Praktikum Biologie für Mediziner/innen WiSe 2007/2008

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Praktikum
Biologie für Mediziner/innen
WiSe 2007/2008
Praktikumsteil:
Sinneswahrnehmung
Signaltransduktion
Leitung:
PD Dr. Joachim Schachtner
E-Mail: [email protected]
"Nichts ist im Bewusstsein, was nicht die Sinne
durchlebt hat". (Aristoteles)
Ziele des Kurstages
In diesem Kursteil werden Versuche zur subjektiven Sinnesphysiologie (Sehen,
Hören) durchgeführt. Wir werden in Selbstversuchen experimentell untersuchen, wie
verschiedene Informationen aus der Umwelt in peripheren Sinnesorganen detektiert
und vom Gehirn verarbeitet werden. Diese zentrale Verarbeitung führt zu
subjektiven
Sinneswahrnehmungen,
die
nicht
mehr
identisch
mit
dem
ursprünglichen Reiz sind. Dabei soll verstanden werden, wie die Kommunikation mit
der Umwelt abläuft: Was ist der Reiz, was ist der Rezeptor, wie läuft die
Signaltransduktion ab, was ist die Antwort der Sinneszelle?
I. Einleitung
Sinneszellen oder Rezeptoren sind spezialisierte Strukturen des Nervensystems, die
Zustände
und/oder
Zustandsänderungen
(Reize)
aus
der
Umwelt
(→
Exterorezeptoren) oder dem Körperinneren (→ Enterorezeptoren) aufnehmen und an
das ZNS melden. Die zugeführte Reizenergie ist in der Regel um ein Vielfaches
geringer als für den Erregungsvorgang benötigt wird, d.h. die Energie zum Aufbau
des Rezeptorpotentials stammt aus dem Zellstoffwechsel, dem Reiz kommt nur eine
auslösende Funktion ("Trigger-Wirkung") zu. Während das Rezeptorpotential stets
mit der Reizintensität proportional korreliert ist (Amplitudenmodulation), werden am
Beginn des afferenten Axons diese graduierten Potentiale in ein bestimmtes Muster
von Aktionspotentialen umcodiert (Frequenzmodulation), die dem Alles-oder-Nichts
Gesetz gehorchen. Sinneszellen sind oft mit entsprechenden Hilfsstrukturen, die dem
Reiztransport dienen, zu Sinnesorganen zusammengefasst. Die Gesamtheit der an
der Informationsaufnahme, -weiterleitung und -verarbeitung beteiligten Strukturen
bezeichnet man als sensorisches System.
Während des heutigen Kurstages werden bestimmte Eigenschaften verschiedener
sensorischer
untersucht.
Systeme
Es
werden
(z.B.
durch
optisches,
Versuche
akustisches
der
System)
subjektiven
experimentell
Sinnesphysiologie
(Empfindungen) in Selbstversuchen Erkenntnisse über sensorische Systeme
gewonnen (z.B. Richtungshören, Zeitdifferenzschwelle des Hörens).
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II. Grundkenntnisse, Handwerkszeug
Theoretische Vorkenntnisse aus der Vorlesung "Biologie für Mediziner" sind
Voraussetzung für den Kurs.
Empfohlene Literatur zur Vorbereitung: Campbell NA, Reece JB. 2006. Biologie.
6te Auflage. Hg. Markl J. Kapitel 49: Mechanismen der Sensorik und Motorik.
1 Sehphysiologie
Vorausgesetzt wird: Bau und Funktion des Wirbeltierauges am Beispiel des
menschlichen Auges: Aufbau, dioptrischer Apparat, Bildentstehung, Akkomodation,
Fehlsichtigkeit, Aufbau der Netzhaut, Photorezeptoren (Besonderheiten des Ruheund
Belichtungspotentials),
Sehpigmente
und
Transduktionsprozess,
Farb-
empfindlichkeit, Adaptation, räumliches und zeitliches Auflösungsvermögen.
2 Hörphysiologie und Mechanorezeptoren
Vorausgesetzt werden: Bau und Funktion des menschlichen Ohres. Was ist Schall?
Frequenz, Schalldruck, Dezibel (dB), Phon (heute dB(A)), Anatomie (Außen-, Mittelund Innenohr), Hörschwelle, Basilarmembran, Haarsinneszellen, Wanderwellen,
Ortsabbildung der Frequenz, Richtungshören.
3 Handwerkszeug
Schreibzeug, Geo-Dreieck und Protokollheft mitbringen.
II. VERSUCHE
1 Versuche zum optischen System
1.1 Farbensehen: Sehtest
a. Der normale Farbensinn kann alle Farben aus den drei Grundfarben des
Spektrums (rot, grün, blau) durch Mischung herstellen (trichromatisches System).
