess
(wichtig für Aufbau eines Gruppengefühls). Zudem habe ich alle Kinder gut im Blick und
kann so bei eventuell auftretendem unangemessenen Verhalten sofort einschreiten. Auch die
massierenden Kinder können von mir gezeigte Handgriffe gut sehen und imitieren.
Die Entspannungsphase wird, wie auch in allen weiteren Stunden (bis auf die fünfte), von
ruhiger Klaviermusik begleitet (Musik 2, s. Medienangabe, S. 56), die zusätzlich eine
harmonische, beruhigende Atmosphäre erzeugt und einen zeitlichen Rahmen pro
„Massagebehandlung“ vorgibt (je Kind ca. 4:00 Minuten / eine längere Phase wäre zu lang
und könnte Langeweile erzeugen). Ich werde in jeder Stunde (als dann den Kindern
bekanntem Ritual) die gleiche Musik verwenden, da ein immer neues Musikstück evtl. von
dem eigentlichen Geschehen ablenken könnte. Ich habe mich gegen die Verwendung
„typischer“ Entspannungsmusik mit ihren „sphärischen eintönigen Klangteppichen“
entschieden, da ich sie selbst als sehr unangenehm empfinde und sie bei den Kindern evtl.
(ebenfalls) zu Unbehagen führen könnte, was den Entspannungsprozess behindern würde.
In der zweiten Stunde besteht die Bewegungsphase aus kooperativen Spielformen, die den
Gruppenprozess (Aufbau von Vertrauen zur Partnerin / zum Partner und innerhalb der
17
Großgruppe) positiv beeinflussen sollen. Im Anschluss folgt eine weitere
„Massagegeschichte“, eine „Pizzamassage“, bei der jedoch im Unterschied zur Geschichte
der ersten Stunde der Handlungsspielraum (in Bezug auf Kreativität) des massierenden
Kindes erweitert ist (Förderung der Selbstständigkeit) und die Massagegriffe intensiviert
werden, was zu stärker fühlbaren Reizen beim massierten Kind führen soll.
In der dritten Stunde wird mit für die Massage konzipierten „Igelbällen“ gearbeitet, wodurch
die Kinder eine weitere mögliche Form der Massage (mit einem Medium) kennenlernen
sollen. Zudem besteht bei dieser Massage kein direkter Körperkontakt zwischen den beiden
Partnern, was sich bei Kindern mit Berührungsängsten günstig auswirken würde, denn diese
Form könnte ihnen eine Möglichkeit bieten, sich dennoch auf Massagen einzulassen. Nach
spielerischem Kennenlernen der Bälle in der Bewegungsphase werden in der
Entspannungsphase die wichtigsten Regeln der Massage (bei den beiden ersten Stunden nur
kurz erwähnt, da bei den „Geschichten“ von nicht entscheidender Bedeutung) und auch der
Begriff „Massage“ zum ersten Mal genannt. (Ein Nennen dieses Begriffes in einer der ersten
beiden Stunden könnte die Kinder eher abschrecken, da dieser Begriff häufig Assoziationen
wie „Krankheit“ und „alte Leute“ hervorruft.) Nach einem kurzen Spiel zur
Körperwahrnehmung dürfen die massierenden Kinder selbstständig ohne Vorgabe die von
dem zu massierenden Kind gewünschten Körperstellen „bearbeiten“.
In der vierten Stunde ist die Entspannungsphase noch „offener“ gestaltet. Die Kinder dürfen
sich zu zweit sowohl den Platz für die Massage als auch die Art und Weise der Massage (z.B.
„Wettergeschichte“, „Pizzabacken“ oder Massage mit Igelball) frei wählen. Dieses Vorgehen
soll die Eigen- und Selbstständigkeit der Kinder fördern. Ein weiterer kognitiver Aspekt soll
in dieser Stunde hinzukommen. Die Körperfunktionen werden vor und nach einer
Ausdauerbelastung (verschiedene Spielformen) beobachtet und die Notwendigkeit und
Annehmlichkeit von Ruhephasen für den Menschen hierdurch verdeutlicht.
In der fünften Stunde dürfen die Kinder im Rahmen einer „Bewegungsgeschichte“ (mit Rollbrettern) nicht nur über die Art und Weise, sondern auch über den Zeitpunkt der Massage
(Auto in einer Waschanlage) entscheiden. Ein Kind könnte im Extremfall hierbei sogar auf
eine Massage verzichten oder sich über einen langen Zeitraum hinweg massieren lassen.
Dieses fördert wiederum Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit für den Körper.
Die sechste Stunde findet aus organisatorischen Gründen im Klassenraum statt (Arbeiten an
Tischen günstiger) und dient der Herstellung und anschließenden Erprobung eines
Massageballes (Massage mit dem eigenen Ball als Abschluss der Einheit). Hierdurch sollen
die Kinder über den Zeitraum der Einheit hinaus zur Durchführung von Massagen motiviert
werden. Ein außerschulisches Anwenden des im Sportunterricht Erfahrenen / Gelernten wird
hierdurch wahrscheinlich. (Ich habe mir für dieses Vorhaben eine zusätzliche
Unterrichtsstunde im Anschluss an den Sportunterricht von der Klassenlehrerin geben lassen,
da den Kindern (bei nur drei Sportstunden in der Woche) nicht eine Bewegungszeit
genommen werden sollte.)
Zusammenfassend gesehen ist die Einheit durch eine stetige „Öffnung“ der
Entspannungsphasen gekennzeichnet (s.o.). Ich habe mich bei dieser 1. Klasse für den
Versuch einer derartigen Öffnung des Unterrichts entschieden, da die Kinder im Unterricht
der Klassenlehrerin „Freiarbeit“ und somit sehr offene Arbeitsweisen und Lern/Lehrmethoden (z.B. „Lesen durch Schreiben“ nach J. Reichen) gewohnt sind. Hier sehe
ich eine günstige Ausgangslage, diese Öffnung zur Förderung der Selbstständigkeit und
Eigenverantwortung erfolgreich durchzuführen. Dennoch ist ein von mir stark gelenkter
Beginn (vor allem in den ersten beiden Stunden) meiner Meinung nach unverzichtbar, da
hierdurch Unannehmlichkeiten, die durch unsachgemäße Handlungen entstehen und somit
18
zu negativen Erfahrungen mit dieser Entspannungsmethode (z.B. zu heftiges,
unvorsichtiges Massieren des Partners) führen könnten, am ehesten zu vermeiden sind.
3.5.
Datum
Gliederung / Ablauf der Unterrichtseinheit
Thema der Stunde
Freitag, 1. Stunde:
21.05.99 „Partner- /
Vertrauensübungen
/erste Massage“
Freitag, 2. Stunde:
28.05.99 „Kooperative
Spielformen /
Massagegeschichte“
Freitag, 3. Stunde:
04.06.99 „Massage mittels eines
Mediums“
Freitag, 4. Stunde
11.06.99 „Ort und Art der
Massage frei gewählt“
Freitag, 5. Stunde
18.06.99 „Zeitpunkt, Dauer und
Art der Massage frei
gewählt“
Freitag, 6. Stunde
21.06.99 „Herstellung und
Erprobung eines
Massageballs“
Bewegungsphase
(ca. 20 Minuten)
Spielformen zur
Abstimmung auf
Bewegungen der
Partnerin oder des
Partners /
Vertrauensübung
Kooperative
Spielformen in der
Großgruppe /
„Soziale“ Fangspiele
Spielformen zum
Kennenlernen des
Kleingeräts „Igelball“
Spielformen zum
Training der
Mittelzeitausdauer /
Beobachtung von
Körperfunktionen
Jeweils ein Drittel der
Klasse fährt als Auto
(mit Rollbrettern) durch
die Turnhalle; die
anderen Kinder stellen
„Waschanlagen“ dar
Herstellen von
„Massagebällen“ aus
Tennisbällen und
Luftballons
Entspannungsphase
(ca. 20 Minuten)
Massage:
von der Lehrerin fest
vorgegebene
Massagegeschichte
(„Wetter“; vgl. Anhang)
Massage:
Massagegeschichte
(„Pizzabacken“; vgl.
Anhang)
Massage:
Körperwahrnehmungsspi
el und
„Wunsch – Massage mit
dem Igelball“
Massage:
Ort und Art der Massage
von den Kindern frei
gewählt
Massage:
Bei Wunsch kann eine
„Waschanlage“
aufgesucht und ein
Waschprogramm
gewählt werden
Massage:
Erprobung im Sitzen im
Klassenraum
4. Dokumentation des Verlaufs der Unterrichtseinheit
4.1.
Erste Stunde der Einheit: „Partner- / Vertrauensübungen / erste Massage“
4.1.1. Methodische Vorüberlegungen / Ziele
Die erste Stunde der Einheit ist dadurch charakterisiert, dass während des gesamten Ablaufs
jeweils zwei Kinder zusammenarbeiten sollen, da der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses
für die „erste Massage“ im zweiten Teil der Stunde eine günstige Voraussetzung darstellt,
den ersten Versuch mit dieser Entspannungsmethode - bei der man sich von der Partnerin /
vom Partner berühren lässt bzw. diese / diesen berührt - gelingen zu lassen. Die Einführung in
19
diese für die Kinder neue Thematik ist von entscheidender Bedeutung, da sie einen
Grundstein für die weitere Arbeit in diesem Bereich legt. Es muss unbedingt verhindert
werden, dass die Kinder gerade in der ersten Stunde womöglich unangenehme Erfahrungen
mit „Massage“ und „Entspannung“ sammeln, da diese ihre Einstellung gegenüber der so
wichtigen Thematik negativ und dauerhaft beeinflussen könnten.
Die Stunde beginnt mit einem Sitzkreis. In dieser Sozialform, die für die Kinder der 1 c ein
häufig auftretendes Ritual darstellt, können sich alle Teilnehmer gut sehen und miteinander
sprechen. Die Kinder werden zunächst (vor der Erläuterung der ersten Spielform)
aufgefordert, sich eine Partnerin oder einen Partner zu suchen und sich neben diese / diesen
zu setzen, womit eine spätere mit der Paarfindung stets verbundene Unruhe vermieden
werden soll. (Bei ungerader Anzahl an Kindern werden drei Kinder als Dreiergruppe
zusammenarbeiten (bis auf den ersten Massagedurchgang; vgl. S. 29).)
Nun erfolgt die Erläuterung der ersten Spielform. Die Kinder sollen hierbei hinter ihrer
Partnerin / ihrem Partner herlaufen. Dieses erfordert eine genaue Beobachtung des anderen
Kindes und eine Abstimmung (somit auch Reaktionsfähigkeit) auf dieses. Nach ca. 2
Minuten erfolgt auf meinen Zuruf hin ein Wechsel der Rollen. Begleitet wird diese Spielform
durch eine den Laufrhythmus unterstützende Musik (Musik 1, s. Medienangabe, S. 56), die
zusätzlich motiviert und die die Kinder sehr gerne mögen. Auf mein Händeklatschen hin (ein
den Kindern bekanntes Signal zum „Versteinern“, bei dem sie stehenbleiben und zu mir
schauen) erläutere ich „Spielform 2“. Ein Zusammenkommen zum Sitzkreis ist hierfür nicht
nötig und würde einen unnötigen Zeitaufwand darstellen. Die Kinder sollen sich (immer noch
paarweise) eine Bodenlinie suchen, die als „Spiegel“ fungiert. Alle Bewegungen, auch mit
Platzwechsel, sind erlaubt. Diese Spielform, wie auch die weitere (Spielform 3), die ebenfalls
ohne Bildung eines Sitzkreises erläutert wird (s.o.), dient der Abstimmung auf Bewegungen
der Partnerin / des Partners. Spielform 3 beinhaltet das den Kindern bekannte Spiel
„Brückenkriegen“, hier jedoch in abgewandelter Form, nämlich als „Paarspiel“. Die Partner
dürfen sich hierbei nicht loslassen, es gibt zwei Fängerpaare, wenn ein Paar unter den
hochgehaltenen Armen (gefasste Hände) eines gefangenen Paares hindurchläuft, ist dieses
„befreit“. Diese Phase ist wie auch Spielform 1 sehr bewegungsintensiv. Dieses halte ich für
wichtig, da auch dem Bewegungsbedürfnis der Kinder Rechnung getragen werden muss.
