1. Übung

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Funktionentheorie
1. Übung
Definition 1
Wir fassen R2 = R × R als Körper C auf, indem wir z = (x, y), w = (u, v) ∈ R2 wie folgt
verknüpfen.
z + w := (x + u, y + v),
z · w := (xu − yv, yu + xv).
Nun betrachten wir R als Teilmenge von C, indem wir x ∈ R mit (x, 0) ∈ R2 C identifizieren.
Zudem definieren wir i := (0, 1). Somit schreiben wir (x, y) ∈ C als
(x, y) = (x, 0) + (y, 0) · (0, 1) = x + iy.
Zuletzt definieren wir zu z = x+iy ∈ C den Realteil Re z := x, den Imaginärteil Im z := y (beides
p
reelle Zahlen), das komplex Konjugierte z := x − iy und den Betrag |z| := x2 + y 2 .
Bemerkung 2
a) Es gilt
i2 = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0) = −1,
womit die Rechenvorschrift der komplexen Multiplikation z ·w sich zum standardmäßigen
Ausmultiplizieren von (x + iy)(u + iv) vereinfacht unter Verwendung von i2 = −1.
b) Re z = 12 (z + z), Im z =
1
2i (z − z),
z = z, z±·w = z±·w.
c) Betrag einer komplexen Zahl b
= Euklidischen Norm des zugehörigen Vektors in R2 . Insbesondere ist der komplexe Betrag eine Norm auf C, erfüllt also z.B. die Dreiecksungleichungen sowie |z · w| = |z| |w|. Zudem gilt
|z|2 = x2 + y 2 = z · z,
und
also z−1 =
1
z
= 2,
z |z|
√
|Re z|, |Im z| 6 |z| 6 2 max{ |Re z|, |Im z|}.
Definition 3
Eine Folge (zn )n∈N komplexer Zahlen konvergiert gegen z0 ∈ C, falls zu jedem ε > 0 ein N ∈ N
existiert mit
|zn − z0 | < ε
∀n > N .
Bemerkung 4
Wegen Bem. 2 c): zn → z0 für n → ∞ ⇔ Re zn → Re z0 und Im zn → Im z0 für n → ∞.
Deshalb gelten die üblichen Rechenregeln (Summe, Differenz, Produkt, Betrag, Konjugiertes,
Inverses).
1
Definition 5
Aus einer Folge (zn )n∈N komplexer Zahlen lässt sich eine neue Folge, die Folge der Partialsummen (Sn )n∈N mit
n
X
Sn :=
zk
∀n ∈ N
k=1
bilden. Diese Folge heißt auch die der Folge (zn )n∈N zugeordnete Reihe. Konvergiert diese Folge,
P
so spricht man vom Reihenwert S := limn→∞ Sn und schreibt auch S = ∞
n=1 zn . Die Reihe
heißt absolut konvergent, falls die Reihe der Beträge ( |zn |)n∈N konvergiert.
Bemerkung 6
Absolute Konvergenz ⇒ Konvergenz. Es gelten die üblichen Konvergenzkriterien (Quotienten-,
Wurzel-, Majoranten-, Minorantenkriterium). Reicht dies nicht aus, kann man die Reihe in
ihren Real- und Imaginärteil auftrennen, um z.B. das Leibnitzkriterium anwenden zu können.
Definition 7
Für z0 ∈ C und r > 0 sei
Ur (z0 ) := {z ∈ C | |z − z0 | < r}
die offene Kreisscheibe um z0 mit Radius r. Analog definiere durch
Ur (z0 ) := {z ∈ C | |z − z0 | 6 r}
die abgeschlossene Kreisscheibe um z0 mit Radius r. U̇r (z0 ) := Ur (z0 ) \ {z0 } bezeichnet die
punktierte Kreisscheibe um z0 mit Radius r
Definition 8
Sei A ⊆ C.
a) z0 ∈ C heißt Häufungspunkt von A, falls zu jedem ε > 0 ein zε ∈ U̇ε (z0 ) existiert.
b) A◦ := {z ∈ A | ∃r > 0 : Ur (z) ⊆ A} heißt Inneres von A. A heißt offen, falls A◦ = A.
c) A := {z ∈ C | ∃(zn )n∈N ⊆ A : zn → z, n → ∞} heißt Abschluss von A. A heißt abgeschlossen,
falls A = A.
d) ∂A := A \ A◦ heißt Rand von A.
e) A heißt beschränkt, falls ein R > 0 existiert mit |z| < R für alle z ∈ A.
f) A heißt kompakt, falls für jede Überdeckung von A durch offene Mengen (Oi )i∈I (I
beliebige Indexmenge) eine endliche Teilüberdeckung existiert.
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Bemerkung 9
a) Nach Bemerkung 2 c) sind die beiden vorherigen Definitionen genau dieselben wie in R2 .
b) A abgeschlossen ⇔ Ac := C \ A offen.
c) A ⊆ C ist kompakt ⇔ Jede Folge in A hat eine in A konvergente Teilfolge ⇔ A ist
abgeschlossen und beschränkt.
Definition 10
Sei D ⊆ C, z0 ein Häufungspunkt von D, f : D → C eine Funktion. Wenn es ein y0 ∈ C gibt, für
welches zu jedem ε > 0 ein δ > 0 existiert, sodass aus z ∈ U̇δ (z0 ) ∩ D folgt, dass f (z) ∈ Uε (y0 ),
so definiere
lim f (z) := y0 .
z→z0
Gilt z0 ∈ D und f (z0 ) = y0 , so heißt f stetig in z0 . Ist D offen, so heißt f stetig auf D, falls f
stetig in z ist für alle z ∈ D.
Bemerkung 11
a) Wie im Reellen sind unter entsprechenden Voraussetzungen die Summe/Differenz, das
Produkt, der Quotient und die Komposition zweier stetiger Funktionen stetig.
b) f ist stetig in z0 ⇔ Re f und Im f sind stetig in z0 . Dabei ist z.B. Re f definiert durch
(Re f )(z) := Re (f (z)).
Definition 12
a) Sei I ⊆ R ein Intervall und γ : I → C eine Funktion. Dann heißt γ differenzierbar auf I
:⇔ Re γ, Im γ : I → R differenzierbar auf I. In diesem Fall ist
γ 0 (t) := (Re γ)0 (t) + (Im γ)0 (t)
∀t ∈ I
und es gelten die üblichen Rechenregeln.
b) Sei [a, b] ⊆ R und f : [a, b] → C eine Funktion. f heißt Riemann-integrierbar :⇔
Re f , Im f : [a, b] → R Riemann-integrierbar. In diesem Fall ist
Z
b
Z
b
f (t) dt :=
a
Z
b
(Re f )(t) dt + i
a
(Im f )(t) dt
a
R
R
b
b
und es gelten die üblichen Rechenregeln, z.B. auch a f (t) dt 6 a |f (t)| dt.
Fazit: Alle in dieser Übung angesprochenen Fakten über komplexe Zahlen, Folgen, Reihen,
Mengen und Funktionen lassen sich direkt von R oder R2 (durch Aufteilen in Real- und
Imaginärteil) auf C übertragen.
Aber: Die Differenzierbarkeit von Funktionen f : D → C mit D ⊆ C offen unterscheidet sich
substanziell von der Differenzierbarkeit in R2 und bildet die Grundlage der Funktionentheorie
(siehe erste Vorlesung)!
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