Stadtarchiv Karlsruhe, Institut für Stadtgeschichte Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte Karlsruhe „Schüler führen Schüler ...“ Geschichte im Plakat 1945 – 1963 Didaktische Vorbemerkungen für die begleitende Lehrkraft Die Ausstellung „Geschichte im Plakat 1945 – 1963“ dokumentiert Zeitgeschichte anhand des Mediums Plakat, wobei die Plakate durch zeitgenössische Fotographien und Filmsequenzen ergänzt werden. Die auf die Ausstellung zugeschnittenen Arbeitsblätter ermöglichen eine selbstständige Erarbeitung der Ausstellungsinhalte durch die Schülerinnen und Schüler. Die Klasse wird hierbei nach einer kurzen Einführung in die Ausstellung auf 8 - 10Arbeitsgruppen verteilt, die je einen Teilbereich der Ausstellung erarbeiten. Anschließend präsentiert jede Expertengruppe beim Gang der Gesamtklasse durch die Ausstellung „ihre“ Station. Die Konzeption der Ausstellung wie auch die Methodik der vorliegenden Arbeitsblätter erfüllen in mehrfacher Hinsicht die Anforderungen der auf die Entwicklung personaler, sozialer, methodischer und fachlicher Kompetenzen abzielenden neuen Bildungspläne. Gestärkt werden insbesondere die Kompetenzen des eigenständigen Recherchierens und der selbstständigen Organisation von Lernprozessen, die Fähigkeit zur kritischen Betrachtung bzw. zum Erkennen der Standortgebundenheit historischer Quellen, die Fähigkeit zu multiperspektivischer Betrachtung historischer Entwicklungen, die Narrativität und die Fähigkeit zur Präsentation. Da die Ausstellung auch Plakate und Bilder mit lokalen und regionalen Bezügen zeigt, wird nicht zuletzt das historische Interesse am eigenen Lebensraum gefördert. Einige Überlegungen zur Methodik der Analyse politischer Plakate finden sich im Anschluss an die Arbeitsblätter (S. 14). Technische Hinweise • Die Ausstellung gliedert die Zeitspanne zwischen 1945 und 1949 („Nie wieder Diktatur“) in vier Blöcke – „Proklamation Nr 1“, „Helft helfen“, „400.000 Kubikmeter Schutt und Trümmer“ und „Durch Demokratie zur neuen Freiheit“ – und die Zeitspanne zwischen 1949 und 1963 („Keine Experimente“) in sechs Blöcke: 1 „Zusammen geht’s besser“, „Was bringt der Gabentisch?“, „Rosenball mit OperettenKarussell“, „Wachsam bleiben“, „Es geht ums Ganze“ und „Zukunft bestimmen“. • Vor Beginn der Gruppenarbeitsphase müssen die Schülerinnen und Schüler durch die Lehrkraft in den Aufbau der Gesamtausstellung kurz eingewiesen werden. • Im Prinzip kann jeder Block von einer kleinen Arbeitsgruppe bearbeitet werden. Allerdings empfiehlt es sich, die Blöcke „Helft helfen“ und „400.000 Kubikmeter Schutt und Trümmer“ sowie „Wachsam bleiben“ und „Es geht ums Ganze“ zu je einer Einheit zusammenzufassen und somit lediglich 8 Arbeitsgruppen zu bilden. • Die Einzelgruppen benötigen nach der Einweisung durch die Lehrerin bzw. den Lehrer ca. eine halbe Stunde, um sich über ihre Station zu informieren. • Die durch die Expertengruppen geleistete Führung erfordert etwa eine Stunde. Der Klasse müssten daher insgesamt 1,5 Zeitstunden für den Aufenthalt in der Ausstellung zur Verfügung stehen. Zeit kann natürlich dadurch eingespart werden, dass die Lehrkraft einzelne Leitfragen aus dem Programm streicht – in Betracht kämen zunächst die „Zusatzaufgaben“. • Gruppenarbeit erfordert Kommunikation unter den Gruppenmitgliedern. Die Schüler sollten aber angehalten werden, so weit als möglich auf andere Besucher der Ausstellung Rücksicht zu nehmen. Lassen Sie bitte auch die Handys ausschalten. • Die Schülerinnen und Schüler benötigen Kugelschreiber, Papier und nach Möglichkeit eine Schreibunterlage. • Der Eintritt zur Ausstellung ist für Schulklassen frei. Melden Sie den Besuch Ihrer Klasse aber bitte unter der Telefonnummer 0721/133-4234 an. • Es können auch Führungen zum Preis von 30.