Zudem erleichtert diese Vorgehensweise meist das Einlassen auf die spätere
Entspannungssituation (vgl. Kap. 2.1.3.4.).
Zur etwas aufwendigeren Erläuterung der Vertrauensübung rufe ich die Kinder zum Sitzkreis
zusammen, wodurch ich diese Spielform mit Hilfe eines Kindes für alle gut sichtbar
demonstrieren kann. Die Partnerin / der Partner (der „Roboter“) wird durch einen am Rücken
befindlichen imaginären „Knopf“ in Bewegung bzw. zum Stoppen gebracht. Bei einer
Richtungsänderung fasst das „lenkende“ Kind den „Roboter“ in gestopptem Zustand an den
Schultern und dreht diesen in die neue gewünschte Bewegungsrichtung. Dem Roboter wird
freigestellt, die Augen zu schließen. Mit dieser Übung soll der Aufbau eines für die spätere
Massage wichtigen Vertrauensverhältnisses angebahnt werden, zudem findet eine erste
behutsame Berührung der Partnerin / des Partners statt.
Im anschließenden Sitzkreis (alle Kinder können in dieser Sozialform gut zur Mitte sehen)
lege ich von mir erstellte sieben Mattenmodelle (laminierte Din A 4 - Blätter in Mattenform
und -farbe) in die Kreismitte, um den Kindern den von mir gewünschten Aufbau der Matten
zu demonstrieren. Im Anschluss erfolgt der gemeinsame Aufbau der Matten in für die
Massage besonders geeigneter Kreisform (Begründung s. Kap. 3.4.).
Bevor die „Wettermassage“ (s. Anhang) auf dem Rücken der Partnerin / des Partners
durchgeführt wird, führen wir Wettergeräusche mit den Fingern (auf den Matten im Sitzkreis
20
sitzend) am Boden aus. Diese Stille- / Konzentrationsübung habe ich mit den Kindern ein
paar Wochen zuvor schon einmal durchgeführt, und sie nimmt eventuell bei der
nachfolgenden Massage Hemmungen, da sie in dieser Form somit schon bekannt ist. Im
Anschluss erkläre ich den Kindern, dass wir diese „Geschichte“ jetzt auf dem Rücken der
Partnerin / des Partners durchführen werden und dass sie hierbei versuchen sollen, nicht zu
sprechen, sondern nur der Musik (Begründung der Musikauswahl s. Kap. 3.4.) und meiner
Geschichte zuzuhören. Während der Massage demonstriere ich an einem Kind (bei gerader
Anzahl mit einem anderen Kind zusammen; bei ungerader bei einem Kind alleine) bei
gleichzeitiger Erzählung der Geschichte die auszuführenden Handgriffe. Diese starke
Lenkung meinerseits ist meiner Meinung (und Erfahrung) nach gerade bei der ersten
Konfrontation mit Massage sehr wichtig, da sie allen Massageteilnehmern Hemmungen und /
oder Unsicherheiten nimmt und möglicherweise auftretenden kontraindizierten Handlungen
(z.B. „Unsanftes Anfassen“) vorbeugt.
Nach Ablauf des ersten Massagedurchganges werden die Rollen gewechselt. (Bei ungerader
Anzahl an Kindern massiert das zuvor von mir massierte Kind im zweiten Durchgang bei
einer anderen Zweiergruppe mit; Begründung hierfür s. Kap. 3.4..) Nach Beendigung des
zweiten Massagedurchgangs findet eine kurze gemeinsame Reflexion der Massage statt.
Dieser Erfahrungsaustausch ist wichtig, um Reaktionen und Gefühle der Kinder einschätzen
und somit für die weiteren Stunden mögliche Veränderungen vornehmen zu können. (Die
Kinder könnten z.B. äußern, dass ihnen die Musik nicht gefallen hat, dass sie gefroren haben,
dass ihre Partnerin / ihr Partner nicht sanft genug mit ihnen umgegangen ist.) Positive
Äußerungen könnten die Kinder, die möglicherweise eine Teilnahme an der Massage
verweigern, dazu bewegen, in der nächsten Stunde eine Teilnahme zu „wagen“. Im
Anschluss erfolgen die Verabschiedung und das gemeinsame Abbauen der Matten.
Ziele:
• Die Kinder sollen in den unterschiedlichen Spielformen ihre Reaktionsfähigkeit und
Beobachtungsgabe trainieren, indem sie ihre Bewegungen an eine Partnerin / einen Partner
anpassen.
• Die Kinder sollen eventuell vorhandene Berührungsängste zunehmend abbauen und das
Vermögen des Aufbaus von Vertrauen verbessern, indem sie sich von einem anderen Kind
berühren / massieren lassen.
• Die Kinder sollen den verantwortungsvollen Umgang mit anderen Menschen üben, indem
sie bei der Massage eines anderen Kindes angemessen und rücksichtsvoll mit ihm
umgehen.
• Die Kinder sollen die wohltuenden Auswirkungen von Massagen erfahren, indem nach
vorherigen Phasen körperlicher Aktivität eine Massage durchgeführt wird.
• Die Kinder sollen ihre sozialen Kompetenzen weiterentwickeln, indem sie die RuheSituationen und somit das „Entspannungsbemühen“ der gesamten Großgruppe nicht durch
unangemessenes Verhalten (vor allem akustischer Art) stören.
4.1.2. Geplanter Stundenverlauf
Zeit
(Uhr)
UnterrichtsPhase
10.55 11.00
11.00 11.05
11.05 -
Einstieg
Arbeitsphase 1
Unterrichtsgeschehen
Arbeits- und
Sozialform
Abholen der Kinder aus dem Klassenraum /
Umziehen
Begrüßung / Kinder bilden Paare /
Sitzkreis
Erläuterung von Spielform 1
Spielform 1:
Zu zweit
Medien
Kassettenre
21
11.15
11.15 11.20
11.20 11.25
11.25 11.30
11.30 11.40
(Anpassung an
den Partner)
Ein Kind läuft hinter Partner / -in her
Erläuterung von Spielform 2:
Eine Linie bildet das Spiegelbild / Ein Kind
macht vor, das andere nach
Erläuterung Spielform 3:
Brückenkriegen in Paaren (Kinder dürfen
sich nicht loslassen)
Arbeitsphase 2
Erläuterung vom „Roboterspiel“:
(Vertrauensübun Kinder führen sich gegenseitig als
g)
„Roboter“ per Knopfdruck durch den Raum
(Augen geschlossen)
Geräteaufbau
Demonstration des Geräteaufbaus anhand
von kleinen Mattenmodellen / Aufbau der
Matten in Kreisform
Einstimmung auf Mit den Fingern werden Wettergeräusche
Massage
auf dem Boden imitiert (Regen, Wind etc.) /
Regeln der Massage werden erläutert
Arbeitsphase 3
Kind (Bauchlage) wird von Partnerin o.
(Massage)
Partner massiert / Rollenwechsel
Abschluss
kurze Reflexion / Mattenabbau
frei im Raum
korder,
Musik 1
Sitzkreis /
Paarweise frei im
Raum
Sitzkreis /
Gemeinsames
Aufbauen
Sitzkreis auf
Mattenkreis (4
Kinder pro Matte)
Paarweise
Mattenmode
lle
7 Matten
7 Matten,
Musik 2
Sitzkreis
4.1.3. Unterrichtsverlauf und -auswertung
Schon vor der Unterrichtsstunde fiel mir eine große Unruhe bei den Kindern auf, die sich bei
der Bildung des Sitzkreises bestätigte und die gesamte Bewegungsphase dieser
Unterrichtsstunde prägte.
Die Paarfindung verlief ohne Probleme. Da ein Kind fehlte (es waren somit 25 Kinder),
wurde von drei Mädchen eine Dreiergruppe gebildet. Mehrere Jungen hatten große
Schwierigkeiten, der anschließenden Erläuterung der Spielform 1 konzentriert zu folgen. Als
jedoch dann die Musik ertönte und sie sich bewegen durften / sollten, waren alle Kinder
motiviert und engagiert bei der Sache. Der Dreiergruppe sagte ich extra den Zeitpunkt für den
Rollenwechsel (wie auch bei Spielform 2 und der Vertrauensübung), damit nicht nur zwei,
sondern alle drei Kinder dieser Gruppe mit „Vormachen“ an die Reihe kamen. Der
Erläuterung von Spielform 2 (Kinder blieben „versteinert“ mit Blick zu mir auf mein
Klatschsignal hin stehen) folgten die Kinder aufmerksam. Ich demonstrierte diese Spielform
kurz mit einem mir räumlich nahestehenden Kind. Mit großem Spaß und sehr vielen
kreativen Ideen führten sie diese Spielform durch. Das anschließende (von den Kindern
geliebte) „Brückenfangen“ machte ihnen auch diese ihnen unbekannte Variante als
„Paarspiel“ großen Spaß („Das war ja cool!“), und alle Kinder hielten sich an die Regeln und
bemühten sich, ihre Partnerin / ihren Partner gut an der Hand zu halten. Als Fänger wählte ich
spontan ein Jungen- sowie ein Mädchenpaar, was von allen Kindern akzeptiert wurde. Im
anschließenden Sitzkreis demonstrierte ich die Vertrauensübung bewusst mit Marcel (vgl. S.
16), um einer möglichen Störung seinerseits vorzubeugen. Die Kinder gingen bei dieser
Übung erstaunlich verantwortungsbewusst miteinander um, und viele Kinder nahmen meine
Anregung an, doch einmal die Augen zu schließen. Einige Kinder musste ich darauf
hinweisen, dass die Übung nur im Gehen und nicht im Laufen ausgeführt werden soll, da eine
Kontrolle des „Roboters“ dem lenkenden Kind hierdurch erschwert werden würde und dieser
im schlimmsten Fall (bei geschlossenen Augen) gegen die Wand oder andere Kinder laufen
könnte.
Im anschließenden Sitzkreis schauten die Kinder interessiert auf die einzeln nacheinander von
mir ausgelegten Mattenmodelle und erkannten diese auch als solche. Die Kinder können
generell recht gut einen Geräteaufbau vollziehen, und (fast) alle halfen eifrig mit. Mir war
22
jedoch schon vorher bewusst, dass ein solch komplizierter Mattenaufbau (7 Matten im Kreis,
Ecke an Ecke) nicht ganz ohne meine Hilfe gelingen würde. So musste ich mit anfassen, denn
der Kreis war zu klein begonnen worden und die Ecken lagen nicht überall aneinander. In der
nächsten Stunde (bei gleichem Mattenaufbau) wird es sich zeigen, ob die Kinder es dann
selbstständiger organisieren können.
Die Durchführung der Wettergeräusche am Boden (im Sitzkreis auf den Matten) wurde von
Marvin (vgl. S. 16) gestört, der zunächst die Teilnahme verweigerte und dann absichtlich
zum Teil zum falschen Zeitpunkt die falschen Geräusche erzeugte. Dieses störte gelegentlich
das „Gesamtgeräusch“. Dennoch gelang es den meisten Kindern (zum Teil mit geschlossenen
Augen), sich auf die Geräuschkulisse zu konzentrieren.
Als ich dann den Kindern erzählt hatte, dass wir das „Wetter“ nun auf dem Rücken der
Partnerin / des Partners erzeugen wollten, erläuterte ich ihnen, wie sie sich zu viert auf den
Matten positionieren sollten (pro Paar ein Kind in Bauchlage, eines kniend daneben). Die
Mädchen der Dreiergruppe fragte ich, welches von mir massiert werden möchte. Ohne
Streitereien kam dann eines zu mir. Dann forderte ich die Kinder auf, von nun an nicht mehr
zu reden, und stellte die Musik an. Ich war zu diesem Zeitpunkt sehr skeptisch, ob die Kinder
nun wirklich zur Ruhe kommen würden. Doch sobald die Musik lief, wurde es sofort deutlich
still (Mark zu seinem Partner: „Das ist aber schöne Musik, nech?“).
