Sex vor und nach der Pensionierung Wunschvorstellungen und Realitäten Zürich, 25.10.2013 Prof. C. Buddeberg www.buddeberg-praxis.ch Sex vor und nach Pensionierung Wann beginnt das Alter? Pensionierung – Verluste und Gewinne Sexuelle Zufriedenheit und Aktivität in der zweiten Lebenshälfte Sex im Spannungsfeld zwischen Trieb und Ressource Sex – ein Thema im Zusammenhang mit der Pensionierung? Wann beginnt das Alter? Sichtweisen und Erleben des Älterwerdens (N. Bobbio 1997) Kalendarisches Alter Bürokratisches Alter Psychologisches Alter Biologisches Alter „Junge Alte“ 60-74-jährig „Alte Alte“ 75-jährig und älter Häufige Problem- und Konfliktsituationen im Alter Pensionierung Ehe- und Generationenkonflikte Sexualität Altern in der Fremde Bewältigung chron. Krankheit Tod des Ehepartners Wann beginnt die Pensionierung? „Bürokratische Pensionierung“ – gesetzliche Regelungen Fremdbestimmte Pensionierung – vorzeitig, „rechtzeitig“, verzögert? Selbstbestimmte Pensionierung – früh, spät, gar nicht? Invalidisierung oder Frühpensionierung? Pensionierung – mögliche Verluste Soziale Rollen Soziale Kontakte und Netzwerke Macht, Geltung Anerkennung und Wertschätzung Finanzielle Spielräume Vitalität und Gesundheit Pensionierung – mögliche Gewinne Distanz zu Zwängen der Arbeitswelt Individuelle Freiheiten, Kreativität Zeit für Interessen und Hobby‘s Neuordnung von Lebenszielen Neue soziale Rollen, z.B. als Grosseltern Intensivierung familiärer und freundschaftlicher Beziehungen Sexuelle Skripte … sind Grundüberzeugungen, die sich im Lauf des Lebens entwickeln beeinflussen sexuelle Wünsche, Phantasien, Erlebens- und Verhaltensweisen sind dem Einzelnen nicht unmittelbar bewusst, da sie eine Art „Meta-Ebene“ der Sexualität darstellen Zu unterscheiden sind individuellintrapsychische, interpersonelle und kollektivkulturelle Skripte Determinanten der Sexualität im Alter Soziokulturelle Faktoren Altersassoziierte Faktoren Sexuelle Normen, Trends Hormone, Sexualphysiologie Krankheiten u. Operationen KHK, Diabetes, Genitalorgane, Körperl. Behinderungen Sexualität ♀/♂ Psychosoziale Faktoren Individuum, indiv. Sozialisation, Skripte, Fehlvorstellungen, Konflikte Partnerschaft Medikamente Sexuelle Biographie, Leidenschaft, Konflikte Sexualität in der zweiten Lebenshälfte Die Sexualität hat für viele Frauen und Männer bis ins hohe Alter eine wichtige Bedeutung Der sexuelle Reaktionszyklus wird störanfälliger (Anatomie, Physiologie) Sexuelles Verhalten und Erleben sind in Zusammenhang zu sehen mit der Bewältigung belastender und erfreulicher Lebensereignisse Sexuelle Zufriedenheit kann trotz verminderter genitaler Reaktionsfähigkeit bis ins hohe Alter hoch sein, erfordert jedoch sexuelle Kommunikationsfähigkeit Take home message 1: Schwierigkeiten in der Vorphase einer Pensionierung manifestieren sich bei Männern nicht selten auf der „sexuellen Bühne“ in Form von a.e. sexuellem Agieren oder sexuellem Rückzug ( Burnout, Depression) Take home message 2: Schwierigkeiten in der Vorphase einer Pensionierung manifestieren sich bei Frauen nicht selten in Form von sexuellem Rückzug ( emotional negativer Besetzung des eigenen Körpers, Libidomangel, Empörung über „Geilheit des Partners“) Sexualität in lang dauernden Beziehungen Feste Partnerschaften organisieren Unterschiede in den sexuellen Wünschen/Verhaltensweisen so, dass Angst vermieden wird und sich beide Partner nicht bedroht fühlen (kleinster gemeinsamer Nenner) Alternative: Was kann auf der Basis der Unterschiede des sexuellen Spektrums von zwei Partnern gemeinsam verhandelt und realisiert werden? (Entwicklungsmöglichkeiten des sexuellen Spektrums eines Paares) Triebmodell der Sexualität (Schmidt 2012) Periodische Akkumulation und Entladung sexueller Spannung („Dampfkessel“) Moral „von oben“ Libido als „Energiequanten“ Orgasmus: Kulmination der Entladung; Quintessenz sexueller Befriedigung Sexualisierende Momente: Verbote, Tabus Ressourcenmodell der Sexualität (Schmidt 2012) Verlangen, Erregung und Lust als Ressource Moral „von unten“ Spiel mit Erregung, Reizen, Genuss der Lust Orgasmus: Teilaspekt sexueller Befriedigung Sexualisierende Momente: Pluralität der Bedeutungszuschreibungen Sex und Pensionierung (1) Sexuelle Zufriedenheit und Aktivität haben für viele älter werdende Männer und Frauen einen hohem Stellenwert Sexualität ist ein möglicher Konfliktbereich in der Reifungskrise der Pensionierung Sexuelle Schwierigkeiten sind in länger dauernden Paarbeziehungen (und auch in der Arzt-Patient-Beziehung) häufig tabuisiert Sex und Pensionierung (2) Der Bedeutungswandel der Sexualität in der biographischen Entwicklung eines Paares wird oft nicht wahrgenommen Sexuelle Unzufriedenheit kann Krisen in anderen Lebensbereichen verstärken Sexuelle Zufriedenheit und Aktivität können eine wichtige Ressource sein und Bewältigungsfunktion haben Sex und Pensionierung – offene Fragen Soll das Thema Sexualität in der Pensionierungsphase angesprochen werden? Wenn ja: Was? Wann? In welcher Weise? Durch wen? Ist Sexualberatung Aufgabe der Boulevard-Medien oder des Internets?