- € beim Stadtmuseum, Tel. 0721/1334234 gebucht werden. Literaturhinweise • • Karlsruhe - Die Stadtgeschichte. Hg. v. d. Stadt u. d. Stadtarchiv Karlsruhe. Karlsruhe 1998. Keine Experimente? Nachkriegszeit und Ära Adenauer im Plakat. Bearbeitet v. Andreas Schenk. Hg. v. d. Stadtarchiven Karlsruhe und Mannheim - Institute für Stadtgeschichte. Karlsruhe 2008. Begleitbuch zur Ausstellung mit CD-ROM, auf der alle Plakate als digitales Reprint wiedergegeben sind; im Prinz-Max-Palais erhältlich, 13.- EURO Die Institute für Stadtgeschichte Karlsruhe und Mannheim sowie der Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte Karlsruhe wünschen Ihnen und Ihrer Klasse einen interessanten und ertragreichen Aufenthalt in der Ausstellung! Autoren der Arbeitsblätter: Dr. Rainer Hennl und Axel Neugeborn (beide HumboldtGymnasium Karlsruhe); Rückmeldungen (Fragen, Anregungen, Kritik) sind willkommen ([email protected])! 2 I. „NIE WIEDER DIKTATUR“: 1945-1949 „PROKLAMATION NR 1“ (Raum 1) Informieren Sie über die Ziele der Besatzungsmächte nach dem Sieg über Hitler-Deutschland (siehe auch Informationstafel und „Hinweise“ auf dem Arbeitsblatt). Führen Sie Beispiele dafür auf, wie die Besatzungsmächte in das Alltagsleben der Deutschen eingriffen. Erläutern Sie, wie die Lebensmittelversorgung der deutschen Bevölkerung nach 1945 organisiert war. Informieren Sie über die Modalitäten der 1948 in den drei Westzonen durchgeführte Währungsreform. Zusatzaufgabe: Nennen Sie Ziele, die sich Hermann Veit – der SPD angehörender Karlsruher Oberbürgermeister der Jahre 1945/46 – nach seinem Amtsantritt gesetzt hatte. 3 Hinweise: Nach der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands wurde das deutsche Territorium (ohne die bis dahin deutsch besiedelten Gebiete östlich von Oder und Neiße) in 4 Besatzungszonen aufgeteilt. Die Oberste Gewalt übernahm der Alliierte Kontrollrat, bestehend aus den vier alliierten Oberbefehlshabern, mit Sitz in der Viersektorenstadt Berlin. Als wesentliche Ziele ihrer Besatzungspolitik sahen es die Alliierten an, Deutschland zu entnazifizieren und zu demokratisieren, wobei es zwischen den drei Westmächten einerseits und der UdSSR andererseits sehr unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden, was unter „Demokratie“ zu verstehen war. Karlsruhe war am 4.4.1945 von französischen Truppen besetzt worden und gehörte damit zunächst zur französischen Zone. Am 7.7.1945 wurde Karlsruhe aber der amerikanischen Zone zugeschlagen, da die US-Armee die Nachschubwege nach Bayern unter ihrer Kontrolle sehen wollte. Im Zuge der Entnazifizierung wurden von den Besatzungsmächten Fragebögen an die Deutschen ausgegeben, in denen diese z. B. über ihr Wahlverhalten 1932/33 und ihre Zugehörigkeit zu NSOrganisationen Auskunft geben mussten. „HELFT HELFEN“ (Raum 1) Erarbeiten Sie, mit welchen Sorgen, Nöten und Problemen sich die deutsche Bevölkerung unmittelbar nach Kriegsende konfrontiert sah (siehe auch Informationstafel). Nennen Sie Hilfsorganisationen, die in der Notzeit der Nachkriegsjahre aktiv wurden (siehe auch „Hinweise“). Hinweise: Bei der Karlsruher Notgemeinschaft handelte es sich um eine bereits 1930 gegründete Organisation, die sich die Linderung sozialer Not zur Aufgabe gemacht hatte und in erster Linie von Kirchen, Gewerkschaften, der Handelskammer, der Handwerkskammer und der Stadt getragen wurde. 