Der von mir daraufhin während der Massage erzählten Geschichte lauschten alle Kinder leise
und konzentriert. Viele der massierten Kinder schlossen von sich aus (ohne meine
Aufforderung) die Augen und genossen sichtlich die Massage. Die massierenden Kinder
führten insgesamt die von mir demonstrierten Handgriffe angemessen und vorsichtig aus.
Lediglich Marcel, Marvin und Arthur musste ich gelegentlich „bremsen“, da sie etwas grob
handelten (Jedoch nicht in dem Maße, dass den massierten Kindern wehgetan wurde).
Im Anschluss an den ersten Durchgang hörte ich vereinzelt Äußerungen von den massierten
Kindern wie: „Das war ja schön!“ und „Ich bin richtig müde!“. Auch der zweite Durchgang
verlief sehr harmonisch. Obwohl die Geschichte ja nun schon zum zweiten Mal erzählt
wurde, waren die Kinder ebenso ruhig und konzentriert wie beim ersten Durchgang. Bei der
anschließenden Reflexion mit den Kindern fielen ausschließlich positive Äußerungen: Jan:
„Als es regnete, hatte ich ein rotes Tuch auf dem Kopf und bin ganz schnell nach Hause
gelaufen!“ / Annika: „Ich fand das ganz schön!“ - Ich: „Was fandest du denn besonders
schön?“ - Annika: „Den Wind!“ / Niklas: „Ich fand auch alles schön, besonders die
Regentropfen fand ich schön!“ Als ich die Kinder dann verabschiedete und aufforderte, die
Matten abzubauen, protestierte Dennis S.: „Och, Mann! Ich will aber noch mehr schlafen!“
Insgesamt ist die Unterrichtsstunde, vor allem die für die Unterrichtseinheit entscheidende
Entspannungsphase, nach meinen Vorstellungen verlaufen. Der von mir geplante zeitliche
Rahmen bestätigte sich, und kein Kind hat sich der Massage entzogen. Ich war angenehm
überrascht, wie die zuvor (zu Beginn der Stunde) sehr „aufgedrehten“ Kinder das ihnen neue
Angebot der Entspannungsmethode „Massage“ annahmen und sichtlich genossen. Ich hatte
die Klasse zuvor noch nicht derart „still“ und „besonnen“ in der Turnhalle erlebt.
Dieses gibt Anlass zu der Hoffnung, dass die Kinder auch in den folgenden Stunden die ihnen
angebotenen neuen Körpererfahrungen interessiert und motiviert annehmen werden, was
letztendlich nötig ist, um auch die von mir gesetzten Ziele der gesamten Einheit zu erreichen.
4.2. Zweite Stunde: „Kooperative Spielformen / Massagegeschichte“
4.2.1. Unterrichtsverlauf und Auswertung
23
Die Unterrichtsstunde war von mir in der Form konzipiert worden, dass die Bewegungsphase
aus „kooperativen“ Gruppenspielen bestand, um das für Entspannungssituationen förderliche
Gemeinschaftsgefühl zu stärken.
Das erste Spiel (ein Laufspiel, bei dem alle Kinder einem von mir genannten Kind
hinterherlaufen müssen / dann bei Musikstopp Wechsel) verlief harmonisch und befriedigte
den bei den Kindern stets zu Stundenbeginn auftretenden Bewegungsdrang. Im Anschluss
daran spielten die Kinder das ihnen neue Spiel „Doktor - Fangen“. Bei diesem Spiel (mit 2
Fängern) muss sich das gefangene Kind die „angetickte“ Stelle festhalten. Ein anderes Kind
kann dieses nun befreien, indem es diese (festgehaltene) Stelle 5 x streichelt (heilt). Bei
diesem Spiel geht es, wie auch bei der Massage, um Körperberührung. Erstaunlicherweise
befreiten die Kinder eifrig gefangene Mitschülerinnen und Mitschüler, wobei keinesfalls
beobachtet werden konnte, dass die Kinder nur Kinder gleichen Geschlechts durch Streicheln
„heilten“. Noch besteht diese Hemmschwelle (bei den meisten) Kindern nicht.
Sobald ich die Mattenmodelle holte, um den sowohl für das abschließende Spiel der
Bewegungsphase als auch die Massage benötigten Aufbau zu demonstrieren, bemerkte
Yannick, der eine erneute Massage vermutete: „Matratzen! Ja!! Jan, kann ich dein Partner
sein?“. Ich fragte die Kinder, ob sie sich an den Mattenaufbau der vergangenen
Massagestunde erinnern könnten, und ließ einen Jungen (Mark) die Mattenmodelle im
Sitzkreis hinlegen, was ihm korrekt gelang. Als wir die Matten aufgebaut hatten, setzten und
legten sich die Kinder gleich auf diese, und als ich erzählte, dass wir zunächst ein Fangspiel
spielen wollten, sagte Tabea: „Ich dachte, dieses Wahrnehmungs-Dingsda!“ (Begriffe wie
„Massage“, „Entspannung“ oder gar „Wahrnehmung“ waren bis zu diesem Zeitpunkt noch
nicht gefallen!) Die Matten fungierten bei dem den Kindern bereits bekannten Fangspiel
„Rettungsboot“ als „Rettungsinsel“. (Spiel: 2 Fänger; Kinder, die getickt wurden, bleiben
winkend stehen; befreit werden können diese, indem sich zwei Kinder an den Händen fassen
und das winkende Kind in die Mitte nehmen, dann zu der Rettungsinsel gehen und bis „10“
zählen). Die Kinder befreiten sich (wie immer bei diesem Spiel) eifrig, womit mein Ziel des
„kooperativen Miteinanders“ in dieser Phase erreicht war.
Dann folgte die Massage. Die Kinder fanden sich wie in der vorherigen Stunde zu Paaren
zusammen (zum Teil gleiche, zum Teil andere Paarkonstellationen; es bestand wiederum eine
ungerade Anzahl an Kindern, weshalb ich den Jungen (Kolja), der in der vorherigen Stunde
gefehlt hatte, massierte). Als ich den Kindern erzählte, dass wir auf dem Rücken unserer
Partnerin / unseres Partners eine „Pizza backen“ wollten, verkündeten einige, dass ihnen
diese Massageform schon bekannt sei („Oh, ja, das! Das haben wir schon mal im
Kindergarten gemacht!“). Schon im Vorfeld war mir bewusst, dass keine derart ruhige
Situation wie bei der „Wettergeschichte“ entstehen würde, da die Kinder nicht nur einfach
Handbewegungen imitieren sollten, sondern auch ihr eigenständiges Handeln und ihre
Phantasie gefordert waren. Dieses bestätigte sich im Verlauf der (wiederum zur Musik
durchgeführten) Massage. Die Kinder äußerten , welchen Belag sie wählten und wie die Pizza
ihnen am Schluss „schmeckte“. Auch das liegende Kind durfte ein Stück „probieren“. Es
ging bei dieser Form der Massage in weit stärkerem Maße als bei der „Wettergeschichte“
(erste Stunde) um die taktile Wahrnehmung (intensivere Griffe) des massierten Kindes und
eine Schulung der Kreativität bei der „Masseurin“ / dem „Masseur“. Es wurde zum Teil leise
gelacht, jedoch verleiteten Assoziationen wie „Teig kneten“ und „Backblech schrubben“
einige Jungen (Jan, Arthur, Marcel, Kolja, Marvin und Yannick) auch zu zwischenzeitlichen
unangemessenen, zu heftigen Berührungen ihrer Partner.
So fielen die Reaktionen / Äußerungen in der anschließenden gemeinsamen Reflexion sehr
unterschiedlich aus. Einige Kinder hatten Probleme mit dieser „Massagegeschichte“, andere
24
konnten wie in der vorherigen Stunde „abschalten und genießen“: Yannick: „Marvin hat das
nicht gut gemacht!“ / Marvin: „Yannick hat auch zu doll gemacht!“ / Karolina: „Das war
traumhaft schön!“ / Johanna: „Annika hat das auch gut gemacht. Das war richtig schön!“ /
Tabea: „Als wir den Ofen gemacht haben, da wurde mir ganz warm!“
Es gab zwischen einigen Jungen Gespräche wie z.B. „Mit dir mache ich nicht noch einmal!“
und „Yannick, machen wir das nächste Mal zusammen?“ Hier wird deutlich, wie wichtig
eine freie Partnerwahl ist. Einige Kinder können bei dieser Thematik einfach nicht gut
zusammenarbeiten. Ich denke, dass diese Form der Massage, also das „Pizzabacken“ trotz der
unterschiedlichen Reaktionen durchaus durchgeführt werden sollte. Die Kreativität (vor allem
der massierenden Kinder) wird angeregt und der verantwortungsvolle Umgang mit der
Partnerin / dem Partner steht (durch intensivere Handgriffe) mehr noch als bei der
„Wettergeschichte“ im Vordergrund. Den Jungen, die von ihrem Partner im Anschluss an die
Massage gesagt bekamen: „Mit dir mache ich nicht mehr zusammen!“ wird ein Anlass
gegeben, über ihr unangemessenes Verhalten nachzudenken und dieses beim nächsten Mal zu
ändern, was sich in der folgenden Stunde zeigen wird.
4.3. Dritte Stunde: „Massage mittels eines Mediums“
4.3.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
In dieser Stunde ging es um die Verwendung eines Mediums bei der Durchführung der
Massage. Ich wählte hierfür den für Massagen in besonderem Maße geeigneten Noppenball,
auch „Igelball“ genannt. Auf das Erzählen einer den Massagevorgang unterstützenden
Geschichte wie in den beiden vorherigen Stunden wurde hierbei verzichtet. Zudem wurde, da
die Massage nun mehr in „die Tiefe“ ging, mit den Kindern besprochen, was eine Massage
bewirkt und wie sie korrekt durchgeführt wird. Die Stunde war so von mir konzipiert worden,
dass die Kinder schon von Beginn der Stunde an mit dem Igelball spielerisch umgehen und
diesen somit kennenlernen. Ich verteilte die Igelbälle, schon ehe die Kinder die Turnhalle
betraten, im ganzen Raum (13 Bälle bei 26 Kindern). Als die Kinder nach und nach in die
Turnhalle kamen, äußerten sie sich erfreut über die ihnen schon bekannten Bälle: T.:
„Machen wir heute Massage?“ / J. und M.: „Das sind Igelbälle!“ / D.: „Die pieksen ganz
schön!“.
Im anschließenden Sitzkreis bemerkte Tabea: „Ihr müsst alle mich mit Igelbällen massieren!
Ich mag das gerne!“ Ich fragte die Kinder, ob sie die Igelbälle schon kennen würden, was sie
bejahten. Sie kannten diese vom Kindergarten, „von zu Hause“ oder „von Opa“.
Da die Kinder schon selbst auf die Thematik „Massage“ gekommen waren, schob ich hier
eine kognitive Phase ein. Ich fragte die Kinder, was eine Massage mit Igelbällen denn
bewirken würde. N.: „Dass einem das gut tut.“ / T.: „Dass sich das schön anfühlt.“
Ich drückte dann einen Igelball auf meinen Arm, nahm diesen weg, woraufhin weiße Punkte
zu sehen waren, die dann jedoch wieder verschwanden. Daraufhin bemerkte K.: „Da wird der
Kreislauf gesund!“ Und K.: „Das durchblutet!“
Ich erklärte den Kindern, dass wir am Ende der Stunde eine Massage durchführen würden,
uns aber erst ein bisschen bewegen wollten. Die Kinder sollten zunächst nach (den
Laufrhythmus unterstützender) Musik (Musik 2, s. Medienangabe, S. 56) um die in der Halle
verteilten Bälle herumlaufen, dann diese überspringen, was sie motiviert umsetzten.
Daraufhin sollten sich jeweils zwei Kinder (die sich auch später massieren wollten)
zusammenfinden. Durch die gerade Anzahl an Kindern musste keine Dreiergruppe gebildet
werden. (Ein Junge und ein Mädchen „blieben übrig“, fanden aber ohne Widerstand
zusammen.) Die Kinder sollten nun, an einer Hand gefasst, zur Musik durch die Halle laufen
und bei Musikstopp einen am Boden liegenden „Diamanten“ (Igelball) auswählen und
25
„beschützen“ (umfassen), ohne ihn von der Stelle zu nehmen. Hierdurch wollte ich eine
gewisse Wertschätzung bei den Kindern erzeugen und die Besonderheit des Igelballes
verdeutlichen. Das Spiel bereitete den Kindern viel Freude, da sie hierbei besonders schnell
reagieren mussten, um einen noch nicht besetzten „Diamanten“ zu finden.