Angeborene Farbuntüchtigkeit betreffen etwa 7.5% der Männer und 0.25-0.5% der
Frauen. Es soll in einem Farbtest herausgefunden werden, wie viele Studierende alle
Farben erkennen können, bzw. wie viele rot-grün-blind sind. Die Testtafeln
unterscheiden sich nur in den Farben, nicht in den Farbhelligkeiten. Versuchen Sie
eine
nachgewiesene
Schwäche
genauer
3
zu
charakterisieren.
Protanopie
(Rotschwäche) und Deuteranopie (Grünschwäche) sind zu unterscheiden.
b. Farbige Nachbilder: In einem abgedunkelten Raum wird eine gut beleuchtete
Vorlage mit einem rot-grünen Kreuz ca. 1 min. betrachtet. Anschließend wird der
Blick auf ein weißes DIN A4-Blatt gerichtet. Welche Komplementärfarben entstehen
im Nachbild?
1.2 Optische Sinnestäuschungen
Mit Hilfe des Beamers werden Bilder projiziert, die unterschiedliche optische
Sinnestäuschungen hervorrufen. Welche generellen Verarbeitungsmechanismen des
optischen Systems liegen diesen Täuschungen zugrunde?
1.3 Bestimmung des Sehfeldes und Nachweis der Farbenblindheit der
menschlichen Netzhautperipherie (Perimetrie)
Sie sollen herausfinden, was peripher besser gesehen wird: farbig oder schwarzweiß. Ein(e) Protokollant(in) nummeriert ein DIN A4-Blatt von 1-25. Zwei Helfer, einer
rechts, einer links, etwas hinter der Versuchsperson haben Karten gleicher Größe, in
schwarz, weiß, und farbig. Die Versuchsperson sitzt und blickt geradeaus auf ein
beliebiges, entferntes Objekt. Die Helfer führen schnell im Wechsel eine Karte in ca.
30 cm Entfernung so zum Kopf der VP, dass sich die vordere Ecke der Karte auf
einer Linie mit dem hinteren Augenwinkel (temporal) der Versuchsperson befindet.
Nachdem die Versuchsperson starr geradeaus blickend die Karte als schwarz oder
weiß identifiziert hat wird die Karte zurückgezogen. Der (die) Protokollant(in) zeichnet
die Ergebnisse auf. 25 Wiederholungen des Schwarz/Weiß-Tests, dann 25x Versuch
mit zwei kontrastreichen Farbkarten.
2 Versuche zum mechanosensorischen System
2.1 Bestimmung der Zeitdifferenzschwelle des Hörens beim Menschen
Über Laufzeitdifferenz und Intensitätsdifferenz des Schalls zwischen beiden Ohren
wird das Richtungshören ermöglicht. Schallwellen aus der Richtung α erreichen das
rechte Ohr früher als das linke. Bei konstanter Schallgeschwindigkeit und bekanntem
Ohrenabstand entspricht der Strecke Δs ein bestimmtes Δ t, das als Laufzeitdifferenz
bezeichnet wird.
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Die VP steckt sich die beiden Oliven eines Stethoskops, die durch einen
Gummischlauch verbunden sind, in die Ohren. Der Betreuer klopft mit einem Bleistift
in zufälligem rechts-links Wechsel langsam von außen nach innen gehend auf den
Schlauch und stellt die Punkte fest, bei denen die VP gerade noch angeben kann, ob
rechts oder links geklopft wurde. Die beiden Grenzpunkte werden markiert. Da beide
Ohren
in
der
Regel
nicht
gleich
empfindlich
sind
(unterschiedliche
Intensitätsschwelle), fällt die subjektive Mitte nicht mit der geometrischen
Schlauchmitte zusammen.
Bestimmen Sie die subjektive Mitte (s) als Mittelpunkt der Strecke Δs und
deren Abweichung vom Schlauchmittelpunkt (o). Aus der Strecke (Δs) zwischen den
beiden Grenzpunkten soll der scheinbare Hörwinkel (α) ermittelt werden, bei dem
gerade noch eine rechts-links Unterscheidung möglich ist (hierbei kann als
Ohrenabstand 18 cm angenommen werden).
Aus der Strecke (Δs) wird die für die rechts-Iinks Unterscheidung notwendige
Laufzeit (Zeitdifferenzschwelle) errechnet (Schallgeschwindigkeit in Luft 330 m/s).
IV. Erfolgskontrolle:
Nach diesen Vorlesungen und dem Praktikumsteil sollten Sie in der Lage sein
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•
zu beschreiben, wie die unterschiedlichen Qualitäten und Quantitäten im
visuellen und akustischem System unterschieden werden.
•
die Grundlagen der sensorischen Transduktion beim Auge und Ohr zu
erklären.
•
die Grundlagen des Richtungshörens zu erklären.
•
die verschiedenen Signaltransduktionskaskaden von G-Protein-gekoppelten
Rezeptoren zu nennen.
•
die unterschiedlichen Rezeptortypen und "second messenger" zu benennen.
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