4 „400.000 KUBIKMETER SCHUTT UND TRÜMMER“ (Raum 1) Erläutern Sie, wie Enttrümmerung und Wiederaufbau organisiert wurden (siehe auch Informationstafel und „Hinweise“). Führen Sie Finanzquellen an, die dem Wiederaufbau zur Verfügung standen (siehe auch Informationstafel). Hinweise: Die Stadt schloss am 17. November 1945 mit der Aufräumungs-Arbeitsgemeinschaft-Karlsruhe (AAK) – einem Zusammenschluss Karlsruher Firmen aus dem Baugewerbe – einen Vertrag zur planmäßigen Enttrümmerung Karlsruhes. Die AAK stellte das dampfbetriebene „Schuttbähnle“ (siehe Foto) in Dienst, das Trümmer vom Stadtgebiet zum Rheinhafen (südlich des Beckens V) und an die Stuttgarter Straße transportierte, wo Geländeauffüllungen vorgenommen wurden. 1947 galt Karlsruhe als die am besten geräumte Stadt Deutschlands (allerdings wurde durch die AAK auch historisch wertvolle und durchaus wieder herstellbare Baussubstanz beseitigt , so im Falle des Ständehauses und des Großherzoglichen Hoftheaters). Weniger bewährte sich bei der Trümmerbeseitigung der im Mai 1946 ins Leben gerufene Karlsruher Ehrendienst, der seinen freiwilligen Helfern Vergünstigungen bei der Arbeits- und Wohnungssuche wie bei der Entnazifizierung in Aussicht stellte. „DURCH DEMOKRATIE ZUR NEUEN FREIHEIT“ (Raum 1) Legen Sie dar, wie es zur Neubildung von Parteien und den ersten politischen Wahlen nach Kriegsende kam (siehe Informationstafel). 5 Nennen Sie Parteien der ersten Nachkriegsjahre und deren jeweilige politische Zielsetzung, soweit sie auf den Plakaten erkennbar wird. Beachten Sie hierbei auch, wie die NS-Zeit dargestellt und bewertet wird. Erarbeiten Sie Besonderheiten, die hinsichtlich der Regelung des passiven Wahlrechts bei der ersten Bundestagswahl bestanden. Hinweise: Sowohl in den Westzonen als auch in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entstand ein Mehrparteiensystem. In der sowjetischen Besatzungszone setzte die Besatzungsmacht aber die nichtkommunistischen Parteien zunehmend unter Druck. So erzwang sie 1945 den Beitritt aller zugelassenen Parteien zum von den Kommunisten beherrschten „antifaschistisch-demokratischen Block“,1946 die Vereinigung von KPD und SPD zur SED und 1947 ließ sie den Vorsitzenden der Ost-CDU, Jakob Kaiser, absetzen. In den Westzonen bestanden neben den großen Parteien zunächst noch mehrere kleine Parteien, z.B. die KPD, die Deutsche Partei, der Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten oder das Zentrum. Eine Fünfprozentklausel auf Bundesebene existierte bei der ersten Bundestagswahl noch nicht. Erst im 4. Bundestag von 1961 bildete sich das bis 1983 Bestand habende Dreiparteiensystem mit CDU/CSU, SPD und FDP heraus. Bei der Bundestagswahl von 1949 erzielten die CDU/CSU 31%, die SPD 29,2%, die FDP 11,9%, die KPD 5,7% und die Deutsche Partei 4,0%. Der erste deutsche Bundestag wählte daraufhin mit einer Stimme Mehrheit den 73-jährigen Konrad Adenauer (CDU) zum Kanzler, Oppositionsführer wurde Kurt Schumacher von der SPD. 6 II. „Keine Experimente“: 1949-1963 „ZUSAMMEN GEHT´S BESSER!“ (Raum 1) Informieren Sie über die Abstimmung über die Gründung eines Südweststaates am 9.12.1951 (siehe auch Informationstafel und „Hinweise“). Erarbeiten Sie aus den ausgestellten Plakaten und Bildern, mit welchen Argumenten für und gegen den Südweststaat geworben wurde. Beurteilen Sie, ob die ausgestellten Plakate eher sachlich gehalten sind oder eher an die Gefühle des Betrachters appellieren. Hinweise: 1945/46 entstanden auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg die Länder Württemberg-Baden (Hauptstadt Stuttgart) in der amerikanischen und Württemberg-Hohenzollern (Hauptstadt Tübingen) und (Süd-)Baden (Hauptstadt Freiburg) in der französischen Zone. Das 1949 verabschiedete Grundgesetz sah eine Neugliederung des deutschen