Im Anschluss sollten die Kinder an dem Ort ihres zuletzt „beschützten“ Igelballes
sitzenbleiben und sich den Ball aus beliebiger Entfernung gegenseitig zurollen. Das Zurollen
des Balles, das die Kinder motiviert vornahmen (neues Material), diente einem weiteren
Vertrautwerden mit dem Ball und gleichzeitig einer Absenkung des Aktivitätsniveaus, was
ein Gelingen der anschließenden Entspannungsphase unterstützen sollte (vgl. Kap. 2.1.3.3.).
Die Kinder kamen zum Sitzkreis zusammen und brachten ihren Igelball mit. Nun forderte ich
die Kinder auf, die Matten entsprechend den beiden vorherigen „Massagestunden“
hinzulegen. Auf eine Erklärung anhand der zuvor genutzten „Mattenmodelle“ verzichtete ich
hierbei, da den Kindern der Aufbau noch gut „vor Augen“ sein müsste. Dieser klappte dann
noch besser und schneller als in der zweiten Stunde der Einheit.
Im Sitzkreis erklärte ich den Kindern anhand einer Demonstration an einem mir nahe
sitzenden Kind, dass sie bei dieser Massage (bei der die Handgriffe intensiver sind als bei den
Massagegeschichten zuvor) die Wirbelsäule und die Nierengegend aussparen müssen. Vor
der eigentlichen Massage sollten die Kinder dann das spielerisch orientierte Taktilspiel
„Knopf-gefunden“ durchführen. Das liegende Kind denkt sich hierbei eine beliebige Stelle an
der Rückseite des Körpers. Wenn die Partnerin / der Partner durch „Abrollen“ des Körpers
nun diese Stelle „findet“ (berührt), gibt das liegende Kind ein „Piep“ von sich und denkt sich
eine neue Stelle aus. Dann erfolgt ein Partnerwechsel. Als ich dieses Spiel angekündigt hatte,
sagte Y.: „Ich möchte nicht!“ Ich sagte ihm, dass er nicht teilnehmen müsse, fragte ihn
jedoch, ohne ihn unter Druck zu setzen, ob A. es vielleicht doch einmal ganz vorsichtig
versuchen sollte. Y. willigte ein: „Ja, gaaanz vorsichtig!“ Y. und A. führten daraufhin das
Spiel durch, obwohl A. eine Massage des Gesäßes und der Beine ablehnte: „Nein, Y.! Nur bis
zum Po!“ Ich wies Y. darauf hin, A. Wunsch zu entsprechen, was dieser daraufhin auch tat.
Im Anschluss an dieses Spiel folgte die eigentliche Massage, bei der den Kindern außer der
besprochenen Regeln (s.o.) keine Vorgaben gemacht wurden. Nach dem Anstellen der Musik
wurde es wieder sehr leise (es herrschte eine ruhigere Atmosphäre als in der zweiten Stunde
beim „Pizzabacken“), abgesehen von vereinzeltem Kichern, da bei einigen Kindern das
Massieren kitzelte. Die Kinder gingen sehr behutsam mit ihrer Partnerin / ihrem Partner um,
obwohl keine „Ablenkung“ durch eine Geschichte vorhanden war, weshalb man mit dem
Aufkommen von Langeweile verbunden mit eventuellen akustischen Störungen hätte rechnen
können. Die Kinder genossen die Massage sichtlich, einige nahmen sogar ihren Daumen in
den Mund und begannen an diesem zu nuckeln. Die Äußerungen im Anschluss an die
Massage drücken das bei den Kindern entstandene Wohlgefühl deutlich aus, z.B.: D. und M.:
„Das war schön!“ / L.: „An den Füßen hat das gekitzelt!“ / N.: „Ich fand das schön
entspannend!“
Die von mir gesetzten Ziele wurden in dieser Unterrichtsstunde zu meiner Zufriedenheit
erreicht. Die Kinder nahmen auch diese Möglichkeit der Massage begeistert an und es wird
interessant sein, welche der drei bis jetzt durchgeführten Möglichkeiten („Wettergeschichte“,
„Pizzabacken“ und „Igelball“) die Kinder in der nächsten Stunde für sich wählen werden.
4.4. Vierte Stunde: „Ort und Art der Massage frei gewählt“
4.4.1. Methodische Vorüberlegungen / Ziele
Diese vierte Stunde der Einheit besteht (wie auch die vorherigen) aus einer Bewegungssowie einer Entspannungsphase (vgl. Kap. 3.4.). Als neuer Aspekt kommt in dieser Stunde
26
das Bewusstmachen und ein Verbalisieren der Notwendigkeit von Entspannungsphasen für
den Menschen hinzu. Zudem dürfen die Kinder nun (neben der freien Partnerwahl) auch Ort
und Art der Massage frei wählen.
Die Stunde beginnt mit einem Sitzkreis (Ritual; Vorteile dieser Sozialform s. S. 27). Ich
werde die Kinder nun auffordern, die Augen zu schließen und ihren Herzschlag, ihren Atem
und die subjektiv gefühlte Körpertemperatur zu beobachten, um einen späteren Vergleich zu
ermöglichen. Dann kündige ich das den Kindern bekannte Spiel „Doktorfangen“ (vgl. Zweite
Stunde, S. 33) an und lasse sie kurz die Regeln wiederholen, da das Spiel erst einmal zuvor
gespielt wurde und einige Kinder eventuell die Regeln vergessen haben könnten. Das
Spielfeld werde ich durch fünf Hütchen abgrenzen (die ganze Halle wäre für dieses Spiel zu
groß), die im weiteren Stundenverlauf erneut zum Einsatz kommen werden. Die
intervallähnliche Belastung dieses Spiels (stetiger Wechsel von „Stehen“ und „Laufen“)
trainiert die Ausdauer und führt bei den Kindern zur Erhöhung der Herzfrequenz, der
Atemfrequenz und der Körpertemperatur.
Im Anschluss an dieses Spiel kommen die Kinder auf mein Klatsch-Signal (Ritual) hin zum
Sitzkreis zusammen. An dieser Stelle sollen die Kinder erneut Atmung, Herzfrequenz und
Körpertemperatur beobachten und mit dem „vorherigen Zustand“ (zu Beginn der Stunde)
vergleichen, wodurch sie eigene Erfahrungen mit ihrem Körper und seinen Funktionen
sammeln können. Ich werde die Kinder fragen, wodurch diese Veränderungen erzeugt
wurden. Diese Frage müssten sie beantworten können, da wir in einzelnen vorherigen
Sportstunden „Joggen“ in immer längeren Zeitintervallen durchgeführt haben, wobei diese
Thematik schon angesprochen wurde („Joggen macht fit!“). Es wird wiederholt besprochen,
dass Anstrengung zum Leben gehört, aber dass der Mensch auch Ruhe-Phasen benötigt, wie
z.B. die „Massagen“, die wir schon in den vergangenen Stunden durchführten. Ich erläutere
den Kindern, dass wir, bevor sie sich wiederum mit einer Partnerin / einem Partner massieren
sollen, noch einmal „anstrengen“ wollen (ansonsten wäre der Bewegungsanteil der Stunde zu
gering), damit sie die Massage besonders nötig haben.
Sie sollen sich in fünf gleich großen Gruppen (somit ca. 5 Kinder pro Gruppe, was mir für die
Dauer des folgenden Spiels als angemessen erscheint) hinter den fünf von mir (zur
Abgrenzung des vorherigen Spiels) bereits aufgestellten Hütchen in einer Reihe hinsetzen, da
sie mich dann besser sehen und sich vermutlich besser konzentrieren können. Die Hütchen
dienen hierbei als Orientierung für die einzelnen Gruppen. Ich erläutere den Kindern das nun
folgende „Zug-Spiel“ in dieser Organisationsform, da ihnen hierdurch das Verstehen leichter
fallen wird. Jeweils das vordere Kind einer Gruppe demonstriert als „Lok“ Fortbewegungsart
und Armbewegung. Die dahinter laufenden Kinder („Waggons“) folgen imitierend. Die
Kleingruppen bewegen sich frei durch die gesamte Turnhalle. Ich (als „Schaffner“) gebe
durch ein Pfeifen auf einer Trillerpfeife das Signal für das Stoppen des Zuges (Weitergehen
auf der Stelle). Hierbei begibt sich die „Lok“ ans Ende der Kleingruppe, und nun wird der „1.
Waggon“ zur „Lok“ und führt auf ein erneutes Pfeifsignal meinerseits die Gruppe an. Durch
die „Gehpausen“ möchte ich eine intervallähnliche Belastung erzeugen und somit gleichzeitig
eine Überlastung der Kinder verhindern. Der Spielcharakter lässt die Kinder hierbei die
Anstrengung (weitgehend) vergessen. Ich habe mich bei diesem Spiel für den Einsatz von
Musik entschieden, da diese die Kinder der Klasse 1 c meiner Erfahrung nach zusätzlich
motiviert. Sie passt zudem thematisch zu dem Spiel und unterstützt den Laufrhythmus
(Musik 3, s. Musikangabe, S. 56).
Nachdem die „Züge“ erneut in die Bahnhöfe (Hütchen) eingefahren sind, sollen die Kinder
sich wie zuvor hinsetzen. Nun demonstriere ich an einem Kind das folgende „Taktilspiel“.
Das hintere Kind jedes Zuges soll hierbei dem vor ihm sitzenden Kind eine Zahl auf den
27
Rücken „schreiben“. Dieses gibt die erfühlte Zahl nach vorne (taktil) weiter, dann setzt sich
das vordere Kind nach hinten usw. Dieses Spiel stimmt, da es ebenso wie bei der
anschließenden Massage um Körperberührung geht, auf die anschließende Massage ein.
Hauptsächlich setze ich dieses Spiel jedoch aus einem anderen Grund ein. Es ist günstiger für
ein Gelingen der Entspannungsphase, nicht direkt von einem „hohen Aktivitätsgrad“ auf
einen „niedrigen“ umzuschalten. Ein krasser Übergang wird durch dieses Spiel umgangen.
Nach Beendigung des Spiels werden die Kinder von mir aufgefordert, sich eine Partnerin /
einen Partner für die Massage zu suchen und sich mit dieser / diesem in den Sitzkreis zu
begeben (bei ungerader Anzahl Bildung einer Dreiergruppe). Die freie Wahl der Partnerin /
des Partners ist bei einer Massage, bei der es um (intensive) Körperberührung geht, sehr
wichtig. Der für die Kinder stets sehr „aufregende“ Prozess der Partnerfindung steht vor der
Erläuterung der Entspannungsphase, da den Kindern nun das Zuhören leichter fallen wird. Im
Sitzkreis können die Kinder und ich uns gut sehen und verstehen. Ich lasse die Kinder nun
die drei bisher von uns durchgeführten „Massagearten“ nennen: „Wettermassage“ (Imitieren
von Wettererscheinungen auf dem Rücken der Partnerin / des Partners), „Pizzabacken“ (auf
dem Rücken), „Igelballmassage“ (freies Massieren des Rückens mithilfe eines
Noppenballes), um diese erneut in das Bewusstsein der Kinder zu rücken und somit die
folgende Entscheidung der Kinder zu ermöglichen. Die Kinder sollen überlegen, welche
Massage ihnen am besten gefallen hat. Diese sollen sie dann von ihrer Partnerin / ihrem
Partner bei sich durchführen lassen. Hierfür nehmen sich alle Paare eine Matte und suchen
sich einen beliebigen Platz in der Turnhalle. Ich habe mir hierfür von einer anderen Klasse
„Isomatten“ (sehr leicht!) ausgeliehen, da ein Tragen der in der Turnhalle vorhandenen
Matten durch die ganze Halle für jeweils zwei Kinder unmöglich wäre. Die Dauer eines
„Massagedurchgangs“ ist durch die Länge unserer auch schon in den vorherigen Stunden
verwendeten Musik vorgegeben (immer „neue“ Musik würde die Kinder eventuell zu stark
vom eigentlichen Geschehen ablenken), die sich durch ihren ruhigen Charakter für eine
Entspannungsphase eignet und die den Kindern bisher sehr gut gefallen hat (Musik 2, s.
Musikangabe, S. 56). Den Ort und die Art der Massage sind von den Kindern frei wählbar.
Hierdurch möchte ich die Eigen- und Selbstständigkeit der Kinder fördern.
Nach Beendigung des zweiten Massagedurchgangs spiele ich erneut „unsere“
Entspannungsmusik ab. Währenddessen zeige ich jeweils auf zwei Kinder, die dann ihre
Matte (und eventuell ihren Igelball) auf den Stapel zurücklegen und in die Umkleide gehen
sollen. Hierdurch möchte ich ein unruhiges „Hinausgetobe“ der Kinder in die Umkleiden
verhindern. Die Ruhephase geht so langsam (!) wieder in eine lautere, aktivere Phase über.
Ziele:
• Die Kinder sollen ihre Ausdauer trainieren, indem sie bei den beiden Spielformen
intervallähnlichen Belastungen ausgesetzt sind.
• Die Kinder sollen ihren Körper bewusst wahrnehmen, indem vor und nach einer
Ausdauerbelastung Körperfunktionen (Atmung, Herzschlag) beobachtet und besprochen
werden.
• Die Kinder sollen die wohltuenden Auswirkungen von Massagen (vor allem in Anschluss
an körperliche Belastungen) erfahren, indem sie sich nach vorherigen Phasen hoher
körperlicher Aktivität auf Massagen einlassen.
• Die Eigenständigkeit der Kinder und ihr Verantwortungsgefühl für ihren eigenen Körper
sollen gefördert werden, indem die Kinder Ort und Art und Weise der Massage frei
wählen können.
28
Die Kinder sollen den verantwortungsvollen Umgang mit anderen Menschen üben, indem
sie bei der Massage eines anderen Kindes diesem nicht wehtun (Kräftedosierung!),
sondern angemessen und rücksichtsvoll mit ihm umgehen.
• Die Kinder sollen eventuell vorhandene Berührungsängste zunehmend abbauen und das
Vermögen des Aufbaus von Vertrauen verbessern, indem sie sich von einem anderen Kind
berühren / massieren lassen.
• Die Kinder sollen ihre sozialen Kompetenzen weiterentwickeln, indem sie beim Fangspiel
andere Kinder „befreien“ und während der Entspannungsphase die Ruhesituation und
somit das „Entspannungsbemühen“ der gesamten Großgruppe nicht durch
unangemessenes Verhalten (vor allem akustischer Art) stören.
4.4.2. Geplanter Stundenverlauf
•
Zeit
(Uhr)
10.55 11.00
11.00 11.05
11.05 11.12
11.12 11.20
11.20 11.25
11.25 11.40
UnterrichtsPhase
Unterrichtsgeschehen
Abholen der Kinder aus dem Klassenraum /
Umziehen
Begrüßung /
Einstieg
Kinder sollen Augen schließen und
(Beobachtung
Herzschlag, Atem und subjektive
des eigenen
Körpertemperatur beobachten
Körpers)
Bewegungsphase Fangspiel „Doktorfangen“ (mit Befreien
durch Körperberührung) (vgl. S. 32)
Spielform 1
Kinder beobachten erneut Herzschlag,
(Beobachtung
Atmung und Körpertemperatur / dann
des eigenen
Gespräch über Bedeutung von Aktivität und
Körpers)
Entspannung für den Menschen
Spielform 2
Einteilung der Gruppen, Erläuterung und
Durchführung des „Zugspiels“ (das
vorderste Kind demonstriert
Fortbewegungsart und Armbewegung / dann
auf Signal Wechsel (vgl. Methodik, S. 37)
Absenkung des
Taktilspiel „Zahlenschreiben“ (wie „Stille
Aktivitätsniveaus Post“ auf dem Rücken, vgl. Methodik, S.
38)
Entspannungspha Kinder suchen sich Partnerin / Partner /
se (Massage)
Zu zweit Matte nehmen, Platz im Raum
suchen / „Wetter-“, „Pizza-“ oder
„Igelballmassage“ durchführen / auf Signal
hin abbauen
Arbeits- und
Sozialform
Medien
Sitzkreis
freies Bewegen in 5 Hütchen
Fänger:
markiertem
Bänder
Spielfeld /
Sitzkreis
Kinder teilen
sich in 5 Gruppen
auf /
„Züge“ bewegen
sich frei im Raum
Kinder sitzen
in 5 Gruppen
hinter Hütchen
Erläuterung im
Sitzkreis / dann in
Paaren frei in
gesamtem
Raum verteilt
5 Hütchen
Kassettenre
korder,
Musik 3,
TrillerPfeife
Hütchen
Isomatten,
Igelbälle,
KassettenRekorder,
Musik 2
4.4.3. Unterrichtsverlauf und -auswertung
Schon auf dem Weg zur Turnhalle fiel mir eine große Unruhe bei den Kindern auf
(mitverursacht durch vorausgehende „Domweihwoche“?). Trotzdem erfolgte der
Stundeneinstieg in erstaunlicher Ruhe. Die Kinder schlossen bereitwillig die Augen und
ließen sich auf die von mir angeleitete Situation ein, ihre Körperfunktionen (vgl. S. 37) zu
beobachten. Einige Kinder fühlten ihr Herz und strichen sich über ihre Haut.
Bei der Ankündigung des folgenden Spiels äußerten sie sich sichtlich erfreut und führten das
Spiel sehr motiviert und bewegungsintensiv durch. Der von mir angesagte Fängerwechsel
erfolgte ohne Probleme, und die Kinder „befreiten“ bereitwillig ihre Klassenkameradinnen
und -kameraden.
Beim anschließenden erneuten Beobachten der Körperfunktionen im Sitzkreis trat wiederum
überraschend deutlich Stille ein. Die Kinder konnten sich somit laut gegenseitig atmen hören.
29
Ich fragte die Kinder, welche Unterschiede sie zu der vorherigen Situation feststellen
könnten. Sie stellten eine Erhöhung des Herzschlags, der Atemfrequenz und der
Körpertemperatur (Dennis: „200°C im Schatten!“) fest. Auf die Frage, weshalb dieses denn
mit ihrem Körper passiert sei, antwortete D.: „Weil wir so viel gelaufen sind!“ und Jan:
„Weil wir uns angestrengt haben!“. Ich fragte dann, ob es denn ungesund sei, sich so sehr
anzustrengen, worauf die Kinder laut mit einem „Nein“ antworteten. K. sagte dann: „Das
macht den Körper gut.“ (Dieses war den Kindern bekannt, da wir bei unserem gelegentlich
durchgeführten „Joggen“ über immer länger werdende Zeiträume darüber gesprochen hatten,
dass dieses „Anstrengen“ „fit“ macht.) Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Kinder (für einen
Freitag in der 4. Stunde) noch recht konzentriert und aufmerksam.
Die Gruppeneinteilung der „Züge“ hinter den fünf Hütchen verlief ohne größere Probleme
und ohne größeren Zeitaufwand. Der nun folgenden Erklärung des neuen Spiels konnten - im
besonderen eine komplette (aus fünf Jungen) bestehende 5er-Gruppe - nicht konzentriert
folgen. Diese Gruppe wählte ich dann bewusst aus, das Spiel kurz zu demonstrieren, da ich
mir davon versprach, diese zum engagierten Mitmachen zu motivieren. Durch
Missverständnisse in der Erklärung wurden die Spielregeln vor allem dieser Jungengruppe
nicht deutlich. Bis das Spiel nun begonnen werden konnte, vergingen hierdurch etliche
Minuten. Obwohl drei Gruppen das Spiel durchaus zu meiner Zufriedenheit durchführten,
konnte bei den übrigen zwei Gruppen keine Einhaltung der Spielregeln beobachtet werden.
Das anschließende Taktilspiel „Zahlenmalen“ verlief wiederum zu meiner Zufriedenheit. Es
trat erneut eine durchaus stille Situation ein. Lediglich die zuvor erwähnte Jungengruppe
hatte die Spielregeln durch Unaufmerksamkeit nicht verstanden, und so dauerte es lange, bis
diese Gruppe überhaupt mit dem Spiel beginnen konnte, was durch Streitereien und
Unstimmigkeiten innerhalb dieser Gruppe begleitet wurde. Ich brach dieses Spiel, obwohl
nicht alle Kinder an der Reihe gewesen waren, aus Zeitgründen vorzeitig ab (was die Kinder
ohne Beschwerden annahmen) und versprach gleichzeitig, dass wir das Spiel noch einmal in
einer der nächsten Sportstunden wiederholen würden, damit alle Kinder einmal an die Reihe
kämen.
Im Anschluss fanden sich die Kinder meiner Aufforderung nach zu Paaren zusammen.
(Interessant war hierbei, das sich ein Mädchen (T.) und ein Junge (D.) sofort
zusammenfanden, die sonst keine engere Beziehung zueinander haben. Bei der letzten Stunde
fanden sich hingegen das „übriggebliebene“ Mädchen und der „übriggebliebene“ Junge
zusammen (vgl. S. 36).) Im zu bildenden Sitzkreis nannten die Kinder korrekt die drei von
uns in den vorherigen Stunden durchgeführten „Massageformen“ und wiederholten kurz die
von uns aufgestellten „Massageregeln“ („Leise sein!“ / „Vorsichtig sein!“ / „Nicht die
Wirbelsäule und die Nierengegend massieren!“).
Die Kinder nahmen sich daraufhin pro Paar eine Isomatte und suchten sich einen Platz. Alle
Kinder waren recht gleichmäßig über die gesamte Turnhalle verteilt. Bis auf zwei Paare
wählten alle die Verwendung eines Igelballs für die Massage.
Die anschließende „Massagephase“ nahmen die Kinder sehr unterschiedlich an. Die meisten
(immerhin 20) ließen sich auf die Entspannungssituation ein, gingen angemessen mit ihrer
Partnerin / ihrem Partner um und konnten meinem Empfinden nach auch „Ruhe“ finden.
Sechs Jungen (vorrangig Teilnehmer der vorherigen 5er-Gruppe) konnten sich jedoch nicht
auf die Stille-Situation einlassen. Sie gingen unangemessen (auch unvorsichtig) mit ihrem
Partner um, rollten (zum Teil) Igelbälle zum benachbarten Paar und störten auch in
akustischer Hinsicht, so dass einige ihnen nahe platzierte Kinder einer störenden
Geräuschkulisse ausgesetzt waren. Da ich diese nicht laut durch die Halle rufend ermahnen
konnte (wäre ebenfalls eine Störung), ging ich zu den betreffenden Kindern, um sie auf ihr
30
unangemessenes Verhalten hinzuweisen und aufzufordern, dieses zu ändern. Da sich jedoch
zwei Paare auf der einen Seite und das andere Paar eher auf der anderen Seite der Turnhalle
befand, konnte ich nicht ausreichend auf die störenden Kinder einwirken.
Ich beendete die Stunde wie geplant: Die Kinder bauten zeitlich versetzt die Matten ab und
gingen in die Umkleide.
Insgesamt gesehen waren die Kinder, hier sind in besonderem Maße die erwähnten Jungen zu
nennen, wesentlich unruhiger und unkonzentrierter als sonst. Zwei Jungen (Lukas und Jan),
die im sonstigen Sportunterricht als sehr motivierte, faire und engagierte Kinder auftreten,
waren fast „wie ausgewechselt“ (!), was (zumindest bei Jan, aus vorheriger Erfahrung) auf
das Vorhandensein eines „Publikums“ zurückzuführen ist. Arthur, Dennis H. und Marcel fiel
es noch schwerer als sonst, Arbeitsanweisungen konzentriert zu folgen.