Südwestens vor. Als Alternativen kamen eine Vereinigung zu einem „Südweststaat“ oder die Wiederherstellung Badens und Württembergs (einschließlich Hohenzollerns) in Frage. Ein am 4. Mai 1951 verabschiedete Bundesgesetz sah eine Einteilung des Abstimmungsgebiets in vier Zonen vor (Nordbaden, Südbaden, Nordwürttemberg, Südwürttemberg-Hohenzollern). Das Land Baden-Württemberg sollte geschaffen werden, wenn sich eine Mehrheit im gesamten Abstimmungsgebiet sowie in drei der vier Zonen ergab. Bei der nun folgenden Abstimmung (9.12.1951) stimmten in Nordbaden 57,1% der Wähler für einen gemeinsamen Südweststaat, in Südbaden 37,8%, in Nordwürttemberg 93,5% und in Südwürttemberg 91,4%. Insgesamt stimmte Baden mit 50,7% gegen den Südweststaat, weshalb die Wahl nach einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht 1970 wiederholt werden musste. Bei dieser Abstimmung stimmte 81,9% der badischen Wahlberechtigten für den Verbleib bei Baden-Württemberg. 7 „WAS BRINGT DER GABENTISCH?“ (Raum 2) Stellen Sie einige Faktoren zusammen, die zum westdeutschen „Wirtschaftswunder“ führten (siehe „Hinweise“). Analysieren Sie, inwiefern sich den ausgestellten Plakaten Auskunft über die Konsumwünsche der Deutschen in den 50er Jahren entnehmen lassen (siehe auch „Hinweise“). Erläutern Sie anhand von drei Beispielen, wie die Werbung der 50er Jahre die Konsumenten zu erreichen versuchte. Hinweise: In den 50er Jahren erreichte das deutsche Bruttosozialprodukt im Durchschnitt eine jährliche Steigerungsrate von 7,6% und das Realeinkommen pro Kopf verdoppelte sich zwischen 1950 und 1960, man sprach vom Wirtschaftswunder. Als Erklärung für das außergewöhnliche Wachstum werden immer wieder das trotz aller Kriegszerstörungen in überraschend weitem Umfang erhalten gebliebene deutsche Produktionspotential, die hohe Zahl (Zustrom von Flüchtlingen!) qualifizierter und motivierter Arbeitskräfte, die Währungsreform, der Marshall-Plan, die Einführung der sozialen Markwirtschaft, der liberalisierte Weltmarkt und die Export-Erfolge der Bundesrepublik während des Korea-Kriegs 1950-1953 genannt. Das „Wirtschaftswunder“ erlaubte es einer wachsenden Zahl von Menschen sich Konsumwünsche zu erfüllen, freilich ging es in den meisten westdeutschen Haushalten verglichen mit heute weiterhin recht bescheiden zu. So besaßen im Jahr 1962 zwar fast 100% der Haushalte ein Radio, aber nur 62% einen Staubsauger, 52% einen Kühlschrank, 34% eine Waschmaschine, 27% ein Auto, 25% einen Fernsehapparat und 14% ein Telefon. 8 „ROSENBALL MIT OPERETTEN-KARUSSELL (Räume 2/3) Nennen Sie einige Beispiele für Freizeitangebote in der Nachkriegszeit (siehe auch „Hinweise“). Erarbeiten Sie, inwieweit das Kinoprogramm politische Themen berücksichtigte (Raum 3!). Hinweise: Alle Untersuchungen zur Freizeit in den 50er Jahren bestätigen, dass ein sehr starker Trend zur Häuslichkeit und zum Beisammensein innerhalb der Familie bestand. Hierfür waren in erster Linie die lange Arbeitszeiten verantwortlich zu machen: 1955 wurden z.B. in der deutschen Industrie wöchentlich 49 Stunden, verteilt auf sechs Arbeitstage, gearbeitet. Eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung war der Kinogang, so dass die 50er Jahre sogar als das deutsche Kinojahrzehnt gelten (15,6 Kinobesuche pro Einwohner und Jahr). Eine Urlaubsreise (zumeist zu einem inländischen Ziel) unternahm 1960 nur ein Drittel der westdeutschen Bevölkerung), weiter ist zu bedenken, dass die Urlaubsdauer sehr kurz war (bundesgesetzliche Regelung des Mindesturlaubs 1963: 15-18 Urlaubstage). „WACHSAM BLEIBEN“ (Raum 3) Untersuchen Sie die Darstellung der Sowjetunion auf den aus den frühen 50er Jahren stammenden westdeutschen Plakaten. 