Es gibt einige Entscheidungen meinerseits, die sich in dieser Situation negativ auf den
Stundenverlauf auswirkten. So war die Einführung eines neuen Spiels („Zugspiel“) in dieser
Stunde (zumal es die 4. Stunde freitags war) eher ungünstig. Die Kinder (vor allem die
Jungen) wollten sich einfach nur bewegen. Für sie dauerte die Erklärung des Spiels zu lang,
weshalb sie dieser nicht folgen konnten. Es wäre besser gewesen, ein den Kindern schon
bekanntes Spiel zu spielen, dem keine längere Phase des Zuhörens hätte vorgeschaltet werden
müssen. Die Kinder hätten sich intensiv bewegt, wären dann erschöpfter gewesen und hätten
sich eventuell auf die Entspannungssituation eher eingelassen. Zudem hätte dieses Vorgehen
viel Zeit eingespart, die für eine Reflexion (s. unten) hätte genutzt werden können.
Das Taktilspiel würde ich erneut in dieser Stunde einplanen, da (meiner Erfahrung nach) den
Kindern bei eher langsamer Absenkung des Aktivitätsniveaus das anschließende Entspannen
leichter fällt (nicht schwitzend und außer Atem gleich auf die Matte! / vgl. Kap. 2.1.3.3. ).
Auch die freie Partnerwahl halte ich für sehr wichtig. Zwar hätte durch die „Trennung“ der
störenden Kinder vielleicht mehr Ruhe erzielt werden können, jedoch halte ich die freie
Partnerwahl gerade bei Massagen für unverzichtbar (vgl. S. 22).
Mit der in dieser Stunde durchgeführten freieren Form der Massage (mit selbstgewähltem
Ort) konnten nicht alle Kinder angemessen umgehen. Ich würde mich jedoch wieder für einen
„Versuch“ entscheiden, denn ich denke, dass viele Kinder (vor allem die Mädchen) diese
ungebundenere Form (mit Rückzugsmöglichkeit) der gebundeneren (die wiederum den oben
erwähnten Jungen besser gelang) vorziehen. Ich hätte jedoch mehr Zeit am Ende der Stunde
einplanen müssen, um die Stunde nicht so auslaufen zu lassen, sondern um eine Reflexion
durchführen zu können. Ich hatte zwar bewusst keine Reflexionsphase eingeplant, da ich
dachte, dass durch die stets am Ende der vorherigen drei Massagestunden stattgefundenen
Reflexionen die Kinder in der Lage wären, sich gleich bei Bedarf selbst mit dem Partner
abzusprechen (z.B. „Du machst zu doll!“ / „Massiere mich mal an dieser Stelle.“) Vor allem
für die störenden Kinder wäre diese Phase jedoch sinnvoll gewesen. Sie hätten so in einer
kurzen Gesprächsphase im Sitzkreis von mir (und vor allem von den anderen Kindern) auf
ihr unangemessenes, störendes Verhalten aufmerksam gemacht werden können. Im
Anschluss hätte dann (nach kurzer erneuter Belastung durch ein Fangspiel etc.) eventuell ein
weiterer „Massagedurchgang“ stattfinden können, bei dem ich die zuvor störenden Kinder
direkt um mich (unter Kontrolle) gehabt hätte. Dem unangemessenen Verhalten wäre damit
direkt eine Konsequenz gefolgt, was sich eventuell positiv auf das Verhalten dieser Kinder
ausgewirkt hätte und dem angemessenen Verhalten der anderen Kinder gerecht geworden
wäre.
Nach dieser Stunde gibt es meiner Meinung nach zwei Möglichkeiten für den Fortgang der
Unterrichtseinheit. Entweder führe ich mit den Kindern eine stark lehrerzentrierte Massage
(wie in der ersten Stunde) durch, die allen Kindern gut gelang, oder ich verfolge wie geplant
31
die weitere „Öffnung“ des Massageangebots, wobei ich ein besonderes Auge auf die
angesprochenen Jungen haben werde. Ich habe mich für die letztere der beiden Möglichkeiten
entschieden, da ich nicht wegen weniger Kinder (ca. 6), die sich nur schwer auf die „offene“
Situation einlassen können, den anderen Kindern diese Erfahrung vorenthalten möchte. Die
Struktur der nächsten Stunde gibt mir jedoch die Möglichkeit, intensiv auf die in dieser
Unterrichtsstunde störenden Kinder einzugehen und sie in ihrem Entspannungsbemühen zu
unterstützen. Zudem bleibt zu hoffen, dass sich z.B. Lukas und Jan durch das Fehlen eines
„Publikums“ wie gewohnt verhalten werden.
4.5. Fünfte Stunde: „Zeitpunkt, Dauer und Art der Massage frei gewählt“
4.5.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
Bei dieser fünften Unterrichtsstunde der Einheit stand nicht die Entspannung in einer ruhigen
Atmosphäre, sondern das Loslassen von Spannungen durch taktile Reize der Haut und somit
die Körperwahrnehmung im Vordergrund. Die in der Einheit fortschreitende „Öffnung“ des
Unterrichts ermöglichte den Kindern nun, zu entscheiden, ob sie überhaupt und wenn wann
und wie lange sie massiert werden möchten. Es wurde ihnen somit lediglich ein Angebot
gemacht, was sie jedoch nicht anzunehmen brauchten. Dieses sollte die Selbstständigkeit der
Kinder fördern.
Die gesamte Stunde stand unter dem von mir zu Beginn der Stunde im Sitzkreis verkündeten
Motto „Autofahren“. Das erste Spiel war ein einfaches Fangspiel, bei dem getickte Kinder
(Autos) dadurch befreit werden konnten, dass ein anderes Kind die Reifen aufpumpte
(Turnschuhe) und das Auto neu betankte (Hand geben). Diese Variante machte den Kindern
großen Spaß. Im Anschluss nahmen je drei Kinder ein Rollbrett (Auto) und einen Stab und
zogen sich gegenseitig frei durch die Turnhalle. (Die Kinder waren zur Arbeit mit den
Rollbrettern hoch motiviert, da ich parallel zur „Massage“-Einheit Übungen mit den
Rollbrettern mit anschließendem Erwerb des „Rollbrettführerscheins“ durchgeführt habe, die
einige Kinder stolz mit in die Turnhalle gebracht hatten.)
Im Anschluss erklärte ich die Durchführung der folgenden „Massage – Phase“. Jeweils vier
Kinder sollten sich zunächst zu einer Gruppe zusammenfinden (24 Kinder = 6 Gruppen), was
ohne Probleme vonstatten ging. Drei Gruppen setzten sich sowohl aus Mädchen als auch aus
Jungen zusammen. Die übrigen Gruppen waren gleichgeschlechtlich besetzt. Zwei Gruppen
(Gruppe 1 und 2) begannen als Autos (nur 8 Rollbretter vorhanden), die übrigen vier
Gruppen hatten die Aufgabe (nach vorheriger kurzer Demonstration) jeweils eine
„Waschanlage“ zu bauen. Zur Verfügung standen hierfür: Pro Gruppe vier Isomatten, eine
aufgerollte Matte, eine Spülbürste, zwei weiche Wischlappen und zwei Igelbälle (vgl. Fotos
im Anhang). Wenn ein Auto einfuhr, wurde dem betreffenden Kind die „Mattenrolle“ unter
Kopf und Arme geschoben (damit es bequem lag), dann begann das Waschen (die Massage)
des Autos. Nach ca. 6 Minuten erfolgte ein Wechsel, nun waren Gruppe 3 und 4 Autos, nach
weiteren 6 Minuten Gruppe 5 und 6 als Autos an der Reihe. Jedes Kind war somit in einem
Durchgang das Auto, in den übrigen zwei Durchgängen Mitglied einer Waschanlage.
Da ich den Kindern freigestellt hatte, ob sie und wann sie „gewaschen“ werden wollten, hatte
ich damit gerechnet, dass vor allem die Jungen, die schnelles Fahren und Experimentieren
mit dem Rollbrett lieben, doch recht viele und weite Wege mit dem Rollbrett zurücklegen
würden. Erstaunlicherweise konnte ich lediglich Marcel (vgl. S. 16) dabei beobachten, wie er
zwischenzeitlich eine große Runde durch die Halle fuhr. Alle übrigen Kinder fuhren stets von
einer Waschanlage in die nächste, so dass es gelegentlich zu einem Stau kam. Da jedoch vier
Waschanlagen für 8 Kinder zur Verfügung standen, war die Wartezeit nur kurz. So besuchten
die Kinder in den 6 Minuten bis zu 6 Waschanlagen. Selbst Marcel konnte ich beim Besuch
32
von mindestens drei Waschanlagen beobachten. Die Kinder blieben jedoch nicht immer bei
derselben Anlage, sondern probierten alle Waschanlagen aus, so dass die „Betreiber“ stets
beschäftigt waren. Ich hatte den Kindern zuvor empfohlen, sich bei „Kundenmangel“
innerhalb der eigenen Gruppe zu massieren. Dieser Fall trat nur ganz selten ein, und die
betreffende Gruppe befolgte dann tatsächlich meinen Vorschlag. Die Kinder hielten sich an
die zuvor besprochenen Regeln (z.B. „Bürsten auf der nackten Haut (z.B. Beine) und auf dem
Kopf verboten!“) und dachten sich viele eigene Geschichten aus (L.: „Wenn man von einer
anderen Waschanlage nass gekommen ist, kann man von der Seite reinfahren, da wird man
trocken gemacht!“).
In der Reflexion am Ende der Stunde über diese „Massageform“ drückte sich die von mir
zuvor beobachtete Begeisterung der Kinder deutlich aus. Auf die Frage, wie es denn geklappt
und ob es ihnen gefallen habe, antwortete A. (der durch gelegentliches unangemessenes
Verhalten (vgl. S. 16 / vgl. „Vierte Stunde der Einheit“, S. 43)) auffällt und nur selten
Wortbeiträge liefert) sofort, ohne sich zu melden: „Ich fand das sehr schön!“ Weitere
Äußerungen der Kinder in chronologischer Reihenfolge:
J.: „Wir hatten bei unserer Waschanlage Stau!“ / M.: „Bei uns auch!“ / J.: „Können wir noch
mal machen? Machen wir das gleich noch mal?“ / Y.: „Ich war immer an der gleichen
Tankstelle!“ (Er meint natürlich Waschanlage) „3 x bei A., 2 x bei J., 1 x bei J.!“ / J.: „Bei
uns war auch immer Stau!“ / M.: „Die Gruppe von M. fand ich doof, der hat immer so doll
gemacht!“ Diesen Wortbeitrag thematisierte ich an dieser Stelle kurz. Die Kinder sollten
überlegen, welchen Tipp sie M. geben könnten, wenn wir dieses „Spiel“ in einer der
folgenden Stunden wiederholen würden. Sie sagten ihm daraufhin, dass er vorsichtiger, nicht
so „doll“ machen solle. Dieses Ansprechen von M. Verhalten halte ich für sehr wichtig, da
Marcel es von den anderen Kindern (!) und nicht nur von mir gesagt bekam, was eine
künftige Verhaltensänderung bei Marcel bewirken könnte. Ungeduldig daraufhin M.: „Noch
mal jetzt?“ / Ich: „Warum wollt ihr denn jetzt noch einmal?“ / J., M.: „Weil das so viel Spaß
gemacht hat!“ / M.: „Das war so gemütlich! Da wurde man so richtig durchgewaschen!“ / Y.:
„Immer wenn einer von der Tankstelle weggefahren ist, bin ich reingefahren!“ (Ich versprach
den Kindern nun eine erneute Durchführung in einer der nächsten Stunden.)
Es wurde deutlich, dass auch die Jungen dieses Massageangebot besonders gern annahmen.
Selbst die Kinder, die in der vorherigen Stunde vor allem durch akustische Störungen
aufgefallen waren (J., M., A.), nahmen an dieser Massageform durchgehend und motiviert
teil. Jan hatte sich zur Bildung der Vierergruppe drei Mädchen ausgewählt (evtl. da er zuvor
dachte, dass dieses besser klappen könnte? Im Anschluss an die Stunde äußerte er mir
gegenüber, dass das „Gewaschen – Werden“ ihm besonders viel Spaß gemacht habe.). M.
nutzte zwischenzeitlich die Möglichkeit, sich frei im Raum zu bewegen. Bei der Massage war
er meinen Beobachtungen nach nicht absichtlich etwas zu grob. Er nahm das „Waschen“
gewissenhaft vor, und ich denke, er konnte einfach seine Kräfte zum Teil nicht richtig
dosieren, weshalb die Kinder ihn im Anschluss rügten (s.o.). Arthur und die anderen in der
vorherigen Stunde störend aufgefallenen Jungen fielen mir (und den Kindern) in dieser
Stunde nicht negativ auf.
Das Gelingen dieser Massageform liegt sicherlich an der ansprechenden „Verpackung“ des
Geschehens (Rollbretter als „Autos“ in Waschanlagen) und am für die Kinder interessanten
Material (z.B. die „heißbegehrten“ Spülbürsten). Auch die Kinder, die sich in der letzten
Stunde nicht auf eine Massage einlassen konnten, fühlten sich in dieser Geschichte als festen
„Rahmen“ sicher und aufgehoben. Sie konnten sich in diese Situation hineinversetzen und
ihrer Phantasie freien Lauf lassen. Auch die Gegebenheit, dass es bei dieser Form nicht auf
33
eine ruhige Atmosphäre ankam, sondern dass Reden und Lachen (Auch Lachen entspannt!
vgl. Kap. 2.2.4.2.) erlaubt waren, spielte hierbei sicherlich eine Rolle.
Alle Kinder haben somit das von mir für diese Stunde angestrebte Ziel erreicht. Sie haben
sich sowohl mehrmals von verschiedenen Kindern massieren lassen als auch selbst zahlreiche
unterschiedliche Kinder massiert. Trotz der etwas lauteren, fröhlichen Atmosphäre ließen
sich die Kinder auf eine Entspannung ein. Viele schlossen, während sie „gewaschen“ wurden,
die Augen und genossen diese „Behandlung“ sichtlich. Das Bewegungsangebot des
zwischenzeitlichen Herumfahrens mit den Rollbrettern hat kaum ein Kind genutzt.
4.6. Sechste Stunde: „Herstellung und Erprobung eines Massageballs“
4.6.1. Unterrichtsverlauf und -auswertung
Nach vorheriger „normaler“ sehr bewegungsintensiver Sportstunde fand diese letzte Stunde
der Einheit im Klassenraum statt. Sie diente der Herstellung und Erprobung eigener
Massagebälle. Zu Beginn der Stunde zeigte ich den Kindern einen bereits von mir
fertiggestellten Massageball. Ich fragte, welches Kind denn jetzt eine Massage ganz gut
gebrauchen könnte, und erstaunlicherweise meldete sich sofort M., an dem ich meinen Ball
kurz demonstrierte. Ich kündigte dann an, dass ich für jedes Kind einen Tennisball
mitgebracht hätte und dass jedes Kind in dieser Stunde einen Massageball herstellen und
dann mit nach Hause nehmen dürfe, was von den Kindern begeistert angenommen wurde.
Gleich folgte die Frage: „Massieren wir uns dann auch gleich damit?“ (T.)
Die Kinder wählten zwei Luftballons ihrer Wunschfarben aus und bezogen die Tennisbälle
damit. Es blieb im Anschluss ausreichend Zeit für die Durchführung zweier
Massagedurchgänge. Die Kinder sollten sich in Sitzhaltung massieren, um noch eine weitere,
überall durchführbare, Massagemöglichkeit kennenzulernen. Ich schlug den Kindern vor, ihre
Sitznachbarin / ihren Sitznachbarn als Massagepartnerin / -partner zu nehmen (denn diese /
dieser müsste ihnen ja sympathisch sein, da sie / er ja von ihnen selbst bestimmt wurde),
woraufhin sie sofort mit der Massage begannen. Ich ließ die Kinder noch kurz die Regeln
wiederholen, dann stellte ich „unsere“ Entspannungsmusik an (vgl. S. 23). Während der
Massage-Phase war es sehr ruhig. Die Kinder gingen gewissenhaft mit ihrer Partnerin / ihrem
Partner und auch mit ihrem neuen Ball um. Unbeabsichtigt fielen einige wenige Bälle
während des Massierens auf den Boden. Die Kinder holten sich diese jedoch sehr leise
wieder. Während des zweiten Massagedurchgangs konnten M. und A. (die sich gegenseitig
massierten) nicht mehr so wie im ersten Durchgang „abschalten“ und sich ruhig verhalten
(evtl. durch das Fehlen einer begleitenden Geschichte). M. hob am Ende des zweiten
Durchgangs des öfteren den Kopf und schaute durch den Raum. Als ich ihn aufforderte, doch
den Kopf wieder gemütlich abzulegen, folgte er zwar diesem Rat, konnte jedoch nicht sehr
lange durchhalten. Störungen akustischer Art gingen jedoch von keinem Kind in dem Maße
aus, dass andere Kinder in ihrer Entspannung beeinträchtigt wurden.
Im Anschluss an die Massage gab ich den Kindern eine Hausaufgabe: Sie sollten sich zu
Hause von jemandem massieren lassen und selbst jemanden massieren. Daraufhin überlegten
alle Kinder sofort, wen sie denn massieren könnten. (D.: „Meinen Bruder kann ich nicht
massieren, der ist nicht da!“) Ich bin gespannt, was die Kinder in den nächsten Tagen
berichten werden. Insgesamt war die Stunde meiner Ansicht nach ein für die Kinder (und für
mich) durchaus gelungener Abschluss, da eine sehr ruhige und harmonische Atmosphäre
bestand (positiver letzter Eindruck zur Thematik „Massage“) Weil die Kinder ihre selbst
hergestellten Bälle mit nach Hause genommen haben, sind sie vielleicht auch zu
außerschulischer Massage motiviert worden.
34
(In der anschließenden Sportstunde berichteten die Kinder, wen sie zu Hause massiert hatten:
z.B.: D.: „Meine Mama beim Lesen.“ / Y.: „Meinen Papa, als er am Computer saß“ / M.:
„Meinen Bruder Timo!“)
5. Reflexion der Unterrichtseinheit
Eine Überprüfung, ob das zu Beginn der Einheit gesetzte Ziel, die Kinder die positiven
Auswirkungen von Entspannung / Massagen erfahren zu lassen, erreicht wurde, ist bei dieser
Thematik recht schwierig. Im Gegensatz z.B. zu der Vermittlung von Bewegungsfertigkeiten
(z.B. Technik des Weitsprungs), bei der eine Feststellung über das Gelingen leicht zu
vollziehen ist, muss man sich beim Thema „Entspannung“ auf die Beobachtung der Kinder
oder auf ihre anschließenden Erzählungen beschränken. Von außen sichtbare Zeichen für eine
„Entspannung“ des Körpers wären hierbei z.B. geschlossene Augen, ruhige Atmung, wenig /
keine Körperbewegungen, kein Sprechen (ausgenommen gelegentliches leises Lachen, weil
es eventuell kitzelt).
Insgesamt komme ich aufgrund meiner Beobachtungen zu dem Schluss, dass alle (!) Kinder
in mindestens einer Stunde der Einheit zu einer Entspannung gekommen sind. Meiner
Meinung und meinen Beobachtungen nach konnten zahlreiche Kinder (alle Mädchen
eingeschlossen) sogar in allen angebotenen Massageformen entspannen. Zwei Jungen
(Marcel und Arthur) hatten nahezu durchgehend, drei weitere Jungen (Dennis H., Jan und
Lukas) hauptsächlich in einer Stunde, Probleme, sich auf die Ruhesituation einzulassen und
somit zur Entspannung zu gelangen. Die Ursachen für diese Probleme lassen sich meiner
Meinung nach im Nachhinein durch die Charakteristika der unterschiedlichen
Massageformen begründen. Es ist rückblickend möglich, zwei unterschiedliche Typen der
Massageformen zu charakterisieren.
Zum einen gab es Massageformen, die durch eine Geschichte begleitet wurden. Hierzu
gehörten die erste Stunde („Wettergeschichte“), zudem die zweite („Pizzabacken“) und die
fünfte Stunde (Als Auto in der „Waschanlage“) der Einheit. Alle Kinder (auch M. und A.)
nahmen an diesen Massageformen motiviert teil. Das Hineinversetzen in eine Geschichte, die
Vorstellung einer Handlung oder eines Vorgangs bei gleichzeitiger Berührung des Körpers
(z.B. „es regnet“, „Pizza wird zerschnitten“ oder „Auto wird gewaschen“) hielt die
Motivation beider Partner, des massierenden sowie des massierten Kindes aufrecht. Während
die Atmosphäre in der ersten Stunde durch nahezu absolute Stille (!) gekennzeichnet war,
wurde in der zweiten und fünften Stunde zum Teil leise gesprochen und gelacht. Dennoch
konnten die massierten Kinder hierbei entspannen, da eine absolute Ruhe im Raum keine
zwingende Voraussetzung für das Gelingen einer Entspannung durch Massagen darstellt.
Während z.B. bei Phantasiereisen Geräusche sofort das Entspannungsbemühen stören /
unterbrechen würden (Konzentration auf „innere“ Bilder vonnöten!), kommt es bei einer
Massage vor allem durch die Körperberührung, durch das Streicheln der Haut und das
Verwöhnenlassen (sozialer Aspekt) zur Entspannungsreaktion (vgl. Kap. 2.2.2.2.).
Als „Massagen ohne Geschichte / Handlungsrahmen“ können die Massageformen der dritten
(„Igelball“), der vierten („freie Wahl von Ort und Art“) und der sechsten Stunde der Einheit
(„eigener Massageball“) zusammengefasst werden. Hier gab es mit den oben genannten
Kindern größere Schwierigkeiten. Es ging bei diesen Massageformen darum, einfach nur zu
spüren, „abzuschalten“ und zu genießen. Die Dauer der Massage (und bei der dritten und
sechsten Stunde das Medium) war vorgegeben, lediglich Musik begleitete die
Massagedurchgänge. Einige Jungen (vor allem M. und A.) waren mit diesen sehr „offenen“
Situationen sichtlich überfordert. Sie waren verunsichert, was nun eigentlich zu tun sei.
Dadurch entstand Langeweile, die z.B. zu Blödeleien mit dem verwendeten Material (Bälle
35
mit hohem Aufforderungscharakter!) führten. (Diese Problematik wird auch im Theorieteil
angesprochen, vgl. Kap. 2.1.3.3.)
Die gleichen Kinder, die sich selbst nicht auf einige Entspannungssituationen einlassen
konnten, waren es zumeist auch, die mit ihrem Partner nicht immer angemessen umgehen
konnten. Zum Teil war dieses wahrscheinlich dadurch bedingt, dass sie einfach (aus
Unsicherheit? s.o.) Spaß machen wollten. Ich glaube jedoch, dass es diesen Kindern (z.B. D.)
wirklich, zum Teil unbeabsichtigt, schwer fällt, sich in andere hineinzuversetzen. Sie können
ihre Kräfte einfach nicht der Situation angemessen dosieren, was zum Teil zu unangenehmen
Gefühlen beim Partner führte. Interessanterweise gab es hinsichtlich dieses Aspektes wenige
Probleme in der fünften Stunde der Einheit. Eine „Waschanlage“ bestand hierbei aus vier
Kindern (Geschlechter gemischt). Da die Kinder ja nicht einen festen Kunden die ganze Zeit
über „wuschen“, war sicherlich die Motivation da, möglichst viele Kinder zu waschen, also
somit auch möglichst viele Kunden zu bedienen und zu gewinnen, weshalb die Massagen
(zum größten Teil) angemessen durchgeführt wurden. Auch die „Autos“ hatten hierbei keinen
festen Partner, sondern fuhren von einer Waschanlage zur nächsten. Diese Akzeptanz
verschiedener „Masseure“ liegt sicherlich darin begründet, dass durch die Rahmenhandlung
das Massieren als „unpersönlicher“, eher auf die Geschichte fixiert empfunden wurde. Für
andere Massageformen, die als intimer empfunden und ohne Medium durchgeführt werden,
halte ich es aber weiterhin für wichtig, seinen „Masseur“ selbst auswählen zu können.
Deutlich wird dieses an Reaktionen der Kinder auf unangemessenes, unvorsichtiges
Massieren, wobei Äußerungen wie „Mit dir mach ich nicht noch mal!“ (vgl. S. 34) fielen.