9 Beurteilen Sie, aus welchen Gründen Westdeutsche die Sowjetunion als Bedrohung empfinden konnten bzw. empfanden (siehe auch Informationstafel). Beschreiben Sie, wie der Beitritt der Bundesrepublik zur NATO auf dem Plakat „Vereinte Abwehr“ dargestellt und gerechtfertigt wird (siehe auch „Hinweise“). Analysieren Sie, wem die in erheblichem Maße von der DDR gelenkte KPD-Propaganda die Schuld an der Entstehung des Kalten Krieges zuwies. Hinweise: Der Bund Deutscher Jugend (BDJ) war ein 1950 gegründeter rechtsgerichteter Jugendverband mit stark ausgeprägter antikommunistischer Ausrichtung mit 18.000 Mitgliedern (1952). Anfang 1953 wurde der BDJ als rechtsextreme Organisation verboten. Mit dem „Herrn ‚Ohne mich’“ waren Bundesbürger gemeint, die sich dagegen aussprachen („Ohne mich“), Wehrdienst in der geplanten westdeutschen Armee zu leisten. Nachdem 1954 der Aufbau einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) gescheitert war, trat die Bundesrepublik Deutschland 1955 der NATO bei. Die DDR schloss sich wenige Tage später dem Warschauer Pakt, dem Bündnissystem der Sowjetunion, an. Der Deutschlandvertrag von 1952 sollte das Ende des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland regeln und dieser wieder weitgehend die Rechte eines souveränen Staates geben. Sein Inkrafttreten war jedoch an das Zustandekommen des EVG-Vertrages gekoppelt. Als die EVG 10 scheiterte, erhielt die Bundesrepublik erst 1955 in den Pariser Verträgen den Grad der Souveränität, der ihr schon 1952 zugemessen werden sollte. „ES GEHT UMS GANZE“ (Raum 3/3a) Arbeiten Sie heraus, wie in der Bundesrepublik die Verbundenheit mit der Bevölkerung der DDR und Westberlins zum Ausdruck gebracht wurde. Zusatzaufgabe: Erläutern Sie den „Deutschland“-Begriff, wie er in dem CDU-Plakat, das Deutschland noch in den Grenzen von 1937 zeigt, zum Ausdruck kommt (siehe auch „Hinweise“). Hinweise: Am 17. Juni 1953 kam es in der DDR zu einem Volksaufstand, der das ganze Land erfasste und ohne russisches Eingreifen zum Zusammenbruch der SED-Herrschaft geführt hätte. Der Aufstand konnte erst mit Hilfe russischer Panzer niedergeschlagen werden; hierbei gab es mindestens 55 Tote. Durch Gesetz vom 4. August 1953 wurde in der Bundesrepublik Deutschland der 17. Juni zum „Tag der deutschen Einheit“ und zum „nationalen Gedenktag“ erhoben. In der Potsdamer Konferenz waren die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße unter polnische und russische Verwaltung gestellt worden, die dort ansässige deutsche Bevölkerung sollte, soweit sie nicht schon in der letzten Kriegsphase geflüchtet war, vertrieben werden. Die Bundesrepublik Deutschland erkannte erst am 7. Dezember 1970 im Warschauer Vertrag die OderNeiße-Linie als „unverletzliche“ Westgrenze Polens an. Die endgültige Anerkennung der Oder-NeißeGrenze von deutscher Seite erfolgte 1990 im Zwei-plus-Vier-Vertrag und im Deutsch-Polnischen Grenzvertrag. 11 „ZUKUNFT BESTIMMEN“ (Raum 4) 1957 erreichte die CDU/CSU bei der Bundestagswahl eine absolute Mehrheit und der inzwischen 81-jährige Adenauer wurde erneut Bundeskanzler. Hierzu leisteten sicherlich auch die CDU-Wahlplakate des Jahres 1957 ihren Beitrag. Erörtern Sie, worin die Zugkraft dieser Plakate bestand. Besonderer Hinweis: Beziehen Sie auch das legendäre Adenauer-Plakat mit der Aufschrift „Keine Experimente“ (gleich rechts von der Eingangstür in die Ausstellung) in Ihre Überlegungen ein. Nennen Sie von der SPD-Opposition und dem Gesamtdeutschen Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten angeführte Kritikpunkte an der Regierung Adenauer. Informieren Sie(am besten vor einem Bild, was Brandt zeigt) kurz über den Werdegang Willy Brandts, der 1961 als SPD-Kandidat gegen Adenauer antrat (siehe „Hinweise“). 