Manche Kinder können in diesem Bereich einfach nicht gut zusammenarbeiten, und man darf
sie auf keinen Fall zu einer derartigen Zusammenarbeit zwingen (die Kinder wechselten dann
auch oft von Stunde zu Stunde die Partner).
Einen direkten Zusammenhang zwischen der Intensität vorheriger Bewegungsaktivitäten und
dem Gelingen der anschließenden Massage konnte ich nicht feststellen. Zwar legten sich die
Kinder nach einer anstrengenden Bewegungsphase sogleich auf die Matten (vgl. S. 33), doch
war die Durchführung der Massagen in den „Waschanlagen“ ebenso erfolgreich, obwohl
keine intensive Bewegungsphase vorgeschaltet war (vgl. S. 46-47). Es gab zwar die
Möglichkeit für die Kinder, sich innerhalb der Rahmenhandlung intensiv zu bewegen, doch
wurde diese Möglichkeit kaum genutzt (vgl. S. 48). Je höher die Motivation durch eine
Rahmenhandlung ist, desto weniger entscheidend scheint somit der Ermüdungszustand bei
den Kindern zu sein, um eine Entspannung gelingen zu lassen.
Eine besondere Situation war in der vierten Stunde der Einheit deutlich erkennbar, in der
auch zwei Jungen (J. und L.), die in anderen Stunden der Einheit (ohne negativ aufzufallen)
an der Entspannung teilgenommen hatten, durch unangemessenes Verhalten auffielen.
Einerseits ist dieses sicherlich durch die für diese Kinder zu offene Situation zu erklären. Im
Nachhinein sehe ich jedoch einen weiteren Grund in der Anwesenheit von Besuchern (großer
Unterrichtsbesuch) in dieser Stunde. Die angesprochenen Jungen sind im Sportbereich sehr
ehrgeizig und demonstrieren gerne ihre sportlichen Leistungen. Bei der Entspannungsphase
gab es jedoch nichts zu „demonstrieren“. Zuschauer bei einer Entspannung halte ich im
Nachhinein für problematisch. Denn wer möchte sich in der sehr intimen und persönlichen
Situation einer Entspannung (am Boden liegend, eventuell mit geschlossenen Augen) schon
gerne beobachten lassen? Ich hingegen habe das für diese Thematik wichtige
Vertrauensverhältnis zu den Kindern schon in den vorherigen Stunden aufbauen können. Bei
der weniger „intimen“ Massagesituation der fünften Stunde hätte die Anwesenheit von
Zuschauern meiner Meinung nach weniger Probleme bereitet.
36
Insgesamt bin ich mit dem Verlauf der Einheit grundsätzlich zufrieden. Es hat sich bestätigt,
dass die Durchführung von Massagen mit Kindern dieser Altersstufe möglich ist. Zunächst
einmal ist festzustellen, dass sich kein Kind einer Massage entzogen hat. Die meisten Kinder
(der weit größere Teil der Klasse) haben die Massagen sichtlich genossen. Sie konnten somit
positive Erfahrungen mit der Entspannungsmethode „Massage“ sammeln und werden diese
eventuell auch im außerschulischen Bereich erweitern und festigen (z.B. Benutzung des
hergestellten Massageballes). Einige Jungen, wie M. und A., konnten sich nur auf einige
Massageformen einlassen. Da sie jedoch der Entspannungsthematik / den Massagen nicht
insgesamt negativ gegenüber eingestellt sind (zum Teil gelang ihnen das „Einlassen“ ja
durchaus), bleibt zu hoffen, dass sie weiter Gefallen daran finden werden. Denn gerade für
diese unruhigen Kinder, die zudem eine mangelnde Konzentrationsfähigkeit aufweisen, ist
die Durchführung von Entspannungsübungen wichtig. Diesen Kindern kommt man am
ehesten mit Entspannungsübungen entgegen, die sehr spielerisch angelegt sind (s.o.).
Ich würde jedoch mit einer mir hinsichtlich der Entspannungsthematik unbekannten
Lerngruppe die Massageformen dieser Einheit erneut durchführen. Denn „offenere“ Formen
von vornherein nicht einzuplanen, um einem eventuellen Misslingen der
Entspannungssituation vorzubeugen, halte ich für wenig sinnvoll (zudem Kindern, die diesen
Freiraum genießen, etwas vorenthalten werden würde). Man muss zunächst ausprobieren,
welche Massageformen mit der jeweiligen Lerngruppe durchführbar und sinnvoll sind. Erst
dann kann man sich für Art und Weise der Weiterarbeit in diesem Bereich entscheiden.
Für die Klasse 1 c ist es für zukünftige Entspannungsphasen wichtig, dass sie einen möglichst
spielerischen Charakter aufweisen, damit allen (!) Kindern ein angenehmes Erlebnis
ermöglicht wird. Es gibt noch zahlreiche Praxisvorschläge dieser Art in der Literatur, die es
sich umzusetzen lohnt. Ich kann mir nun auch vorstellen zu versuchen, andere Entspannungsverfahren mit den Kindern anzubahnen (z.B. kindgerechte Übungen der Progressiven
Muskelentspannung). Die Durchführung von Massagen ist meiner Meinung nach jedoch die
beste Möglichkeit, alle Kinder dieser Altersstufe zu erreichen (und für „Entspannung“ zu
begeistern), denn absolute Ruhe ist hierbei kein zwingendes Muss (s.o.), und viele
verschiedene spielerische Varianten sind möglich. Zudem spielt bei Massagen ein
angemessenes soziales Verhalten eine entscheidende Rolle, in dem sich vor allem die oben
genannten Kinder weiterhin üben sollten.
Ich werde somit mit der Klasse 1 c (und auch mit anderen Klassen) weiter an der Thematik
arbeiten, nicht nur, weil die Fähigkeit zum Entspannen für die Stressbewältigung im Alltag
für die Gegenwart und die Zukunft der Kinder eine immer größere Rolle spielt, sondern auch,
um den Kindern (wenn auch nur eine kurze) Zeit zum Innehalten und zur Muße im oft
hektischen und lauten Schulalltag zu geben.
6. Literaturverzeichnis /Musikangabe
AOK / KM Nds.:
„Gesundheitserziehung in der Schule durch Sport“,
Handreichung für den Primarbereich, Bonn 1991
AOK / KM Nds.:
„Gesundheitserziehung in der Schule durch Sport“,
Handreichung für die Sek. I, Bonn 1992
Aschebrock, H. et al.:
„Mehr Bewegung in die Schule“,
Friedrich Verlag, Seelze 1998
37
Brockhaus Enzyklopädie: Stichwort „Massage“,
Band 14, Mannheim 1991
Cassar, M.-P.:
„Massage“,
Mosaik Verlag, München 1998
Erkert, A.:
„Inseln der Entspannung“,
Ökotopia - Verlag, Münster 1998
Friebel, V.:
„Grundlagen der Entspannung“, In:
Friedrich, S./ Friedrich, V. (Hrsg.): „Ruhig und entspannt“,
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1998, S. 13-33
Friedrich, S. /
Friebel, V.:
„Therapeutische Anwendung“, In:
Friedrich, S./ Friedrich, V. (Hrsg.): „Ruhig und entspannt“,
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1998, S. 204-214
Gaiser, G. /
Köckenberger, H.:
„Sei doch endlich still!“,
Dortmund 1996
Jaschiniok, C.:
„Mit mir im Einklang“,
Broschüre des DTB - Handbuches Teil 6,
Frankfurt am Main 1996
Klein, M.:
„Kinder mögen Massage“, In:
Friedrich, S./ Friedrich, V. (Hrsg.): „Ruhig und entspannt“,
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1998, S. 36-58
Kugelmann, C.:
„Körperarbeit - sich spüren und seiner selbst gewahr
werden“, In: Sportpädagogik Jg. 23 (1999), H. 2, S. 24-35
Liebrich, K. /
Schubert, H.:
„Auf den Schwingen der Bewegung und Phantasie“,
Donauwörth 1994
Nds. Kultusministerium:
Erlass der MK vom 15.05.1998:
„Grundsätze und Bestimmungen für den Schulsport“
Nds. Kultusministerium:
Rahmenrichtlinien für die Grundschule - Sport,
Hannover 1982
Petermann, F. /
Petermann, U.:
„Entspannungsverfahren bei Kindern und Jugendlichen“,
In: Vaitl, D. / Petermann, F. (Hrsg.):
„Handbuch der Entspannungsverfahren“,
Weinheim 1993, S. 316-332
Petermann, F. /
Vaitl, D.:
„Einleitung“,
In: Vaitl, D. / Petermann, F. (Hrsg.):
„Handbuch der Entspannungsverfahren“,
38
Weinheim 1993, S. 15-21
Pirnay, L.:
„Kindgemäße Entspannung“, Liechtenbusch - Belgien 1993
Musikangabe:
Musik 1:
Fidula Cassette 2 / Tanzspiele: „Boogietime“
Musik 2:
Frédéric Chopin:
Klavierkonzert Nr. 1, opus 11, „2. Satz / Romanze-Larghetto“
Musik 3:
Dolls united: „Eine Insel mit zwei Bergen (Es war einmal Mix)“
Massagegeschichte: „Wetter“ (Erste Stunde der Einheit)
(Geschichte (Handgriffe) / ein Kind in Bauchlage, das andere kniend daneben)
„Stellt euch vor, dass wir auf einer schönen, großen Wiese sitzen. Überall sind bunte
Blumen. Schmetterlinge und Bienen fliegen umher.“
„Die Sonne scheint, und die Sonnenstrahlen kitzeln ein wenig deinen Rücken.“
(Vorsichtig mit den Fingern den Rücken „kitzeln“)
„Langsam ziehen Wolken auf und bedecken den Himmel.“
(Hände zu Fäusten ballen und sanft über den Rücken streichen)
„Es beginnt zu nieseln.“
(Finger imitieren Regentropfen auf dem Rücken)
„Der Regen wird stärker.“
( s.o. ; etwas intensiver)
„Der Regen wird schwächer und hört dann ganz auf.“
(s.o. ; wieder schwächer)
„Die Sonne trocknet deinen Rücken.“
(Mit flachen Händen den Rücken „abwischen“)
„Es wird windig, und der Wind schaukelt dich langsam hin und her.“
(Die Partnerin, den Partner sanft hin und her schaukeln)
„Der Wind wird immer schwächer und hört auf.“
(„Schaukeln“ langsam beenden)
„Du setzt dich langsam hin und räkelst und streckst dich.“
(Dann Partnerwechsel)
___________________________________________________________________________________________________________
(in Anlehnung an Partnermassage „Ein Sommertag“ (Jaschiniok 1996, S. 32-33))
Massagegeschichte: „Pizzabacken“ (Zweite Stunde der Einheit)
39
(Geschichte (Handgriffe) / ein Kind in Bauchlage, das andere kniend daneben)
„Zunächst müssen wir überlegen, wie wir den Teig herstellen. Was brauchen wir
denn dafür? (Von Kindern nennen lassen: Mehl, Eier etc.)“
(Zutaten auf den Rücken geben.)
„Nun vermischen wir die Zutaten und kneten den Teig.“
(Vorsichtig den Rücken „kneten“.)
„Wir rollen den Teig auf dem Backblech aus.“
(Mit den Händen über den Rücken streichen.)
„Nun müssen wir unsere Pizza belegen. Ihr dürft euch überlegen, was für eine Pizza
ihr backen wollt. (z.B. mit Tomaten, Schinken, Käse etc.)“
(Zutaten auf den Rücken legen, schön verteilt in alle Ecken.)
„Jetzt kommt die Pizza in den Ofen.“
(Wärmend Hände, Arme und Oberkörper auf die Partnerin / den Partner legen.)
„Die Pizza ist fertig. Wir schneiden sie in Stücke.“
(Mit einem Finger gerade Linien über den Rücken ziehen.)
„Jetzt essen wir unsere Pizza!“
(Kinder tun so, als würden sie ein Stück essen. Auch das liegende Kind darf probieren!)
„Zum Schluss müssen wir das Backblech schrubben!“
(Vorsichtig den Rücken abrubbeln.)
(Dann Partnerwechsel)
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(in Anlehnung an Partnermassage „Wir backen einen Kuchen“ (Pirnay 1993, S. 8-11))
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