12 Informieren Sie über die politische Motivation und die Betätigungsformen der Wiederaufrüstungsgegner und erklären Sie die von ihnen verwendete Symbolik (siehe auch „Hinweise“). Hinweise: Willy Brandt: geboren 1913 in Lübeck als Herbert Frahm; 1933 nach Norwegen ins Exil, dort Annahme des Namens „Brandt“, 1940-45 in Schweden; 1947 Rückkehr nach Deutschland, seit 1949 für die SPD im Deutschen Bundestag, 1957-1966 (also auch während des Mauerbaus) Regierender Bürgermeister von West-Berlin, 1961 und 1965 Kanzlerkandidat der SPD, 1964-1987 Parteivorsitzender der SPD; 1966-69 Außenminister und Vizekanzler in der Großen Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger, 1969-74 Bundeskanzler einer SPD-FDP-Koalition; gest. 1992. In der Bundesrepublik wurde 1956 die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, wobei aber im Grundgesetz das Recht auf Kriegsdienstverweigerung (Art. 4, Abs. 3) verankert wurde. 1957 wurde deutlich, dass Bundeskanzler Adenauer und der Bundesminister der Franz Josef Strauß für eine Ausrüstung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen eintraten. Die öffentliche Diskussion in der Bundesrepublik um die atomare Bewaffnung der Bundeswehr schlug hohe Wellen, insbesondere nachdem Bundeskanzler Adenauer am 3. April 1957 auf einer Pressekonferenz erklärt hatte, taktische Atomwaffen seien „nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie“. Gegen die geplante atomare Aufrüstung wandten sich am 12.4.1957 18 namhafte deutsche Atomwissenschaftler (darunter Otto Hahn, Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker) in dem bekannten „Göttinger Manifest“. Im März 1958 stimmte der Bundestag dennoch mehrheitlich der Ausstattung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen im Rahmen der NATO zu. Als Reaktion hierauf formierte sich die Protestbewegung „Kampf dem Atomtod“, initiiert von SPD und unterstützt von Gewerkschaftern, Theologen und Intellektuellen. 13 Methode Umgang mit Plakaten als Mittel der politischen Werbung Politische Auseinandersetzung findet ihren Ausdruck auch in Plakaten, heute insbesondere im Vorfeld von Wahlen. Plakate informieren, werben, sprechen konkrete Bedürfnisse an und manipulieren. Sie sind wie Bilder und Texte unmittelbare historische Quellen, die Aufschluss über historische Gegebenheiten und politische Streitfragen geben. Ihre spezifische Besonderheit, dass sie ihre Botschaft in extrem verkürzter und pointierter Form zum Ausdruck bringen, gleichzeitig den Betrachter von der Richtigkeit der vermittelten politischen Positionen überzeugen wollen, macht es notwendig, wichtige Plakatelemente zu (er)kennen und zu analysieren, um ihre Wirkungsweise verstehen und bewerten zu können. Hierzu gehören sowohl inhaltliche als auch gestalterische Elemente. Folgende methodischen Arbeitsschritte bieten sich an: 1) Sammeln erster Eindrücke (Wirkung, besondere Auffälligkeiten) 2) Erfassen des Themas bzw. Problems 3) Analyse des Plakates Verhältnis von Text- und Bildaussage Bedeutung von Farben und Größenverhältnissen Wirkung von Parolen und Schlagworten Einsatz von Symbolen und deren Absicht Weckung von Feindbildern 4) Klärung von Auftraggeber und Adressaten Interessen des Auftraggebers Zielgruppen und Wirkungsabsicht 5) Einordnung in den historischen Zusammenhang Bezüge zur aktuellen politischen Problemstellung zum Ausdruck gebrachte Einstellung Literaturverweise: Zu den fachmethodischen Hinweisen vgl. die eingeführten Lehrbücher zu G 8 14